"Vlogs, die zeigen, wie man Pranks auf der Straße macht. Wow. Davon wird's Album auch nicht besser!"

Der aus Karlsruhe stammende Schote wurde lange zurecht als einer der heißesten Newcomer des bereits leicht überbevölkerten Deutschrapzirkus gehandelt, bis das erste Label Nägel mit Köpfen machte und ihn unter Vertrag nahm. Warum er sich für sein jetziges Label entschieden hat, was er von Videoblogs hält und was es mit einem ominösen The Dome-Auftritt auf sich hat, erzählt uns Schote im Interview.

Hiphop.de: Du warst selbst als eine Art Musikjournalist für ein Fan-Magazin tätig und hast für dieses unter anderem Tua interviewt. Hat der Interviewer Schote einen Tipp für mich, was ich den Rapper Schote zum Einstieg fragen sollte? 

Schote: (lacht) Das ist doch eine gute Einstiegsfrage. (überlegt lange) Du könntest mich nach meinem Lieblingsobst fragen, da das bisher noch niemand gemacht hat. Das wäre Mango.

Ebenso wie den Musikjournalismus hast du auch die Battle-Szene verlassen, da dich diese langweilt. Auf deiner EP sind allerdings noch immer der Hunger und die Lust, sich mit anderen zu messen, zu hören. Wie passt das zusammen? 

Schote: Da muss ich kurz dazwischengrätschen. Du beziehst dich hier auch auf den Juice-Artikel, bei dem der junge Mann leider etwas vertauscht hat. Ich hab' Freestyle Battles gemeint und von A cappella Battles bin ich der größte Fan überhaupt. Ich habe jedes Battle mindestens einmal, manche sogar dreimal gesehen. So regionale Freestyle Battles sind so schlecht geworden und so langweilig, dass man sie sich eigentlich kaum noch anschauen kann. Da sind Leute, die das zweimal daheim gemacht haben und sich dann auf eine Bühne stellen. Viele Leute, die bei so Online-Turnieren mitmachen, denken, sie könnte jetzt auch live auf einer Bühne battlen, ohne dieses Kulturding gelebt zu haben. Für das Publikum ist das einfach super dumm. 

Du schließt also zukünftig nicht aus, an einem weiteren A cappella Battle teilzunehmen?

Schote: Das einzige, das im Augenblick dagegen spricht, ist die Zeit. Ich habe für mein Battle gegen Merlin echt viel Vorbereitungszeit gebraucht, da ich auch nicht irgendwas schreiben wollte. Insgesamt hat das einen Monat geschluckt. Ich habe zwar kurz gechoked, aber auch das Auswendiglernen hat ewig lang gedauert. Für ein halbstündiges Battle ist das schon ein extremer Aufwand.

Insbesondere, wenn man dann im Gegensatz zu vielen anderen Wert darauf legt zu rappen und den Text nicht als Gedicht vorträgt.

Schote: In dieser Battle-Szene gibt es, denke ich, sehr viele, die gar nicht aus dem Rap kommen. Da gibt es beispielsweise einen Bong Teggy und einen Buy Some, die rappen seit knapp einem Jahr. Insbesondere auf Beats hört man das dann eben auch. Es ist eben ein Unterschied, ob man lustige Sprüche schreiben oder wirklich auf Beats rappen kann. Diese Poetry Slam-Vortragsweise vieler Rapper kommt auch da her, dass sie eben Rap nicht wirklich verinnerlicht haben. Viele Freunde von mir hassen das, aber mich stört das eigentlich nicht wirklich. Ich muss aber auch sagen, dass ich Merlin, auf den du anspielst, in dem Battle gegen mich nicht wirklich gut fand. Ich hatte mir ihn als Gegner ausgesucht, da ich den dort mit am stärksten fand und war dann echt enttäuscht. Er hat Fakten ausgepackt, die nicht stimmen, hat den falschen Namen gesagt und hat ein falsches Geburtsdatum genannt. Das ist halt einfach Quatsch und gerade das Geburtsdatum kannst du nicht wirklich kontern, wenn es in seinem letzten Part kommt. Auch Quatsch war zu sagen, in welcher Schule ich war. Jeder war auf einer Schule! (lacht)

Erste Bekanntheit erlangtest du durch deine VBT-Teilnahme. Schließt du aus, nochmal an einem Video-Battle-Format teilzunehmen?

Schote: Ja, im Prinzip schon. Das ist halt wirklich sehr zeitaufwändig und du hast immer eine Zwei-Wochen-Drucksituation, in der du abliefern musst, ohne dir die Zeit selbst einteilen zu können. Da ist mir Musik machen doch schon lieber als fremde Leute, die mir ein Stück weit egal sind, zu dissen. Sich was aus den Fingern zu saugen, ist auch eh immer etwas anstrengend. Ich hab auch das VBT dieses Jahr nicht so angeschaut und nur ab und zu mal reingeschaut. Es gab ein VBT, da habe ich mir echt wirklich jedes Video (weit über 1000, Anmerkung der Redaktion) angesehen. 
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Platzt die Rapblase? Schote mit Xavier Naidoo bei The Dome? Antworten findest du auf der nächsten Seite.

Auf dem Intro der Purple Rock Cocaine EP tönst du: "Je mehr sie zahlen, desto härter ist der Fick, den er gibt." Wie hat WSP dich denn dann rumbekommen? 

Schote: Die haben unglaublich viel Geld auf den Tisch gelegt! (lacht) Nee, die sind geil, mir hat das Umfeld einfach zugesagt und die Leute, die sich darum kümmern, sind einfach voll nett. Das waren die ersten, bei denen wir gedacht haben: "Das passt auch persönlich voll gut." Den Kontakt hat Andres von Universal hergestellt, der mit dem Max von WSP bei uns in der WG war. Die waren in Karlsruhe und sind dann einfach vorbeigekommen. Wir haben rumgehangen und FIFA gespielt. (lacht) Max hatte unsere Videos gesehen, fand die geil und wollte dann mehr hören. WSP ist einfach für uns das beste Umfeld, da wir dort weiter das machen können, was wir möchten.

Wichtig ist wohl auch, dass du weiterhin frei arbeiten kannst. Schließlich stört dich an anderen Künstlern, dass diese sich nicht selbst treu bleiben würden. Wo machst du das das aus und woran erkennst du das? 

Schote: Ich kann das schon immer ein Stück weit nachvollziehen, aber mich als Fan nervt das eben. Wenn man mal einen Sido als Beispiel nimmt, ist die Stimme jetzt komplett anders, damit sie im Radio netter klingt. Ich find' das einfach nicht mehr so geil und für mich als Konsument ist das schade. Außerdem sieht man, dass viele Künstler, die zu Labels gehen, die gut verkaufen, auf einmal damit anfangen, Videoblogs zu drehen. Die saugen sich irgendwas aus den Fingern, das unterhaltsam für irgendwelche Internetkinder ist, aber eigentlich komplett peinlich rüberkommt. Vlogs, die zeigen, wie man Pranks auf der Straße macht. Wow. Davon wird's Album auch nicht besser! Dann werden YouTube Channels in die Promoarbeit eingebunden, deren Konsumenten nichts von guter Musik verstehen. Andere machen jetzt gar keine Promophasen mehr. Das find ich als Kontrast gut. Kollegahs Promo fand ich so gut aufgezogen, dass ich das wiederum cool fand. Das meiste andere ist leider nur Trash. Ich habe manchmal das Gefühl, die Leute finden ihr Album nicht stark genug und müssen, deshalb so ein Gerüst außen rum bauen. 

Wie bedeutend ist denn die vielzitierte Kredibilität heutzutage noch?

Schote: Ich werde, glaube ich, nie ein Image aufbauen, wobei es hier auch Leute gibt, die das sehr gut machen. Nehmen wir nochmal Kollegah als Beispiel. Das ist einfach gut gemacht und mir ist egal, wie der Mensch hinter dem Image ist. Im Gangstarap-Bereich nervt mich das dann schon eher, wenn ich mitbekomme, dass das, was die Person verkörpert, nicht echt ist. Ich suche da nicht explizit nach, aber wenn ich das mitbekomme, höre ich die Musik schon ein Stück weit mit anderen Ohren. Um auf die Authentizität zurückzukommen, kann ich sagen, ich möchte einfach für guten Rap stehen. Mehr Musik und dafür weniger Internet. 

Hierzu passt, dass einer deiner persönlichen Lieblingsrapper, Lakmann, unter anderem aufgrund von Videoblogs das Platzen der Rap-Blase vorhersieht.

Schote: Ja, Lakmann ist da auf jeden Fall noch ein Stück extremer unterwegs und komplett Anti-Internet. Das ist auch mit ein Grund, warum ich ihn feiere. Er wehrt sich einfach ganz stark gegen Social Media und Co. Ich glaube nicht, dass eine Blase platzen wird, da Rap einfach eine viel zu große Qualität bietet, breit genug aufgestellt ist und die Menschen mittlerweile mit den Inhalten etwas anfangen können. Ich glaube, knapp die Hälfte aller Radio-Tracks wird von Rappern geschrieben. Das spricht auf jeden Fall für die Qualität der Musik. Das war nicht immer so.

Um nochmal zum Anfang des Interviews zurückzukommen, was wäre eine geeignete Frage um das Interview abzuschließen?

Schote: Boah ey! (lacht) Du bist gemein. (überlegt) In anderen Interviews fragen die immer, was in Zukunft kommt. Das ist zwar nicht gut oder originell, aber vielleicht kann man das ja lustig verpacken. Du könntest auch einfach Behauptungen in den Raum stellen zum Abschluss. Ganz ohne Frage.

Dann beende ich das Interview und freue mich auf deinen gemeinsamen The Dome-Auftritt mit Xavier Naidoo.

Schote: Gute Behauptung.

Marc Schleichert

Autoreninfo

Marc Schleichert ist seit Anfang 2014 ein Teil von Hiphop.de und leitet hier den Textinterview-Bereich. In dieser Funktion spricht er regelmäßig sowohl mit hungrigen Newcomern als auch mit alteingesessenen Künstlern.

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