Stalley: "Ich habe das beste Album des Jahres!" (Interview)

Plötzlich saß Meek Mill im Gefängnis und konnte sein heiß erwartetes Album nicht wie geplant veröffentlichen. Einer aus der Maybach Music Group hat trotzdem davon profitiert: Rick Ross' neuester Rekrut Stalley präsentiert uns mit Ohio eine Soundlandschaft aus dessen gleichnamiger Heimat. Er will dem Midwest der Hiphop-Karte endlich einen Charakter verleihen. Im Interview erklärt er uns, warum er sein Album für das genreübergreifend Beste des Jahres hält und weswegen die Verhältnisse bei MMG mehr geschäftlicher als musikalischer Natur sind... 

Alle Infos zum Album findest du auf Amazon:

[amazon B00NIA1YIQ full]

Dein Album Ohio ist jetzt seit einigen Tagen draußen. Wie hast du die Reaktionen aufgenommen? Von Fans und Kritikern gleichermaßen. 

Stalley: Toll. Alles war positiv. Ich hab' viel Liebe bekommen. Es war eine tolle Rezeption, ich bin sehr glücklich damit.

Einzig die Verkaufszahlen waren für viele nicht nachvollziehbar. Hast du im Voraus verkaufstechnisch Druck gespürt? 

Stalley: Nein, überhaupt nicht. Ich wollte nur die Musik an die Fans bringen, das war's.

Der Schritt, den du von deinem Mixtape Honest Cowboy zum Album gemacht hast, ist enorm. Ohio klingt keineswegs nach einem Debütalbum – weder musikalisch, noch lyrisch. Es hört sich sehr routiniert an. Was hast du an deiner Herangehensweise geändert?

Stalley: Hm... Ich glaube, nichts wirklich. Ich war einfach sehr relaxt. Ich hab' genau das gesagt, was ich mit dem Album sagen wollte. Das Konzept, die Musik... Ich wollte den Leuten mein Leben zeigen. Wer ich wirklich bin und wie ich Ohio sehe. Das ist etwas, was im Hiphop fehlt. Die Kultur des Midwest. Ich wollte diese Kultur nach außen transportieren.

Du sprichst es an. Allein der Name stellt schon die Verbindung zum Bundesstaat Ohio her. Stört es dich, dass es keinen wirklich speziellen Midwest-Sound gibt? Versuchst du, ihn jetzt zu etablieren oder fährst du lieber mit dem einzigartigen Stalley-Style? 

Stalley: Es stört mich eigentlich gar nicht. Es ist einfach etwas, was dem Hiphop fehlt. Wie gesagt, es gab nie einen Rapper, der einen tatsächlichen Midwest-Sound präsentiert hat. Aber es geht mir nicht nur um den Sound, sondern auch um die Kultur und den Lebensstil hier. Das wollte ich den Leuten vielmehr zeigen.

Rashad hat einen Großteil produziert. Als ihr beide zusammen im Studio wart, welches Gefühl habt ihr versucht, einzufangen? Was meinst du genau, wenn du deine Musik "intelligent truck music" nennst?

Stalley: Wir haben nicht versucht, etwas einzufangen, es kam einfach natürlich. Deswegen können Rashad und ich zusammen im Studio hängen und arbeiten. Jeder, der mich kennt, kennt meine früheren Arbeiten. Seit Lincoln Way Nights arbeite ich schon mit ihm – da hat es sehr gut geklappt. Und das war der eigentliche Beginn meines Künstlerischen Ichs, so wie es mich heute gibt. Wenn man das Tape hört, weiß man, was ich mit "intelligent truck music" meine. Und Rashad ist ein wichtiger Teil dabei. Er hilft mir, meiner Vision Ausdruck zu verleihen. Auf meinem Debütalbum wollte ich so weitermachen, und der Welt das Gleiche auf einem besseren Level geben. Wer Lincoln Way Nights nicht kannte, sollte hier eine ähnliche Einführung in meinen Sound bekommen wie damals. Rashad und ich sind in den ganzen Jahren natürlich auch viel besser geworden. Es war einfach nur folgerichtig, dass wir es zusammen machen. Deswegen ist das Album musikalisch stimmig und klingt nach dem "intelligent truck music"-Sound von Stalley.

Wie ist das Gefühl momentan in Ohio und in deiner Heimatstadt? Kriegst du viele Nachrichten? Haben die Menschen das Gefühl, den nächsten großen Ohio-Star beim Aufblühen zu sehen?

Stalley: Ja, auf jeden Fall. Ich bekomme so viel Liebe von dort. Zwei Tage nach dem Release habe ich dort eine Show gemacht. Ausverkauft natürlich. Die Energie war unglaublich, jeder kannte alle Lyrics. Das war ein super Gefühl! Die Energie und die Aufregung über das Album und das Movement sind definitiv da. 

Du hast über The Isley Brothers gesprochen, die aus Ohio kommen. Wer war für dich damals der Local Hero, der du jetzt für die Kids bist?

Stalley: Niemand... (lacht) Also, als ich aufgewachsen bin, gab es da niemanden außer Highschool-Sportler. Wir hatten niemanden, der es wirklich groß geschafft hatte in der Unterhaltungsbranche, in Musik oder Sport, zu dem man aufschaut. Aber wenn man an Ohio im Allgemeinen denkt, kommen einem natürlich Bone Thugs-n-Harmony, The O'Jays oder LeVert und solche Leute in den Sinn. Das sind diejenigen, die ich teilweise als Kind beobachtet habe. Wenn ich jemanden wählen müsste, wären es wahrscheinlich Bone Thugs-n-Harmony.

Du hattest bereits gesagt, dass Rick Ross erst kurz vor Ende der Produktionsphase eingestiegen ist und quasi dem finalen Entwurf das grüne Licht gegeben hat. Warum genau ist er auf One More Shot drauf? Der Song fällt ein bisschen aus dem Gesamtgerüst des Albums heraus. 

Stalley: Ja, ich hab erstmal alles selbst gemacht. Und später, als alles gestanden hat, habe ich es mir angehört um herauszufinden, welche Features draufpassen könnten. One More Shot war da quasi ein Selbstläufer. Ich kann dir nicht erklären, warum es dieser Song ist, aber ich hab' schon von Anfang an August Alsina und Rick Ross gedacht. Ich hab' sie dann gefragt, und glücklicherweise haben beide den Song gefeiert und waren dabei.

Dass Rick Ross so spät bei der Albumphase Hand anlegt, bedeutet im Umkehrschluss auch, dass du enorme künstlerische Freiheit genießt. Das macht Sinn für mich, weil ihr für sehr unterschiedliche Dinge steht. Sprecht ihr mehr über Musik oder Business?

Stalley: Es ist eigentlich mehr eine Freundschaft, nichts besonderes. Also die Musik war wirklich schon fertig, er gibt mir da die absolute Freiheit. Wenn wir sprechen, geht es eher um Business als um die tatsächliche Musik.

Das dachte ich mir. Du bist ein sehr bodenständiger Typ. Bei Rick Ross denkt man genau an das Gegenteil. Gibt es da eventuell Differenzen bei der Zielsetzung?

Stalley: Ähm, ja, manchmal. Wir haben definitiv unterschiedliche Ideen und Ansätze, was die Karriere angeht und in welche Richtung es gehen soll. Wir haben auf jeden Fall auch musikalisch eine sehr verschiedene Sichtweise...

Lässt sich das auf das gesamte Maybach Music Group-Camp übertragen? Wale und Meek Mill sind ja nochmal zwei ganz andere Künstler. Wie fühlt sich die Chemie im Team an?

Stalley: Es ist gut. Ich kümmere mich um meine eigenen Sachen und die anderen machen das gleiche. Das war's eigentlich. Es benötigt keine wirkliche Chemie, wenn jeder sein eigenes Ding macht. Weißt du? Ich mache meine Musik, wie ich sie möchte. Sitze alleine im Studio, schreibe alleine. Und die anderen machen es genauso.

Okay... Wo wir gerade bei MMG sind: Was gibt es Neues zur Situation von Meek Mill zu sagen? Wann können wir damit rechnen, dass er rauskommt und das Album fertig wird?

Stalley: Da bin ich mir nicht sicher. Hoffentlich bald. Ich habe vor einigen Wochen mit ihm gesprochen, er war den Umständen entsprechend zufrieden und gut drauf. Naja, so gut wie es einem nunmal im Knast gehen kann. Hoffentlich sehen wir ihn auch bald. Wenn er erstmal draußen ist, bin ich mir sicher, dass er schnell Musik raushauen wird. Das Album wird dann nicht lange auf sich warten lassen. Meek ist bereit.

Ist der unerwartete Ausfall von Meeks Album auch der Grund, warum wir jetzt so schnell nach Mastermind wieder ein Rick Ross-Album bekommen?

Stalley: Keine Ahnung, ich habe nicht mit ihm darüber geredet. Ross ist sein eigener Mann, er hat seine eigenen Ambitionen. Er weiß am besten, wo es mit seiner Musik und seiner Karriere hingehen soll. Das ist einzig und allein seine Entscheidung.

Was gibt es für dich als Nächstes? Steht eine Tour an?

Stalley: Ja, ich möchte jetzt touren, die Musik an die Menschen kriegen und das Album promoten. Jeder sollte es hören. Es ist ein Klassiker. Es hat bisher nichts außer Lob erhalten. Es verdient mehr Aufmerksamkeit, weil es ein sehr starkes Werk ist. Es ist das beste Album, das dieses Jahr erschienen ist – genreübergreifend. Also muss ich meinen Job machen und dafür sorgen, dass alle Fans und potentiell Interessierte es hören und mitbekommen. Ich möchte nicht, dass die Leute es übersehen. Jeder soll es hören, weil es gute Musik ist. Promo ist das Stichwort für mich gerade.

Alles klar. Lass uns nochmal über ein ganz anderes Thema reden. LeBron James ist zurück bei den Cleveland Cavaliers, von denen du jahrelanger Fan bist. Auf lange Sicht arbeitet man sicher auf die Championship hin. Wann glaubst du wird die Mannschaft dafür bereit sein?

Stalley: Naja, hoffentlich können sie sich erstmal bessern. Das war ein harter Start. Aber ich hatte schon vor der Saison gesagt, dass es sicher 30 bis 35 Spiele dauern wird, bis sie ihre Chemie finden. Wenn sie sich erstmal eingespielt haben – so um das Allstar-Spiel herum, vielleicht sogar davor – dann kann alles passieren. Ich kann jetzt zwar unmöglich sagen, ob die Cavs Meister werden oder nicht. Aber ich kann mit großer Sicherheit sagen, dass sie noch viel besser werden als im Moment. Und ich denke, sie haben berechtigte Chancen auf die Meisterschaft.

Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als dir viel Glück zu wünschen! Für die Cavaliers, für dein Album und auch alles andere, was bei dir ansteht!

Stalley: Danke dir! Ich werde auf jeden Fall über den großen Teich kommen, ein paar Stops werden auch sicher in Deutschland sein. Dann können wir uns nochmal treffen und über alles sprechen.

__________________

Interview: Aria Nejati