Sickless: "Ich hab' vier verdammte Kronen in der Juice!" (Interview) - Upcoming Artists

Sickless hat "vier verdammte Kronen in der Juice" und Fans, die ihm freiwillig 3000 Euro spenden, nur um endlich sein erstes Solo-Album in Händen halten zu dürfen. Grund genug, uns mit ihm über diese ungewöhnliche Form der Finanzierung, sein Album Horus und eine wirscheissengold-Burgerkette zu unterhalten.

Du bist der Kopf des Künstlerkolletivs wirscheissengold, bei dem es sich, entgegen der allgemeinen Meinung, nicht um ein Label handelt. Kannst du uns erklären, was genau wirscheissengold ist und wie sich dieses Team zusammensetzt?

Prinzipiell sagst du richtig, dass einige Leute versuchen, uns in so eine Labelecke zu stellen. Davon kann man aber bei uns noch nicht reden. Uns fehlt eine professionelle PR-Maschinerie, ein Booking-Team und so weiter. Wir haben zwar derzeit einen eigenen Vertrieb auf die Beine gestellt, aber zu einem Label fehlt einfach noch der nächste Schritt. Wir sind derzeit ein Kollektiv von Künstlern, die sich alle gegenseitig unterstützen. Zu dem gehören Ich, Dr. Lucs, Jay, Marz und Drum Quixote. Ich mache selbst Musik, schreibe unsere Pressetexte und kümmere mich hinten rum um die Organisation. Jay macht eigentlich das alles, was man nicht sieht. Er nimmt uns auf, mischt ab, produziert Musikvideos und macht selbstverständlich auch selbst Mucke. Drum Quixote, mit dem ich gemeinsam an Horus gemacht habe, ist ein wahnsinnig guter Produzent. Dr. Lucs ist ebenfalls Rapper und hat gerade sein Mixtape Den Frauen gewidmet veröffentlicht. Marz ist mittlerweile auch mehr oder weniger offiziell bei uns gelandet. Der hat vor kurzem auch sein Album Hoes, Flows, Tomatoes veröffentlicht.  Das ist so unser engerer Kreis. Oh warte kurz.

(Curleyman betritt mit der aktuellen Ausgabe der Juice bewaffnet den Raum und gibt diese Sickless. Dieser schlägt diese hastig auf und blättert hektisch zu den Reviews.)

ICH HAB VIER VERDAMMTE KRONEN IN DER JUICE (schreit). Wie unfassbar das alles ist. Was geht ab, alter. Vier verdammte Kronen in der Juice. Shit! Was passiert hier eigentlich alles gerade während des Hiphop.de-Interviews? Kommt, nehmt die Juice mit, ich kann das jetzt nicht lesen.

(Sickless übergibt das Magazin an Schote, der gemeinsam mit den anderen den Raum verlässt.)

Boah, wie geil ist das denn. Woah, ich muss erst mal kurz klarkommen. Genauso viele Kronen wie Der Plusmacher, 3Plusss und Chakuza & Raf Camora. Wow. So, lass uns weitermachen. Wo waren wir?

Stichwort Künstlerkollektiv.

Genau, also wir haben gerade unseren digitalen Vertrieb und unseren Webshop auf die Beine gestellt und versuchen gerade, den Booking-Bereich weiter auszubauen. Wir versuchen nun, alles koordinierter zu gestalten und wir sind auch gerade alle gemeinsam in ein Büro gezogen. Hier arbeiten jetzt Marz, Jay, ich und Drum Quixote.

Lass uns bei Drum Quixote bleiben, mit dem du gemeinsam dein kürzlich erschienenes Debüt-Album Horus produziert hast. Wie kam es zu der Entscheidung, das gesamte Album, abgesehen von einem Song, von einem Produzenten produzieren zu lassen, und weshalb fiel die Wahl auf Drum Quixote?

Das kam total intuitiv und war keinesfalls abzusehen. Mit Dome (Drum Quixote, Anm. der Redaktion) habe ich zusammen studiert, ohne zu wissen, welches musikalische Talent er besitzt. Ich wusste immer nur, dass er in einer Jazz-Band gespielt hat. Er ist einfach ein richtig krasser Musiknerd, der sich in allen Genres wahnsinnig gut auskennt und auch viel sehr gute elektronische Musik produziert. Irgendwann hat er dann im Zuge eines Umzugs 30 Tage bei mir gepennt. Er hatte dann plötzlich Bock, einen Hiphop-Beat zu bauen und hat das dann auch getan. Der Beat, der hierbei entstanden ist, ist der des letzten Tracks des Albums. Ich habe direkt erkannt, welche Gabe in ihm schlummert. Alles, was er produziert, ist einfach so wahnsinnig stimmig und rund und deshalb hat es einfach Sinn gemacht, das Horus-Projekt gemeinsam mit ihm zu kreieren. Neben der musikalischen Zusammenarbeit ist er einfach einer meiner besten Freunde, mit dem ich schon wahnsinnig viel erlebt habe. Wir sind zum Beispiel gemeinsam durch Kambodscha gereist. Und das macht man ja nicht mit irgendwem. Dass der Dexter-Beat da noch reingeflogen ist, hatte sich dann so ergeben.

Wie hat sich das denn ergeben?

Zu Dexter war immer der Kontakt da. Kennengelernt hatten wir uns auf dem Openin Festival in Mannheim und wir haben uns auf Anhieb super verstanden. Er ist einfach ein toller Mensch mit einer faszinierenden Aura und einem beeindruckenden Talent. Da er nicht weit wohnt, hat er mich dann in seine Wohnung eingeladen und wir haben Beats gehört. Irgendwann hat er mir dann den Beat geschickt, der nun auf Horus gelandet ist. Richtig gutes Ding geworden.

Auf den kommenden Seiten spricht Sickless ausgiebig über sein erstes Solo-Album Horus. Als Vorgeschmack auf dieses kannst du dir hier das Video zu Placebo ansehen.

Die zwei beteiligten Produzenten haben wir angesprochen. Wie klingt Horus denn nun?

Mir fällt es wahnsinnig schwer, meine eigene Musik in Worte zu fassen, oder mich grundsätzlich musikalisch einzuordnen. Der Pressetext zu Horus ist daher auch der erste wirscheissengold-Pressetext, den ich nicht selbst geschrieben habe. Grundsätzlich ist Horus soundtechnisch eine Melange aus klassischem Boombap-Sound und sphärischen Instrumentals. Das Klangbild an sich ist sehr rund geworden und es existiert ein roter Faden. So beginnt das Album sehr positiv und wird stetig düsterer, bis hin zum Seelenstriptease auf Astronaut. Die Instrumentals haben allesamt eine persönliche Note.

Verläuft der rote Faden des Inhalts ähnlich?

Textlich gibt es diesen Faden in dieser Form nicht, aber dennoch haben die Tracks textlich einen Bezug zueinander. So spiele ich viel mit Licht und Farben und verbinde damit die einzelnen Songs miteinander. Der eigentliche rote Faden ist aber, wie bereits angesprochen, die Entwicklung, die die Musik nimmt. Diese Entwicklung lag mir sehr am Herzen.

Lass uns mal über den Titel deiner letzten beiden Projekte sprechen. So hörte dein letztes Release vor Horus auf den Namen Seth. Woher kommt diese Affinität zum alten Ägypten und wie wirkt sich diese auf deine Musik aus?

Seth und Horus sollten zuerst gemeinsam erscheinen. Seth ist ja der Gott des Chaos und so hätte sich dann diese Seite des Release angehört. Düstere, zusammengewürfelte Instrumentals als Kontrast zu dem klar strukturierten Horus-Projekt. Seth habe ich dann früher veröffentlicht. Diese Affinität kommt vermutlich von meiner Leidenschaft für Symbole. Ich finde es einfach geil, mit diesen zu arbeiten. Bei uns im Wohnzimmer stand auch früher so ein ägytisches Totenbuch und ich habe nie hinterfragt, warum das da steht. Irgendwann habe ich angefangen, mich intensiver damit zu beschäftigen, und als ich mich vor der Albumproduktion mit dem Titel beschäftigte, geisterte mir immer wieder der Name Horus durch den Kopf. Auch weil ich wieder symbolisch arbeiten wollte.

Auf der aktuellen Juice-CD befindet sich ein Remix deines Songs Gladiator, auf dem du, anders als auf der Albumversion, von Edgar Wasser, Prezident, Dr Lucs, Schote, Marz und Jay unterstützt wirst. Wie ist es dir gelungen, so viele unterschiedliche Künstler für diesen Song zu gewinnen?

Prezident kenne ich schon unfassbar lange und wir hatten schon ganz früh Kontakt. Damals haben wir noch regelmäßig über ICQ geschrieben und irgendwie war er immer eine Art Mentor für mich. Ich bin einfach schon immer ein riesen Prezident-Fan. Musikalisch hatten wir ja schon immer viel miteinander zutun. So haben wir zum Beispiel gemeinsam mit Ahzumjot einen Track auf diesem Pusha-T-Instrumental. Ich hab' ihn einfach angerufen und er hatte direkt Bock, bei diesem Gladiator-Ding dabei zu sein. Edgar Wasser kenne ich von zahlreichen Auftritten. Drum Quixote hatte sich gewünscht, einmal Edgar Wasser auf seinem Beat zu hören und diesen Wunsch habe ich ihm erfüllt. Dass meine Jungs neben den beiden auch noch am Start sind, ist Ehrensache und ich kann stolz sagen, dass jeder Part knallt. Ich habe mit meinem ersten Release mein ganzes Camp gemeinsam mit Edgar Wasser und Prezident auf die Juice-CD gebracht. Das macht mich schon etwas stolz.

Auf der letzten Seite spricht Sickless über die ungewöhnliche Form der Finanzierung seines Albums. Als weiterer Kaufanreiz kannst du dir hier ein kleines Live-Video anschauen.

Neben den Größen auf diesem Projekt hat dich auch zuletzt Megaloh lobend erwähnt. Wie stehst du zu diesem und gibt es Pläne, in Zukunft gemeinsam zu arbeiten?

Ich bin ein riesiger Megaloh-Fan und spätestens seit seinem letzten Album steht er zurzeit für mich über allen anderen. Die Lines sind groß, der Flow ist krass und der ganze Typ ist einfach großartig. Eigentlich war er als Feature auf dem Gladiator-Song geplant, aber durch seinen jetzigen Bekanntheitsgrad war das leider nicht realisierbar.  Was nicht ist, kann aber noch werden. Das erste Mal getroffen habe ich ihn auf dem Kurt-Festival. Er hat mich angesprochen und gefragt, ob ich nicht Sickless sei. Das hat mich wahnsinnig beeindruckt. Er hatte meinen Dr. Cooper-Remix gefeiert und mich deshalb erkannt. Diesen Remix hat er auch neulich auf Facebook gepostet. Ich hoffe, irgendwann kommt die angedachte Zusammenarbeit zustande. Man sieht sich immer zwei Mal im Leben.

Lass uns mal über die ungewöhnliche Art der Finanzierung deines Albums sprechen. So spendeten deine Fans via Crowdfunding innerhalb kürzester Zeit über 2.500 Euro, um Horus mitzufinanzieren. Hast du mit dieser Resonanz gerechnet und wie kamst du auf die Idee, auf dieses Mittel zurückzugreifen?

Ich habe Medienwirtschaft studiert und aus diesem Grund waren mir die Möglichkeiten dieser Plattform bekannt. Im Vorfeld hatten wir so eine kleine Tendenz bezüglich der Nachfrage nach Horus. Dass dann aber knapp 200 Leute mitmachen und sogar 3.000 Euro zusammenkommen, war natürlich nicht abzusehen und ist einfach verrückt. Ausschlaggebend war wohl, dass alle Spender je nach Höhe der Spende eine gewisse Gegenleistung erwarten konnten. So gibt es für diese beispielsweise ein exklusives Konzert, das Album, oder ein gemeinsames Essen. Bei dem haben wir geile Burger für die Spender gemacht. Vielleicht machen wir ja bald 'ne eigene wirscheissengold-Burgerkette auf (lacht). Die Leute hatten da auf jeden Fall Bock drauf und haben verstanden, was es mit dieser Sache auf sich hat.

Wie sehen nun deine Pläne nach Horus aus?

Ach es passiert immer unfassbar viel und ich bin jetzt erst mal richtig glücklich, mein eigenes Album in den Händen zu halten. Wir sind auf jeden Fall motiviert. Ich gebe das Album jetzt den richtigen Leuten und schaue was passiert. Wenn sich Booking-Agenturen für uns interessieren wäre das super.