Shawn the Savage Kid: "Authentizität ist das einzige, was Rapper bestehen lässt" (Interview) - Upcoming Artists

Shawn the Savage Kid, Upcoming Artist aus Reihen des renommierten Labels Showdown Records, gerät auf seinem neuesten musikalischen Werk gehörig mit seinen clinchenden Egos in Konflikt. Das Ergebnis dieser innerpersönlichen Duelle verarbeitet der gebürtige Regensburger auf tiefgehenden und persönlichen Musikstücken, die dennoch zeigen, dass Shawn auch technisch einiges zu bieten hat. Wir haben uns mit ihm getroffen, um uns unter anderem über diese EP zu unterhalten.

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Du bist auf dem splash! gemeinsam mit deinen Showdown-Kollegen Mortis und Disarstar aufgetreten. Wie war hier das Feedback des Publikums?

Der Auftritt lief auf jeden Fall easy und war super! Wir hatten halt das Pech, dass wir mit Chance the Rapper und SSIO wahnsinnig starkes Gegenprogramm hatten. Dennoch waren einige Leute da und ich hatte das Gefühl, die hatten alle Spaß. Das war generell unser erster gemeinsamer Auftritt, da wir durch die riesige Entfernung, die zwischen uns liegt, sonst wenig Gelegenheit haben, zusammen Musik zu machen. Von Disarstar wohne ich zum Beispiel knapp 1.200 Kilometer weit weg.

Auch stilistisch liegen Welten zwischen euch. Was hältst du denn grundsätzlich musikalisch von deinen Labelkollegen?

Ich bin immer offen für stilistisch andere Rapper und kann Gangsterrap genauso feiern wie Pussyrap. Disarstar ist textlich und insbesondere technisch ganz stark und auch Mortis ist ein guter Dude. Die beiden haben einfach eine harte Energie am Mic.

Du bist spätestens seit deinem Showdown-Signing immer mehr Leuten in Rapdeutschland ein Begriff. Dennoch gibt es Menschen, die sich mit dir noch nicht mit dir auseinandergesetzt haben. Erkläre diesen Menschen, für was Shawn the Savage Kid steht und was dich musikalisch ausmacht.

Ja, ich bin Shawn the Savage Kid, komme aus Regensburg und wohne seit drei Jahren in Wien. In meiner Freizeit rappe ich, mache Beats und versuche, mich auf diesem Weg in allen Rap-Bereichen zu etablieren und mir einen Namen zu machen. Generell achte ich auch bei Storytelling-Tracks auf eine saubere Reimtechnik, gute Vergleiche und einen sauberen Flow. Ich bin einfach ein großer Rap-Fan, der selbst Rap macht.

Deine Musik ist sehr persönlich, was dich natürlich immer auch ein Stück weit angreifbar macht. Außerdem gibst du dich in deinen Songs häufig sehr verletzlich. Innerhalb der Deutschrap-Szene existiert gerade eine starke Strömung hin zu dieser Art von Musik. Worauf führst du die positive Resonanz darauf zurück?

Ich versteh' auf jeden Fall, was du meinst. Ich kann dazu sagen, dass Deutschrap gerade so offen ist wie nie zuvor und die Community unheimlich viel akzeptiert. Das macht Deutschrap gerade aus und eröffnet Künstlern, die sich früher möglicherweise verstellen mussten, die Möglichkeit, sich musikalisch und inhaltlich voll auszuleben. Dieser Trend gibt den Rappern im Augenblick die Möglichkeit, sich so zu zeigen, wie sie wirklich sind, weshalb es diese von dir angesprochene Strömung hin zu persönlicheren Inhalten im Augenblick gibt. Generell ist gerade wieder ein richtiger Community-Gedanke spürbar. Und dieses klassische Lagerdenken, das Deutschrap früher massiv geschadet hat, ist fast verschwunden. Mittlerweile sind fast alle Strömungen cool miteinander und das ist eine sehr positive Entwicklung. Bei mir konkret sieht das so aus, dass ich, auch wenn represente oder Doubletime rappe, immer persönliche Erfahrungen von mir mit reinbringe, auch wenn diese für den Hörer nicht immer direkt wahrzunehmen sind, da ich die anders verschlüssele. Das ist einfach authentischer und diese Authentizität können Leute erkennen und sich damit identifizieren. Ich denke, aus diesem Grund funktioniert diese Art von Musik im Augenblick. Unabhängig davon kann ich mir auch unheimlich gerne Image-Rapper anhören.

Denkst du diese Art von Musik ist etwas Bleibendes oder nur eine Modeerscheinung wie der kompromisslose Gangsterrap zu Zeiten der großen Deutschrap-Camps?

Im Augenblick sieht das für mich so aus, als würde diese Art von Musik wieder so gemolken werden, wie es damals zu Gangsterrap-Zeiten leider üblich war. Vor zwei Jahren haben die Leute alle schon gesagt, wie toll Deutschrap sei, wie gut die Musik wäre und wie harmonisch doch alles sei. Im Augenblick werden nun alle wieder direkt gesignt, die musikalisch in diese Richtung gehen. Insbesondere die Major-Labels rüsten in dieser Hinsicht gerade auf. Ich glaube hier schon an diese Phasen-Geschichte, nach der ein Trend den anderen ablösen wird. Im Endeffekt geht es aber lediglich um Authentizität. Wenn du authentisch bist, ist völlig egal ob, du dich in Songs verletzlich machst, persönliche Inhalte verarbeitest oder eine Rolle spielst. Das einzige, was zählt, ist, dass die Hörer dir glauben, was du sagst. Authentizität ist das einzige, was Rapper bestehen lässt.

Schaden die Major-Labels im Umkehrschluss sogar deutschem Rap?

(überlegt lange) Ich glaube nicht. Im Endeffekt entscheidet immer noch der Konsument über das, was er hören möchte. Die Majors bedienen nur eine Nachfrage und kaufen ja nicht ihre eigenen CDs. Die Aufgabe, Qualität zu erkennen und zu unterstützen, liegt noch immer beim Konsumenten.

Am ersten 01. August erschien deine EP Egoprobleme. Ist dieser Titel selbstreflexiv?

Nicht insofern, als dass ich Probleme mit meinem Ego hätte. Es fängt aber schon damit an, dass ich nicht als Person auf der Bühne stehe, sondern als Rapper Shawn the Savage Kid. Ich habe also, wie viele andere Menschen auch, mehrere Egos in mir, die natürlich auch miteinander clinchen können. Das ist bei dir auch nicht anders. Du hast ein Hiphop.de-Interviewer-Ego und ein Ich-sitze-zuhause-bei-meiner-Freundin-Ego und beide Egos zeigen völlig unterschiedliche Facetten von dir. Facetten, die sich möglicherweise gelegentlich widersprechen.

In welchen Situationen kommen deine Egos miteinander in Konflikt?

Naja, zum Beispiel auf dem splash! Festival, wenn meine Freunde schon vormittags beginnen, Dosen anzustechen und zu feiern und ich aber nüchtern zum Hiphop.de-Interview gehen sollte. Das sind ganz kleine Situationen im Alltag; in denen meine Egos unterschiedliche Interessen vertreten.

Was passiert auf der EP inhaltlich?

Im Endeffekt dreht sich bei mir immer noch alles um dieses Low-Life-Schickie Mickie-Ding und den Gegensätzen von Low-Lifestyle und High-Lifestyle. Neue, teure Sneaker haben, aber sich nicht sicher sein, wie man die Miete aufbringen soll. Das zieht sich weiterhin durch mein Leben und wie ein roter Faden durch die EP. Auch die angesprochenen Ego-Konflikte spielen hier eine große Rolle. Eine EP eines Rappers, der sich mit seiner Rolle als Rapper auseinandersetzt.

In was für ein Sound-Gewand hast du diese Thematiken gekleidet?

Der Sound ist auf jeden Fall schneller als auf der vorhergehenden EP. Die erste EP war noch sehr ruhig und auf braves Storytelling fixiert, wohingegen die neue EP deutlich mehr nach vorne geht. Es wird auch wieder ein bisschen mehr gespittet und schlechte Laune am Mic rausgelassen. Die letzte EP wurde übrigens auch von Curse bei 1Live gespielt. Die Resonanzen sind auf jeden Fall super.

Eigentlich hast du angekündigt, nach deiner letzten EP ein Soloalbum zu veröffentlichen. Nun kommt dennoch erstmal wieder eine EP. Warum geht ihr noch einmal diesen Zwischenschritt?

Wir wollten im Mai einfach auf Soundcloud ein paar Tracks raushauen; um den Fans etwas Neues zum Anhören zu geben und zu zeigen, dass ich immer noch am Start bin. Die Songs habe ich dann bei mir zuhause in Wien aufgenommen und sie den Showdown-Jungs geschickt. Die meinten dann, dass diese Songs zu viel Qualität hätten, um sie wegzuwerfen, also haben wir uns dann gemeinsam entschlossen, diese Songs zu einer EP zusammenzustellen. Das war im Vorfeld nicht geplant.

Bedeutet Dinge den Fans zu schenken, sie wegzuwerfen?

Nein, aber so ein Song auf Soundcloud hat eine wahnsinnig kurze Lebenszeit, wohingegen ein komplettes Release deutlich länger Bestand hat. Ich werde den Fans auch immer wieder Songs, die im Rahmen der Album-Produktion entstehen, kostenlos zur Verfügung stellen. Ein Release ist immer auch eine Art Statement, das aussagt: "Hier bin ich und ich bin ernst zu nehmen".

Ist Egoprobleme trotz dieser spontanen Entstehungsgeschichte ein zusammenhängendes Produkt geworden?

Ja, das auf jeden Fall. Das waren Tracks, die auch schon ein bisschen ans Album angedacht waren und aus diesem Grund schon einen roten Faden hatten. Aus diesem Grund passen diese Songs auch sehr gut zusammen. Das Konzept der kämpfenden Egos hatte ich beim Schreiben der Songs schon im Kopf.

Welche Erwartungen hast du nun an Egoprobleme?

Egoprobleme ist auf jeden Fall ein Austesten, wie die Resonanz auf meine Musik ist, wenn die Aufmerksamkeit meines Showdown-Signings ein wenig verflogen ist. Ich möchte einfach sehen, was davon übrig geblieben ist. Die Erwartungen an sich sind relativ niedrig, da ich immer noch im Aufbau bin und die EP als solche nicht geplant war. Das soll diese aber auf keinen Fall schmälern.