Ruffiction über "Ruffnecks", ihren Chart-Einstieg und Konflikte mit der BPjM (Interview) - Upcoming Artists

Das Independent Label Ruffiction steht seit der Gründung für harten, kompromisslosen Rap, der aber durch die teilweise groteske Überzeichnung der Szenarien stets mit einem Augenzwinkern zu sehen ist. Nun steht mit Ruffnecks, das übrigens auf Platz 21 der Albumcharts eingestiegen ist, bereits die 15. Veröffentlichung der Jungs in den Läden. Zeit, sich näher mit ihnen zu beschäftigen. "Ruffnecks, was ist unser Handwerk? AHUU!"

Euer letztes Interview mit Hiphop.de liegt bereits sechs Jahre zurück. Stellt zu Beginn des Interviews doch noch einmal das Label Ruffiction und dessen Mitglieder vor.

Wir sind Ruffiction und setzen uns aus den Künstlern Crystal F, Crack Claus und Arbok48 zusammen. Crystal F stammt aus Berlin-Neukölln, er rappt und hat früher auch produziert. Crack Claus rappt ebenfalls und kümmert sich darum, dass Substanzen vernichtet werden (lacht). Arbok rappt auch. Uns gibt es seit acht Jahren und das kürzlich erschienene Album Ruffnecks ist bereits die fünfzehnte Veröffentlichung aus dem Hause Ruffiction. Wir machen quasi ununterbrochen Musik und sind live viel unterwegs. Allerdings eher in der Hardcore-Szene, weshalb wir auch länger im Hiphop-Bereich nicht so aktiv waren. Das ändert sich aber gerade und wir legen auch Wert darauf, in diesem wieder mehr Präsenz zu zeigen.

Ihr habt gerade euer kürzlich erschienenes Album Ruffnecks erwähnt. Wie sieht das Soundbild des Albums aus und womit setzt es sich inhaltlich auseinander?

Das Album klingt einfach nach Ruffiction!

Und wonach klingt Ruffiction?

Nach Scheiße! (lacht) Aber jetzt mal im Ernst: das ist wirklich schwer zu beantworten. Ruffiction ist auf jeden Fall harte Mucke. Ruffiction geht nach vorne, geht auf die Fresse und es ist sicherlich keine weiche Musik. Für labile Emos ist das nichts. Das Album sollten Leute hören, die Humor haben und harte Unterhaltung mögen. Der Trend im deutschen Rap ist ja auch mittlerweile hin zu einem deutlich härteren Inhalt gegangen, was wir ja seit unseren Anfängen schon machen. Ruffnecks ist einfach gute Rapmusik härterer Gangart, die aber dennoch sehr unterhaltsam ist. Produziert wurde das Album von Bjet, Cristal, Johnny Illstrument, Hanx, Deaks, Kevoe West und Chazer One. Für die Premium Edition hat Claus noch einen Beat beigesteuert. Der Soundbild ist nun eigentlich relativ bunt gemischt. Die ersten sechs Songs, die wir gemacht haben, waren alle relativ langsam und dann hat Kevoe West uns Beats geschickt, die dann mehr in diese Hiphop-Richtung gingen und dem Album eine neue Facette verliehen haben. Wir haben dennoch typische Ruffiction-Instrumentals, die natürlich etwas härter sind und für unsere Fans vertraut klingen, aber wir haben nun durch Kevoe West auch teilweise einen Boombap-angehauchten Sound. Vielen Dank nochmal an alle Produzenten (klatscht demonstrativ Beifall).

Auf der kommenden Seite sprechen die Ruffiction-Jungs über ihren guten Charteinstieg und ihre Konflikte mit der BPjM. Um dir ein Bild von der Musik der Jungs zu machen, kannst du dir hier den Titeltrack des Albums anhören.

Mit eurem Album seid ihr jetzt auf Platz 21 eingestiegen, wie heute verkündet wurde. Wie überraschend kam das für euch?

Damit hat keiner gerechnet! Wir sind gerade überwältigt vom Feedback der Fans und dem Charteinstieg. Wir machen seit zehn Jahren Musik, die bisher nie als chartkompatibel galt. Mit Ruffnecks haben wir zusammen mit den Fans das Unmögliche geschafft und ein Ruffiction-Album in die deutschen Albumcharts gebracht. Wir danken jedem ehrlichen Käufer, der Ruffiction-Armee für die Unterstützung, Distri für die hervorragende Vertriebsarbeit und das Vertrauen in uns, Dresscode-Shop für das Vertrauen und die gute Zusammenarbeit, SureShot Promotions für die Unterstützung und großartige Pressearbeit, Till vom Make your Way Studio und allen Gästen, Produzenten und jedem, der an diesem Projekt mitgearbeitet hat! Ruffamilia!

Vor geraumer Zeit fielen einige eurer Veröffentlichungen und auch eure Homepage der BPjM zum Opfer. Wie seid ihr damit umgegangen und besteht diese Gefahr bei diesem Album wieder?

Ach, man fühlt sich in solchen Situationen einfach ein Stück weit unverstanden. In dem Brief, den wir von dieser Prüfstelle erhalten hatten, stand sinngemäß drin, dass Raphörer häufig aus bildungsfernen Schichten stammen und man deshalb nicht erwarten könne, dass diese die Überzeichnungen in unserer Musik verstehen können. Diese seien deshalb für diese Menschen gefährlich. Die schreiben also quasi, dass Rap von dummen Menschen gehört wird und deshalb eher verboten werden sollte, als andere Musikrichtungen. Das ist halt einfach traurig. Sie schätzen die Hörer von Rapmusik völlig fasch ein. Das von Rappern häufig angeführte Film-Beispiel ist in diesem Bezug gar nicht so treffend. Viel interessanter ist, mal Bücher zu betrachten. Dort stehen teilweise die widerlichsten Dinge drin und ich habe noch nie mitbekommen, dass ein Buch verboten wurde. Crystal F übernimmt teilweise Szenarien eins zu eins aus Büchern, die völlig frei verkäuflich sind. Die Musikstücke werden indiziert, die Bücher nicht. Das merkwürdige im Fall der Ruffiction-Homepage war, dass die Seite gesperrt wurde wegen den Youtubevideos, die wir eingebunden hatten. Videos, die völlig legal auf Youtube stehen. Als wir die Videos entfernt hatten, war die Seite wieder frei. Das war eigentlich eher Werbung, da für einige Jugendliche Inhalte in dem Moment interessanter werden, in dem sie verboten werden. Die BPjM ist in dieser Form eigentlich überholt.

Sollte man im Umkehrschluss alles ungefiltert freigeben?

Das ist natürlich schwer zu sagen. Es ist aber schwierig, in einer solchen Frage gleiche Maßstäbe zu definieren, die es aber auf jeden Fall geben sollte. So existieren in den Lyrics einiger Deathmetal-Bands deutlich blutigere und krassere Texte als in unseren. Die versteht man allerdings nicht und was nicht verstanden wird, wird scheinbar nicht indiziert. Dennoch sollte natürlich nicht alles freigegeben werden. Insbesondere rechtsradikale Musik, die dazu genutzt wird, Jugendliche in eine falsche Richtung zu drängen und sie zu manipulieren, ist natürlich gefährlich. Wobei sich dort ja in aktuellen Beispielen die Frage stellt, ab wann Texte als rechtsradikal einzustufen sind. Wir haben also wieder ein Problem, Maßstäbe zu finden. In solchen Indizierungsfragen sollte man generell zwischen politischer und unpolitischer Musik unterscheiden, da von politisch motivierter Musik, insbesondere in diesem radikalen Sektor, eine große Gefahr ausgehen kann. Wir beziehen immer Stellung und sind ganz klar gegen Rassismus und Gewalt gegen Minderheiten. Solche Denkweisen sind einfach nicht zeitgemäß. Wir sind alle gleich, haben alle dasselbe Blut in den Venen. Und uns werfen dann Jugendschützer vor, wir würden Gewalt gegen Frauen unterstützen und fördern. Wir haben auch sehr, sehr viele weibliche Fans bei den Konzerten, die dann einfach auch intelligenter sind als diese, die solche Vorwürfe erheben. Die wissen unsere Musik einzuschätzen und wie man mit den Inhalten umzugehen hat. Uns wurde auch vorgeworfen, wir seien schwulenfeindlich, weil wir was gegen den Sänger von Rosenstolz gesagt haben. Da wird einfach direkt unterstellt, wir hätten etwas gegen den Typen, weil er schwul ist, was einfach nicht stimmt. Und mit solchen Begründungen wird dann Musik verboten und Internetseiten gesperrt. Das ist einfach überholt und die Geschädigten sind unter anderem kleine Indie-Labels, wie wir.

Wann und wie kamt ihr das erste Mal mit der BPjM in Kontakt?

Das war 2009 als, aus den genannten Gründen, alle unsere Freealben indiziert wurden. Uns wurde damals auch vorgeworfen, wir würden in unseren Texten Alltagsgegenstände zum Morden verwenden. Diese haben sie uns dann sogar aufgezählt. Ein Stock, ein Messer und so weiter (lacht). Aus diesem Grund würde von den Texten eine zusätzliche Gefahr ausgehen.

Abschließend berichten Crystal F, Arbok 48 und Crack Claus von speziellen Fans. Als weiteren Einblick in das musikalische Schaffen der drei Künstler kannst du dir hier den Track Ruff anhören.

Ihr habt eben erwähnt, dass ihr in euren Songs häufig mit Alltagsgegenständen Menschen massakriert. Woher nehmt ihr die Inspiration für eure Songinhalte?

Der Alltag inspiriert uns. Wir haben einfach auch viel kranke Scheiße im Kopf, die wir dann rauslassen. Im Endeffekt ist das das, was wir denken. Wir schauen keine Horrorfilme und versuchen, die Geschichten zu übernehmen. Wir haben uns schon immer in unserer Musik abreagiert, da diese ein gutes Ventil ist, um Stress abzubauen. Wir verarbeiten auch häufig, was wir sehen und was uns im alltäglichen Leben begegnet. Dafür steht auch Ruffiction. Wenn uns zum Beispiel viele schwangere Frauen auf der Straße begegnen, tauchen diese dann auch mal in einem Text auf.

Auf Ruffnecks bezeichnet ihr Ruffiction häufig als Familie. Wodurch zeichnen sich denn Mitglieder dieser Familie aus und welche gemeinsamen Eigenschaften verbinden euch?

Man sollte auf jeden Fall kein A*schloch, sondern einfach ein guter Mensch sein. Sei kein Nazi und unterdrücke niemanden. Versuch, keine zu große Fresse zu haben, und schätze dein Umfeld. Es gibt auch Menschen, die sich unsere Logos tätowieren lassen, die uns einfach unterstützen, die man dann auch regelmäßiger bei den Konzerten trifft. Zwei davon haben ihre Söhne nach Crystal benannt (Hauke, Anm. der Red.) und die junge Frau hat sich diesen Namen dann auch in Haukes Handschrift tätowieren lassen. Die sind auf jeden Fall auch Teil unserer Familie. Man muss sich aber nicht tätowieren lassen. Vertrete diese Werte und sei ein guter Mensch.

Gibt es nach unzähligen Auftritten bestimmte Rituale, die sich etabliert haben?

Wir trinken viel Bier und versuchen, uns an unsere Texte zu erinnern (lacht). Wirkliche Rituale gibt es nicht. Wir machen vor unseren Konzerten immer eine Ansage, dass man bei all der Feierei und dem Spaß Rücksicht aufeinander nehmen sollte. Wir sind immer ganz nah dran an den Fans und wollen mit denen feiern. Bei uns wird auch viel gemosht auf Konzerten und da ist eben wichtig, dass Rücksicht aufeinander genommen wird. Diese Ansage ist eine Art Ritual. Wir haben einfach auf jeden Fall Bock, Zeit mit unseren Fans zu verbringen, mit denen zu reden und eine gute Zeit zu haben. Das ist uns wichtig.

Die letzten Worte gehören euch.

Kauft euch Ruffnecks! Unterstützt und feiert den Scheiß! Und kommt auf jeden Fall zu den Konzerten!

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Text: Marc Schleichert

Kategorie

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