OG Keemo & Funkvater Frank über "Skalp", Chimperator, Genetikk, Zonkeymobb & 2019-Swag (Interview)

Es ist einer dieser frühen Herbsttage, an denen du dich einfach nicht passend zu den Temperaturen anziehen kannst. Während Erdogan Köln und sämtliche Autobahnen in der Umgebung dicht macht, treffen in Düsseldorf zwei große Männer aufeinander, denen ich deutlich lieber zuhöre: OG Keemo und Megaloh sind im Zakk.

Ich erwarte Keemo und seinen Partner, Produzent Funkvater Frank, zum Interview. Auf kein anderes Team war in den letzten anderthalb Jahren Verlass wie auf diese zwei. Während die Szene auf der Jagd nach dem nächsten Hit Amerika und Frankreich kopierte und später anfing, sich selbst unfreiwillig zu parodieren, konnte man neue Keemo-Tracks ungehört an die Spitze der persönlichen Playlist packen.

Mobben mit der Gang, (vergangene) Raubzüge, Frauen, Euros und Poloshirts von Ralph Lauren – die Themen klingen erstmal nicht besonders revolutionär. Aber nicht nur durch die einzigartigen Beats hebt Keemo sich von der Masse ab. Seine Lyrics glänzen durch anspruchsvolle Technik, einen gewissen Humor, seine subtile philosophische Ader und die Fähigkeit, mit Worten Bilder in deinen Kopf zu malen. Es geht um mehr als die Dreifaltigkeit aus Pferden, Euros und N*tten, die der Rapper in "PEN" predigt.

Heute ist das zweite Tape seit der Unterschrift bei Chimperator im letzten Jahr erschienen. Auf "Skalp" (Stream & Videos) kann man sich wieder auf Frankys Bretter verlassen, die bedrohliche 808s mit Jazz-, Soul- und Funk-Samples und mehr vereinen. Keemo wird auf der Platte persönlicher als bei allem, was man bislang von ihm hören konnte. Wer am Ende des Jahres mitreden will, muss diese 26 Minuten gehört haben!

Als das Duo gemeinsam mit dem Homie ZNKMO nach einer halben Odyssee endlich in Düsseldorf ankommt, gibt es kurz ein paar Kleinigkeiten im Backstage, den Soundcheck und dann nehmen sie sich trotz des engen Zeitplans und eines Lochs im Magen über 40 Minuten Zeit für das Interview. Well appreciated, happy Release Day!

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Achtung, extrem nice Einstiegsfrage: Warum kommt Keemos und Frankys Album denn schon wieder im Winter?

Franky: Es ist ein Tape.

Keemo: Das ist Räubermusik und es wird früher dunkel. Was ‘ne Frage!

Tatsächlich passt das Label Räubermusik ziemlich gut zu eurer Musik. Wie viel von den Stories aus den Texten ist wirklich passiert?

Keemo: Alles ist passiert.

Franky: Bei mir nicht ich bin da raus ich habe meinen ganzen Leben noch nicht geklaut. Wenn Keemo und Binho von Schlecker gekommen sind, konntest du immer Kippen bei denen bekommen.

Keemo: Bestimmt sind die deshalb pleite gegangen, weil da alle immer geklaut haben. Klauen war schon groß damals bei uns. Das ist aber gar nicht mehr mein Film außer in der Musik. Ich wüsste trotzdem immer noch, wie ich ein paar Polo Ralph Lauren Caps kriegen würde. Aber ich wäre ja dumm, wenn ich jetzt noch irgendwo einsteigen würde . 

Neben diesem Kleptomaniefilm hört man in deinen Texten auch manchmal nachdenklichere Zeilen. Eine Stelle im "Vorwort" von "Skalp" ist besonders bei mir hängengeblieben.

"Ich rede wenig und guck, wie ich worte wähl’ /

ich stell mir jeden Morgen vor, wie meine Brüder sich mein' Lebensweg als Vorbild nehm’n /

und schwör’, solang’ ich morgen leb’ /

wird keiner von ihn' jemals einmal durch dieselben Pforten geh'n"

Ich will nicht direkt übertreiben, aber wären reflektierte Hood-Stories à la Cole und Kendrick vielleicht ein Weg für die Zukunft?

Keemo: Den Song habe ich nicht mit der Absicht geschrieben, etwas Reflektierteres als sonst zu machen. Das waren einfach ein paar Sachen, die passiert sind und die ich mir von der Seele quatschen musste. 

Waren das wirklich betrunkene Gedanken vom Rücksitz eines Taxis, wie du es im Song rappst?

Keemo: Ja, ich glaube das war sowas. Und in dem Moment habe ich mir gedacht, da draus muss ich eine Line machen.

An anderer Stelle sagst du, du lebst jetzt mit 25 deinen Lebenstraum.

Keemo: Ja, das ist einfach geil, dieses Rapding. Wer will das nicht? Wir sind weit davon entfernt, reich zu sein, aber wir können davon leben. 

Franky: Wir waren diesen Sommer jedes Wochenende unterwegs. Immer Spaß gehabt mit unseren ganzen Jungs und dafür auch noch Kohle gekriegt. Voll absurd, Alter. 

Keemo: Vor ein paar Jahren noch Praktika gemacht und von Job zu Job gehangelt. Ich kann mir das mit dem normalen Arbeiten nicht vorstellen ein Leben lang. Ich habe in der Gastro gearbeitet, Sachen zusammengebaut, Sachen geschleppt, eine Zeit lang gechillt und Scheiße gebaut. Dinge gemacht, auf die ich gar keinen Bock hatte. Shindy "Arbeit ist out" – das hat mich geprägt. (lacht) 

Gibt es auf dem Tape noch weitere Songs, die in diese Richtung gehen?

Keemo: Ja, "Nimbus". Das ist so ein bisschen an meine Mutter gerichtet, die letztes Jahr gestorben ist. Der ist viel kürzer und deutlich metaphorischer als "Vorwort". Da geht's darum, wie die Zeit für mich war und wie ich das alles verarbeiten musste.

Franky: Der ist eher kurz und knackig, "Vorwort" ist mehr Storytelling. "Nimbus" ist einfach ein richtig schönes Outro geworden.

In "Vorwort" gibt es diese eindringliche Stelle, in der du sagst, dass deine Karriere auf ewig einen Beigeschmack haben wird.

"Meine Depression ist stärker als der Großteil von euch Ni**as /

deshalb lauf ich rum, als ob niemand ne Chance hat /

denn was nimmst du einem Sohn, der keine Mom mehr hat? /

Unterschrieb den Vertrag ‘nen Tag nachdem ich sie begraben hab /

der Start meiner Karriere hat auf ewig einen Nachgeschmack – f*ck"

Keemo: Das waren zwei Extreme, die zu der Zeit aufeinander getroffen sind: Auf der einen Seite geht es los mit Musik und Labeldeal. Auf der anderen Seite stirbt halt deine Mutter.

Franky: Das war ein heftiges Gefühl, als er das im Studio eingerappt hat. "Neptun" haben wir auch komplett aufgenommen in der Zeit, als seine Mutter im Sterben lag

War die Musik eine Art Hilfe in der Zeit?

Keemo: Ich kann mich noch daran erinnern, dass wir gesagt haben: Lass uns das Tape machen, solange sie stabil ist, weil danach bin ich komplett gef*ckt und werde auch keine Musik mehr machen können. Deshalb haben wir das vorher gemacht und Chimperator hatte sogar vorgeschlagen, das komplette Release zu verschieben.

Lass uns zu erfreulichen Themen kommen. Eure Karrierekurve zeigt gerade eindeutig nach oben, aber fangen wir ganz vorne an. Du hast 50 Cents “Get Rich Or Die Tryin’” im Kinderzimmer gerappt – was ging noch zu der Zeit?

Keemo: Das Album haben ja damals alle aus unserer Generation gehört. Dipset war groß. T.I. war auch ungefähr die Zeit, da war ich auch ein krasser Fan, als "Trap Muzik" rauskam. "You Don’t Know Me" - das war mein Shit. Als der dann Mainstream gegangen ist, war das aber auch nix mehr.

Und ungefähr 5 Jahre danach habt ihr euch dann kennengelernt?

Franky: Das kannst du so genau gar nicht sagen. Das ist mehr so eine On-Off-Beziehung gewesen.

Keemo: Wir haben uns kennengelernt bei Basketball damals bei uns im Ort.

(an Franky) Du hast Basketball gespielt?

Franky: Ich war voll gut. Damals waren wir auch noch gleich groß.

Erzähl das heute mal den Leuten in den YouTube-Kommentaren ...

Keemo: Da waren wir so 12 oder 13. Ein anderer Homie von uns, Binho, war auch bei uns im Team. Und Franky hat damals auch gerappt.

Franky: Ja Mann, ich war ein großes Idol für Keemo. Deshalb wollte der unbedingt einen Song mit mir aufnehmen. 

Keemo: Ich habe den irgendwann auf einer Hausparty gesehen und gesagt: Ich rappe jetzt auch. Dann habe ich dem auf der Toilette ‘nen Part vorgerappt.

Franky: Und ich fand es voll geil zu dem Zeitpunkt. Ich war aber auch nicht so krass selber - damals gab es viel von diesem Schnulzenscheiß.

Das dürfte dann ungefähr 2008 gewesen sein …? 

Keemo: Könnte ziemlich genau passen. Ich bin dann aber wieder nach Mainz gezogen.

Franky: Aber bevor du nach Mainz bist, haben wir einen Song zusammen gemacht. Ich bin aber froh, dass es den nirgends gibt. Wir lassen auch mal besser hier weg, wie wir uns damals genannt haben. (lacht)

Also Daimajin wart ihr damals vermutlich noch nicht. War "DMJN" 2016 der erste Song überhaupt, den ihr jemals ins Netz geladen habt? Diese Woche ist der übrigens 2 Jahre alt geworden.

Audio-URL

Franky: Ach guck mal, und wir haben gar nicht gefeiert. Aber das ist in der Chronologie noch voll weit entfernt. Da liegen nochmal sechs Jahre dazwischen – Daimajin war dann die Zeit, als ich mir vom ersten Ausbildungsgehalt als Speditionskaufmann direkt 'ne MPC gekauft habe. Davor habe ich ihm immer Beats geschickt von Soundklick. Ich habe auch selbst gar nicht mehr gerappt.

Keemo: Als ich in Mainz gewohnt habe, ist das alles ein bisschen eingeschlafen zwischen uns. Als ich dann wieder zurück in Mannheim war – das war ungefähr die Zeit, als Franky die Ausbildung gemacht hat – ging es dann wieder los. Er hat die Beats gebaut und ich war der Mann für den Rap.

Franky: Als er wieder in Mannheim war, habe ich ihn angerufen und meinte, dass wir mal eine Session machen müssen. Mein Opa hatte damals einen Schrebergarten, wo er uns dann eine Booth in die Hütte gebaut hat. Richtig gut, aber die haben wir leider nie genutzt.

Keemo: Ja, weil ich nicht drin stehen konnte. 

Franky: Damals haben wir dann die ersten Sachen gemacht. Noch ultra Boombap und Keemo mit den Wack-MCs-Killen-Lyrics. Unser Homie Binho hat dann das erste ordentliche Mic geholt für uns.

Weil er euch zu nice fand, um unbekannt zu bleiben?

Franky: Genau. Wir wären da niemals drauf gekommen, das war alles nur Spaß für uns. Auch noch die jüngeren Sachen wie "Rigor Mortis". Jeder, der mich jetzt kennt, würde mich in der Zeit gar nicht wiedererkennen. Daimajin war schon eine geile Zeit; wir droppen irgendwann Lost Tapes davon.

Womit wir zum ersten kleineren Durchbruch kommen. "Rigor Mortis" hat euch die Tür zum Game aufgemacht.

Franky: Genau. Die Jungs von Breitband sind auf uns zugekommen und meinten, die feiern die Daimajin-Sachen und würde kostenlos ein Video mit uns drehen.

Keemo: Die wollten für sich selber gucken, dass sie vorwärts kommen. Wir haben also das Video gedreht, an Juice geschickt und die fanden es geil.

Wann kamen dann die ersten Leute auf euch zu, die euch auf ein professionelleres Level bringen wollten?

Keemo: Das ging relativ schnell. Am Anfang waren das eher so Manager, die uns treffen wollten. Tatsächlich war "Rigor Mortis" das letzte Ding, das wir komplett alleine gedroppt haben.

Franky: Bei "FDHZ" standen wir hinter den Kulissen schon im Kontakt mit Chimperator. Ich werde niemals vergessen, wie ich davon erfahren habe. Ich habe in Stuttgart studiert und ‘nen scheiß Lagerjob gemacht – LKWs beladen und sowas. Da hat Keemo mich angerufen: "Ey Digga, einer von Chimperator hat mir grade geschrieben bei Facebook. Der will sich mit mir treffen." Ich habe mich gefragt, wie die überhaupt darauf kommen. Er [Keemo] rappt von Bullenleichen im Kofferraum und auf einmal klingelt Chimperator.

Nicht unbedingt das, was man im ersten Moment mit den Chimps in Verbindung bringt. Trotzdem fühlt ihr euch dort offenbar wohl. Hattet ihr schon etwas mit den Labelkollegen zu tun?

Keemo: Wir haben ein paar kennengelernt, aber musikalisch läuft da nichts. Franky hat Cro auch schon ohne Maske gesehen. Ich nicht – und jetzt ist der weg.

Kommen wir mal zu eurer Dynamik als Rapper-Produzenten-Kombo. Bei Haftbefehl und Bazzazian zum Beispiel passiert noch jede Menge, nachdem Hafti seine Parts auf den Beat gerappt hat. Bei euch klingt es auch so, als wäre es mehr als: Beat, Rap drauf, fertig.

Keemo: Naja. Der Großteil ist genau so entstanden. (lacht) Wir haben oft unabhängig voneinander gearbeitet. "Neptun" ist eigentlich komplett so entstanden, dass ich bei mir im Zimmer Texte geschrieben habe, er hat einfach Beats gemacht und dann haben wir uns zusammengesetzt, um zu gucken, was wohin passt.

Dann nehmt meine Beobachtung einfach als Kompliment an die Beats. Für mich klingt es oft, als würde die Musik sich um den Rap herum entwickeln im Songverlauf.

Keemo: Es ist natürlich schon so, dass ich etwas umschreibe oder hin- und herschiebe. Genauso bei den Beats. Aber im Prinzip steht ein Track relativ schnell, wenn wir uns mit neuem Material treffen.

Franky: Ich komme mit dem Beat, Keemo mit dem Text. Und meistens hat er noch keine Hook. Das passiert dann gemeinsam on spot – und vielleicht ist das auch der Aspekt, der es am Ende voll durchdacht wirken lässt, obwohl es das gar nicht so sehr ist.

Keemo: Die "Skalp"-Sachen haben wir jetzt in einem richtigen Studio aufgenommen in Stuttgart. Da haben wir dann auch zusammen gesessen.

Franky: Ich bin mit 40 Beats in der Hosentasche da angekommen. Wir haben keinen einzigen davon benutzt. Alle Instrumentals für "Skalp" sind vor Ort entstanden genauso wie alle Texte. Alles innerhalb von ungefähr drei Wochen.

Die Studioarbeit war in der Form neu für euch. Lief das besser?

Franky: "Besser" würde ich nicht sagen.

Keemo: Anders war es auf jeden Fall. Normalerweise, wenn ich zuhause sitze und schreibe, brauche ich auch mal zwei Wochen für einen Text.

Franky: Er meinte immer, er könnte gar nicht spontan Texte schreiben. Und dann waren wir das erste Mal mit Marvin Game im Studio. Da hat er diese Superkraft entwickelt.

Keemo: Das war bei "50 x 100 x 1000 x Mio". Marvin hatte sich für eine Woche in Mannheim in einem Studio eingemietet und uns eingeladen. Dann hat er irgendwann einen Beat an gemacht und gefragt, ob der passen würde. Ich so: "Ja, klar. Safe." Ich dachte, das würde so eine Art Kennenlern-Ding werden und kein Feature.

Franky: Zu dem Zeitpunkt hatte er noch nie on spot einen Text geschrieben.

Keemo: Das hat dann aber direkt voll gut geklappt. Ich bin sogar vor ihm fertig geworden.

Den Part habe ich jetzt nicht auf Anhieb im Kopf, aber bei deinen Texten merkt man meistens, dass da deutlich mehr dahinter steckt, als man im ersten Moment annehmen würde. Du arbeitest teilweise mit jeder Menge Assonanzen und internen Reimen. Höre ich da MF Doom raus?

Keemo: MF Doom war auf jeden Fall ein krasser Einfluss. Sogar der einzige, den ich definitiv benennen kann. Sonst waren das immer nur so Bruchteile von anderen Rappern. Bei MF Doom einfach 100 %.

Und vielleicht ein bisschen die Attitude von 50 Cent.

Keemo: Ja, dieser arrogante Style, das kann schon sein. Aber den Film haben ja alle gefahren. Das ist vielleicht unterbewusst mit drin. Doom macht dir als Rapper dafür einige Türen auf, um zu sehen, was eigentlich alles möglich ist.

Dann gehe ich auch mal davon aus, dass Madvillain für euch DAS Rapper-Produzenten-Duo sind.

Franky: Für mich 200 %.

Keemo: Das war auch lange neben Waka Flocka die einzige Sache, auf die meine Freunde und ich uns immer einigen konnte.

Franky: Außer ich. Ich habe diesen scheiß Trap-Kram gehasst. Die einzigen Sachen, die wir damals als Verbindung hatten, waren genau das: MF Doom, Madlib, J Dilla. Ich habe das sooo krank gepumpt. Keemo auch, aber immer auch Trap. Im Nachhinein glaube ich, es war nur eine Frage der Zeit, bis unser Sound so wird, wie er jetzt ist. Dieser Spagat zwischen Boombap-Shit und richtigen Trap-Sachen. Aber das wird sich auch in Zukunft wieder weiterentwickeln und nicht immer so bleiben. Es ist auch wichtig, sich neu zu entdecken und anders zu arbeiten.

Apropos Madvillain: Seht ihr euch als ein Duo oder als zwei Künstler, die einfach extrem gut harmonieren?

Franky: Ein Duo, das extrem gut harmoniert. (lacht)

Keemo: Schon auf jeden Fall als Duo, auch wenn wir das nicht auf Teufel komm raus so in Szene setzen wollen.

Franky: Du merkst ja trotzdem, dass viele das auf dem Schirm haben. Viele, die Keemo kennen, kennen auch mich. Wir sind auch vertraglich ein Duo.

Keemo: Wir sind ‘ne Band – ‘ne Boyband.

Franky, kannst du dir trotzdem vorstellen, in Zukunft mal ein Produzentenalbum aufzunehmen?

Keemo: Das wünsche ich mir auch. Der will das einfach nicht. Das ist eigentlich voll die gute Idee.

Franky: Ich weiß nicht, das ist gar nicht mein Film irgendwie. Momentan denke ich da gar nicht dran, auch weil das andere so viel Zeit frisst. Ich mache ja nicht nur die Beats, sondern auch die Mixes und das Recording. Master kann ich gottseidank abgeben.

Ihr habt bei Twitter Props von Casper bekommen. Genetikk scheinen auch große Fans zu sein – den Tweet zitiere ich auch gerne:

GENETIKK on Twitter

Deutschrap braucht mehr OG KEEMOS, an alle Frauen : geht auf seine Konzerte und lasst euch kleine OG KEEMOS machen - spread it !

Keemo: Hätte ich sofort retweetet, wenn ich keine Freundin hätte. Shoutout Genetikk!

Wie kam der Kontakt zustande? Wie war die Resonanz?

Keemo: Der Bruder von Karuzo hat mich mal angeschrieben und gemeint, der feiert uns voll. Der meinte auch, "Mascarpone" wäre sein Lieblingssong, was eigentlich selten Leute sagen ...

Franky: … wobei der Track bei beat-affinen Leute schon häufig fällt.

Keemo: Er hatte dann schon mit Karuzo gesprochen und der hat uns auch gefeiert. Sein Bruder hat ihm meine Nummer weitergegeben und nach zwei Wochen hat Karuzo sich mittags bei mir gemeldet, als ich bei ‘nem Mädchen war. Das war richtig seltsam – ich wusste ja nicht, dass der Anruf kommt. Ich war in Boxershorts in der Küche und habe Avocado gegessen. Er meinte, dass er von Genetikk ist, ich habe die Stimme erkannt und dachte: Oh shit, das ist Karuzo. Er hat dann Props gegeben und meinte, die Jungs hätten mich auch gesignt, wenn Chimperator nicht schneller gewesen wäre. Wir wollte uns auch mit denen treffen in Saarbrücken, um den Song zusammen aufnehmen. Hat leider organisatorisch nicht geklappt.

Franky: Deren Flugzeug hatte Verspätung oder so. Wir haben uns um zehn Minuten verpasst. Den Feature-Part ["Wenn die Vögel singen"] haben wir dann bei Timur von Breitband im Kleiderschrank aufgenommen, weil wir kein Studio hatten zu der Zeit.

Gibt es sonst – national oder international – Leute, mit denen ihr gerne zusammenarbeiten würdet?

Franky: Es gibt schon einige, die wir feiern, aber deshalb muss es ja nicht gleich passen.

Keemo: Ich finde Hanybal eigentlich ganz nice. Aber ich kann mir auch keinen Hanybal-Keemo-Song so wirklich vorstellen. Und Feautures habe ich jetzt ja 'ne ganze Menge gemacht. Zwischen "Neptun" und "Skalp" nur Features rausgeballert. 

Abgesehen von Features: Was feiert ihr grade? Ist die Liebe für Brockhampton noch aktuell?

Keemo: Safe, aber das neue Album habe ich noch nicht gehört. Grade erst runtergeladen.

Franky: Ich sage mal einfach Kanye. Ich finde seine Sachen nice. Der ist zwar ‘ne Missgeburt, ja, aber musikalisch ganz eigenes Level.

Keemo: Der ist echt 'ne Missgeburt.

Franky: Der hat einfach fünf Sachen gemacht und die waren alle dope. Pusha T, Nas, sein eigenes, das mit Kid Cudi und das Album von Teyana Taylor. Alle fünf dope und jetzt kommt erst das richtige Projekt ["Yandhi", Anm.d.Red.]  – fühlt sich zumindest grade so an.

Keemo: Aber hat denn dieses Jahr so wirklich geflasht?

Franky: A$AP Rocky hatte ich große Hoffnung, aber das Album hat leider gar nicht geflasht.

Denzel Curry. Teilweise sind die Hooks etwas cheesy, aber der Kerl ist schon extrem nice – auch live.

Keemo: Ja Mann, ich f*cke echt mit dem. Ich wollte den auch live beim Splash sehen, aber wir haben ihn verpasst. Freddie Gibbs ["Freddie"] war auch krass. Heftiger Typ auch.

Franky: Das Ding, wo er Eazy-E gesampelt hat. Mit 03 Greedo. Mega krass. Ich warte auch sehnsüchtig auf die neue Platte von ihm und Madlib. Es gab ja schon "Pinata" und jetzt soll "Bandana" kommen. Wenn das endlich draußen ist, schließe ich mich zuhause ein für eine Woche.

Wir haben noch gar nicht über den Zonkeymobb gesprochen. Wer gehört noch dazu außer euch beiden?

Franky: Hier haben wir ZNKMO. [Beide drehen sich zu ihrem Kollegen auf der Bierbank am benachbarten Tisch um, der sie während des Interviews mit seinen letzten Kippen versorgt hat] Er baut auch Beats.

Keemo: Binho rappt, Lukees rappt, Breitband machen Videos.

Die Jungs gehören jetzt also auch fest dazu?

Franky: Ja, schon. Beim ersten Video noch nicht, aber danach war es eigentlich beschlossen. Ich stecke mit ein bisschen Art Direction und Scripting inzwischen auch mit drin. Wir haben lustigerweise etwas für Kaas gedreht ["Gift"] und für Toksi und Dardan ["Traumzone"].

Der Mobb ist also kein erweiterter Freundeskreis, sondern eher ein paar Künstler, die auch Freunde sind.

Keemo: Ne, wir haben auch noch ein paar Extras dabei wie Inu.

Franky: Der macht eigentlich nichts. In "Pen" wurde er ausgeraubt und bei Kaas im Video hat er Drogen vertickt. Und wir nehmen eigentlich immer sein Auto.

Keemo: Binho droppt auch bald ein krasses Tape, das er mit Franky aufgenommen hat. Nach "Skalp" ist er dran. Wahrscheinlich irgendwann im November. Lukees macht die ganze Zeit, aber das haben wir nicht so wirklich auf dem Schirm. Der kapselt sich zwar nicht von uns ab, aber er zieht halt in Ruhe sein eigenes Ding durch.

Franky: Ich werde das bestimmt abmischen, dann kriegen wir das also auch mit. Binho wird echt geil – auch mit diesem Spagat zwischen Boombap und Trap.

Keemo, auf deinen Socials findet man Bilder von einer weiteren Passion neben dem Rap: Du malst. Soll dieses Talent in Zukunft auch eine Bühne bekommen?

Keemo: Das bin nicht ich. Das ist mein Halbbruder Joel Novelle. Er lebt in Paris. Er macht irgendwann mal eine Ausstellung und kann sich auch vorstellen, Cover zu designen. Alles zu seiner Zeit. Früher hat er voll oft gemalt. Durch sein Umzug nach Paris ist das ein bisschen eingeschlafen zurzeit. (lacht)

Selfie

152 Likes, 4 Comments - @joelnovelle on Instagram: "Selfie"

Franky: Wir bauen gerade unser Studio auf. Da soll er da auch einen eigenen Raum haben für solche Sachen. Ateliermäßig. Wir haben auch in jedem "Skalp"-Video ein Gemälde von ihm versteckt.

Keemo: Er hat auf jeden Fall vor, das weiter zu verfolgen. Da wird noch was kommen.

Nachdem ich eure Songs jetzt schon sehr oft gehört habe, komme ich nicht um diese Frage herum: Es ist klar, was eigentlich gemeint ist, aber das Wort "Sluggy" …

(Franky lacht)

… hat das irgendwas mit dem englischen "Slug", also "Schnecke", zu tun?

Keemo: Ich bin ganz ehrlich mit dir, ich kann's dir nicht sagen. Die Ni**as, mit denen ich abhänge, die benutzen ganz komische Wörter teilweise. Da gibt’s einen, der ist da ganz schlimm. Der heißt Jolex – das ist übrigens kein Künstlername – und von dem habe ich das. 

Eine Frage, die du dir selbst im "Vorwort" stellst, ist: "Was ist, wenn der Scheiß funktioniert?" – Was denkt und hofft ihr, wie groß das alles noch werden kann?

Keemo: Natürlich so groß wie möglich. Wobei es da zwei Meinungen gibt. Man will schon Kohle machen – safe. Aber das ist nicht die Intention, mit der ich die Sachen angehe. Hauptsache du kannst von dem leben, was du liebst. Aber wenn du damit reich werden kannst …

Franky: Wir machen auf jeden Fall jetzt keinen Afrotrap.

Keemo: Ich gehe nicht ins Studio und sage: "Wir brauchen irgendeinen Hit", oder "Wir müssen einen WM-Song schreiben, damit wir mehr Leute erreichen". Die Anfrage kam ja tatsächlich.

Das konnte man ja sogar auf deinem Twitter-Account lesen. Den habe ich mir übrigens zur Vorbereitung einmal komplett durchgelesen und damit kommen wir auch zum Schlusswort. Eine Portion 2019-Swag bitte!

Keemo: Hummus mit Hähnchen. Lasst euch nichts von KFC andrehen. Hummus mit Hähnchen ist 2019-Swag.

"Skalp" ist heute erschienen und wartet bei Spotify & Co darauf, gestreamt zu werden.

Skalp

Skalp, an album by OG Keemo on Spotify

Kategorie

Groove Attack by Hiphop.de