Nach seinem eigentlichen Karriere-Aus ist US-Rapper Logic seit 2021 wieder back on track – nur anders: Independent. Im Wu-Tang-Hoodie spricht er mit uns über seine Erfahrung als Independent-Artist, was er von künstlicher Intelligenz und Joe Budden hält und warum Logic-Fans sich den Herbst frei halten sollten.

Logic im Interview mit Hiphop.de: Warum der US-Rapper nie ein Major-Label gebraucht hat

Miriam: Fangen wir mit deinem ersten Independent-Album "College Park" an. Erstmal Glückwunsch dazu. HipHopDX bezeichnete das Album als eines der bisher besten Alben dieses Jahres. Was zeichnet dieses Album für dich aus?

Logic: Wow. Weißt du, ich denke, es ist ein wirklich besonderer Moment in meiner Karriere. Vor allem, dass ich das independent geschafft habe, was ich bei einem Major-Label erreichen konnte. In der Lage zu sein, davon wegzutreten und im Wesentlichen zu erkennen, dass ich meine eigene Plattform habe, hat mir gezeigt, dass ich in gewisser Weise nie wirklich die Unterstützung eines Major-Labels gebraucht habe. Und das beweist mir noch mehr, dass meine Fans hier sind, um sich zu zeigen. Das ist keinesfalls als Front gegenüber meinem vorherigen Plattenlabel gemeint. Ich bin so glücklich über alles, was wir zusammen erreicht haben. Jetzt bin ich froh, dass ich es irgendwie allein und mit meiner Familie mache.

Miriam: Du hast vor drei Jahren dein Karriereende angekündigt, bist dann aber 2021 zurückgekehrt. Was hat deine Meinung geändert?

Logic: Das ist lustig, das ist wahrscheinlich der kürzeste Ruhestand aller Zeiten. (lacht)

Miriam: Ich glaube, es gibt noch kürzere (lacht).

Logic: Ja, vielleicht (lacht). Ich würde sagen, dass ich die Kontrolle über mich selbst wiedererlangt habe. Manchmal ist es wirklich wild, ein Künstler im Internet zu sein. Ich habe mich ständig dem Internet ausgesetzt. Es ist ein reines Blutbad, es ist wirklich verrückt. Also fing ich an, einen Sch**ß darauf zu geben, was andere denken und dachte mir: "Man, wen interessiert es?" Die Leute werden sagen, was sie wollen. Sch**ß darauf. Es ist, was es ist. Ich habe mich wirklich von Social Media zurückgezogen, jetzt konzentriere ich mich überhaupt nicht mehr darauf. Es gibt auch Menschen, die großartige Dinge sagen, wie HipHopDX. Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich als Mensch keine Kontrolle über die Meinung anderer habe. Alles, was ich tun kann, ist, mich und meine Story zu kontrollieren. Mir geht es nur um Frieden, Liebe, Positivität und dope a*s f****ng raps. 

Miriam: Gab es Momente, in denen du deine Entscheidung zurückzukommen, bereut hast?

Logic: Nein, ich liebe es!

Logic kündigt Europa-Tour im Herbst an

Miriam: Das ist das Wichtigste! Du gehst im Mai auf US-Tour. Kannst du dir vorstellen, bald auf Europa-Tour zu gehen?

Logic: Ich werde Europa diesen Herbst besuchen.

Miriam: Was, wirklich?

Logic: Ich habe es bisher niemandem erzählt. Überraschung! Ganz exklusiv!

Miriam: Oh wow! Weißt schon, welche Länder du besuchen wirst? Deutschland doch hoffentlich.

Logic: Wir können nicht nur nach Deutschland kommen, wir müssen sogar!

Track mit Logic: Was deutsche Artists dafür mitbringen müssen

Miriam: Ich freue mich schon! Als Journalistin eines deutschen HipHop-Magazins bin ich natürlich neugierig, ob du deutsche Rapper:innen kennst oder generell deutsche Artists?

Logic: Es gibt jemanden, aber ich habe den Namen leider vergessen. Es ist lange her, wahrscheinlich so 2015 oder 2016. Ich weiß nicht mehr wo ich aufgetreten bin, aber der Promoter hat diese tolle deutsche Musik gespielt. Es war toll! Ich erinner' mich, dass es einen bekannten Artist gab, den ich echt gut fand. Ich wollte ihn kontaktieren, wusste aber nicht wie. 

Miriam: War er ein Rapper?

Logic: Ja, es war ein Rapper. Das Ding ist: Ich habe das Gefühl, dass Amerikaner ein bisschen egozentrisch sind. Wir kennen nur die Musik von uns. Dabei gibt es so viel gute Musik von überall. [...] Rap gehört der großen weiten Welt. Man darf natürlich nicht vergessen, woher HipHop kommt. Ich hätte aber echt Lust, mit verschiedenen Artists aus verschiedenen Ländern zusammenzuarbeiten. Mir ist echt wichtig, andere Kulturen nicht auszubeuten. [...] Ich hoffe, dass ich auch mal mit deutschen Artists aus anderen Ländern zusammenarbeiten kann!

Miriam: Das hoffe ich auch! In letzter Zeit haben wir deutsche Rapper gesehen, die tatsächlich mit US-Artist zusammengearbeitet haben. Zum Beispiel hat der deutsche Rapper Ufo361 einige Songs mit Offset veröffentlicht. Was müsste ein deutscher Artist für dich mitbringen, um mit ihm oder ihr einen Song aufzunehmen?

Logic: Dope Music! Das ist alles, was mich interessiert. Für mich ist es keine Geldsache. Wenn ich mit Artists arbeite, verlange ich kein Geld. Es sei denn, ich mache einen Beat. Wenn ich einen Beat mache, kaufst du meine Sch**ße (lacht). Ich würde sagen, alles, was sie mitbringen müssen, ist Talent. Mir ist es wichtig, dass es mir gefällt und ich mir denke: "Wow, das ist wirklich cool." Das ist alles. [...] Wenn ich eine geeignete Person in Deutschland treffe, würde ich gerne mit ihm oder ihr arbeiten.

Wie künstliche Intelligenz die Musikindustrie laut Logic revolutionieren wird

Miriam: Das würde mit Sicherheit viele deutsche HipHop-Fans freuen. Du bist jetzt schon eine Weile in der Branche und hast viele Trends kommen und gehen sehen. Ein Trend, der in letzter Zeit für viel Aufmerksamkeit gesorgt hat, ist KI-generierte Musik, insbesondere KI-generierte Drake- oder Kanye-West-Songs. Sie sind überall auf TikTok. Es ist mittlerweile möglich, jeden Artist jedes Lied singen zu lassen und auch neue Lieder zu erschaffen, die mithilfe von ChatGPT geschrieben werden. Hast du Angst vor diesem Trend?

Logic: Nein, ich habe keine Angst vor dem Trend. Ich denke auch nicht, dass es ein Trend ist. Ich denke, das ist die Zukunft. Viel weiß ich nicht unbedingt über das Klonen von Künstlern, aber ich glaube, dass künstliche Intelligenz eine große Rolle in der Musikindustrie spielen wird. Es gibt bereits simulierte Artists, die nicht echt sind. Einige von ihnen werden wahrscheinlich groß rauskommen, einige von ihnen sind es wahrscheinlich schon. Aber der Grund, warum ich keine Angst habe, ist, dass egal wie dope KI werden kann – besser singen als Adele, besser rappen als Kendrick – KI wird nie eine Seele haben, es wird nie eine Geschichte zu erzählen haben. Hoffentlich töten die Roboter-Overlords mich eines Tages nicht dafür. 

Es gibt nur einen Logic. Wenn jemand einen Logic-Klon im Internet erstellt, ist das cool. Aber es wird nie meine Geschichte sein und es gibt so viele weitere Geschichten, die ich erzählen kann. Bisher habe ich nur von meinem Karrierestart erzählt, meinen älteren Lektionen, meinem Traum, es im HipHop zu schaffen, und dass ich es jetzt im HipHop geschafft habe. Jetzt spreche ich über meine täglichen Kämpfe als Vater, als Ehemann, als Mann, als Mensch. Auch wenn KI das schönste Lied über diese Probleme schreibt, ist es immer noch ein Haufen Einsen und Nullen und ein Roboter, der nicht echt ist. Ich glaube, dass die Menschheit immer die Menschheit bevorzugen wird.

Miriam: Ich definitiv und ich denke, dass viele andere Menschen das auch so sehen. Du hast es schon angerissen: Was denkst du, in welche Richtung KI die Musikindustrie genau verändern wird? 

Logic: Ich denke da besonders an technologische Fortschritte: Beat-Produktion, Pro Tools, die Möglichkeit, simulierte Samples zu erstellen. Natürlich gibt es nichts Besseres, als echte Musik und echte Menschen zu sampeln. Aber wenn ich sage "Hey AI, ich möchte, dass du mir ein Sample machst, das klingt, als würde Frank Sinatra auf Queen oder Michael Jackson treffen und es ohne Drums zusammenfügst", dann kann ich es produzieren und etwas Erstaunliches erschaffen. Frank Sinatra trifft auf Michael Jackson – das kann gar nicht existieren. Das wird lebensverändernd sein.

Was die Produktion angeht, stelle ich mir die Zukunft schwieriger vor. Mittlerweile erstellen Menschen mithilfe von ChatGPT und anderen KI-Programmen Videospiele, ohne zu programmieren. [...] Und ich denke, das wird auch mit Beats passieren. Man schreibt einfach: "Gib mir einen Beat, der so klingt als ob Travis Scott auf Drake und 2 Chainz trifft, mit den und den BPM und mit der und der Art Drums." Sie tippen einfach diesen ganzen Sch**ß ein und es wird erscheinen. Aber das macht die Person nicht zum Produzenten. Das macht Spaß, das ist großartig. Aber das sind einfach nur einige einzigartige Schlüsselwörter, die du zusammenfügen lässt. Ich mache Beats. Ich weiß, was es braucht, um Beats zu machen.

Joe Budden will Logics Karriere-Ende: Logic bezieht Stellung

Miriam: Ich bin gespannt, wie sich das in der Zukunft entwickeln wird. Um ehrlich zu sein, macht mir die Thematik ein bisschen Angst. Momentan gewinnt aber nicht nur KI meine Aufmerksamkeit, sondern auch Joe Buddens Podcast. Er bat dich kürzlich in seinem Podcast, ihn in den Ruhestand zu begleiten. Kannst du mir sagen, was diesen Streit zwischen euch beiden verursacht hat?

Logic: Es gibt keinen Streit. Beef ist, wenn zwei gegnerische Parteien in einem gegenseitigen Konflikt sind. Ich liebe Joe Budden, er ist ein Bruder. Aus welchen Gründen auch immer er mir so gegenüber empfindet: Ich liebe ihn trotzdem. Ich will, dass er gewinnt. Er ist ein Schwarzer Mann und ich möchte nichts als Glück für seine Kinder und für jede Person in seinem Leben, die er liebt. Ich will das Beste für ihn. Ich habe kein Problem, es gibt kein Problem.

Miriam: Hoffst du, dass er seine Meinung über dich irgendwann ändert?

Logic: Es ist mir sch**ßegal. Ich liebe Joe Budden, das war's.

Logic über zukünftige Projekte

Miriam: Abgesehen von der Musik, bist du unter anderem auch ein großer Fan von Videospielen. Könntest du dir vorstellen, mal einen anderen Karriereweg einzuschlagen?

Ich liebe Filme, ich liebe Romane. Ich habe ein paar Bücher geschrieben und arbeite gerade an einem weiteren Buch. Aber ich werde immer Musik machen. Und der Grund, warum ich immer Musik mache, ist, dass ich es absolut liebe. Es macht mich so glücklich. Ich hatte meine Höhen und Tiefen mit der Musik, besonders wenn es um Geld ging. [...] Aber ich bin jetzt in einer Situation, in der ich es einfach mache, weil ich es liebe. Wenn ich es nicht lieben würde, würde ich es nicht tun. Ich werde für immer Musik machen. Aber ich sehe mich in der Zukunft auch als Schauspieler und generell in der Filmbranche. Ich kann mir auch vorstellen, über meinen Horizont hinauszugehen: Kinderbücher schreiben, Kleidung produzieren, was auch immer. Das ist der Typ, der ich bin. Wenn ich inspiriert bin, etwas zu tun, werde ich nicht aufhören, bis ich dieses Ziel erreicht habe.

Ich habe mehr Platinplatten, als ich zählen kann. Ich bin ein verdammter Millionär, ich habe mehrere Nummer 1-Hits und all das andere Zeug. Und ich sage das nicht auf eine arrogante Art und Weis, es ist eine Tatsache. Der kleine Junge, der, während er Wu-Tang hörte, davon träumte, es eines Tages zu schaffen und aus der Armut herauskommt, hat es geschafft. Und jetzt, wo ich hier bin, konzentriere ich mich mehr darauf, einfach jeden Tag zu genießen. Und ehrlich gesagt, wundervolle Interviews wie dieses zu führen, ist ein Teil davon. Ich weiß das zu schätzen.

Miriam: Vielen, vielen Dank, das freut mich sehr zu hören! Ich danke dir für deine Zeit und viel Glück für deine bevorstehende Tour und zukünftigen Projekte!

Logik: Ich wünsche dir einen wunderschönen Tag!

Miriam: Ich dir auch!

Hier könnt ihr euch Logics neustes Album "College Park" anhören: