"Die kamen, haben kurzen Prozess gemacht!" Born über die Inhaftierung seiner Mutter (Interview)

Während sich andere Teenager mit mäßigen Leistungen in Mathe oder dem Fakt, dass die eigenen Schuhe nicht das Nike-Logo ziert, rumschlagen müssen, hatte Born mit Problemen einer ganz anderen Größenordnung zu kämpfen. Als dieser ein Teenager war, stürmten Polizisten die goldene Hochzeit seiner Oma, um seine Mutter zu verhaften. Warum dies passiert ist und weshalb die Musik ihn bereits zwei Jobs gekostet hat, erzählt er mir im Interview. 

Du versuchst, dich als Mensch innerhalb deiner Musik greifbar zu machen und beschäftigst dich deshalb auf deinem Album mit Themen wie der Inhaftierung der eigenen Mutter und lästigen Arbeitsamt-Terminen. Was genau stört sich am jetzigen Umgang mit Arbeitslosen und wo siehst du Möglichkeiten diesen zu verbessern? 

Born: Wenn man sich noch nie mit diesen Ämtern beschäftigt hat oder noch nie arbeitslos war, dann kann einen der ganze Papierkrieg schon erschlagen. Bei mir war das zumindest so. Man wird auch nicht wirklich beraten und bekommt nicht gesagt, was einem an Leistungen zusteht. Man hat Recht auf viele Leistungen, aber wenn man sie nicht kennt, kann man sie nicht beantragen. Mit kompetenteren Mitarbeitern würde sich das sicher verbessern lassen.


Deinen Job hast du damals aufgrund deiner Rapkarriere verloren. Wie kam das und dachtest du zu diesem Zeitpunkt daran, das Rappen aufzugeben?

Born: Ich arbeite in einer sehr seriösen Branche. Dort wird nicht gerne gesehen, wenn man in 'nem Video rumläuft und diverse Schimpfwörter sagt. Kleinere Unternehmen haben Angst vor einem Imageschaden oder dass man einen Kunden verbrennt. Bei mir war jetzt zweimal der Fall, dass ich aufgrund meiner Musik den Job verloren habe. Klar denkt man dann schon mal ans Aufhören, wenn man mit der Musik noch nicht so viel verdient, aber im Endeffekt ist das auch nicht so einfach. Aktuell habe ich wieder sehr viel Spaß an der Musik.

Der wohl persönlichste Song des Albums beschäftigt sich mit deinem Umgang mit der Inhaftierung deiner Mutter am Tag der goldenen Hochzeit deiner Großeltern. Was war der Grund der Verhaftung?

Born: Das war eigentlich nichts Schlimmes. Es ging um Einmietebetrug. Jedoch kam das des Öfteren vor und somit bekommt man für Wiederholungstaten auch höhere Strafen. Meine Mutter war damals auf den amerikanischen Staat angewiesen, da wir Halbwaisen sind. Wenn Amerika aufgrund von Änderungen die Zahlung eingestellt hat, war meine Mutter sozusagen gezwungen zu entscheiden, ob wir etwas essen oder ob wir Miete zahlen. Das ist leider häufiger so gewesen und so haben sich die Anzeigen gehäuft. Wir mussten deshalb auch sehr oft umziehen.

Deine Wut auf den Staat und ausführende Beamten lässt sich damit erklären, dass dir direkt beide Elternteile genommen wurden. Wie ist der Staat in dieser Situation mit dir als Kind umgegangen und wie hast du als Kind die Verhaftung verarbeitet?

Born: Die kamen einfach rein und haben kurzen Prozess gemacht. Was mich damals gewundert hat, war, dass den Beamten die Aussage gereicht hat, dass wir bei unserer Oma unterkommen. Die haben das nicht mal geprüft und uns einfach alleine in der Wohnung gelassen. Wir waren damals 13 und 15. Ich fand es schlimm, nicht zu wissen, wohin man sie bringt und vor allem wann ich sie wiedersehen würde. Es hat schon Jahre gebraucht, das zu verarbeiten.
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Wie Borns Mutter auf diesen persönlichen Song reagierte und wie er bei Vegas Label Über die Grenze gelandet ist, erfährst du auf der nächsten Seite.

Hast du den Song deiner Mutter vor der Veröffentlichung gezeigt und wie hat sie auf diesen reagiert?

Born: Ja,  ich zeige alle meine persönlichen Sachen meiner Mum und erst wenn sie mir das Ok gibt veröffentliche ich das. Sie hat bei dem Song geweint und zu mir gesagt, dass sie sehr stolz auf mich ist.

Lass uns über deinen Labeldeal sprechen. Wie konnte dich Über die Grenze überzeugen und was hat letztlich den Ausschlag gegeben, dort zu unterschreiben?


Born: (lacht) Ich musste das Label auch erstmal überzeugen. Am Anfang stand es sozusagen nur im Raum, ob man mich signt oder nicht. Ausschlaggebend waren dann die Songs, die ich Vega abgeliefert habe. Ich hatte dafür gerade mal drei Wochen Zeit, aber wie man sieht, hab ich es hinbekommen. Ich selbst feier Vega schon sehr lange und halte viel von ihm als Mensch und Künstler. Ich habe bei Über die Grenze unterschrieben, weil ich hier in Ruhe meinen Film fahren und mich weiterentwickeln kann. Für mich ist es wichtig, in einem familiären Umfeld zu releasen und da war Über die Grenze genau das richtige für mich.


Welche Ziele hast du dir für dein erstes Release dort gesetzt?

Born: Ich möchte mit diesem Album zeigen, dass ich ein ernstzunehmender Künstler bin, der etwas zu erzählen hat und sich nicht hinter einem Image versteckt. Dabei möchte ich aber auch meine Entwicklung seit Seelenschrift aufzeigen. Mal sehen, wohin mein Weg noch führt. Wichtig für mich ist, dass es ein ehrlicher und gerader Weg ist und ich keine krummen Moves machen will, um den nächsten Schritt zu gehen. Ich bin mir bewusst, dass es mit der Art Musik, die ich mache, etwas länger dauert als bei manch anderen Genres. Daher ist mein Ziel, mit diesem Album zu wachsen und neue Hörer zu gewinnen.

Lass uns zum Abschluss etwas über deine Vergangenheit sprechen: Du warst früher gemeinsam mit Snaga und Pillath auf Tour. Hast du ihr Comeback jeweils verfolgt und wie schätzt du Ihre neue Musik ein? Denkst du, sie können heutige Rapfans begeistern?

Born: Ja,  das war 2009 in Frankfurt. Die Jungs sind super und ich feier beide extrem. Snaga hat bereits gezeigt, dass er auch ein extrem guter Solo-Künstler ist und ich gehe davon aus, dass ich das nach dem Pillath-Release ebenfalls sagen werde. Ich denke, dass sie viele neue Fans gewinnen können und die Alten nach wie vor begeistern. Beide haben eine sehr krasse Technik und vor allem sind das richtige Punchline-Master. Daher von meiner Seite alles Gute an Snaga und Pillath

Marc Schleichert

Autoreninfo

Marc Schleichert ist seit Anfang 2014 ein Teil von Hiphop.de und leitet hier den Textinterview-Bereich. In dieser Funktion spricht er regelmäßig sowohl mit hungrigen Newcomern als auch mit alteingesessenen Künstlern.


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