Ilias von Low Lights Studios: "Streetwear braucht Rapper, die Messenger sind"

Wer sich nur ein bisschen mit deutscher Streetwear beschäftigt hat, wird nicht um Low Lights Studios herumgekommen sein. Low Lights, eine Düsseldorfer Marke, ist schon lange ein etablierter Name in der Streetwear-Szene und hat sich über die Jahre ein Standing aufgebaut, mit dem regelmäßig Stars und US-Größen erreicht werden. Angefangen hat dabei alles im Kinderzimmer, bis dann der erste Dominostein fiel – im Backstage von Travis Scott. 

Wir haben uns vor einer Weile mit Ilias, dem Co-Founder der Marke, zusammengesetzt und über die History von Low Lights Studios, seine Sicht auf die deutsche Streetwear-Welt und Originalität gesprochen.

Originalität, Community & Connections in den USA: Das ist Low Lights Studios

Die Anfänge von Low Lights Studios gehen auf das Jahr 2018 zurück. Damals, als Instagram noch eine Foto-App war und deutsche Streetwear-Fans sich - abgesehen von einigen wenigen Optionen - eigentlich immer im Ausland nach neuen Brands umschauen mussten. Damals war Ilias gerade mal 18 Jahre alt und eigentlich Sneaker-Reseller. Aber mit der Überzeugung, auch selbst Kleidung machen zu können:

Vorher habe ich Kleidung anderer Brands gekauft. Irgendwann dachte ich mir dann, das kann ich auch selbst machen. Ich war damals sehr auf der Streetwear-Welle. In Deutschland hat das zwar noch keiner gecheckt. Aber da hat diese Wave angefangen, diese "Streetwear, High-Fashion, Trapstar-Wave" mit der A$AP Mob, Menschen wie Playboi Carti oder Travis Scott. Und ich wollte Part dieser Wave sein.

Ilias erzählt uns im Gespräch, dass er schon zu Gründungszeiten möglichst oft auf Events wie die Fashion Week ging, um seine Brand zu bewerben. Bis dato hatte Low Lights Studios aber keine Placements oder ähnliches gehabt. Auf einem Pariser Festival fiel dann der erste Domino-Stein. Bei einem Travis Scott-Auftritt durfte der Designer mit auf die Bühne.

"Da lief gerade Butterfly Effect. Ich springe in die Crowd und Bam, ich klatsch’ voll auf den Boden. Travis holt mich noch mal hoch. Ich versuche ihm zu erklären, dass ich nicht noch mal springen kann. Er sagt nur 'I got you, I show you how we do it'. Dann trug er mich hoch, auf einen Würfel auf der Bühne. Nach der Show durfte ich dann ins Backstage. Dort kamen ein paar Leute auf mich zu. Einer von ihnen lud mich in die USA ein. Der hat damals bei Young Thug gelebt und war ein YSL-Co-Sign."

Low Lights Studios Gründer Ilias über Ufos Einfluss

Ilias' Geschichte liest sich ein bisschen wie die Fanfiction eines Nachwuchs-Designers, aber so ist es passiert. Die Einladung in die USA schlug er nicht aus. Kurze Zeit später flog er nach New York, mit allen seinen Pieces im Gepäck. Dort - so erzählt er es uns - war er dann unter anderem bei einer Studiosession mit Young Thug und Gunna dabei. Ersterer trug dann direkt seine Kleidung.

"Fotos sind entstanden. Als ich das gepostet habe, dachten die Leute, es sei Photoshop. Und so ging das dann weiter – ich war mit Künstlern wie Future, Gunna, oder Travis im Studio. Dadurch haben viele meine Kleidung gerockt"

Im Laufe des Interviews kommen wir mit Ilias auf modisch einflussreiche Rapper zu sprechen. In Deutschland sei dabei für ihn Ufo361 ganz weit vorne, wenn es um Fashion geht: "Im Grunde genommen, hat Ufo den ersten Step gemacht. Da kann mir jeder andere Rapper etwas erzählen, aber keiner ist so nah an Fashion wie Ufo361."

Laut Ilias sei das so, weil Ufo direkt an den Quellen ist und wüsste, was kulturell relevant ist – besser, als andere: 

"Vom Fashion-Standard her ist das eine ganz andere Liga. Die Audience in Deutschland ist dafür auch noch nicht unbedingt da. Es gibt hier ja auch andere Rapper, die sich cool stylen."

Daraufhin entgegnen wir, dass Deutschland auch ein Land sei, in dem sich Menschen eher praktisch kleiden. Ein Umstand, für den sich Ilias in der Zukunft Änderung wünscht. Aufgrund fehlender Innovation entwickle sich die Kunst hierzulande kaum weiter:

"Die einzigen Innovationen in Deutschland sind wahrscheinlich neue Autos. Aber Streetwear, Culture, Kunst nicht. In Berlin hast du 'ne kleine Culture, aber eine große Community gibt es nicht. Weil es zu wenig Messenger gibt. Gäbe es mehr Rapper, die darüber sprechen, wär das vielleicht anders."

Dass große Unternehmen die Rolle des Messengers übernehmen können, ist für Ilias übrigens nicht unmöglich (Low Lights Studios wird seit einer Weile bei Snipes im Online-Shop angeboten). Seiner Meinung nach käme es dabei aber darauf an, "was im Hintergrund passiert". Dafür müsse "die Person, die ganz oben ist, ein Verständnis für die Kultur haben."

"Der wirtschaftliche Aspekt muss neben dem Fashion-Aspekt stehen, da muss ein gewisses Level an Verständnis da sein."

Ein falscher Weg sei dabei, einfach nur bestehendes zu kopieren. Laut Ilias etwas, was in der Streetwear-Szene zu häufig passiere. Dabei müssten gerade große Unternehmen auf Individualität setzen: "Wir befinden uns in einem ungesunden Wachstum. Menschen wollen schnell erfolgreich werden. Von außen sieht man, dass Andere schnell Erfolg haben. Was wirklich dahinter steckt, wissen sie oft nicht. Jemand anderes hat den Weg frei gemacht und alle versuchen nun, den gleichen Weg zu nehmen."

Diesen fehlenden Individualismus beklagen auch andere Designer und Gründer aus der Szene. Da Streetwear eigentlich dem DIY-Gedanken der Hiphop-Kultur entspringt, mag das besonders bitter wirken. Ilias erklärt uns in dem Kontext, wie wichtig es sei, sich abzuheben und sich von anderen zu unterscheiden. 

Streetwear-Designer als neue Rapper: Ilias von Low Lights Studios im Gespräch

Was Streetwear-Brands besonders ausmacht - und weshalb große Marken sich gerne an Streetwear bedienen - ist die Community, die hinter den Marken steht. Dabei geht es nicht einfach nur darum, Kleidung zu konsumieren, sondern auch Teil von etwas Größerem zu sein. Ilias vergleicht den Hype um Streetwear-Designer mit dem Hype um Musiker: "Wir waren ein wenig wie die neuen Rapper. Die Community wollte dann auch Teil des Games sein. Dadurch ist eine komplett eigene Culture entstanden."

Mit Streetwear sei nicht nur ein neuer Markt entstanden, sondern auch ein Movement. Für dieses wünscht sich Ilias übrigens mehr Teilhabe, seitens der Rapper. Denn so könne sich die Kultur rund um Mode und Streetwear auch weiterentwickeln: 

"Aktuell haben wir das hier noch nicht. In Amerika ist das anders, in New York oder LA. Da sorgen auch die Rapper dafür, dass sich eine richtige Culture entwickelt hat. In Deutschland gibt es das höchstens in Berlin."

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