Disarstar: "Sport ist meine Ersatzdroge" (Interview) - Upcoming Artists
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Disarstar hat mit seinen erst 20 jahren schon eine Menge erlebt. So erlangte er früh durch seine Musik eine recht respektable Bekanntheit, aber nicht, ohne dann dem Alkohol und den Drogen zu verfallen. Aber anstatt sich aufzugeben, brach er mit allem, was ihn kaputt machte, und arbeitete in der Folge noch fokussierter an seiner Musik und seiner Physis. Wir haben mit dem Hamburger über diese Phasen seines Lebens und seinem Signing bei Showdown Records gesprochen.

Eben noch einen Clip von dir auf Youtube gesehen, heute schon im Interview! Hi!

Hallo Marc, freut mich, mit dir sprechen zu können. Bis vor Kurzem habe ich mich immer gegen die Kommerzialisierung meiner Musik und jeglichen medialen Anschub gewehrt, von daher hab ich auch kaum Interviews wie dieses geführt.

Weshalb hast du dich gegen medialen Anschub gewehrt?

Das ist schwer zu sagen, aber ich denke, ich bin jetzt auf einem deutlich höheren Level als noch vor ein paar Jahren. Und die neuen Sachen, die jetzt von mir kommen, haben ein solches Niveau, dass die Leute sich das nicht mehr nur anhören und sagen: "Hör dir den mal an, der ist ganz gut", sondern: "Hör dir den mal an, der ist richtig krass!".

Du rappst ja auch bereits seit einer gefühlten Ewigkeit. Dennoch haben dich einige, da du dich gegen medialen Anschub gewehrt hast, noch nicht auf dem Schirm. Stell diesen Menschen den Künstler Disarstar kurz vor und erkläre ihnen, wofür du musikalisch stehst.

Ich bin Disarstar und ich komme aus Hamburg, beziehungsweise aus St. Pauli. Ich bin 20 und ich mache seit sieben oder acht Jahre Mucke. Eigentlich habe ich bereits vor zehn Jahren angefangen, die ersten Texte zu schreiben und mit dem Headset aufzunehmen. Mit 13 Jahren war ich dann das erste Mal im Studio. Ich gebe mir immer große Mühe, was meine Inhalte betrifft und ich glaube, ich bin ein Rapper, bei dem die Inhalte im Vordergrund stehen. Diese sind für mich noch bedeutender als die Produktionen oder der Entertainment-Faktor. Ich versuche, mit meinen Songs etwas zu vermitteln.

Und womit setzt du dich thematisch auseinander?

Ich setze mich mit allem auseinander, was mir in meinem Alltag begegnet. Politik ist daher ein großes Thema, da ich mich mit dieser auch privat intensiv auseinandersetze. Ich schreibe auch gezwungenermaßen über Liebe. Ich bin ein facettenreicher Typ und schreibe über alles, was mir am Herzen liegt und was mich in meinem Leben beschäftigt. Das ist jetzt auch schwer zu pauschalisieren. Es werden jetzt auch bald Sachen von mir kommen, die man so auch noch nicht kennt.

Was sind das für Sachen?

Ich hab lange Zeit keine Banger-Geschichten mehr gemacht. Ich habe versucht, mich representermäßig zu positionieren.  Das sind einfach Sachen, die ich vorher nicht gemacht habe. Früher war alles, was ich gemacht habe, sehr verkopft und in Zukunft geht es einfach auch wieder sehr nach vorne. Ich habe das Gefühl, ich werde positiver von Projekt zu Projekt. Ich bin der Meinung, ich bin technisch gut und die Banger-Sachen sind eine gute Möglichkeit, das den Leuten zu zeigen. Bei thematischen Songs, deren Fokus auf dem Inhalt liegt, geht häufig unter, dass diese Songs auch technisch anspruchsvoll sind. Wenn man sich nicht auf den Inhalt fokussiert beim Schreiben, kann man reim- und flowtechnisch einfach deutlich mehr anstellen, da der Inhalt einen dann technisch nicht mehr einschränkt.

Seit knapp acht Jahren rappst du und du kannst somit auf eine lange Karriere zurückblicken. Kannst du die wichtigsten Punkte dieser Karriere kurz für die Leute skizzieren, die diese Karriere nicht verfolgt haben?

Ich hab mit 12 angefangen, planlos belanglose Texte zu schreiben. Die waren gar nicht durchdacht und sehr simpel, so wie ein Zwölfjähriger eben denkt. Mir hat das Spaß gemacht und meinen Kollegen hat das gefallen, was mich natürlich motiviert hat, weiterzumachen. Mit 14 hab ich dann angefangen, die ersten Sachen im Internet hochzuladen, also damit rauszugehen. Ich habe hierbei natürlich auch viel schlechtes Feedback bekommen, da meine Musik noch in den Kinderschuhen gesteckt hat. Ich glaube, ich habe Talent, aber das hat mich auch viel Arbeit gekostet. Es gibt ja Leute, die probieren das einmal aus und können das direkt. Routine macht hier viel aus. Mit 16 habe ich mich dann entschlossen, das fokussierter zu betreiben, um noch mehr Leute zu erreichen. Ich habe damals gesehen, dass die Resonanz wächst, was auch immer ein Anspruch von mir war. Mit 16 habe ich dann auch die Endstation EP rausgebracht, fünf Monate später das Ansichtssache-Mixtape und nochmal vier Monate darauf Phase 2. Ich habe also in einem Jahr drei Tapes rausgebracht. Dann ging es mir persönlich nicht mehr wirklich gut und ich habe solo nicht mehr wirklich viel auf die Reihe bekommen. Ich habe zu dieser Zeit quasi ausschließlich kollaboriert. Als ich 18 war kam dann die Scheinwelt EP und knapp ein Jahr darauf Herr meiner Sinne. Das aktuellste Tape trägt den Namen Manege frei. Die Zahlen sind bei all diesen Projekten stetig gestiegen und ich habe eigentlich noch nie einen Punkt gehabt, an dem es stagniert ist. Es ging zwar langsam, aber dafür kontinuierlich bergauf. Jetzt bin ich den nächsten Schritt gegangen und habe bei Showdown gesignt.

Wie passt ein Disarstar zu Showdown zwischen Mortis und Shawn The Savage Kid?

Ich glaube, wir sind ein Label, das sich breit aufstellt und bei dem es in erster Linie um guten Rap geht und weniger um die Attitüde oder die Ausstrahlung des Einzelnen. Ich denke, da passen wir drei ganz gut zusammen.

Was hältst du musikalisch von den anderen beiden Jungs?

Find ich beide gut. Das ist ehrlich gesagt nicht die Musik, die ich machen würde, aber vielleicht auch, weil ich sie nicht machen könnte. Die Jungs behandeln völlig andere Inhalte als ich, sind aber komplett authentisch, da sie völlig andere Typen sind als ich. Sie hatten auch ein völlig anderes Leben als ich, deshalb kann ich mich mit deren Themen nicht wirklich identifizieren. Dennoch find ich gut, was sie machen. Total sympathische Jungs, mit denen ich super klarkomme.

Wie lief euer gemeinsamer splash!-Auftritt?

Boah, ich war total aufgeregt im Vorfeld, da das erst mein zweiter oder dritter Soloauftritt war. Aber es lief gut, keine Fehler gemacht und es ist nicht eskaliert. Alles super. Einige Dinge kann man natürlich noch verbessern, aber ich denke, das ist learning-by-doing. Es waren nicht so viele Leute da, aber die Leute, die da waren, waren auf jeden Fall krass. Viele waren auch wegen mir da und haben mit Sprechchören meinen Namen skandiert. Ich habe auch ein paar bekannte Gesichter im Publikum wiederentdeckt. Die Resonanz war super.

Wo wir gerade beim Thema Resonanz sind: Wie warst du mit der Resonanz auf deine letzte EP zufrieden?

(überlegt) Ähm, eigentlich war ich total zufrieden. Ich habe natürlich einen hohen Anspruch an mich selbst und deshalb könnte es immer besser sein. Beschweren kann ich mich aber auf gar keinen Fall. War schon gut. Es geht immer weiter.

Und wo soll es hingehen?                                

Naja, es soll vorangehen und ich möchte noch mehr Leute erreichen. Es sollten sich noch größere Erfolge einstellen. Jetzt stehen die ersten Projekte, bei denen keine Freebeats mehr im Spiel sind, an. Als nächstes kommt erstmal wieder eine EP und danach kommt dann das Soloalbum. Ich bin auf jeden Fall am Arbeiten. Die EP Tausend in Einem kommt Anfang Oktober und sie wird anders klingen, als meine vorherigen Projekte. Es geht mir im Augenblick besser. Lange Zeit ging es mir wirklich schlecht und das hat sich auch in meiner Musik wiedergespiegelt. Meine Musik ist nun aggressiver, sie geht mehr nach vorne und man merkt einfach, dass es mir gut geht. Sie ist positiver und das ganze Klangbild ist nicht mehr so negativ. Wenn meine Musik vorher grau war, ist sie jetzt Magenta/Violett.

Deine Musik wird aggressiver wenn es dir gut geht?

(lacht) Ja, Aggression ist ja auch ein total starkes Gefühl, das nicht unbedingt negativ sein muss. Aggression kann ja auch ein sehr positives Gefühl sein, das ganz klar seine Daseinsberechtigung hat. Und dass es mir besser geht, heißt ja nicht, dass ich mit allem zufrieden bin oder, dass ich da bin, wo ich hin möchte. Mir geht es ja nicht perfekt, sondern lediglich besser, als es mir vorher ging.

Passend dazu hast du dich auch physisch in Form gebracht. Ist es heute ein Muss für einen Rapper, ein gewisses Maß an Fitness mitzubringen?

Jetzt mal was ganz Persönliches: Ich habe bis vor einem Jahr richtig viel gesoffen und gekokst. Ich würde sagen, dass ich auf jeden Fall eine starke Suchtproblematik hatte, die mich so weit ruiniert hat, dass eigentlich nichts mehr so richtig funktioniert hat. Ich hab am 15. Juni 2013 mit allem gebrochen, aufgehört und dann eine Alternative gesucht. Ich brauchte bei Stress einen anderen Ausgleich, als mir die Hucke vollzusaufen oder mich dicht zu koksen. Ich wollte was Anständiges machen. In meiner Jugend habe ich wöchentlich geboxt. Auf der Suche nach einem Ausgleich, den ich immer dann betreiben kann, wann ich möchte, habe ich mich dann für Fitness entschieden. Dass sich hierbei Erfolge einstellen, ist natürlich super aber das war in erster Konsequenz gar nicht mein Antrieb.

Fitnesstraining als eher eine Ersatzdroge als ein Promotool?

Auf jeden Fall! Danach bin ich auch mindestens genauso süchtig. Ich war jetzt auch hier seit zwei Tagen nicht trainieren, weshalb ich jetzt etwas am Schwitzen bin. Wenn ich heute Nacht nach Hause komme, werde ich auch erstmal pumpen gehen. 

Jeder, der sich ein Bild von Disarstars Musik machen möchte, kann dies in folgender Playlist zu seinem Mixtape Manege frei tun. Das Tape gibt es auch als Free Download auf seiner Facebook-Seite.