Der Plot: "Battleturniere sind Hiphops GZSZ" (Interview) - Upcoming Artists

Jahrelang war die Musik des Plots einem eher kleineren Kreis interessierter Zuhörer vorbehalten, da andere diese mangels Plattform nicht registrierten. Seit ihrem beeindruckenden Triumph im Rahmen des VCB-Turniers haben sich die Düsseldorfer eine beeindruckende Fanbase erarbeitet. Diese bekommt nun mit Mit der Concorde über den Atlantik das erste Post-VCB-Release der Düsseldorfer Formation auf die Ohren. Wir haben dies zum Anlass genommen, uns mit den Jungs über ihr erstes Album, Hiphops GZSZ und den verstorbenen NMZS zu unterhalten. 

Ihr seid seit einigen Jahren als Kollektiv unterwegs. Wo liegen eure musikalischen Wurzeln und wie habt ihr euch als Band zusammengefunden?

Elmäx: Das erste Album, das Conny, der damals noch Jackpot hieß, und ich gemeinsam unter dem Namen Der Plot realisiert hatten, war 2008 Eselsbrücke. Ein gemeinsamer Freund hat dann damals den Kontakt zu unseren jetzigen Bandkollegen hergestellt, da diese auch Bock hatten, Hiphop–Stücke zu spielen und insbesondere sie live zu performen. Wir haben uns dann 2008/2009 das erste Mal im Proberaum getroffen und dort begonnen, gemeinsam Musik zu machen. Damals nannten wir uns noch Der Plot und Dirty Sanchez, da Conny und ich damals noch die Absicht hatten, im Anschluss an diese Phase zu zweit weiterzumachen. Irgendwann haben wir gemerkt, dass wir eh alles zu fünft machen und sind dann in dieser Konstellation verblieben. Jetzt läuft das alles unter dem Namen Der Plot, da dieses Dirty Sanchez auch immer einen leicht kindischen Touch hatte, obwohl das natürlich auch unser Humor ist.

Conny: Wir sind weniger eine Band, sondern eher ein Movement (lacht)

Die Kollegen von The Message bezeichneten eure Musik als "Raop der härteren Gangart". Stimmt ihr dieser Klassifizierung zu und wenn ja, wie würdet ihr dieses Genre kategorisieren?

Elmäx: Ja man, das haben wir mitbekommen und wir fanden das cool. Journalisten sollten sich auf jeden Fall trauen, Musik eine Headline zu verpassen. Für mich als Künstler ist aber schwierig, mich selbst in eine Schublade zu packen, da ich es nicht mag, Dinge einzuteilen und einzugrenzen. Wir versuchen, mit unserer Musik Genregrenzen aufzubrechen.

Conny: Ich find das einfach geil und für mich ist das ein Stück weit ein Ritterschlag. Das besagt ja, wir machen Pop-Musik, im Sinne von populärer, melodischer und eingängiger Musik. Diese ist aber ein wenig härter und damit nicht weichgespült. Für mich ist das nicht so bedeutend, da ich einfach nur geile Musik machen möchte. Schlimm ist der Begriff für mich auf keinen Fall.

Der Plot besteht insgesamt aus fünf Personen, wobei ihr beiden ein Stück weit die Gesichter des "Movements" seid. Könnt ihr eure Bandkollegen kurz vorstellen und jeweils ihre Qualitäten schildern.

Conny: Ich würde sagen ich geh einfach mal alphabetisch vor und beginne daher mit mir. Ich habe gemeinsam mit Max das Plot-Projekt gegründet. Leider habe ich musikalisch keinerlei Begabung, das heißt, ich kann weder ein Instrument spielen, noch Beats bauen. Ich beschränke mich daher auf das rappen und kümmere mich außerdem gemeinsam mit Fabian (JD’s Rapblog, Anm. der Redaktion) um die Pressearbeit des Plots. Ich versuche auch, mit Max das Ganze ein Stück weit zu führen und Entscheidungen zu treffen.

Wenn wir alphabetisch weitergehen, kommt als nächstes der Dominik. Das ist unser Schlagzeuger, der handwerklich einfach wahnsinnig gut ist und auch studiert hat, was er da macht. Ihr solltet ihn unbedingt mal live bei seinen Schlagzeugsolos bewundern (lacht). Er baut außerdem Beats und ist als Schlagzeuger für uns extrem wichtig, da Hiphop ein recht drumlastiges Genre ist.

Alphabetisch folgt nun unser Gitarrist Elias, der für unseren Sound wahnsinnig wichtig ist, da er einen breit gefächerten Musikgeschmack hat und damit über den Tellerrand hinausblickt. Er konzipiert unsere Melodien und zeigt uns immer wieder neue musikalische Perspektiven auf. Außerdem singt er auf dem Album einige Zweitstimmen ein.

Elmäx ist laut dem VBT-Wiki unser Bandleader und damit allein deshalb wichtig (lacht). Außerdem baut er Beats, nimmt uns auf, mischt uns ab und schneidet unsere Videos. So stammt ein Großteil unserer VCB-Videos von ihm und auch zwei der Albumvideos hat er geschnitten. Darüber hinaus kümmert er sich um unsere Promovideos, wie beispielsweise unsere Track bei Track-Serie. Er ist also insbesondere für unser Marketing ungeheuer bedeutend.

Der letzte im Bunde ist Hank, unser Bassist, der allerdings an diesem Album aus Zeitgründen nicht wirklich beteiligt war. Er ist ein Stück weit unser Band-Papa, fährt uns zu Auftritten und kümmert sich um unsere Artworks.

Es ist sicherlich nicht einfach als so große Gruppe ein Musikstück zu erschaffen, mit dem dann alle zufrieden sind. Wie läuft die Zusammenarbeit unter euch fünf ab. Skizziert doch mal den stereotypischen Entstehungsprozess eines Songs.

Elmäx: Diesen stereotypischen Prozess gibt es so nicht mehr, da dieses Album nicht mehr im gemeinsamen Proberaum entstanden ist. Aus unserer Proberaum-Zeit haben wir aber noch unzählige angefangene Proberaum-Skizzen und damit einen großen Pool an Instrumentalen verschiedenster Stilrichtungen. Conny und ich setzen uns manchmal einfach hin, hören drei Stunden einen Loop und schreiben drauf. Einen stereotypischen Ablauf gibt es so nicht.

Conny: Ich kann dir gerne mal zwei Abläufe nennen, an denen du erkennen kannst, wie weit die Spanne ist. Bei dem Song 30er Zone beispielsweise haben wir uns getroffen, gemeinsam eine Flasche Wein getrunken und einfach erzählt. Irgendwann meinte Max dann, er habe am Vortag einen Beat gebaut, den er mir zeigen müsse. Wir haben den beide sofort gefeiert und die Assoziation im Kopf gehabt, wie wir langsam mit dem Auto durch die Stadt fahren. Die Idee, daraus einen Song übers Älterwerden zu machen, stand ebenfalls schnell. Mikzn auf diesen Song zu holen war dann ein logischer Schritt, da ja einige denken, dass dieser alt sei. Auch er arbeitete superschnell und so verging nur wenig Zeit zwischen dem Hören des Beats und dem fertigen Song. Das komplette Gegenstück hierzu ist der Titeltrack Mit der Concorde über den Atlantik. Elias hat den Beat hierzu schon parallel zu unserer VCB-Teilnahme begonnen und immer wieder kontinuierlich an ihm weiter gearbeitet.  Wir hatten dann im Sommer einen Auftritt auf Ibiza und wollten dort aufgrund des sommerlichen Feelings des Instrumentals ein Video zu diesem drehen. Problematischer Weise war, dass bis dato eben lediglich der Beat stand. Wir haben dann auf Ibiza die Hook geschrieben und lediglich die Shots der Hook aufgenommen. Der restliche Text entstand im Zeitraum eines  halben Jahres. Du siehst also wie gewaltig die Spanne zwischen "Wir machen einen Song in zwei Stunden annähernd fertig" und "Wir basteln fast ein Jahr an einem Song" ist.

Alles über das Album der Jungs erfährst du auf Seite 2. Einen kleinen Einblick in Mit der Concorde über den Atlantik bekommst du hier im gleichnamigen Video!

Lasst uns bei dem Titeltrack bleiben. Auf diesem beschreibt ihr einen Fluchtversuch aus dem bedrückenden Alltag und die Unsicherheit, die mit diesem verbunden ist. Woher kommt der Drang, alles stehen und liegen zu lassen, um aus dem täglichen Trott auszubrechen?

Conny: Das könnte auf jeden Fall in einer Deutscharbeit über diesen Song stehen! Ich glaube Max möchte diese Frage beantworten (lacht).

Elmäx: Eine konkrete Situation gibt es nicht. Es ist eher ein Gefühl, das permanent präsent ist und irgendwie immer mitschwingt.

Conny: Es geht, wie du ja schon richtig sagst, um eine Flucht aus dem Alltag. Ich kann meistens unter der Woche nicht an der Musik arbeiten, da ich beruflich in Köln tätig bin. Ich komme von dort aus meistens spät abends erschöpft zurück nach Düsseldorf und habe dann leider keine Zeit, Musik zu machen. Das Musik machen fällt also meistens auf das Wochenende, weshalb das immer vollgepackt mit Texte schreiben, recorden und Videos drehen ist. Geschlafen wird da wenig. Wenn man dann nach einer 50- bis 60-Stunden-Woche und einem Hardcore-Wochenende im Zug nach Hause sitzt, kommen dann diese Gedanken, sich einfach mal in ein Flugzeug zu setzen und aus diesem Trott auszubrechen. Es ist also, wie Max schon sagt, weniger eine konkrete Situation und mehr ein permanent schwebendes Gefühl.

Auf Videomusik zeichnet ihr ein Bild der Generation Youtube und der damit verbundenen kurzen Halbwertszeit einzelner visuell umgesetzter Musikstücke. Was ist charakteristisch für diese Generation?

Conny: Das ist eine sehr, sehr gute Frage. Ich mag diese Frage. Auf Videomusik hat uns bis jetzt noch niemand angesprochen und mir gefällt die Herausforderung sie zu beantworten. Wir haben die Situation ja selbst erlebt. Wir haben jahrelang Musik gemacht, aber irgendwie hat uns die Plattform gefehlt, diese bekannt zu machen. Heutzutage reicht musikalische Qualität alleine nicht mehr aus. In dem Moment, in dem ein Song einfach als Freetrack veröffentlicht wird, interessiert das kaum jemanden. Wenn aber ein kleines Video dazu gedreht wird, teilen das alle und die Magazine berichten darüber. Zusätzlich braucht Musik eine Plattform und die hatten wir dann plötzlich durch unsere VCB-Teilnahme. Unsere Musik bekam bis dahin vergleichsweise wenig Resonanz und auf einmal hatten wir 15.000 Likes bei Facebook und haufenweise Menschen fragten, wann unser Album kommt. Eben einfach, weil unsere Musik auf einmal eine Plattform hatte. Generell ist durch diese Flut an Musikvideos die Halbwertszeit, wie du richtig sagst, sehr begrenzt, da Musik schnell vergessen wird. Man klickt auf ein Musikvideo, weil es in der Facebook-Timeline angezeigt wird und hat es schon vergessen, wenn man am nächsten Tag ein Video von süßen Katzen entdeckt. Das ist schade.

Und wie wollt ihr euch hier abheben?

Conny: Das ist eine interessante Frage. Wir versuchen uns in erster Linie durch die Musik abzuheben. Mit der versuchen wir, ein Gefühl zu transportieren und die Stimmung einer Situation authentisch einzufangen. Diese klassischen Facebooktimeline-Videos wie Battleturnier-Runden sind einfach nur zur Unterhaltung da und irgendwo eine Form von Hiphop-GZSZ. Das führt dazu, dass sie schnell vergessen sind. Fans, die feiern, dass ich gerade das Geschlechtsorgan meines Gegners mit einem Mikroorganismus verglichen habe, sind ja ganz cool, aber wir wollen, dass unsere Hörer unsere Musik mit einer konkreten Situation in Verbindung bringen. Sie sitzen beispielsweise im Zug, es regnet und sie haben das Gefühl, nicht wirklich voran zu kommen. Dann hören sie Stelle stehen im iPod und werden den Song immer mit dieser Situation in Verbindung bringen. Und genau das möchten wir auch.

Die bisherigen Vorboten des Albums waren musikalisch wahnsinnig unterschiedlich und ließen keinen Schluss auf ein zusammenhängendes Soundbild. Wie klingt denn nun Mit der Concorde über den Atlantik?

Conny: (Überlegt lange) Das Album klingt nicht so wie das letzte. (Zögert) Und vermutlich auch nicht wie das nächste (lacht).Spaß beiseite, nachdem wir auf den letzten Alben noch recht infantile Musik gemacht haben, haben wir uns nun weiterentwickelt. Das darf man nicht falsch verstehen, da uns die letzten Alben immer noch Spaß machen und wir stehen komplett dahinter, aber Mit der Concorde über den Atlantik klingt reifer und erwachsener. Wir haben versucht unsere Musik durch neue Facetten zu erweitern und beispielsweise gesungene Hooks einzubauen. Außerdem war es uns wichtig, ein Album zu schaffen, das live einfach Spaß macht. Ich denke, dass es uns gelungen ist, eine musikalische Weiterentwicklung zu vollziehen.

Inhaltlich liegen die Songs ebenso weit auseinander. Gibt es ein thematisches Konzept hinter Mit der Concorde über den Atlantik und wenn ja, wie lautet es?

Elmäx: Das Album hatte ja eine recht ungewöhnliche Entstehungsgeschichte. Wir haben noch während der VCB-Zeit aus einer Laune heraus eine Crowdfunding-Aktion für ein Mixtape mit dem Titel Mit der Concorde über den Atlantik gestartet und jetzt sitzen wir hier und haben ein fertiges Album mit diesem Titel. Verrückt. Grundsätzlich stand die Idee also vor dem eigentlichen Album. Wir haben dann den Raum ausgefüllt, den der Titel uns bietet. So sind gegen Ende dann noch beispielsweise Songs wie Absturz! entstanden. Grundsätzlich lässt sich jetzt am Ende dennoch ein konzeptioneller Rahmen erkennen. So handeln einige Songs im weitesten Sinne von einer Flucht aus dem Alltag und dem Gefühl, auf der Stelle zu stehen.

Auf Seite 3 äußern sich Elmäx und Conny zur Selbsttötung von NMZS. Deren gemeinsamen Song kannst du dir hier anhören.

Mit Gefährlich befindet sich das Hiphop.de-Exclusive mit NMZS als Bonussong auf dem Album. Dieser hat sich am 20. März letzten Jahres überraschend das Leben genommen. Wie eng standet ihr in Kontakt und wie habt ihr von dessen Selbsttötung erfahren?

Elmäx: Wirklich eng befreundet waren wir nicht mit Jakob (NMZS, Anm. der Redaktion) und ich hatte auch das Gefühl, dass er nur sehr wenige aus dieser Rapwelt an sich heran ließ. In erster Linie, war ich ein sehr großer NMZS-Fan und wollte ihn unbedingt featuren. Irgendwann habe ich ihn dann getroffen, wir sind ins Gespräch gekommen und haben anschließend diesen Gefährlich-Song gemacht. Danach gab es irgendwie eine Art Lücke und wir haben kaum noch Kontakt gehabt. Von seinem Selbstmord habe ich dann von einem gemeinsamen Freund erfahren. Im ersten Moment hat mich das unfassbar aus den Latschen gehauen und ich kann das immer noch nicht fassen. Wir haben dann diesen Gefährlich-Song neu gemischt und aufs Album gepackt, um an diesen großen Künstler zu erinnern.

In manchen Foren wurde euch das übel genommen.

Conny: Es gibt einfach so viele Idioten und Pappnasen da draußen, die dann solche bescheuerten Kommentare schreiben. Die haben kurz ein paar Minuten Zeit, weil sie gerade in der Freistunde die Mathehausaufgaben von ihrem Nachbarn abgeschrieben haben und schreiben dann so einen Mist ins Internet. Wir legen den Track neu auf, um einem Künstler Respekt zu zollen, für das, was er zu Lebzeiten geschaffen hat, und diese Idioten geben solch einen geschmacklosen Senf dazu. Warum äußern die sich überhaupt zu solchen Themen, ohne über die Hintergründe Bescheid zu wissen?  Ich versteh das einfach nicht. Ich würde so gerne mal mit solchen Menschen diskutieren und bin mir sicher, dass die einfach keine Argumente hätten. Der Track ist eine Art Todesanzeige im besonderen Format um NMZS zu ehren.

Möchtet ihr nach diesem reinigenden Ausbruch etwas Abschließendes loswerden?

Conny: Checkt auf jeden Fall Track 15 bei iTunes! Dort warten versteckte Botschaften auf euch, insbesondere wenn ihr den Song rückwärts abspielt (lacht). Nein Spaß, bei iTunes gibt es gerade bei diesem Song leider ein paar technische Probleme. Wir sind wahnsinnig gespannt, was die Leute von unserem Album halten. Schickt uns Nachrichten, schreibt eure Meinungen in Foren oder widmet uns ein Kommentarfeld bei HipHop.de. Wir freuen uns auf eure Meinungen und sind insbesondere gespannt, wie das Album bei den Fans unserer VCB-Runden ankommen wird.

Alle Infos zum Album Mit der Concorde über den Atlantik findest du auf Amazon:

[amazon B00H5DN6GA full]