B-Tight im Interview: "Aggroswing", 20er-Jahre & Aufstieg, Blüte & Trennung von Aggro Berlin

Im letzten Jahr feierte B-Tight mit seinem siebten Soloalbum "A.i.d.S. Royal" die erste Nummer-1-Platzierung seiner Karriere. Nach vier klassischen Hiphop-Alben in Folge wagt er sich 2019 an ein in der Szene bis dato jungfräuliches Soundbild: Swing. Genauer gesagt: Aggro Swing. Während er sich musikalisch von den Goldenen 1920er Jahren inspirieren ließ, bedient er sich inhaltlich weiterhin an seiner typisch humorvollen Rap-Attitüde. 

Dass sich diese besonders in der Blütezeit von Aggro Berlin ausgeprägt hat, ist kein Geheimnis. Im April jährt sich die Schließung des Labels mit dem Sägeblatt, das in den 2000er Jahren Straßenrap mainstreamtauglich gemacht hat, bereits zum zehnten Mal. Da der Begriff "Aggro" bis heute Relevanz hat, wie allein der Albumtitel von B-Tight zeigt, habe ich mit ihm auch nochmal über die Hochs und Tiefs seiner Aggro-Zeit gesprochen.

Doch zunächst bitte ich B-Tight zum Tanz.

B-Tight, kannst du eigentlich tanzen?

Wenn du auf die klassischen Standard-Tänze anspielst, bekomme ich den Charleston-Grundschritt [Anm. d. Verf.: US-amerikanischer Gesellschaftstanz, der mit 50-75 Takten pro Minute zu Swing Jazz getanzt wird] ganz gut hin. Ansonsten verhält sich das bei mir tatsächlich eher auf Diskoniveau.

Wie tanzt man denn den Aggro Swing?

Ich würde sagen, da gibt’s keine feste Norm. Da kann jeder frei improvisieren.

Du hast auf deinem kommenden Album „Aggroswing“ einen – in Hiphop-Kreisen – ganz neuen musikalischen Ansatz gewählt. Wie kam die Idee zur Swingplatte?

Das hat schon so ein bisschen auf der Tour vor zwei Jahren begonnen. Da haben wir den Electro-Swing für uns entdeckt als wir nach einem Konzert mal auf einer Aftershowparty waren, wo halt nur diese Mucke lief. Die Leute hatten sich für die Party auch so im Stile der 20er Jahre gekleidet. Ich fand das so interessant und habe mir dann überlegt, dass es cool wäre, darauf mal zu rappen. Ich wusste aber nicht genau, wie ich das anpacken soll und dann meinte Wilma [Anm. d. Verf.: Managerin von B-Tight]: 'Produzier doch einfach mal was und guck mal, was dabei rauskommt.' Ich habe mir das erst gar nicht zugetraut, weil ich dachte, dass ich das nicht kann. Das, was dann dabei herauskam, fanden wir beide sehr cool. So ist dann der der erste Song direkt auf Tour entstanden und dann habe ich mich einfach drangesetzt und war in einem völligen Rausch.

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Du bist letztes Jahr mit deinem Album „A.i.d.S. Royal“ das erste Mal auf Platz #1 der Charts gegangen. Gibt einem solch ein Erfolg die Sicherheit für eine experimentellere Platte?

Klar, auf jeden Fall. Mir war aber diesmal auch schon im Vorfeld klar, dass so ein Experiment in die Hose gehen kann. Damit meine ich, dass ich nicht unbedingt damit rechne, dass das Album jetzt wieder auf die #1 geht. Ich hatte aber auch keine Lust darauf, wieder ein klassisches Hiphop-Album zu machen. Das wäre dann mein fünftes in Folge gewesen. Ich will mich einfach musikalisch ausprobieren und kreativ sein.

Was haben Hiphop und Swing denn gemeinsam?

Ich glaube, dass beide ein ähnliches Lebensgefühl vermitteln – nämlich die Freiheit, das zu machen, was man möchte.

B-Tight - 1 Mic & 1 Beat

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Die Beats hast du allesamt selbst produziert. An welchen Swing-Songs hast du dich dabei orientiert?

Ich habe mir viel Musik aus den 20ern reingezogen, bestimmte Lieder von Künstlern gab es dabei aber jetzt nicht. Ich habe beim Produzieren auch ein bisschen dazu gelernt, wie man gewisse Akkorde spielt. Das wusste ich vorher noch nicht. Bei „A.i.d.S. Royal“ habe ich die Beats eher so nach Gefühl gespielt, so im Playstation-Style wie damals. Diesmal war da schon ein bisschen mehr Kopfarbeit dabei.

Gab es vielleicht auch die Überlegung die Platte mit einem kompletten Orchester einzuspielen?

Das ist halt immer besonders zeitaufwändig. Ich bin jemand, der ziemlich ungeduldig ist und habe in der Vergangenheit oft auf Leute warten müssen. Bis dann mal so ein Song fertig ist, hat mir das einfach viel zu lange gedauert. Deswegen habe ich mir dann gedacht, ich mache alles selber. Hier und da habe ich mal Chris Altmann von der Band Sondaschule eine Posaune einspielen lassen, das war es dann aber auch.

Wird dich eine Band auf deiner anstehenden Tour begleiten?

In verschiedenen Regionen werden schon Gastmusiker dazu stoßen. Im Ruhrpott wird ein Pianist dabei sein, Chris Altmann wird sicherlich auch in ein paar Städten mit von der Partie sein. Und auf Festivals gucke ich sowieso immer, dass ich viele Musiker am Start habe. Ansonsten wird die Tour aber sehr klassisch ablaufen – ein DJ und ein MC.

Was die Lyrics angeht, hatte ich das Gefühl, dass deine gewohnt humorvolle Art diesmal besonders gut zu den heiteren Beats passt.

Ja, da hast du schon recht. Die Musik hat mir nochmal so ein besonderes Feeling gegeben. Ich hatte auch das Gefühl, dass mit dieser musikalischen Untermalung der Humor noch ein Stückchen besser rüberkommt, als wenn ich auf einen etwas düstereren Beat rappe.

B-Tight - Crazy - Sexy - Cool

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Du hast einige interessante Features auf "Aggroswing". Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Yaw Herra?

Yaw Herra war auf der letzten Tour in einigen Städten als Support dabei. Wir haben uns sofort gut verstanden und ich hatte einfach Bock, was mit ihm zu machen. Ich finde, er ist ein großartiger Künstler und ich hoffe, dass da in Zukunft noch mehr bei ihm passiert.

Wer ist Massendefekt Laternenlicht?

Das ist eine Band, die ich auch schon seit ein paar Jahren kenne und mit der ich schon gemeinsam auf Festivals aufgetreten bin. Dann habe ich hab ich den Sebi [Anm. d. Verf.: Der Sänger der Band] gefragt, ob er nicht eine Hook für mich einsingen möchte. Und da wir uns menschlich gut verstehen, haben wir es auf dieser Platte dann auch mal musikalisch umgesetzt.

Gab es eventuell auch Überlegungen für ein Feature mit einem Swing-Sänger?

Außer Robbie Williams, der ja mal eine Swing-Platte gemacht hat, fällt mir da ehrlich gesagt gar keiner ein. Aber das wäre wahrscheinlich ein bisschen zu hochgegriffen gewesen (lacht).

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Swing hatte seine Blütezeit ja vor allem in den Goldenen 1920er Jahren. Was findest du – mal abgesehen von der Musik – an dieser Epoche besonders spannend?

Das Gefühl, frei zu sein, und dieses freche Leben. Ich habe das Gefühl, dass das Motto dieser Zeit einfach lautete: Lass uns einfach leben und lass uns nicht so viel an den Sorgen festmachen und so deprimiert sein. Sondern lass uns einfach Spaß haben und die Sau rauslassen. Und das ist sehr ähnlich zu dem Lebensgefühl, was man heute so hat, finde ich. Also 2020 könnte schon das neue 1920 sein.  

In dieser Epoche bildeten sich ja auch die ersten Gentlemen Clubs heraus, in denen sich gut betuchte Männer zum Zeitvertreib trafen. Wie sähe so eine Männerrunde heutzutage aus?

Ich war in den letzten Jahren bei einigen Männerrunden dabei und das ist eigentlich genauso, wie man sich das vorstellt – also mit Kartenspielen, Whiskey trinken oder Zigarre rauchen. Der einzige Unterschied zu früher besteht wahrscheinlich in der Kleidung.

B-Tight - Schüsse in die Luft (prod. von B-Tight)

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Ganz anderes Thema: Im April jährt sich die Labelschließung von Aggro Berlin bereits zum zehnten Mal. Wie blickst du auf die Zeit bei Aggro zurück?

Mit einem krassen Glücksgefühl. Die acht Jahre waren einfach eine ganz intensive Zeit. Ich denke sehr oft und sehr gerne daran zurück.
Am Ende ist dann halt alles so ein bisschen zerbröckelt, wie es halt oftmals so ist, wenn viele Leute zusammenarbeiten. Aber über die gesamte Zeit kann ich eigentlich nichts Schlechtes sagen.

Wie würdest du die ersten Jahre vor dem Durchbruch einordnen?

Als wir 2001 angefangen haben, war natürlich erstmal alles um uns herum sehr euphorisch. Jeder kleinste Schritt nach vorne hat sich für uns schon wie ein riesiger Erfolg angefühlt. Es gab aber auch immer wieder sehr trockene, zermürbende Phasen, in denen es nicht weiterzugehen schien. Phasen, in denen wir dachten: 'Irgendetwas fehlt und wir müssen mehr schaffen als bisher.' Der Push kam dann 2004 ganz plötzlich mit dem Album „Maske“ von Sido. Von da an ging es nur noch bergauf.  

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Wie hast du diesen Erfolg damals realisiert und verarbeitet?

Das war in allererster Linie ein Traum, den man gelebt hat! Dass ich genau realisiert habe, was da eigentlich gerade passiert, kam erst später. Wir haben ja auch immer sehr viel Musik produziert und für den Moment gelebt. Da blieb für solche Gedanken erstmal wenig Zeit. So um 2006 herum fing es dann bei mir im Kopf an zu arbeiten. Das war schon krass, wenn man sich mal in einer ruhigen Minute zurückgelehnt und darüber nachgedacht hat, was für ein Movement wir da eigentlich geschaffen haben.

Aggro Berlin war klar darauf ausgelegt, für Kontroverse zu sorgen und für eine ganz eigene Attitüde zu stehen. Steckte dahinter auch so ein bisschen die Idee, den Gangsta-Rap aus den USA nach Deutschland zu bringen?

Die Grundidee war es einfach, dass wir den Rap, den wir feiern, auf deutsch cool machen und etablieren. Unsere Intention war es immer, sich nicht der Musikszene und den Medien anzupassen, sondern unseren Stiefel so durchzuziehen, dass sich alle an uns anpassen müssen. Da waren wir zum Glück kreativ und auch dickköpfig genug, das auch durchzuziehen.

Dein erstes richtiges Album „N*ger N*ger“ erschien erst 2007. Warum eigentlich so spät?

Ich war immer viel mit den Aggro Ansagen beschäftigt. Das war so das Hauptding, was ich gemacht habe. Und ich war viel mit Sido unterwegs, wir waren die ersten Jahre ständig auf Terminen und auf Tour. Da blieb dann mein Soloprojekt so ein bisschen auf der Strecke. Das hat mich aber auch nicht gestört. Ich habe trotzdem fleißig Mucke gemacht in der ganzen Zeit.

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Wenn du während deiner Aggro-Zeit schon mit einem Swing-Album um die Ecke gekommen wärst: Wäre das von den Chefs aus möglich gewesen?

Das ist eine sehr gute Frage. Klar, ich hätte die Idee einfach in den Raum geworfen und dann hätten wir das ausdiskutiert. Wenn es die Mehrheit für cool befunden hätte, hätten wir es wahrscheinlich gemacht.

Aber ihr hattet schon die absolute künstlerische Freiheit?

Ja, total. Wenn ein Album fertig war, haben die Chefs uns schon freie Hand gelassen. Wir haben dann alle zusammen die Mucke gehört und dann hat Specter sich an die visuelle Umsetzung und an das Konzept dazu gemacht. Das ging aber immer von der Musik aus. Gerade in meinem Fall kam es natürlich schon mal vor, dass da mal länger diskutiert wurde, wenn die Songs härter und krasser waren. Da wurde dann gesagt: 'Guck mal, ob du da vielleicht noch ein bis zwei andere Songs am Start hast, damit wir das Album auch noch ein bisschen länger verkaufen können.' Aber sonst war das alles sehr entspannt.

Specter: Aggro Berlin, Sido, Fler, Eminem & Deutschrap 2018 - Awards presented by Ultimate Ears

Die Jury und über 60.000 Fans haben Specter den Preis fürs Lebenswerk verliehen bei den Hiphop.de Awards 2017 presented by Ultimate Ears.Zur Übergabe hat Rooz sich den Mitgründer von Aggro Berlin (mit Halil & Spaiche) für 30 Minuten Talk geschnappt.

Wann und wie hat sich angedeutet, dass es mit Aggro Berlin zu Ende geht?

Während der Aufnahmen zur "Ansage 8" hat man schon gemerkt, dass es nicht mehr so stimmig ist, nicht mehr so zusammenpasst. Jeder wollte irgendwie in eine andere musikalische Richtung gehen. Man hat nicht mehr so an einem Strang gezogen. Es war irgendwie eine komische Zusammenarbeit. Auch mit Specter, Halil und Spaiche war es nicht mehr so brüderlich und familiär wie zu Beginn. Aber ich glaube, dass das mit der Zeit einfach passiert und ganz normal ist.

Welches Ereignis aus diesen acht Jahren bleibt für dich unvergesslich?

Der Moment, als wir die erste Goldene Platte bekommen haben – das war für die "Ansage 4". Das war einfach ein krasses Feeling und pure Freude.

Dann wünsche ich dir, dass du mit "Aggroswing" wieder vorne mittanzt. Vielen Dank für das Interview!

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Groove Attack by Hiphop.de