Homerecording (Teil 8): Vocals verstehen – Main Vocals, Doubles und Ad-libs
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Sieben Teile, in denen wir vom Equipment über die Beat-Wahl bis hin zu grundlegendem Vocal Mixing vieles behandelt haben. Theoretisch könnt ihr euch nun passende Instrumentals suchen, eure Parts darüber einrappen und sie weitestgehend abmischen – EQ, Compression und Deessing sollten euch wohlbekannte Begriffe sein.

Dennoch werden nicht alle Vocal-Typen gleich abgemischt – mit "Vocal-Typen" meine ich hier nicht euren Rap-Stil und das damit einhergehende Mixing. Ob ihr lieber lässig über die Beats schlendert und in Migos-Manier High-Cut-Filter und ordentlich Autotune über die Vocals schraubt oder doch ohne großes Effektfeuerwerk düstere Bars spittet wie Gzuz, ist euch natürlich selbst überlassen (natürlich können wir auch das in einem zukünftigen Artikel behandeln).

Mit "Vocal-Typen" bezeichne ich vielmehr die grundlegende Unterscheidung zwischen Main Vocals, Doubles und Ad-libs. Selbstverständlich werden auch die in verschiedenen Subgenres entsprechend unterschiedlich gemischt. Dieser Artikel soll euch schon einmal einen grundlegenden Überblick darüber verschaffen, wie Rap Vocals klassischerweise strukturiert sind, damit eure Flows nicht an der Delivery scheitern.

Main Vocals

Mit "Main Vocals" bezeichnen wir die Hauptstimme des Tracks. Sie sollte klar und verständlich abgemischt sein, da die Message sonst gänzlich untergehen kann. Aber vielleicht geht es euch ja auch nur um den Sound. Generell sind euch klanglich kaum Grenzen gesetzt, ich würde nur empfehlen, kein zu enges EQ zu verwenden und die Stimme zunächst natürlich und breit klingen zu lassen.

Atemgeräusche könnt ihr je nach Geschmack entfernen oder aber einfach stehenlassen. Manuellsen setzt beispielsweise genau diese, oftmals als Störsignale empfundenen, Sounds sehr geschickt ein: Er behält auf "Löwe" nicht nur Atemgeräusche, sondern teilweise sogar Schnalzlaute bei (1:05 Min.) und schafft damit eine gewisse Nähe zum Hörer. Das Ergebnis: Die Vocals klingen zornig und einfach ehrlich.

Viele sind übrigens der Auffassung, dass man mehrere Hauptspuren aufnehmen sollte und sie für fetteren Stereoklang nach links und rechts panneln sollte. Probiert es aus, ich tendiere eher dazu, das ganze mit Doubles und Ad-libs zu komplettieren. Bei gesungenen Parts hingegen füge ich mehrere Harmoniespuren hinzu, sogenannte "Backing Vocals".

Doubles

Als "Doubles" werden von den Main Vocals gedoppelte Lines bezeichnet. Auf diesem Weg werden klassischerweise End-, aber auch Binnenreime akzentuiert. Es empfiehlt sich, die Doubles nicht nur mit Hinblick auf Lautstärke von den Mains abzugrenzen, sondern gegebenenfalls auch ein engeres EQing zu verwenden (tiefere und höhere Frequenzen cutten). Wie dominant die Doubles letzten Endes sein sollten, ist wieder einmal Geschmacksache.

Ebensowenig gibt es Grundregeln dafür, an welchen Stellen man doppelt – probiert es am besten einfach aus. Doppelt zu Beginn lieber einmal mehr und löscht es zur Not später wieder. Auch hier gibt es Spezialisten, die gerne auf Links und Rechts zwei verschiedene Double-Spuren verteilen. Ich sage dazu wieder: Kann man machen, muss man aber nicht.

Doubles werden häufig auch mit anderen Hall- und Delay-Effekten versehen als Mains. Über Sinn und Unsinn von Reverb und Delay schreibe ich im nächsten Artikel.

Ad-libs

Klar – mit gemischten Main Vocals und Doubles nimmt der Mix schon Form an. Was viele Rapper aber missachten, nutzen andere wiederum als Signatur: Ich spreche von den "Ad-libs". Man betrachte Travis Scott, der im Hintergrund effektschwangere Ad-libs wie "it’s lit" oder "straight up!" einstreut oder Quavo, der immer gerne namentlich ankündigt, dass sein Part folgt.

Ad-libs stehen zwar irgendwo im Hintergrund – irgendwo eben aber auch nicht. Meist charakterisieren sie sich durch ein engeres EQing, viele Effekte und zeitliche Verzögerung, wodurch sie keineswegs hintergründig bleiben. Während die Migos es lieben, die Ad-libs auf die Zählzeit Eins (den Anfang des Taktes) zu setzen (z. B. "Splash!", "Please") und somit radikal hervorzuheben, treten manche Ad-libs auch als eine Art Echo auf, das häufig tonal und artikulatorisch vom ursprünglichen Inhalt abweicht.

Andere benutzen Ad-libs einfach für spontane Interjektionen: Häufig sind es nur Laute, die geäußert werden (z.B. "raaaaahhh", "yeah", "huuuh"). Ihr seht, euch sind keine Grenzen gesetzt. Ich rate dringend dazu, es auszuprobieren – Ad-libs sind Signature Moves und Kitt für euren Flow.

Wenn ihr eure Vocals im Sinne dieser Vocal-Kategorien anpasst, werdet ihr einen homogenen und gleichzeitig abwechslungsreichen Sound erhalten. Variiert das EQing, passt die Compression entsprechend an und feilt am Gesamtmix, bis ihr euren Wunschsound habt. Womöglich werdet ihr merken, dass das Ganze trotzdem noch etwas trocken klingt. Dem werden wir im nächsten Artikel Abhilfe schaffen – es wird um Reverb und Delay gehen. 

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