Wir waren mal (Battlerap)-Stars: Wenn die Bubble platzt
Mio Mao & Splifftastic

Statt Punches prasselt der Regen: Am Kieler Bahnhof trifft Manou mit ein bisschen Verspätung ein. Er war als Mio Mao mittendrin, als deutscher Battlerap eine fast schon legendäre Hochphase erlebte – eine Zeit, in der auf Schulhöfen nicht über Mero oder Apache 207, sondern über den Ausgang von Videobattlerunden diskutiert wurde. Viele der damals geradezu omnipräsenten Vertreter sind inzwischen in der Versenkung verschwunden oder haben sich vollkommen aus dem Rapkosmos verabschiedet.

So ein kurzzeitiger Ruhm hinterlässt Spuren. Facebook-Seiten mit einer erheblichen Followerschaft gleichen mumifizierten Überbleibseln einer unwirklich erscheinenden Ereigniskette. Der Social-Media-Wandel wird viele Helden der lyrischen Schlachten wahrscheinlich nach und nach verschlucken – ganz so als wäre nie etwas passiert. Heute touren noch einige von ihnen durchs Land. Rapper wie Mio Mao oder Splifftastic haben eine andere Ausfahrt gewählt.

Mio Mao nahm mehrfach ziemlich erfolgreich am VBT teil und stand im Fokus des Interesses, als fristgerechte Battles im Videoformat gerade im Trend lagen. Manou selbst verfolgt einige Jahre später den gesamten Rapzirkus nur äußerst beiläufig. "Old Town Road" sagt ihm herzlich wenig und er nippt irritiert an seinem Bier, als er sich weitere Beispiele von prägenden Künstlern des Jahres 2019 anhören muss. In seiner Stammbar wählt er vorzugsweise ein lokales Pils. Hin und wieder springt er auf und verfängt sich in kurzen Gesprächen mit dem Personal.

Was bedeuten 15 Minuten Ruhm?

Ganz anders präsentierte er sich vor circa acht Jahren als Battle-MC. Einen Auftritt vor mehr als 600 Leuten bezeichnet er im Nachhinein lachend als "Hardcore-Klatsche". Die Augenblicke im Spotlight dürften ihm so vorkommen, wie die 15 Minuten Ruhm, die laut einem berühmten Ausspruch von Andy Warhol wohl jedem einmal zustehen. Als Battlerap heraus aus den Internetforen auf ein visuelles Level gebracht wurde, befand sich Mio Mao in einem der schillerndsten Schaufenster. Sich in der hiesigen Raplandschaft festgesetzt hat er nicht.

Er galt 2011 als Geheimfavorit des damals größten Wettbewerbs und scheiterte 2012 erst in einem durchaus umstrittenen Halbfinale an dem später von Baba Saad gesignten EstA. Es war spürbar, dass sich abseits der Industrie-Strukturen ein Haufen von Talenten tummelte. Eine Gruppe, die zu mehr im Stande war, als bloßen Gegnerbezug herzustellen. Weekend hat den Sog des VBTs in mehrere Top-10-Alben umgewandelt. Lance Butters werden nur noch die Wenigsten überhaupt mit dem Turnier assoziieren. Mauli (vormals DirtyMaulwurf) ist regelmäßig im Podcast "Die wundersame Rapwoche" zu hören, tourt mit Fatoni durch die Bundesrepublik und veröffentlicht Musik, die schon lange nicht mehr reines Frechdachs-Gehabe ist.

Manche Protagonisten sind an kuriosen Orten der Unterhaltungsindustrie gestrandet. Besagter EstA etwa rappt schmissige Werbetexte für eine der größten Krankenkassen. Die größte Aufmerksamkeit seit langer Zeit erhielt er wohl letztes Jahr durch seinen Auftritt im Neo Magazin Royale. Dort machte er sich für einen eher unangenehmen Rapsong über die Wirkung von Globuli gerade. Battleboi Basti hat sich 2015 als MetalBoi ausprobiert und mimt bei Alligatoah-Shows den Pagen.

Mio Maos musikalischer Output ist hingegen seit der VBT-Zeit in jeglicher Hinsicht rar gesät. In den vergangenen eineinhalb Jahren habe er "eigentlich Vollzeit" gearbeitet. Wenn er von Arbeit spricht, dann meint er nichts, was mit seiner Kunst zu tun hätte. Sein letzter Solosong "Die Klippe danach" erschien Anfang 2014. Bei Streaming-Anbietern findet man ihn nicht. Er hat seit der Turnierzeit einen Uni-Abschluss eingefahren und sich gedanklich von Bewertungssystemen entkoppelt. Dass ihn Fans erkennen und nach Fotos fragen, kommt nur noch in Ausnahmefällen vor. Das habe Stück für Stück nachgelassen. Er denkt über seine Vergangenheit nach und puzzelt mit einem verschmitzten Lächeln beiläufig aus Serviettenresten ein WiFi-Zeichen auf den Tisch. Es läuft Musik deutscher Post-Punk-Bands. Manou wippt mit.

Ein kurzer Flash, der sich so nicht wiederholen lässt

In Düsseldorf ist die Lage ähnlich. Splifftastic kann ebenfalls eine beachtliche VBT-Vita vorweisen. Er hat das inzwischen eingestellte Turnier sogar zweimal für sich entscheiden können. Auch er vereint Millionen von Klicks auf Battlerunden. Das Gesicht von Jonas flimmerte auf unzähligen Handydisplays und Bildschirmen auf. Dieses Sprungbrett, das er sich einst zimmerte, bot jedoch nicht die nötige Stabilität für eine musikalische Laufbahn. Stattdessen entschied er sich für einen weitaus planbareren Weg. Jonas spricht heutzutage mal die Rolle eines verrückten Professors für eine Kinder-App oder bearbeitet Tonspuren von Interviews. Viele Kunden aus dem Ausland greifen auf Dienste des studierten Audio-Engineers zurück.

Die Klingel am Hauseingang sendet das Signal in die falsche Wohnung. Statt Splifftastic wartet zunächst ein irritierter Nachbar im Treppenhaus. Trotz fehlgeleiteter Klingelanlage scheint der ehemalige VBT-Champ ein durchweg ordnungsliebender Mensch zu sein. Alles hat seinen Platz. In einer Mischung aus Schlafzimmer, Studio und Arbeitsraum werkelt er an unterschiedlichsten Projekten. An den urplötzlich steigenden Bekanntheitsgrad, der noch zum Teil auf Postings auf der toten Plattform MySpace zurückzuführen war, erinnert sich Jonas genau:

"Es war der übelste Flash. Wenn du das nicht kennst, ist das natürlich eine surreale Situation."

Äußerst real ist die Art und Weise, wie er heute seine Brötchen verdient. In Echtzeit verändert sich seine Auftragslage. Es ist zwar kaum auf die Musik zurückzuführen, aber Menschen wollen weiterhin seine Stimme hören. Über die Plattform Fiverr bietet er seine Dienste für Synchronisations- oder Sprecherjobs an. Zwischen dem Besprechen von Anrufbeantwortern für Firmen bis zum Aufsagen von ganzen Wörterbüchern ist alles dabei. Mit Worten weiß er umzugehen. Neben seinem fein säuberlich gehaltenen Arbeitsbereich steht eine selbst errichtete Booth. An den Wänden hängen Schalldämpfer. Alles akkurat. Alles an seinem Platz.

Nach dem ersten Kick beim VBT-Finale 2008 habe er nie wieder ein ähnliches Gefühl verspürt – obwohl seine Runden immer mehr Leute sahen und das Turnier nach und nach ein neues und größeres Publikum erschloss. Die Teilnahme sei mit seinem Alltag verflossen und er selbst zwischen den Abgabefristen abgestumpft. Die erhöhte Präsenz im Internet sei zur Selbstverständlichkeit geworden. Erst der Abstand verdeutlicht ihm, dass er über einen Zeitraum das genossen hat, worauf angehende Influencer spekulieren – konzentrierte Aufmerksamkeit.

Wenn das Feuer erlischt

Einen Flash hat damals auch Manou verspürt. Doch das Gefühl verblasste. Wenn man ihm so zuhört, dann sind die Gründe für das Erliegen seiner Rap-Ambitionen relativ banal. Er sei wegen des Studiums umgezogen und habe sich in ein neues Umfeld einfügen müssen. Irgendwie habe ihn einfach das, was man Leben nennt, total in Beschlag genommen.

"Da war das Feuer kurz aus und ist danach nicht wieder richtig angegangen. Von daher ist es eher im Sande verlaufen."

Manou ist dem Kreativsektor treu geblieben. Er ist bei einem gemeinwohl orientierten Unternehmen beschäftigt und dort im weitesten Sinne Social-Media-Redakteur. Kurz gesagt: Aus Rap Business wurde Social Business. Zusätzlich arbeitet er in einer Kieler Marketing-Agentur. Seine eigene Marke als Artist hat er hingegen kaum weiter aus- oder aufgebaut. In seinem VBT-Fan-Wiki steht noch, dass er sich durch sein Lippenpiercing auszeichne. Dieses Merkmals hat er sich schon lange entledigt. Es macht den Anschein, als sei er dieser Lebensphase entwachsen. Mit der Abkehr von einer Künstlerkarriere hat er gewissermaßen seine eigene Prophezeiung erfüllt. Er ist keiner dieser Rapper geworden, über dessen neuen Output man heute höhnisch herfallen würde.

"Will  keiner von denen werden, über die man sagt, dass sie früher mal fett war'n, doch jetzt nur noch Scheiße machen / Zweifelhafte Metamorphose statt den Shit gleich zu lassen" – Mio Mao auf dem Track "Curare" (2012)

Kurzzeitig schien es so, als könnte sich alles in eine ganz andere Richtung entwickeln. Der Kontakt zu einem Label bestand. Es war der Szene nicht verborgen geblieben, dass Mio Mao mehr mitbrachte als ein 08/15-Skillset. Was er rappte, war oftmals kreativer als die generisch wirkenden Bars seiner Kontrahenten. Auch die rohe Art und Weise des Vortrags mit Hang zur Golden Era sorgte dafür, dass Mio Mao das Format überstrahlte, in dessen Korsett er sich bewegte.

Zusammen mit einem guten Freund war Manou eine Weile als Plusdick und Reisser aktiv. Der Namenswechsel kam, weil er sich danach fühlte. Doch auch in diesem Tag Team entstand nicht die Überzeugung, aus diesem Hobby, mit dem er sich bereits hunderttausenden Menschen vorgestellt hatte, mehr zu machen. Draußen unter einer schmalen Überdachung dreht er sich geübt eine Zigarette und wird von anderen Gästen der Bar freundschaftlich begrüßt. Man kennt sich.

Zwischen Studium, privaten Verpflichtungen und dem simplen Hustle für die Miete sei er nicht dazu in der Lage gewesen, kontinuierlich Zeit und Energie in die Musik zu stecken. Andere Künstler wie Dexter hätten ihm zwar vorgelebt, dass Kunst und Alltag durchaus zusammen funktionieren können – doch verstanden habe er das nie.

"Das Paradebeispiel war früher immer Dexter. Über den hat man gesagt: Der ist Papa, macht seinen Arzt und macht parallel drei Alben im Jahr. Irgendwie scheint es zu gehen. Wie weiß ich nicht."

Als es irgendwann darum ging, weiter mit Output zu überzeugen, habe er schlichtweg "nicht geliefert". Mit der Musik ist Manou dennoch weiterhin verbunden. Er baut Beats, hält stetig nach Equipment Ausschau und kann sich durchaus vorstellen, wieder öffentlichkeitswirksamer zu rappen. Momentan beschleiche ihn dahingehend sogar ein "besonders intensives Gefühl". Gelegentlich cyphert er zum Spaß mit ein paar Freunden. Dann geht es nur darum, ungewöhnliche Wörter in einem Part unterzubringen. Keine Competition – alles entspannt. Nähert sich Manou der Kunst, die er auch selbst als solche bezeichnen würde, wird es sehr viel komplizierter. Hier bleiben Songskizzen mal gerne so lange liegen, bis sie sich überholen und schließlich nie das Licht der Welt erblicken. "Vielleicht bin ich zu langsam, um mir selber nachzukommen", sagt er und lacht herzlich.

Battlerap für ein Millionenpublikum

Auf der Überholspur befand sich Splifftastic vor allem 2008 und 2013. In diesen Jahren ging er als Gewinner aus dem lyrischen Kräftemessen hervor. Die größte Aufmerksamkeit bekam er wohl für sein Battle gegen Weekend im Jahr 2012. Diese Runde steht bei über einer Million Aufrufen. Jeder, der sich einmal für mehr als einen flüchtigen Moment in diese Battleecke verirrt, wird irgendwann unweigerlich auf Splifftastic treffen. Er ist ebenfalls der Musik treu geblieben. 2019 droppte er mit Falk den Track "Ja sorry". Darum einen Gegner wortgewaltig zu demütigen, geht es hier nicht. Probleme, die sich im Alltäglichen abspielen, bilden die Basis. Grundlagen für angehende Rapper präsentiert Splifftastic auf seiner Instagram-Seite. Dort stellt er regelmäßig Beats vor.

Eine vertane Chance erkennt Jonas auf seinem Lebensweg nicht. In Hinblick auf eine musikalische Karriere wirkt er regelrecht erleichtert, mit manchen Textentwürfen nicht an die Öffentlichkeit gegangen zu sein.

"Wenn ich mir meine Texte angucke, die ich damals geschrieben habe, bin ich ganz froh, dass ich mich nicht für die Musik entschieden habe."

Die Zeit im Battlerap habe ihm Türen geöffnet. Als erneut Auftragsangebote auf seinem Smartphone aufleuchten, grinst er zufrieden. Zusätzlich zu dieser freiberuflichen Arbeit ist er als Assistent der Geschäftsführung bei Hiphop.de tätig. Auch die Auswahl für diese Position führt er zum Teil auf seinen Background aus dem VBT zurück.

Der Kontakt zur Battle-Szene ist nie ganz abgerissen. So war Splifftastic schon als Judge bei einem Event der bekannten Battle-Plattform DLTLLY im Einsatz. Mit anderen Teilnehmern von damals ist er freundschaftlich verbunden. Zusammen schwelgt man hin und wieder in Erinnerungen an die vielen Momente, die eine einzigartige Episode im Deutschrap markieren. Eine Episode, die Autogrammwünsche im Bus und eher aufgedrängte Gespräche im Fitnessstudio heraufbeschwor. Trotz seiner Turnier-Erfolge hat sich nie ein Label an Splifftastic gewandt. Auch Businessanfragen blieben aus. Der Kelch sei stets an ihm vorbeigegangen. Die Gründe liegen wohl irgendwo zwischen schlechtem Timing und seiner Musik, die er als zu "experimentell und weirdohaft" beschreibt.

Gewinnen war nie wichtig

Auf die gemeinsamen Augenblicke schaut auch Manou nach seinem dritten Bier zurück. Er betont vermehrt das Gruppenerlebnis, das ihn damals in seinen Bann zog. Er und viele andere Teilnehmer des Turniers hatten sich regelmäßig in der Hamburger Kneipe Seilerhütte verabredet. Hier verengte sich das weite Feld der VBT-Teilnehmer und Mitwirkenden zu einem verschworenen Haufen.

Er hebt "sau viele lustige Abende" hervor. Unzählige Stunden, in denen es nicht um die entscheidenden Konter, sondern um den Austausch inmitten eines kollektiven Erlebnisses ging, das immer weitreichendere Formen annahm. Vom Schaukampf im Internet waren alle weit entfernt. Die Dinge, die er als negativ wahrgenommen hat, kommen ihm im Nachhinein allzu gewöhnlich vor. Vieles in dieser Zeit sei eine "interessante zwischenmenschliche Erfahrung" gewesen, die er vorher "so noch nie hatte und die so auch nie wiedergekommen ist." Damit bezieht sich Mio Mao vor allem auf die Augenblicke vor Gigs, die ihn in einen Tunnel geschickt hätten. Hier wisse er nicht mehr ganz genau, ob er sich korrekt verhalten oder eingebildet gewirkt habe.

Kurz kehrte Mio Mao 2015 in die Arena zurück und ließ sich auf ein Written-Battle mit Buddy bei DLTLLY ein. Seitdem versuche man ihn davon zu überzeugen, dort noch einmal anzutreten. Bisher ohne Erfolg. Eine generelle Bereitschaft wäre jedoch vorhanden. Auch hier scheint sich der Rapper in Manou auf keine konkreten Deals festlegen lassen zu wollen. Wenn er sich heute in Kiel mit dem Sieger der 2013er Splash-VBT-Edition Steasy trifft, dann nicht um an kreativen Punches zu feilen und Gegnerbezüge herzustellen, sondern um eine Partie Sackloch zu zocken. Das Ziel des Spiels ist so schnell erklärt wie einleuchtend: Mit einem Sack ein Loch treffen. Ob ihn damals wirklich etwas davon getroffen hat, was gegen ihn ausgepackt wurde, lässt er im Unklaren. Dafür zählt er unzählige Namen von Teilnehmern und Wegbegleitern auf, die positive Erinnerungen in ihm wecken.

Jonas wird da schon deutlicher. Als seine Freundin von einem übereifrigen Kontrahenten in das Turnier hineingezogen wurde, war dies eine Grenzverletzung, die er so nicht stehen lassen konnte. Es ist klar, dass eine Übereinkunft bei so einem Format darin besteht, sich und sein Leben als Angriffsfläche herzuschenken. Wenn Battlerap zu negativen Konsequenzen im Privaten führt, die weit über die Kunstfigur hinausgehen, dann ist die kreativste Punchline jedoch wenig amüsant. Von möglichen Anfeindungen, sobald man im Chartuniversum stattfindet, ist das sicherlich noch ein Stück weg. Dennoch wird hier deutlich, was Öffentlichkeit auch mit sich bringen kann. Mit Nachdruck weist Jonas darauf hin, welche Belastung seine Teilnahme zwischenzeitlich auch gewesen sei. Seine Stirn liegt in Falten.

Videobattles sind tot!

Schon mal was von Herr Kuchen oder Timatic gehört? Nein? Die beiden waren die Finalisten des größten Videobattle-Formats im deutschsprachigen Raum. Wo Battlerap als Live-Event einen fortwährenden Zuspruch erfährt, entwickelt sich die Online-Variante gegenläufig. Der Clash von zwei Rappern, die mit Punchlines und Bewegtbild in die Schlacht ziehen, scheint kaum noch zeitgemäß.

Gibt es einen Weg zurück?

Was sowohl Jonas als auch Manou permanent unterstreichen, sind die positiven zwischenmenschlichen Erfahrungen. Gedanken an eine vertane Chance auf dem Weg zu einer möglichen Rapkarriere hegen sie nicht. Vielmehr würden sie noch heute von der Zeit profitieren. "Stolz und eine gewisse Nostalgie" schwingen für Jonas bei der Rückschau auf seinen Status vor nunmehr acht Jahren mit. Manou findet es "brachial", dass sein "18-jähriges Ich" diese Phase durchlebt hat und er kurz nach dem Abitur vor mehreren hundert Menschen performen durfte. Newcomer schießen heutzutage mehr denn je aus dem Boden. Die Reichweite, die das VBT Jonas und Manou in einem schmalen Korridor ihres Lebens bescherte, wird dennoch nur einem Bruchstück der Neulinge zu Teil – trotz Instagram, TikTok und allen anderen Möglichkeiten der Selbstvermarktung.

Nun stehen beide Stellvertreter dieser Zeit mit den Beinen im Berufsleben. Battlerap-Turniere dieser Form sind parallel dazu weitestgehend ausgestorben. Ihr Brot verdienen die Jungs mitunter weiterhin mit dem Kreativsein. Der Battlerap-Bubble von damals sind sie entstiegen. Dieses kurze Gefühl aus der Masse herausgeragt zu haben, verdichtet sich zu einer prägenden Erinnerung, die jedoch heute kaum noch eine Rolle spielt.

Vielleicht sieht man beide auch nochmal battlen. Vielleicht kommen sie mit neuer Musik aus der Deckung. Einen nachhaltigen Karriere-Neustart peilen jedoch nicht an. Alles auf die Karte Rückkehr setzt hier niemand. Zu unsicher und brüchig wäre so ein Versuch – wobei Trettmanns goldene Jahre wohl nur die Wenigsten so vorausgesehen hätten.

Kurz bevor Manou zurück in seine Wohnung aufbricht, hört er sich noch Flers Bushido-Disstrack "NONAME" an. Ein schmales Lächeln nötigen ihm einige Zeilen ab. Er hat Schwierigkeiten einzuordnen, warum der Track als derart bösartig gilt. In diesem Moment wirkt es so, als hätte er sich vollkommen von allem abgekapselt, was ihn auch nur kurz in die Welt der möglichst pointierten Beleidigungen zurückreißen könnte.

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