Was letzte Woche dope war: JBB, ein Geheimtipp & die Metapher des Jahres

RIN und Casper haben zwei mit Spannung erwartete Alben veröffentlicht, J. Cole hat ein neues Duo zu Dreamville geholt, Afro Trap geht weiter, Neues aus dem Untergrund, das JBB beginnt durchaus dope und ein Neuköllner ist gekommen, um zu bleiben. Was letzte Woche dope war und wer die Metapher des Jahres gefunden hat, erfährst du hier.

Fangen wir doch ausnahmsweise mal auf der anderen Seite des Atlantiks an. Diese Nummer dürfte ohnehin einigen entgangen sein – dabei sollte man grade dann die Augen auf jemanden werfen, wenn er bei J. Coles Label unter Vertrag genommen wird. Die Artists bei Dreamville haben nicht unbedingt den größten Star-Appeal, aber wissen in der Regel verdammt gut, wie man Musik macht.

Letzte Woche wurde bekanntgegeben, dass ab sofort das Duo Earthgang zum Dreamville-Team gehört. Gemeinsam mit J.I.D, mit dem die Jungs aus Atlanta schon gemeinsam bei Spillage Village waren und jetzt auch beim neuen Label, lassen Johnny Venus und Doctur Dot ihren Gedanken über das Aufwachsen und das Leben als junger Schwarzer in Amerika bei Meditate freien Lauf.

Der Song ist die bislang einzige Videoauskopplung aus der EP Rags, mit der die beiden sich als Label-Neuzugänge vorstellen. Wer damit etwas anfangen kann, sollte sich hier die komplette EP anhören.

Bevor wir uns den größeren Namen, Releases und Turnieren widmen, möchte ich noch eine Platte aus dem Untergrund ins Licht rücken. Durch einen Facebook-Kommentar zu unserer Vorstellung der Neuerscheinungen am Freitag bin ich auf den Krefelder Shrimp Cake gestoßen.

Bislang hat keiner der Tracks von der Sativa EP die 1.000er-Marke auf Spotify geknackt. Der Rapper hat eine hörbare Vorliebe für Dancehall, aber setzt dabei nicht auf den Afrotrap-Style, der seit Ohne mein Team omnipräsent ist. Der Sound von Produzent Abija klingt nicht wie der Klon eines Klons, sondern nach etwas Eigenem. Ethno-Elemente treffen auf moderne, rollende Bässe und organische Sounds.

Außerdem kann Shrimp Cake rappen und seine Texte sind kein Schwachsinn. Die komplette EP im Stream und die Musikvideos dazu findest du hier.

Zurück an Deutschraps Oberfläche. Hier hat sich eine Hamburg-Berlin-Connection zusammengefunden, die richtig Bock macht. Kalim rekrutiert seinen Hamburger Kollegen Gzuz und Neuköllns freshste Zahnlücke Gringo für die zweite Thronfolger-Single 38 und gegen "31er".

Die drei doch relativ unterschiedlichen Flows passen alle auf ihre Weise zum Brett, das mal wieder David Crates für seinen Homie gezimmert hat. Dazu gibt's ein Video von Mac Duke mit stylischen Spielereien und Gastauftritten von Luciano und dem Rest der 187-Bande. Beschweren kann man sich da eher weniger.

Und weil's so schön war, gibt's bei den nächsten 3 Songs noch mehr Gringo-Flow ...

Dinge kommen ins Rollen. Nachdem Gringo und sein Partner Hasan.K in den letzten zwölf Monaten zwei Platten veröffentlicht haben, richten sich mehr und mehr Augen auf das Duo. Eko Fresh und Veysel supporteten bereits auf dem im Juli erschienenen Album Juggernaut. Es folgten Gastauftritte bei Kalim, Eko Fresh und nun auch Capital Bra.

Beim Instrumental hat Goldfinger Beatz mal wieder sein goldenes Händchen für die Mischung aus Straßensound, modernen Einflüssen und synthetischen Spielereien unter Beweis gestellt. Geht richtig gut nach vorne und ist sicher nicht das letzte Mal, dass wir 2017 etwas von dem Kerl gehört haben. Die Vorlage nehmen Capital und Gringo gerne an und scheppern aggressiv über die bass-trunkenen Ups und Downs des Beats.

Derartiges bekommt man auf RINs Album nicht zu hören. Der Fashion Killa aus Bietigheim deckt laut eigenen Angaben mit den 15 Songs auf seinem Debütalbum Eros 15 Facetten seiner Persönlichkeit ab. Mir persönlich gefällt von den RINs, die wir vor Freitag noch nicht kannten, der Liebes-Vagabund am besten.

Der ganze Flavour erinnert mich an jazz- und funk-beeinflusste Stücke aus einer ganz anderen Ära. Damit hatte ich auf diesem Album nicht gerechnet und allzu oft passiert es aktuell nicht, dass der Sound eines deutschsprachigen Rappers sonderlich überraschen kann.

Fast zwei Monate nach dem Release auf Spotify und Co gibt es den neunten Teil der Afro Trap-Reihe jetzt auch auf YouTube. Im Video liefern zwei Kids die Moves zum nächsten MHD-Hit für die Tanzflächen – die bewährten musikalischen Mittel funktionieren auch mit kraftvollen Bläsern hervorragend.

Dieser Effekt mit der großen Klappe holt mich dafür umso weniger ab. Kommt eher creepy als cool. Erst recht, wenn die armen Kinder am Ende auch so verunstaltet werden. Lasst uns hoffen, dass sich niemand davon inspirieren lässt.

Für die letzten 3 Songs geht's unter die Haut, ins JBB und nach FFM ...

385i united. Celo und Abdi haben Bratan Olexesh und ihren Goldjungen Nimo bei der zweiten Diaspora-Auskopplung im Gepäck. Seit heute gibt es auch das Video zum Song, der bei den Streaming-Anbietern schon seit Freitag zu hören ist.

Erst OL mit dem verdammt smoothen Einstieg, dann diese Ohrwurm-Hook von Nimo, ein Azzlackz-Hubschrauber und einfach Celo auf einem Pferd – der Song und das Video haben schon nach anderthalb Minuten so einiges richtig gemacht. Den passenden Beat liefert Oster, der unter anderem auch für Flers Unterwegs verantwortlich ist.

Caspers neues Album ist faszinierend. Lang lebe der Tod (Stream) komprimiert Inhalt, lyrische Finesse und musikalische Einflüsse für locker zehn Deutschrap-Alben auf nur zehn Songs. Ob man Fan davon ist oder nicht – das ist ein Kunststück, das größten Respekt verdient.

Neben Sirenen schafft es aber nur Morgellon in meine Playlist. Erstens gefällt die musikalische Grundlage für diesen Rant und zweitens geht es um Themen, die unserer Gesellschaft in Zukunft noch wirklich gefährlich werden können: Filterblasen im Netz, Verschwörungstheorien und das Misstrauen in jegliche Institutionen. Der Gedanke, das gesamte System sei unter der Oberfläche krank und infiziert.

Ja, hinter der ein oder anderen Verschwörungstheorie mag vielleicht eine gute Absicht stecken und mit Sicherheit gibt es auch Politiker, die ein Interesse daran haben, dass irgendwo auf der Welt Kriege geführt werden. Das paranoide Ausmaß, das diese teils wahnwitzig absurden Theorien aktuell annehmen und das sich in seiner vollen Pracht in den sozialen Medien und Foren offenbart, mutet schon manchmal bedrohlich an.

"In meiner kleinen Blase mach ich's mir bequem / Nur Nachrichten, die ich mag, in meinem Feed / Interessante Kommentare, die man liest / Meine Wahrheit reicht von hier bis einmal um den Kiez"

Am liebsten würde ich den ganzen Song zitieren. Er ist sehr gut. Genau wie der Titel: Morgellon bezeichnet nämlich eine Krankheit, deren Betroffene über vermeintliche Beeinträchtigungen unter ihrer Haut klagen, welche praktisch jedoch nicht nachgewiesen werden können. Was für eine grandiose Metapher!

Prinzipiell bin ich kein Fan des Contests von JuliensBlog. Zu viele kleine Kollegahs wollen ihrem Vorbild in Sachen Wortspiele und Reimtechnik das Wasser reichen. Oft klingt das einfach uninspiriert, aber ein paar Juwelen hat Deutschlands de facto größtes Battle-Turnier schon zu bieten.

Greeen zum Beispiel hat schon oft sein musikalisches Talent unter Beweis gestellt – auch auf Albumlänge. Aktuell tritt er mit seinem Alter Ego Grinch Hill beim JBB an und im ersten Battle des Turniers bekommt er den neunjährigen David Nine vorgesetzt. Dass Alter und die berechtigten Zweifel daran, dass David seine Texte selbst schreibt, sind natürlich dankbare Voraussetzungen für den Grinch.

Ohne Rücksicht auf Verluste nimmt er den Kleinen daher in aller Konsequenz auseinander und macht auch nicht vor Lines und Szenen halt, die außerhalb des Battle-Kontexts äußerst fragwürdig wären. Aber wer sich auf dieses Schlachtfeld begibt, weiß, was auf ihn zukommen kann. Schon ziemlich stabil und radikal gelöst. David Nines Runde kannst du dir hier ansehen.

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