Zwischen Szene- & Selbstkritik: Fatonis "Andorra" in 14 Lines

Sein letztes Album "Alles Liebe nachträglich" veröffentlichte Fatoni gemeinsam mit der Sängerin Mine. Auf ein Soloalbum durften sich die Fans zuletzt im März 2017 freuen. Jetzt ist aber "Andorra" draußen und Fatoni umarmt die Hörenden mit seinem typischen Sound, Tiefgang und viel Spaß an der Sprache.

Während die Fans sonst Featuregäste wie Juse Ju und Edgar Wasser auf einem Fatoni-Album erwarten, sind dieses Mal nur Casper und Dirk von Lowtzow auf jeweils einem Track zu hören. Letzterer ist in diesem Genre gar nicht Zuhause und ist sonst mit seiner Band Tocotronic unterwegs.

Bei seinem Produzenten macht Fatoni aber keine Experimente. Dexter stand auch für dieses Album an seiner Seite.

"Zum Glück ist mein Produzent ein Arzt – denn ich bin so sick." (Burj Khalifa)

"Ich würde es so gerne fühlen": Fatonis Kritik an der Szene

Fatoni hält sich auf seinem Album mit Kritik nicht zurück. Er fühlt das aktuelle Rapgeschehen mit dem gar nicht mal so geistreichen Zeitgeist nicht. Das geht sogar so weit, dass er sich für seinen Beruf schämt:

"Ich seh mich nicht mal als Musiker / doch wenn mich jemand fragt, was ich beruflich mag eh mach / dann sag ich einfach, ich bin Musiker / Doch die wollen dann immer wissen, was für Musik und ich bin versucht zu lügen / Denn ich bin so unglaublich angewidert von so gut wie allen Männern, die meinen Beruf ausüben" (Ich glaub mit mir stimmt was nicht)

An diese Kritik schließt auch die politische Positionierung des Rappers an. Diese zieht sich durch das gesamte Album. Auf "Die Anderen" nimmt er dafür erneut die Rapszene in die Kritik und unterstellt den Beteiligten dabei eine gewisse Scheinheiligkeit:

"Zum Beispiel hassen alle Freiwild und wir sind uns alle einig / Doch wenn Rapper dumme Faschos sind, dann sind wir nicht so kleinlich"

Fatoni - Die Anderen (prod. Dexter)

„Die Anderen" hören: http://umg.lnk.to/DieAnderen Das Album „Andorra" kommt am 7.6.2019 - jetzt vorbestellen als limitierte Deluxe-Vinyl-Edition, CD oder digital: https://umg.lnk.to/Andorra Produziert von Dexter https://facebook.com/Fatonimusik/ https://instagram.com/fatoniyo/ https://twitter.com/fatonimusik ein OH MY Film (www.oh-my.de) Regie: OH MY (Sebastian Tomczak, Feliks Horn) Produktion: Wertig & Herz Kamera & Steadicam: Karsten Jäger Kameraassistenz: Johannes Suntrup

"In jeglicher Bedeutung eine eher komische Person": Humorvolle Selbstkritik

Fatoni stimmt auf "Andorra" auch selbstkritische Töne an und wird dabei ungewöhnlich persönlich. Er spricht von Selbstzweifeln und beschreibt den Ausbruch einer Panikattacke. Er nimmt die Hörenden mit durch eine Reise in seine Jugend und trifft mit ihnen den drogenabhängigen Mitch im Park vor seinem Elternhaus.

Besonders auf "Ich glaub mit mir stimmt was nicht“ spart der Rapper nicht an Selbstkritik. Gerne wählt er dabei einen ironischen Weg, um mit sich ins Gericht zu gehen.

"Ich hatte sechs Monate leere Batterien in meiner Fernbedienung, weil ich zu faul war, sie zu wechseln / Also musste ich immer aufstehen, um zu zappen / Irgendwann lief dann nur noch random 3Sat / Und es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass ich 90% meiner Bildung aus dieser Zeit hab"

Auf "Alles cool" spielt der Rapper selbstironisch und gewohnt figurkritisch mit seiner Unsportlichkeit. In typischer Fatoni-Manier erzählt er:

"Kennst du so Typen, die rennen und man denkt „Okay, das ist so’n Typ, der nie rennt." / Genau so einer war ich auf dem Weg zur Bahn mit Verzweiflung in meinem Gesicht."

Er kann auch ohne ARTE durch die Nacht: Wortspiele um ein bis zwei Ecken

Wer sich mit Fatonis Musik beschäftigt hat, weiß, wie kreativ der Rapper mit Sprache umgehen kann. Dabei droppt er Wortspiele, die manchmal so einfach sind und auf der Hand lagen, aber trotzdem von niemand anderem als Fatoni hätten erzählt werden können. Auf "OK OK OK" rappt er in Liebeskummer-Mood:

"Ihr gewünschter Teilnehmer, muss gerad noch paar Teile nehmen."

Es sind auch die typischen Fatoni-Lines auf dem Album zu finden, die sich durch einen überraschenden Twist auszeichnen.

"Aber ich habe auch wirklich viel geerbt von meinem Vater / Zum Beispiel seine cholerische Ader" (Ich glaub mit mir stimmt was nicht)

Zum Schmunzeln bringt aus dieser Rubrik außerdem diese Line:

"Ich schwimme im Pool / Falls ihr mich sucht / Ihr findet mich cool" (Digitales Leben)

Auch auf "Die Anderen" schafft Fatoni so einen Moment, für den man die Line erst bis zum Ende hören muss:

"Heute ist mein Konto so wie deine Crew / Vier Nullen  also nach dem Komma" (Die Anderen)

Fatoni versteht es, einmal um die Ecke zu denken, die Zuhörenden dabei mitzunehmen. und zum Nachdenken anzuregen.

"Hör nur auf dich selbst haben die anderen gesagt" (Die Anderen)

Fatoni kann dir mit einem Satz unangenehme Wahrheiten erzählen, dir dabei den Spiegel vorhalten und dir trotzdem ein Lächeln auf die Lippen zaubern:

"Früher war alles besser, aber jetzt mal im Ernst / Im Frühjahr war alles besser, aber jetzt ist es Herbst" (Clint Eastwood)

Fatoni - Clint Eastwood (prod. Dexter)

Das Album „Andorra" kommt am 7.6.2019 - jetzt vorbestellen als limitierte Deluxe-Vinyl-Edition, CD oder digital: https://umg.lnk.to/Andorra „Clint Eastwood" hören: https://umg.lnk.to/ClintEastwood FATONI LIVE: Tickets für die Andorra Tour auf https://www.fatoni.de Produziert von Dexter https://facebook.com/Fatonimusik/ https://instagram.com/fatoniyo/ https://twitter.com/fatonimusik Videoproduktion: Dugly Habits (http://www.duglyhabits.com) Regie: Yann Berrai Director of Photography: Kevin Hartfiel Regieassistenz: Eva Umiger

Schließlich entscheidet sich Fatoni auf dem Track auch für eine Anspielung auf den Echo-Skandal von Kollegah und Farid Bang. Er rappt dazu:

"Jetzt schaffen die einfach den Echo ab / Ich wär' doch so gern nicht hingegangen" (Die Anderen)

Fatoni widmet dem selbsternannten Poptitanen Dieter Bohlen mit „D.I.E.T.E.R“ gleich einen ganzen Track. Ein Interview-Ausschnitt am Ende des Songs sorgt für einen kleinen und bewegenden WTF-Moment. Vorher zeigt Fatoni aber nochmal, wie er mit Worten umgehen kann:

"Ja, Dieter fand auch irgendwann mal diese Welt hier schlecht / Doch er hat sein Rezept gefunden und ist zu sich selbst gerecht."

"Ganz oben sein ist nicht immer einfach": Fatoni liefert ein klasse Album

Ein bisschen zu kritisch ist der Rapper wohl auf "Ich glaub mit mir stimmt was nicht". Hier erklärt er:

"Einst gab mir ein Manager-Dude einen geilen Tipp / Er meinte: "Du bist schon ein geiler Typ, aber schreib mal einen Hit" / Ich nahm mir das zu Herzen und heraus kam dieses kleine Stück / Shit, ist wohl leicht missglückt"

Denn Fatoni liefert mit seinem Album ein Gesamtkunstwerk ab. Er kümmert sich nicht um den erfolgreichen Mainstream, den die Mehrheit gerade streamt, kauft und fühlt. Sein Album lebt nicht von gewaltverherrlichenden Provokationen. Du wirst es vermutlich auch nicht in der nächsten Diskonacht pumpen. Aber Fatoni macht sich als selbsternannter Benjamin Button des Deutschraps alle Ehre: Er wird langsam perfekt.

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