Listening-Session: Toxik schnappt sich einen ganz besonderen Gast für Dr. Dres "Compton"

Seitdem Dr. Dre gestern nach 16 Jahren wieder ein Album releast hat, steht die Welt Kopf.

Compton: The Soundtrack heißt das Ding, dass seit Kurzem die weltweiten Twitter-Trends regiert. Sei es Rapper oder Fan: Jeder spricht über das Album.

Wir haben für dich "Experten" arrangiert, die ihren Senf zum neuen Dr. Dre-Werk ebenfalls dazu geben. Vorhang auf für die beiden, deren fachgerechte Kommentare dir den heutigen Abend versüßen werden: Pillath und Toxik.

Mit Rap-Urgestein Pillath und unserem bärtigen Musikjournalisten Tox haben wir eine explosive Rezensionen-Mischung kreiert. Die beiden haben das Album zusammen durchgehört und ihre unglaublich inspirierenden Gedanken für die Nachwelt festgehalten. Stream dir das Album und klick dich durch ihre Kommentare. Lachen garantiert! 

Wie es sich für einen Journalisten gehört, hat Toxik die passende Einleitung bereits parat: 

Toxik: Ich kann ja nicht sagen, dass ich noch auf ein Dr. Dre-Album gewartet hätte. Der Spannungsbogen war dann halt doch ziemlich überspannt, nach 16 Jahren Detox-Wartezeit. Ich sehe Dre nicht mal als Rapper.

Dre ist ein Produzent, der sich zwischendurch Lyrics schreiben lässt. Was dann natürlich auch gut klingt und mindestens einen Klassiker (The Chronic) hervorgebracht hat. Meine generell geringe Ghostwriting-Toleranz wurde dann aber durch den N.W.A-Film gesteigert, der, by the way, richtig geil ist. Also: Yeah, Compton ist da! Ein guter Grund, Lil Waynes Free Weezy nach zwei Wochen auszumachen.

1. Intro

Die Euphorie erreicht ihren Höhepunkt, es geht los. Die ersten 1:15 Minuten werden dazu genutzt, dem Hörer einen Eindruck von Compton zu verschaffen, der Ghetto-Vorstadt mit einer der höchsten Kriminalitätsraten in Amerika. Der Beat stammt natürlich von Dr. Dre und Focus. Während Pillath schon am Start ist, muss Toxik noch mit Apple kämpfen: 

Pillath: Kein Rap! Nur Gerede. Dann komm jetzt aber auch!

Toxik: Ich muss noch eben mein iTunes updaten und ein Apple Music-Probeabo abschließen. Beats by Dre-Kopfhörer schon aus dem Schrank geholt. Konsumopfer-Fan-Boy-Status: 80% and growing.

2. Talk about it feat. King Mez und Justus

Pillath: Kenn ich beide nicht.

Toxik: Ich kenne King Mez und Justus natürlich auch nicht. King Mez klingt... nach 2015.

Pillath: Dre rappt! Ja, man! Jaaaaaaaaa, maaaaaaaan!! Rappelt!!!

Toxik: Kommt gut, auch wenn ich ihn kaum erkenne, durch die Effekte. "I want it all – God dammit, I'm too old, I forgot I got it all."  Ich geb' mich geschlagen :) 

Toxik: Der dritte Part, von King Mez, killt am meisten. Wir haben schon 20 die klingen wie King Mez. Aber er bringt den 2015-Drake-Flow erstligareif.

Der erste Track von Dres neuem Meisterwerk kommt gleich mit sieben weiteren Songschreibern um die Ecke. Die Lyriks sind der Verdienst von: Young (Dr. Dre), Morris Ricks II, Justin Mohrle, Dacoury Natche, Michael McHenry, A.J. Baptiste-Caselle, R. Buendia und K. Edwards

Dr. Dre hat mit diesem Album wieder bewiesen, dass er ein Händchen für talentierte Newcomer hat. King Mez und Justus sind bisher in der Szene eher unbekannt, was sie allerdings nicht schlecht macht. Wie Toxik schon sagt, King Mez, der aus North Carolina stammt, flowt überkrass. Aber auch Justus geht ab. Gib dir den Track und lass dich ebenfalls überzeugen.

3. Genocide feat. Kendrick Lamar, Marsha Ambrosius und Candice Pillay 

Pillath: Nicht zu verwechseln mit Candice Pillath

Toxik: Wer hat eigentlich Dancehall zurückgebracht? Hab ich mich schon bei Free Weezy gefragt.

Pillath: "Call 911 Emergency, put your Hands in the Air so the World can see MURDER!"  Westcoast Sound!! Aber 2015 Version. Geil! Ich sollte genau jetzt den Gin rekrutieren.

Toxik: Okay, laut Rapgenius war das grade der Dr. Dre-Part. NULL erkannt.

Toxik: ...den kenn ich. Kendrick. Da kann nichts schiefgehen.

Toxik muss sich erst mal am Text orientieren, für den Dr. Dre auch in diesem Track nicht alleine die Lorbeeren kassieren kann. Das sieht beim Beat schon anders aus, für den er zusammen mit Dem Jointz verantwortlich ist. Check den Text hier: 

4. Its all on me feat. Justus und BJ the Chicago Kid

Pillath: Kenn ich auch wieder beide nicht. Jetzt wird’s musikalisch. Aber geil! Schöne Hook, schöner Beat, schöne Musik!

Toxik: Dre klingt sogar meistens nach Dre. Das schöne an neuen Ghostwritern: Ich höre sie nicht raus. Besser, als wenn Dre nach Eminem klingen würde. Der Song ist super.

Pillath: Schön ist das richtige Wort. Jetzt könnte aber mal der erste Banger kommen.

Obwohl die beiden BJ the Chicago Kid nicht kennen, ist er längst kein Unbekannter mehr. Der Sänger und Songschreiber arbeitete bereits mit Rap-Größen wie Kendrick Lamar, Schoolboy Q oder Kanye West zusammen. 

5. All in a Days work feat. Anderson Paak und Marsha Ambrosius

Pillath: Dass ich beide nicht kenne sollte keinen mehr überraschen. Bin ich echt so alt? 

Toxik: Digga. Niemand kennt die. Außerdem klingen die eh alle nach dem Effekt, der auf der Stimme liegt. Das könnte auch Kendricks Stimme sein.

Pillath: Wenn Dre rappt ist geil aber dieser Sänger übertreibt die Lage. Nicht so meins. Vielleicht mehr Gin…

Toxik: Geil, wie Dre flippt in dem Part. Wenn dir das zu viel ist, hast du Kendricks Album noch nicht gehört. Aber ich weiß, was du meinst. "Always talkin' 'bout bustin' the club but I'm like, "Fuck that I gotta work" I like your attitude!

6. Darkside Gone feat. King Mez, Marsha Ambrosius und Kendrick Lamar

Pillath: Ist diese Marsha mit dem zusammen? 

Toxik: Das ist original ein Kendrick Lamar Album.

Pillath: Richtiger Dre-Beat, aber auch wieder 2015 Version! 

Toxik: Der King Mez-Part fasst die Aussage vom Film zum Thema "Wie Gangster waren N.W.A.?" gut zusammen. Kendricks Part zeigt mal wieder, wieso es auch reichen würde, wenn Dre die Beats macht. 

Pillath: "Please dont give me a reason, cause I know u wanna keep breathin` this evening, I've been killing the game for seasons" – Ja, man! Dre in Form. 

Toxik: Wooooah Eazy-Es Stimme. Gänsehaut. Sagte der Ghostwriter-Hater ^^

Pillath: Auf einmal wechselt der Beat und Marsha gibt alles, Kendrick liefert auch ganz mies! Mein Favorit bisher…

Damit du dir ebenfalls eine Meinung über den King Mez-Part machen kannst, hier die Lyrics: 

7. Loose Cannons feat. Xzibit, COLD 187 und Sly Piper

Pillath: COLD 187? Solche Namen hab ich mir gegeben als ich 15 war, hömma.

Toxik. Das ist sogar der von Above the Law. Korrekt.

Toxik: ICH RAFF OHNE TEXTBUCH NICHT, WANN DRE RAPPT!

Pillath: Wollte gerade schreiben erster Song, der mir nicht gefällt, aber auf einmal wechselt der Beat wieder und X to the Z regelt das!!! Aber richtig!!! 

Toxik. Erst denkt man, Xzibit ist mega unnötig und dann reißt er alles auseinander. Und danach werden in so einem unnötigen Skit Leichen vergraben.

Pillath: Für den ersten richtigen Banger immer noch nicht genug.

Kein Banger bisher? Dann sollte sich Pillath schleunigst den nächsten Track reinziehen. 

8. Issues feat. Ice Cube, Anderson Paak und Dem Jointz

Pillath: Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaamaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaan!!! Komm jetzt!!!!!!!! Mit „Where my City at?“ und „Whuat?“ und „Fuck with me, come on!" Erster Banger? Check!!!

Toxik: Das ist jetzt nicht Kendrick sondern Anderson Paak? Ich geb's auf. Wir hören die Zukunft von Rap. Rapper sind Instrumente. 

Toxik: Cube im War & Peace-Modus. Korrekt.

Da hat er seinen Banger! Unterstützung bekommt Dre in dem Track unter anderem von einem weiteren N.W.A.-Member Ice Cube. Zusammen mit MC Ren, Eazy-E und DJ Yella feierten die beiden mit dem Album Straight Outta Compton 1988 ihren großen Durchbruch. Die gesamte Story kannst du dir bald im Kino ansehen. 

9. Deep Water feat. Kendrick, Justus und Anderson Paak

Toxik: Mit dem Vibe vom Film hat das Album nur textlich zu tun.

Pillath: Nee, der ist nix für mich… Da wird hier und da mal mit neuen Effekten auf den Vocals experimentiert. Astronauten-Style. Watt der Bauer nicht kennt, frisst er nicht… 

Toxik: Dass du das erst jetzt sagst. Ja, ist wieder so ein Kendrick Ding, bisschen abstrakt. Jazz. Aber ich find's geil, mindestens den Teil vor dem Blasinstrumente Outro. 

Oh, die beiden Herren sind sich auch mal uneinig. Toxik vergleicht das Ding viel mit Kendrick Lamars Album To Pimp A Butterfly. Wenn du mehr darüber erfahren willst, hier entlang

10. One Shot One Kill feat. Snoop Dogg

Toxik: Snoop. Jetzt wird's spannend.

Pillath: Fünf Euro, dass Snoop in den Vers kommt und seinen Namen buchstabiert.

Toxik: Okay, der Anfang ist eine Ansage.

Pillath: Fuck!!! Hat er nicht… Ok, ich spende den 5er irgendwo hin.

Toxik: Haha, selbst Snoop klingt wie Kendrick. Und sagt "don't compare me to the newest, ni**a". Was wahrscheinlich Kendrick geschrieben hat. Ich kack ab.

Pillath: Snoop und Dre halt. So wie Batman und Robin oder Sancho und Pancho oder Ernie und Bert oder Bier und Schnaps.

Toxik: Bruder, Dre rappt gar nicht. Hat IRGENDjemand gemerkt, dass der zweite Kendrick Part von Jon Connor und nicht von Snoop ist?

Pillath: An der Stelle muss man aber auch mal erwähnen, dass die Beats allesamt bisher überragend produziert sind. Geiler Song! You are now not in the presence of nice guys! 

11. Just another Day feat. The Game und Asia Bryant

Toxik: Noch ein Dre-Track ohne Dre. The Game, sehr gute Idee. Games Style baut, finde ich, sowieso auf dem von Dre auf. Mit dem hätte er das ganze Album machen können. Lustig, wie sie dann am Ende seine Stimme hochpitchen, sodass man ihn wieder nicht mehr erkennt.

Pillath: Geiler Beat. Solider Song. Weiter geht’s… 

Laut Toxik haben The Game und Dr. Dre einen ähnlichen Style. Aber nicht nur das, The Game stammt ebenfalls aus Compton. Er gehörter zur Bloods-Gang und wurde schließlich in seiner Wohnung fünf mal angeschossen. Im Krankenhaus beschloss er Rapper zu werden und das mit Erfolg. Wem er das zu verdanken hat? Dr. Dre! Er hörte sich The Games Mixtape an und nahm ihn noch im Krankenhaus unter Vertrag. 

12. For the Love of Money feat. Jill Scott, Jon Connor und Anderson Paak

Pillath: Ach quatsch… So klingt doch jeder heute. Zumindest die, die ich kenne. 

Toxik: Jon Connor bitet halt Kendrick. Kein Plan, wieso Dre nicht den Echten nimmt. 

Pillath: Nicht, dass mir die drei Feature-Gäste bekannt wären. Liegt wahrscheinlich aber eher an mir. Ich sag ja nur.

Toxik: Rap ist jetzt ein Musical. 100 Instrumente und die Rapper betreten abwechselnd die Bühne. Dre dirigiert. 

Toxik: Ich merk schon, das Album kann ich länger hören. Das darf gerne den ganzen Sonntag im Hintergrund laufen.

Na, also Jill Scott kennt man doch, ihr beiden! Sie ist dreifache Grammy-Gewinnerin und arbeitete schon mit Rappern wie Common zusammen. 

13. Satisficition feat. Snoop Dogg, die gute Marsha und King Mez

Pillath: Die sogenannte Marsha-Flatrate. Singt aber schon gut. 

Toxik: King Mez diesmal nicht auf Drake-Film. Snoop klingt wie Snoop. Der Funk-Snoop. C-walken kann man dazu nicht.

Pillath: Mir kommt's so vor, als lässt man es langsam ausklingen. Erste Hälfte bisher stärker. Ich sollte den Gin runterschrauben… 

Marsha Ambrosius ist übrigens eine englische Sängerin und Songwriterin. Bis 2009 war sie bei Dr. Dres Label Aftermath gesignt. Die beiden trennten sich allerdings wieder. Kein Grund, nicht auf dem Album zu sein. Marsha schrieb schon Texte für Michael Jackson und arbeitete mit Künstlern wie Alicia Keys und Wale

14. Animals feat. Anderson Paak

Toxik: Ah, ein C-Walk Beat. Devin the Dude wäre jetzt gut gekommen. Dre rappt gut.

Pillath: Schönes, chilliges Teil. Aber der Verdacht, dass man es langsam ausklingen lässt, verhärtet sich.

Toxik: Yo, ein Album für Sonntag. Ist doch schön. Wenn es mir dann nicht doch zu bombastisch ist, um es im Hintergrund an zu haben.

Pillath: Aber jetzt kommt noch mal einer mit Eminem! Yeeehaaaw!

Toxik: Da lässt er am Ende noch mal eben DJ Premiere scratchen. Fuck me. Die große Dre-Show.

15. Medicine Man feat. Eminem, Candice Pillay und Anderson Paak

Toxik: "Doctor's orders: go fuck yourself!" Haha. Frau Pillath reißt schon mal ab. Dre kommt gut. Der falsche Kendrick kommt gut.

Pillath: Ok, Eminem stellt mal einmal kurz klar, wie das alles funktioniert. 

Toxik: Fuck. Gänsehaut. Manchmal zerschreddert Eminem auch gute Tracks mit seinem Style, aber das ist ist ganz groß. "Ain't no one safe from, non-believers there ain't none".

Pillath: "I even make the bitches I rape cum"Eminem hat'se nich mehr alle.

Toxik: Haha, zu viel Big L gehört.

Pillath: Der Song ist jetzt nicht der Hammer aber Eminem macht halt Schap Scharap auf dem Beat. Beeindruckend!!! Aber das kennt man ja von ihm.

16. Talking to my Diary

Pillath: Der letzte Song und somit der erste ohne Feature.

Toxik: Bei dem Solotrack stehen übrigens vier Schreiber in den Credits. Jussayin.

Pillath: Das Sample kommt mir bekannt vor. Jetzt wird’s noch mal ganz stark!

Toxik: Ist wohl ein Beanie-Sigel-Sample. Schon angenehm, mal wieder so einen normalen Song zu hören. 

Pillath: Der Name des Songs suggeriert ja schon den Inhalt. Passt!!! Schöner Abschluss!!! 

Toxik: Ja. Wäre das ganze Album so, wäre es wohl zu unspektakulär. Aber nach den anderen Songs fühlt sich das an, als dürfte man sich endlich auf's Sofa fallen lassen. Sehr gut.

Das war der letzte Track des Werkes, über das momentan alle reden. Die beiden scheinen ganz zufrieden zu sein. Ihr Fazit gibt's auf der nächsten Seite. 

Pillath: Erste Hälfte besser als die zweite. Ist schon ein ziemlich krasses Album. Ja, es sind 1.000 Features drauf. Aber die Songs sind halt geil.

Toxik: Ein neuer Snoop Dogg ist nicht dabei. Free Weezy haut mich mehr vom Hocker. Aber das ist ein würdiges Dre-Album nach 16 Jahren. Er dirigiert sein Orchester, liefert viel Qualität und bei allem Bombast, kann man es wahrscheinlich auch noch nebenbei hören. Alles richtig gemacht. Scheiß mal auf diese "es muss das beste Album des Jahrzehnts sein"-Erwartungshaltung. 

Pillath: Am Ende des Tages: It's the one and only D.R.E.

Pillath: DFB-Pokal geht los und ein Dre-Album. Manchmal ist das Leben auch schön.

Toxik: Bestes Wochenende.

Klare Sache, Musik ist eben auch nur Geschmackssache. Nach einer Stunde zuhören, kommentieren und fachsimpeln, sind Toxik und Pillath auf jeden Fall Fans und schließen sich somit der Mehrheit an.

Hast du Compton: The Soundtrack schon durchgehört? Was denkst du? Bist du ihrer Meinung oder siehst du alles anders? Lass uns einen Kommentar da. 

Kategorie
Genre

Groove Attack by Hiphop.de