MoTrips neues Signing: Lenny Morris will nach 15 Jahren Rap den Durchbruch schaffen

Am 28. September veröfffentlichte Lenny Morris seine „Chedda“-EP. Wenig später wurde sein Signing bei Universal bekannt gegeben. Kurz bevor er gestern eine weitere Single als Videopremiere bei uns droppte, lernen wir den Mann kennen, den MoTrip bei Universal unterbrachte und der schon seit guten 15 Jahren rappt. Ein Porträt.

Es ist herbstlich windig und kühl, als wir Lenny Morris in einem Ehrenfelder Park treffen. Wir entscheiden uns trotzdem, an der frischen Luft zu bleiben. Mit Getränken vom Kiosk ausgestattet, lassen wir uns auf zwei Bänken nieder. Wir setzen uns gegenüber – die Flaschen stehen zwischen uns auf einem dieser Betontische, wie sie in fast allen Parks zu finden sind. Lenny hat zwei Homies dabei, die sich etwas Abseits auf einer Bank niederlassen. Wir quatschen über Lenny Morris‘ erste Kontakte mit Rap, seinen Onkel aus dem Musikbusiness und über abgebrochene Ausbildungen.

"Rückwärtspromo" für die "Chedda"-EP

Der Bremer ist viel unterwegs in diesen Tagen. Er spricht auch mit einigen anderen Magazinen und Formaten. Von Köln aus geht es nach Berlin zu Visa Vie und „Irgendwas mit Rap“. Lenny erzählt, dass er und sein Team „Promo rückwärts“ machten. Eine Interviewtour vor dem Release klappe eben nur, wenn einen die Leute bereits kennen würden. „Auf mein Release hat keiner gewartet“, sagt er lachend. Trotzdem ging es immerhin mit einem Track los, auf dem JokA und MoTrip gefeaturet waren. Es gibt unspektakulärere erste Singleauskopplungen für jemanden, auf dessen Release nach eigener Aussage niemand gewartet hat. 

Vom Bremer Schulhof zum Universal-Signing

Dass MoTrip allerdings für einen Universal-Deal sorgte, kam nicht von heute auf morgen. Lennys bisherige Karriere ist keine von null auf 100-Story, wie wir sie immer wieder von 18 Jahre alten Newcomern zu hören bekommen. Es ist eine Geschichte, die über diverse Umwege zu Universal führte. Lenny Morris hat viele Ausbildungen geschmissen. Im Nachhinein, so erzählt er lächelnd, hätte es sich gelohnt, manchmal ein paar Monate mehr durchzuhalten. Aber es war auch eine abgebrochene Ausbildung, die ihm über Umwege den Kontakt zu MoTrip brachte. Doch dazu später mehr.

Lennart Morris Liebig – so heißt er im Leben außerhalb der Musik – ist vor dreißig Jahren in Bremen geboren, hat seine Kindheit im niedersächsischen Papenburg verbracht und ist mit elf Jahren zurück nach Bremen Nord gekommen, wo er seine Jugend erlebte. Seine prägendste Zeit habe er in dem Stadtteil erlebt, über den „Jan Böhmermann immer so ein bisschen übertrieben erzählt“. Lenny lacht, als er darüber redet, dass der ZDF-Moderator immer ein bisschen damit spiele, es aus dem Bremer Norden heraus geschafft zu haben, ohne abgestochen zu werden. Das sei zwar aufgebauscht, ganz einfach sei die Gegend aber nicht. Aus der niedersächsischen Kleinstadtidylle heraus, so mutmaßt er, wäre er eher nicht zum Rap gekommen. 

„Kitschig und Klischeemäßig“ nennt er seine ersten Berührungspunkte mit Rap. „Will Smith oder sowas“ sei in Filmen präsent gewesen. Der Sound habe ihn gefesselt, so richtig eingetaucht sei er dann durch die ersten deutschsprachigen Sachen, die sein älterer Bruder ihm zeigte. Dynamite Deluxe sei das in erster Linie gewesen. Nun verstand der junge Lennart erstmals, was über den für ihn spannend klingenden Sound gerappt wurde. Die ersten Beatbox-Erfahrungen auf dem Schulhof folgten. Doch darin sei er miserabel gewesen, erzählt er lachend. Also fing er an, mit Freunden Texte zu schreiben. Sie trieben einen Kassettenrekorder mit zwei Decks auf. Realer Rap damals Anfang der 2000er. Erste Schritte, die viele Artists bereits beschrieben. Aber die Klischees hatte er angekündigt.

Lenny Morris‘ Onkel produzierte Mr. President

Dass er recht früh die Möglichkeit bekam, Musik in einem professionellen Rahmen aufzunehmen, verdankte Lenny seinem Onkel. Robert Meister ist Inhaber des Bremer Tonstudios Tonart. In den 90ern nahmen dort unter anderem Mr. President ihre Eurodance-Hits auf. Mitte der 2000er durfte sein Neffe Lenny hier erste Tracks einrappen. Rückblickend lacht er über die damalige Musik. „Voll der Bullsh*t. Was willst du mit 14 auch rappen?“ Über Jahre schrieb er immer regelmäßig Texte, rappte sie ein. Es war die einzige Sache, so berichtet er, die er stets durchzog. Ausbildungen und Praktika schmiss er immer wieder.

„Ich wollte nicht hinter der Kamera stehen“

Er startete mit einer Gymnasialempfehlung auf die weiterführende Schule. Am Ende stand der Hauptschulabschluss. Dann Handelsschule. Nach drei Wochen „wurde mir ans Herz gelegt, es macht keinen Sinn“, erzählt er. Eine Ausbildung in der Lagerlogistik hielt er seiner Mutter zu Liebe acht Monate durch, bevor er das Handtuch schmiss. 

Deutlich besser lief es danach, als aus einem Praktikum bei einem lokalen TV-Sender ein Ausbildungsplatz als Mediengestalter Bild und Ton wurde. „Das war schon eher das, was ich machen wollte“ erzählt der Bremer im Rückblick. Doch die anfängliche Begeisterung hielt nicht lange genug. Vier Monate vor Ende der Ausbildung entschied er sich erneut, alles zu schmeißen. „Irgendwie hatte ich gemerkt, dass ich keinen Bock habe, mein ganzes Leben hinter der Kamera zu stehen“. Er trennte sich von seiner damaligen Freundin und machte wieder einen Cut. Alles auf null. Schon wieder.

Mit etwas Abstand, so denkt er heute, hätte er diese vier Monate noch durchziehen sollen, um die abgeschlossene Ausbildung in der Hand zu haben. Doch er habe das Gefühl gehabt, keine Zeit mehr für die Sache zu haben, die ihn wirklich interessierte: Rap. Mit Anfang 20 entschied er sich schließlich, nebenher ein wenig Geld zu verdienen, um die Miete zu zahlen. Ansonsten wollte er sich voll auf die Musik fokussieren.

"THC", "Bronze" & "Chedda": Mit drei Releases zum Universal-Deal

Seitdem hat sich einiges getan. Sein erstes Release „Tattoos, Haze & Cash“ – das online nicht mehr zu finden ist – war genau das, was der Releasetitel versprach. Diesen rauen Sound wollte Lenny 2016 nicht mehr machen. In der Zwischenzeit hatte er sich neu verliebt und war Vater geworden. „Plötzlich hatte ich den Anspruch, andere Musik zu machen wegen meiner Tochter“. Aus heutiger Sicht sei er da etwas zu sehr „Moralprediger“ geworden. Er vertrete zwar alle Dinge auch so, im Rap „finde ich das aber selbst eigentlich nicht cool“. Rap sei einfach keine Musik für kleine Kinder. „Meiner Tochter würde ich das nicht unbedingt zeigen“, erzählt er lachend. 

Ein Splash-Auftritt 2016 sei es gewesen, der ihn neu inspiriert habe. „Dieser lockere Sound und der Mindset, den A$AP Ferg da geliefert hat, der hat mich begeistert!“ Tatsächlich ist seine neue Musik und lockerer. Bisher sei in seiner Karriere nichts so richtig durch die Decke gegangen. „Das kreide ich mir aber selbst an. Mal war der Sound wack, mal haben Videos nicht gestimmt“. Trotzdem sei es für neue Acts nicht immer leicht, sich durchzusetzen gegen die große Aufmerksamkeit, die etablierte Namen in immer kürzeren Abständen auf sich ziehen. Das mediale Feedback auf seine Single mit MoTrip und JokA sei größer gewesen, als bei Singleauskopplungen ohne große Namen. So läuft das Geschäft eben.

Immerhin hat er die Kontakte. MoTrip supportet den Bremer. Vor anderthalb Jahren erwähnte der Aachener einmal, dass er helfen wolle, ihm professionellere Strukturen aufzubauen. Vor wenigen Wochen signte MotTrip den Bremer dann bei seiner eigenen Universal-Edition Ghost. Doch wie kommt der Kontakt nach Aachen zustande? „Da kann ich den Bogen zur Ausbildung wieder spannen“ entgegnet Lenny lachend. Dort lernte er den damaligen Mitbewohner JokAs kennen und die Dinge nahmen ihren Lauf. Und so macht auch die abgebrochene Ausbildung am Ende irgendwie Sinn. Und wenn sie Lenny Morris nur den Weg zum späten Durchbruch als Rapper geebnet hat, dann hätte er im wahrsten Sinne des Wortes etwas fürs Leben gelernt. 

Hier kannst du dir die gesamte EP anhören:

Chedda

Chedda, an album by Lenny Morris on Spotify

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