"Ceinture Noire": Maître Gims zementiert seinen Status als Superstar

Er kann es mit seiner Hiphop Gruppe Sexion d'Assaut. Er kann es als Freestyle-Künstler. Er kann es als Produzent. Er kann es als Rapper. Er kann es als Pop-Sänger. Am besten kann er es aber als Diamantensammler. Was macht dieser Mann richtig? Was steckt hinter dem Phänomen Maître Gims und was macht ihn zu einem besten Rapper und generell Musiker Frankreichs? Maître Gims hat auf seinem neuen Album "Ceinture Noire" (Stream) gleich 40 Antworten auf unsere Fragen. Aus aktuellem Anlass blicken wir zurück auf die Karriere des Ausnahmemusikers.

Sexion d’Assaut

Maître Gims wurde die Musik in die Wiege gelegt. Der Vater sowie auch seine Brüder sind Musiker. Im Kongo geboren, setzte Gims erstmals mit zwei Jahren einen Fuß auf französischen Boden. Und diesen Fußabdruck sollte Frankreich nie wieder vergessen.

Die ersten Schritte seiner Rapkarriere ging Gandhi Djunas (der Name, den ihm seine liebenden Eltern angehängt haben) 2002 im zarten Alter von 16 Jahren mit der allseits bekannten Gruppe Sexion d'Assaut. Wie bei den meisten großen Rapkarrieren vor dem Siegeszug des digitalen Zeitalters fällt der Startschuss für die sieben MCs und den DJ im Underground. Zweimalig nahmen Maître und seine Jungs am 12 Inch’All Star teil, einem sehr bekannten Battle im Pariser Untergrund. Gewinnen konnten sie den Contest zwar nie, nichtsdestotrotz galt Maître nach seinen Auftritten dort als einer der besten Freestyle-Rapper Frankreichs. Doch Kredibilität in der Szene zu erlangen, reichte ihm und dem Rest der Crew nicht. Sie wollten mehr. Und sie bekamen mehr. Spätestens nach der inbrünstigen Hook in "Désolé" war Gims auch international ein Begriff.

Zwischen Singles und Albumauskopplungen des Rapkollektivs kamen auch die ersten Soloprojekte von Meister Gims zum Vorschein. Ein inoffizielles Werk namens "Le Fléau" (dt. der Fluch) brachte ihm dann auch seinen Spitznamen ein. Le Fléau war – wie sich später zeigen sollte – eher Segen als Fluch für den französischen Rap. Vorerst aber traf es das Pseudonym leider etwas zu gut. Denn der Misstritt, welcher 2010 folgte, hätte sein letzter als gefeierter Rapsuperheld werden können.

"Ça m'a soulé, j'crois qu'il est grand temps que les pédés périssent, coupe leur pénis, laisse les morts"

("Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass die Schwulen krepieren, schneide ihren Penis ab, lass sie sterben")

Maîtres Worte auf "On t’a humilié" waren unmissverständlich homophob, selbst für einen battle-erprobten MC zu explizit und boten keinen Raum für Fehlinterpretationen. Das war kein Battlerap, sondern ein Statemement gegen die sexuelle Freiheit vieler Menschen. Sexion d'Assaut und Maître Gims standen nach diesen Aussagen landesweit in der Kritik. Zu allem Überfluss lieferte Bandmitglied Lefa in einem Interview noch mehr Sprengstoff: Schwul zu sein, wäre eine Abartigkeit und dürfe nicht toleriert werden. Uff. Abartig ist nur diese Aussage.

Die Kritik hatte Folgen: Sowohl im französischen TV als auch Radio wurden sämtliche Musikvideos und Tracks boykottiert, ihre ausverkaufte erste große Tour musste abgesagt werden. Doch Zeit heilte auch diese klaffende Wunde. Es gab offizielle Stellungsnahmen und "Entschuldigungskampagnen". Wie aufrichtig die das nach solchen Statements sein kann, darf bis heute angezweifelt werden, aber mit der Zeit versandete das Thema. Nicht aber der Name Sexion d'Assaut. 

Utopische Zahlen

2012 erschien mit "L’apogée" der Höhepunkt und das größte Werk von Sexion d'Assaut. Und ähnlich wie bei "Culture" von den Migos wusste man bereits vor Release, dass dieses Album ordentlich Welle machen würde. Und die Welle flutete das Land: Über 1.000.000 verkaufte Exemplare. Doppel-Diamant!

Nach dem Erfolg mit "L’apogée" entschieden sich 2013 einige der MCs, vorerst getrennte Wege zu gehen. Diese für viele Fans enttäuschende Entscheidung verwandelte sich in den Startschuss einer der erfolgreichsten Solokarrieren der französischen Rapgeschichte. Im selben Jahr noch erschien Le Fléaus Solodebüt "Subliminal", von welchem bislang allein in Frankreich über 1.000.000 Exemplare verkauft wurden.

2015 legte der Hitschmied mit "Mon Coeur avait raison" nach. Das Album bestand aus zwei Teilen: "Pilule rouge" (dt. rote Pille; sehr raplastig) und "pilule bleue" (dt. blaue Pille; eher Urban-Pop). "Blaue Kapsel, rote Kapsel, Matrix" – könnt ihr Savas fragen. Für den Clip zum gemeinsamen Song "Longue vie" mit Lefa trommelte der Maître die Mitglieder von Sexion d'Assaut wieder zusammen:

Die Platte wurde ebenfalls Diamant ausgezeichnet. Doch ein wahrer Diamantensammler kann nie genug kriegen und so setzte sich das musikalische Mastermind wieder ans Werk, um uns im März seinen wohl größten Streich zu präsentieren. Womit wir in der Gegenwart wären ...

Ceinture Noir

Qualität vor Quantität – das war lange die Maxime für die meisten Musiker weltweit. Die Migos, Gucci Mane und Co leben einen anderen Ansatz, der in der Streaming-Ära Schule zu machen scheint. Wenige wussten aber, was passieren würde, wenn man diese zwei Elemente vereint. Heute wissen wir es.

Maître Gims liefert einen Epos ab. 40 Tracks mit einer Spiellänge von fast zweieinhalb Stunden - und jeder Track sitzt. Seinen Lauf nahm das Ganze bereits im November 2016. Um ein 40 Tracks starkes Album zu erschaffen, braucht man schließlich auch genügend Zeit (außer man heißt Jul, dann wäre dies problemlos alle sechs Monate möglich).

Im November 2016 nach der Wahl von Donald Trump verkündete Ghandi Djuna auf Instagram verärgert, dass er aufhören würde Musik zu machen, nur um einige Stunden später "Ceinture Noire" anzukündigen. Und nun halten wir sein damals angekündigtes Werk in Händen. Das Album beinhaltet alles, was Maître Gims ausmacht. Es ist gespickt mit Gesang, Ohrwurmhooks, Vibes, Flows und großen Namen. Feature-Gäste sind Artists wie MHD, Lil Wayne, Sofiane und natürlich auch sein Bruder Dadju. Doch ist es wirklich ein Rapalbum oder muss es mittlerweile definitiv dem Genre Pop zugeordnet werden?

"C'est qu'je suis un pêle-mêle, un mélange"

("Ich bin ein Durcheinander, eine Mischung")

Maîtres Zeiten als Vollblutrapper sind definitiv vorbei. Das weiß er selbst am besten und er macht es mit Zeilen wie dieser deutlich. Gegenüber Le Parisien, einer französischen Zeitung, sagt er über "Ceinture Noire", dass er ein Sänger sei und nicht mehr nur Rap mache. Auch gibt er zu, dass der Rap auf dem Album klar in der Minderheit sei – bei 40 Tracks springt am Ende trotzdem noch einiges für die Rappuristen heraus.

"Anakin", "Loup Garou", "Ana Fi Dar", "Appelez la police" und "60 %" sollten jeden Rapgenießer zufrieden stellen. Denn Maître kann es immer noch. Vielleicht sogar besser denn je. Kostprobe gefällig? Hier nach 1:35 Minuten einschalten:

Auf "Anakin", "Ana Fi Dar" und "Loup Garou" zerfetzt er dröhnende Trapbeats. Harte Worte, Flowvariationen und Doubletime sind hier das Programm. Auf "Appelez la police" featurt Gims den junge Superstar MHD. Und natürlich hinterlässt dieser – wie überall – seine Spuren. Afro Trap. Mehr muss dazu wohl nicht gesagt werden. Hören, abgehen.

Mit "60 %" versorgt er uns schließlich noch mit einem modern gehaltenen Kopfnickerbrett. Ein absolutes Highlight der Platte! In Form eines harten und bestimmten Flows arbeitet er sich Bar für Bar durch den Beat. Die Art, mit der er das Instrumental für sich gewinnt, erinnert stark an seine Zeiten bei Sexion d'Assaut. Nur besser.

Mit seinem Kollektiv sagte er mal auf "A 30 %", dass er noch nicht mal bei 30 % seines Könnens angelangt sei. Fast ein Jahrzehnt später hat sich sein Können auf 60 % verdoppelt. Nicht die einzige persönliche Verbesserung:

"C'est Maître Gims, triple disque de platine, et toi?"

("Es ist Maître Gims, 3-fach Platin, und du?" - in Sexion d'Assauts "Noir", 2011)

Und sieben Jahre danach:

"C'était Maître Gims, sept fois disque de diamant, et toi ?"

("Das war Maître Gims, 7-fach Diamant, und du?" - im Song "60 %", 2018)

Mit "Ceinture Noire" zementiert Gims seinen Superstarstatus ein weiteres Mal – sowohl als Sänger als auch als Rapper. Auch wenn es in seiner steinigen Karriere viele Tiefs gab, gehört er momentan unangefochten in den Rapolymp Frankreichs. Schon nach zwei Wochen hat das neue Album Platinstatus erreicht; zusätzlich haben zwei Singles Gold und eine Platin abgeräumt.

Aktuell wird über eine Zusammenarbeit mit Drake spekuliert, welche Gims prominent auf internationaler Bühne promoten würde. Auch über eine Reunion von Sexion d'Assaut wird heftig diskutiert. Ein Karriereende ist mit 31 Jahren noch lange nicht in Sicht. Man darf gespannt sein, wann und wie der Maître seine 100 % erreicht ..

Maitre Gims - Ceinture Noire

Mit "Ceinture Noire" zementiert Gims seinen Status als Rapsuperstar und Musiker ein weiteres Mal. Auch wenn es in seiner steinigen Karriere viele Tiefs gab, gehört er momentan unangefochten in den Rapolymp Frankreichs.