American Gangsters: Die wildesten Geschichten von Suge Knight, Birdman & Co

Die Bezeichnung OG hat über die Jahre stark an Bedeutung verloren. Mittlerweile wird gefühlt jeder Rapper über 35 als OG, Legende oder Urgestein bezeichnet. OGs, also Original Gangsters, sind davon jedoch die wenigsten. Für eine Handvoll Leute passt diese Bezeichnung aber wie die Faust aufs Auge. Unterweltgrößen und Rap gehen seit Ewigkeiten miteinander einher und selbst in Deutschland kommt kaum ein Rapper ohne Rücken aus. Doch wer sind die Persönlichkeiten aus den USA, die im Hinterzimmer mitmischen, ohne selbst primär durch ihre Rapskills im Vordergrund zu stehen? Und welche wilden Geschichten gibt es über sie?

Suge Knight: Life on Death Row

Spätestens seit "Straight Outta Compton" müsste Suge Knight den meisten Rapfans ein Begriff sein. Der Gründer von Death Row Records galt lange Jahre als die gefährlichste Kraft an der Westcoast. Heute sitzt er im Gefängnis wegen Totschlag.

Ein Zwei-Meter-Hüne, der es fast zum NFL Profi gebracht hätte, wenn seine Noten auf der Uni nicht zu schlecht gewesen wären, um das Stipendium zu behalten. Beste Voraussetzungen, um Eindruck zu hinterlassen, wenn es nötig war. 1991 gründete er gemeinsam mit Dr. Dre das Label Death Row Records, nachdem dieser sich mit Suges Hilfe von N.W.A. und Eazy-Es Label Ruthless Records getrennt hatte.

Zu dieser Zeit hatte Knight schon das Image eines "Problemlösers". Ende der 80er Jahre soll er Vanilla Ice bedroht haben, sodass dieser ihm Anteile des Hits "Ice Ice Baby" überschrieb. Grund dafür soll gewesen sein, dass ein Klient von Suge, welcher mittlerweile als Bodyguard arbeitete, ohne Bezahlung an diesem Song mitgewirkt haben soll.
Um Vanilla Ice zur Kooperation zu bewegen, soll Suge Knight ihn an den Knöcheln über den Balkon seines Hotelzimmers gehalten haben. Mittlerweile bestreitet Vanilla Ice den Wahrheitsgehalt der Geschichte, angeblich klärten die beiden den Disput in einem zivilen Gespräch.

Wahr oder nicht, Suge Knight hatte sich jedoch einen Namen in der Szene gemacht. Unter ähnlichen Methoden soll er dann auch Eazy-E gezwungen haben, Künstler von seinem Label Ruthless Records gehen zu lassen. Nur ohne Balkon.

So baute Knight sein eigenes Label Death Row immer weiter auf, bis ihm 1995 der größte Coup seiner Geschichte gelang. Das Signen eines gewissen Tupac Amaru Shakurs, sollte einen Aufstieg in ungeahnte Höhen bedeuten. Und den ebenso schnellen Fall.

2Pac war 1995 wegen sexueller Belästigung zu einer viereinhalbjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Suge Knight zahlte damals die Kaution von 1,4 Millionen US-Dollar, unter der Voraussetzung, dass Tupac dafür bei Death Row unterschreiben würde. 2Pac willigte ein und im folgenden Jahr erschien eins der bekanntesten Rapalben aller Zeiten: 2Pacs "All Eyez On Me".

1996 sollte jedoch anders für Knight enden als gedacht. Im September waren er und 2Pac gemeinsam mit Mitgliedern ihrer Entourage in Las Vegas, um den Kampf Mike Tyson gegen Bruce Seldon zu sehen. Dort trafen sie auf den Crip Orlando Anderson und gerieten mit ihm in den Konflikt [Im Video bei Minute 1:03].

Diese Auseinandersetzung soll nicht nur möglicherweise Tupac sein Leben gekostet hätten, sondern auch Suge Knight einige Jahre seiner Freiheit. Am selben Abend fielen die tödlichen Schüsse auf Shakur und manche vermuten Orlando Anderson als Killer. Suge Knight saß während die Schüsse fielen neben Pac im Auto. Nur knapp einen Monat später wurde Knight für den Orlando-Anderson-Vorfall und der damit einhergehenden Verletzung seiner Bewährungsauflagen zu neun Jahren im Gefängnis verurteilt, von denen er knapp fünf Jahre tatsächlich hinter Gittern verbrachte.

Um die Morde an Tupac und Biggie ranken sich unzählige Mythen, die in fast allen Fällen auch Suge Knight als Schlüsselfigur sehen. Manche denken er habe zumindest den Mord an Biggie in Auftrag gegeben, andere vermuten sogar eine Verwicklung in den Mord an Tupac, um zu verhindern, dass dieser Death Row verlassen würde.

Ein Mord, der ihm unumstritten zugewiesen werden konnte, ereignete sich im Januar 2015. Zu diesem Zeitpunkt hatte Suge Knight seit seiner Entlassung 2001 fast alles verloren. Death Row musste seine Tore schließen, Klagen gegenüber Knight häuften sich, er wurde zweimal angeschossen und 2008 erklärte er seinen Bankrott. 2015 war er dann am Set zum Film "Straight Outta Compton", um einen Werbespot für diesen zu drehen, jedoch wurde er aufgrund von Fehlverhalten vom Set geworfen. Anschließend kam es auf eine Parkplatz zu Auseinandersetzung, mit unter anderem Terry Carter, einem ehemaligen Business-Partner von Suge.

Diese Auseinandersetzung endete damit, dass Suge Knight Terry Carter und eine weitere Person mit seinem Auto überfuhr und Carter sein Leben verlor. Suge Knight wurde für Totschlag zu 28 Jahren im Gefängnis verurteilt.

Vom gefürchtetsten Mann der Westcoast, der Rapper vom Balkon hängt, zu einem trostlosen Leben im Gefängnis. Vom Bordstein zur Skyline, zum Bordstein zurück.

Irv Gotti: Der Dapper Don des Rap

Hiphops Liebe zur Mafia ist ein Thema für sich, doch wahrscheinlich jeder Rapfan der letzten Jahre hat bereits den Namen John Gotti gehört. Von Lyrics bis zu Rappernamen ist das ehemalige Oberhaupt der New Yorker Gambino-Familie zu finden. Der Teflon-Don ist auch Inspiration für den Spitznamen eines weiteren OGs der amerikanischen Rapgeschichte: Irving Lorenzo.

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Happy Birthday, #IrvGotti.

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Der Mitbegründer von Murder Inc. soll unter anderem mitverantwortlich für die neun Schüsse auf 50 Cent sein, die diesen fast das Leben gekostet haben. Anders als bei Suge Knight war Irv Gotti selbst jedoch keine imposante Persönlichkeit, gefährlich machten ihn seine Connections. Besonders eine: Die zur New Yorker Unterweltgröße Kenneth 'Supreme' McGriff. Von dieser soll er beispielsweise im Beef zwischen 50 Cent und Murder Inc.-Singning Ja Rule Gebrauch gemacht haben.

Supreme, oder nur Preme, war in den 80er Jahren Mitbegründer des Supreme Teams, bestehend aus ihm und seinem Neffen Prince. Gemeinsam bildeten sie eine der zu dieser Zeit berüchtigtsten Gangs in New York. Von diesen beiden haben manche Rapfans wahrscheinlich schon gehört, allerdings unbewusst und unter anderem Namen.

In 50 Cents Film "Get Rich or Die tryin'", welcher an sein eigenes Leben angelehnt ist, taucht die Figur Majestic auf, die auf McGriff basieren soll. Im Film ist es Majestic, der die auf Fifty basierende Figut Marcus umbringen lassen will.

Doch auch im echten Leben soll es McGriff gewesen sein, der die Schüsse auf Fifty orderte, nachdem er erfolglos versucht hatte, den Beef zwischen Murder Inc. und 50 Cent zu klären. Fif' typisch hatte dieser aber keine Lust auf Schlichtung und machte sich auf seinem Song "Ghetto Qu'ran" über McGriff lustig, indem er ihm die Street-Credibility absprach:

"When you hear talk of the Southside, you hear talk of the Team
See, niggas feared Prince and respected Preme/
For all you slow motherfuckers, I'ma break it down iller
See, Preme was the business man and Prince was the killer"

Ob es nun Irv Gotti war, der die Schüsse in Auftrag gegeben hatte oder Kenneth McGriff seine Realness gegenüber Fifty beweisen wollte, bleibt unklar. Auf jeden Fall war Irv Gotti im Nachhinein nicht mehr derselbe für die Szene. Gemeinsam mit Suge Knight und J. Prince galt er lange Zeit als einer der Big Bad Wolves des Hiphops.

Birdman: "Put some respec on my name"

Der Mann mit dem tätowierten Five-Star auf der Schädeldecke und den tiefen Verbindungen zu den Bloods in den USA zählte lange zu den einflussreichsten Größen im Rapgeschäft. Als Young Money Entertainment Gründer und Ziehvater von Lil Wayne ist er, ebenso wie die beiden zuvor, mitverantwortlich für einige der größte Hiphop-Hits aller Zeiten. Doch auch um ihn ranken sich wilde Geschichten, die teilweise wunderbar dokumentiert sind.

Nachdem Radiomoderator Charlamagne Tha God in seiner Radioshow immer wieder über Birdman und ihm zugehörige Künstler herzog, stattete dieser dem Radiosender zusammen mit seiner Entourage einen Besuch ab. Er kündigte sich zwar für ein Interview an, blieb jedoch nur für knappe zwei Minuten, um abzusichern, dass sein Name in Zukunft den gebührenden Respekt erhält.

Aber auch wenn er nicht beschäftigt ist, Radiomoderatoren zu bedrohen, ist Birdman immer wieder für Schlagzeilen und Einschüchterungen gut. So soll Tyga nach eigenen Angaben knapp eine Million Dollar bezahlt haben müssen, um aus seinem YMCMB-Vertrag raus zu dürfen. Zu diesem Zeitpunkt soll ihm das Label noch 12 Millionen Dollar an nicht ausgezahlten Geldern geschuldet haben.

Der Vorwurf, seine Künstler nicht vernünftig zu bezahlen, ist ein wiederkehrendes Problem für den Mann, der laut Forbes Liste 2016 mit 150 Millionen Dollar den vierten Platz der reichsten Rapper belegte. Seine offenkundige Geldgier soll auch zum Zerwürfnis mit Ziehsohn Lil Wayne geführt haben, auf das die vielleicht wildeste Story um Birdman folgte Birdman und Young Thug sollen angeblich den Mord an Lil Wayne geplant haben.

Im Jahr 2015 wurde nach einem Konzert in Atlanta auf Lil Waynes Tourbus geschossen. Der Schütze war ein Mann namens Jimmy Winfrey, auch bekannt als der Rapper Peewee Roscoe. Kurz vor den Schüssen soll er laut Polizeiangaben via Handy in Kontakt mit einem Telefon von Birdman und einem Telefon von Young Thug gewesen sein, so dass auch gegen die beiden ermittelt wurde. Eine Anklage gab es gegen beide nie, jedoch wurden sie in der Anklage gegen Winfrey als "co-conspirators" genannt.

Birdman und Lil Wayne pflegen seit jeher eine relativ körperliche Beziehung. Neben Küssen auf den Mund für Weezy, gibt es eine Geschichte, die in Abstrusität und Widerlichkeit alle anderen aussticht. In einer Young Money Dokumentation erzählte Wayne mal, wie er mit elf Jahren seine Jungfräulichkeit verlor. Vor den Augen von Birdman und seinen Freunden, als dieser eine Prostituierte anwies sexuelle Handlungen, mit dem minderjährigen Wayne durchzuführen.

"I got r*ped when i was eleven, Twist. And i loved it!"

J. Prince: Ein OG, sie alle zu knechten

Der letzte OG um den es gehen soll, ist James Prince. Der Rap-A-Lot Gründer gilt bis heute als die einflussreichste Person hinter den Rapkulissen. Erst kürzlich war er wieder in den News, als er den Rapper NBA YoungBoy in seine Schranken verwies.

Geklaute Autoschlüssel: NBA YoungBoy legt sich mit einem wahren OG an

NBA YoungBoy nimmt es mit den ganz Großen auf, zumindest einem von ihnen: J. Prince. Der Newcomer gegen die Legende, David gegen Goliath. Seit ein paar Tagen sticheln beide gegeneinander auf Instagram. Die kuriose Vorgeschichte klingt wie der Plot aus einem verworrenen Coen-Brothers-Movie: Autoschlüssel, die aus NBA YoungBoys Haus geklaut wurden, sind über Umwege bei J.

Der Südstaaten-Don sieht sich auch heutzutage für alles zuständig, was im Süden der USA geschieht und gilt dort für viele als erste Anlaufstelle bei Problemen. Dabei legte sich der ehemalige Manager von Floyd Mayweather Jr. auch schon mit Birdman und Suge Knight an, als diese Drake vermeintlich unfair behandelten.

Aubrey Graham und J. Prince sind mittlerweile ein eingespieltes Team und Drake scheint den Mann sehr zu respektieren (oder zu fürchten). So sehr dass dieser ihn, nach eigenen Angaben, davon abbrachte, 2018 einen Diss-Song gegen Pusha-T als Antwort auf "The Story Of Adidon" zu veröffentlichen.

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Ties

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Fürchten deshalb, weil Prince scheinbar nie vor Gewalt zurückschreckte, wenn er es für nötig hielt. Angeblich soll er einmal mehrere Leute geschickt haben, um den Mayweather Promotions CEO Leonard Ellerbe zusammenzuschlagen, nachdem Floyd Jr. und er Streit um knapp $ 600.000 hatten. Floyd wollte einen Kampf um mehrere Monate verschieben, sodass sein Vertrag mit Prince als Manager ausgelaufen wäre. Als Prince davon erfuhr, schickte er anscheinend mehrere, mit Baseballschlägern bewaffnete Leute in Mayweathers Top Rank Gym. Kurz darauf erhielt er sein Geld und einen zusätzlichen Anteil von 20 % am Preisgeld des Kampfes.

Im Vergleich zu allen Kriminellen und absonderlichen Geschichten, die es über Hintermänner aus der Unterwelt im Rap gibt, toppt J. Prince jedoch alles. So gab es eine zwölfjährige Untersuchung der DEA (Drug Enforcement Administration) gegen Prince und sein Label Rap-A-Lot, da diese Teil eines großflächigen Drogenrings gewesen sein sollen.

Die Untersuchung fand jedoch nach einer $ 200.000 Spende von Prince an den damaligen Vize-Präsidenten Al Gore ein jähes Ende. Mehrere Repräsentanten der Demokratischen Partei forderten danach das Ende der Untersuchung und diese wurde tatsächlich eingestellt. Die Staatsanwaltschaft behauptete jedoch, die Untersuchungen seien beendet worden, da um das Leben der ermittelnden Agenten gefürchtet wurde.

Beide Versionen der Geschichte haben J. Prince' Rolle als absolute Machtinstanz in der Szene gefestigt. Entweder hat er es geschafft, die Staatsanwaltschaft einzuschüchtern oder er hat den damaligen Vize-Präsidenten bestochen.

Und die Moral von der Geschichte…

Hiphop ist das Sprachrohr der Unterdrückten und Marginalisierten. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass das Genre wie kein zweites Kriminelle anzieht, ob vor dem Mikrofon oder als Manager im Hintergrund. Ohne manche dieser Leute wäre Rap nicht das geworden, was es ist, denn Leute wie Suge Knight und Birdman haben die Karrieren von Künstlern wie 2Pac und Lil Wayne maßgeblich beeinflusst. Leid und Freude geht bei diesen Personen meist Hand in Hand. Für jeden Artist, der mit skrupellosen Mitteln gepusht wird, hängen andere Menschen vom Balkon.

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