Eminem auf dem OAF: Wenn der Rapgott vom Himmel steigt

Eminem kommt zum Openair Frauenfeld 2018. Allein schon die Nachricht sorgte für runterklappende Kinnladen, feuchte Augen und ein ausverkauftes Festival. Stolze sechs Monate vor Beginn des Festivals. Ein halbes Jahr später stehen wir da und es ist endlich soweit. Auf diesen Moment haben alle gewartet. Safe to say: Ein Großteil des gesamten Festivals ist deswegen hier. Einige erfüllen sich den Traum ihres Lebens und sind ausschließlich deshalb hier.

Das Vorspiel

Schon Stunden vorher stehen die Menschen an Ort und Stelle, einige sogar schon seit dem Morgen. Der Platz vor den beiden großen Hauptbühnen ist prall gefüllt mit Rapfans, als sich der lang ersehnte Moment nähert. Das macht es natürlich schwierig, dem Rapgott Eminem auch nur ansatzweise nahe zu kommen. Ein wogendes Menschenmeer verhindert jegliches Vordringen. Aber das spielt keine Rolle.

Die Atmosphäre kurz vor dem Großereignis ist nicht einfach nur aufgeheizt oder voller Vorfreude. Nein, das hier ist etwas anderes. Das hier ist eine ganz andere Liga als alles, was wir vorher gesehen haben. Und danach folgt auch nichts mehr, was da rankommt – sorry, aber isso. Eminem spielt in seiner ganz eigenen Gewichtsklasse, und zwar konkurrenzlos. Der Champion hat einfach alle Mitstreiter ausgeknockt, um im Bild zu bleiben.

Im Vorfeld liegt ein Knistern in der Luft, die Atmosphäre lässt sich schneiden. Alle warten auf Eminem, und das zieht sich in die Länge. Die letzten paar Minuten kurz vor knapp sind schließlich immer die, die am längsten dauern. Eminems Auftritt hat sich seit einer kleinen Ewigkeit angebahnt und das merkt man an nicht nur an den Gästen.

Eminem bringt nicht einfach nur eine Band mit, nein. Eminem kommt mit einem kompletten Orchester und mehreren Bussen. Selbstverständlich wird für The Real Slim Shady alles abgesperrt. Bereits am Donnerstag macht die Meldung die Runde: Im Fotograben sollen während der Marshall Mathers-Show keine Fotografen erlaubt sein. Ein Gott ist eben unnahbar und unantastbar.

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Der erste Akt

Irgendwann hat das Warten dann endlich wirklich ein Ende: Aber Eminem kommt erstmal nur in Form eines Kurzfilms auf die Bühne. Aber das macht nichts, im Gegenteil: Es jagt uns wohlige Gänsehaut-Schauer den Rücken herunter und erinnert an gute, alte Up in Smoke-Tour-Zeiten. Oder die Anger Management-Tour, oder Eminem live bei den MTV Music Awards 2000, oder Eminem live in Los Angeles 2001.

In diesem Intro-Video marodiert ein Riesen-Eminem durch die Stadt. Also so richtig riesig: Stellt euch Eminem als Godzilla oder King Kong vor, der Autos durch die Gegend tritt und Gebäude einreißt. Der Film läuft auf den haushohen Screens an der Hauptbühne, soll heißen: Riesen-Eminem entfaltet die entsprechend riesenhafte Wirkung. Zum Schluss geht er auf die Kamera los, schlägt sie ein – und die Crowd explodiert förmlich.

Der Knoten platzt, die angestaute Anspannung fällt ab und entlädt sich in einer schreienden, brüllenden, schwitzenden, ekstatischen Menge. Da fällt es kaum ins Gewicht, dass Eminem anfangs nur schwierig zu verstehen ist. Die Vocals gehen teilweise unter und auch beim Bass dürfte der eine oder andere Konzert-Connaisseur etwas Druck vermisst haben. Aber darüber lässt sich hinwegsehen, wenn du dein halbes Leben auf diesen Moment gewartet hast.

Kommen wir zum Höhepunkt

Allein die Tatsache, dass sich der Rapgott höchstpersönlich dazu herabgelassen hat, uns Normalsterbliche mit seiner Präsenz zu beglücken, reicht völlig aus, um ein komplettes Festival in Verzückung zu versetzen. Eminem zeigt sich dann auch als absoluter Vollblutprofi und liefert eine Show ab, die nicht routinierter und souveräner ausfallen könnte. Als Backup und Hypeman stärkt ihm Mr. Porter den Rücken, den die meisten noch von D12 kennen.

Eminem schöpft natürlich auch aus dem Vollen, was die Setlist angeht. Nur die wenigsten Künstler blicken auf eine so lange und vor allem so erfolgreiche Karriere zurück. Dass dabei manche persönliche Favoriten aus der Diskographie fehlen müssen, erscheint fast schon selbstverständlich. Es sind einfach zu viele Tophits, die Eminem spielen kann.

Dementsprechend dürfte für wirklich alle etwas dabei gewesen sein: Egal, ob du Eminem-Fan der ersten Stunde bist oder erst später zum Rapgott gefunden hast.

Eminem zieht alle Register, spielt selbstverständlich seine größten Hits und sorgt für ein unglaubliches Lichtermeer. Die Live-Orchestrierung tut ihr Übriges, hier wird mit echten Instrumenten musiziert. Dabei sticht besonders der Gitarrist heraus. Auch Sängerin Skylar Grey eilt Eminem zur Hilfe. An 50 Cent wird ein Geburtstagsständchen der besonderen Art verschickt.

Happy birthday @50cent from me and the fans in Switzerland!

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Eminems langlähriger Kompagnon Royce Da 5'9'' gibt sich ebenfalls die Ehre und rappt seinen Kollegen beim Performen von "Fast Lane" beinahe unter den Tisch. Falls es irgendwer mit Eminem aufnehmen und dem Rapgott das Wasser reichen kann, dann heißt er Royce Da 5'9'' und hat vor Kurzem ein Bomben-Album gedroppt.

Eminem spielt eine ganze Reihe schmusiger Popsongs mit der Extraportion Gefühl. Aber das ganz große Feuerwerk brennt der Rapper ab, wenn er seine Stärken ausspielt. Darum sorgen insbesondere Songs wie "The Way I Am", "Just Don't Give a Fuck", "Stan", "White America", "Lose Yourself" oder "Without Me" sowie natürlich "Rap God" für ein komplett ausrastendes Publikum.

Diese Crowd feiert hier kein normales Festival mehr. Das hier ist ein Gottesdienst, mit Rap als Religion und Eminem als dem Erlöser. Der Messias wird von der Bengalos abbrennenden Masse wie in Trance gefeiert, alle singen aus voller Kehle mit. Es ist ein Ritual, eine Messe zu Ehren Eminems. 

Lobet den Herrn, euren Heiland! Verneigt euch vor dem Rapgott!

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