Deutschrap-History: Die größten Alben der Jahre 2011-2017 (Hiphop.de Awards)

Die Hiphop.de Awards stehen in einer langen Tradition (hier für die Awards 2018 voten). Wir wagen heute einmal einen Blick in den Rückspiegel und schauen auf einige Abräumer in der Königskategorie "Album des Jahres" auf der nationalen Ebene.

Dafür haben wir uns ins Archiv begeben und nachgeschaut, wer von 2011 bis 2017 die besten Platten des Jahres abgeliefert hat. Wie sind die Entscheidungen mit ein wenig Abstand einzuordnen und wo stehen die Künstler aktuell?

 

Kool Savas – Aura (2011)

 

Das legendärste Album von Kool Savas bleibt wohl "Der beste Tag meines Lebens". Das Album, das für den ganz großen Durchbruch steht, ist indes "Aura". Mit zeitlosem Highlander-Sound zieht König Essah "als Einziger das Schwert aus dem Stein hinaus" und lässt sich von Xavier Naidoo dabei begleiten. Das ist hymnisch, episch und 2011 genau euer Ding. Nicht zuletzt wurde auch der Titeltrack "Aura" zur Single des Jahres gewählt.

Vom bloßen Battlerap ist hier weniger übrig als je zuvor. Den samplebasierten Sound drehen Savas und seine Produzenten zurück. Stattdessen hält es KKS persönlich wie selten zuvor: "Nichts bleibt mehr" bringt den Scala Chor in die Hook. Außerdem beginnt der Track mit einem türkischen Gedicht, das der Vater von Savas geschrieben hat.

Mit "Optimale Nutzung unserer Ressourcen" liefert Kool Savas darüber hinaus genau den Battlerap, für den ihn viele so verehren. Auf seinem neuen Album "KKS" könnte es vermehrt in diese Richtung gehen. 2011 stand jedoch im Zeichen der "Aura" und einem facettenreichen Savas.

 

MoTrip – Embryo (2012)

 

Das Debütalbum von MoTrip wurde 2012 heiß erwartet und entpuppte sich als voller Erfolg. Die Leute waren ready für den Typ, der als "Kanacke mit Grips" in die Szene gesteppt ist.
Motrip ist es auf "Embryo" gelungen, Inhalt und Technik in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Neben anspruchsvollem Rap über Rap ("Kennen", "Schreiben Schreiben") serviert Mo persönliche Sichtweisen und Perspektiven.

MoTrip hat mit "Embryo" einfach ein rundes Gesamtprodukt abgegeben, auf dass sich die Rap-Community einigen konnte. Wen es beim Track "Embryo" nicht zumindest ein wenig durchzuckt, der leidet wohl an Gefühlsarmut.

 

SSIO – BB.U.M.SS.N. (2013)

 

Alles oder Nix und SSIO liefern "BoomBapisch Ultraamnesisch Melodischanaboler StraßenSch*iß Nuttööööööö". Was lang und sperrig klingt, ließ sich 2013 auch kürzer fassen: "BB.U.M.SS.N." heißt das Album, das ihr vor bereits fünf Jahren zu eurem Favoriten erhoben habt. Der "Kanalreiniger" achtet dort auf seine Gesundheit und würdigt den "Big King XXL".

Der Humor von SSIO und der zeitlose Boom Bap-Sound von Reaf sorgten für ein Straßenrap-Release, das sich heute immer noch problemlos hören lässt. Viele Fans warten fast sehnsüchtig auf weiteres Material des MCs, der - laut eigener Aussage - zur Hälfte aus Nase besteht. Straßenthemen und eine ansprechende Technik bedienen aktuell nicht gerade den Zeitgeist. Genau deshalb wäre neuer Output von SSIO vielleicht umso erfrischender. Außerdem geht es um Bildung: Wer macht schließlich sonst so schlau, wie SSIO?

 

Haftbefehl – Russisch Roulette (2014)

 

Wie jedes Jahr kommt auch 2018 ein Winter. Vor vier Jahren schuf Hafti Abi zu dieser Jahreszeit einen modernen Klassiker. "Russisch Roulette" ist ein Album, das von vorne bis hinten perfekt scheint. Völlig zurecht habt ihr Baba Hafts bisher wohl stärkstes Werk zu eurem Lieblingsalbum gekürt.

Unendlich souverän thront die Stimme Haftis über den brachialen und atmosphärischen Instrumentalen. Die düsteren Beschreibungen Frankfurts ("Schmeiß den Gasherd an", "Azzlackz sterben jung 2") die Banger ("Lass die Affen aus dem Zoo", "Rolle mit meim Besten"), die dreiteilige Reise ins Jahr 1999 – Oh Junge, mehr lässt sich mit einer Platte kaum abdecken. Selbst experimentelle Songs wie "Anna Kournikova"  führen zu keinem Spannungsabfall. Der Offenbacher Cho kam 2014 "asozial wie nie zuvor" und brannte sich für immer in das Rapgedächtnis der Nation.

 

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MoTrip – Mama (2015)

 

MoTrips Liebe für sehr persönliche Lebensinhalte spiegelt sich im Titel seiner Soloalben wider. "Mama" baut nicht nur auf "Embryo" auf, sondern schlägt zudem eine eine Brücke zu Vorjahresgewinner Baba Haft. Schließlich widmen beide MCs einen Track der Frau, die ihnen das Leben geschenkt hat. MoTrips zweites Album setzt den Weg konsequent fort, den er mit seinem Debütalbum eingeschlagen hat.

Allen von Fans von Lyrik und Reimen liefert er nur auf dem ersten Blick "ganz simple Mathematik". In Wahrheit ist der Track "Mathematik" ein durchdachtes Rapbrett, dessen Feinheiten sich nach mehrmaligem Hören vollends entfalten. MoTrip scheint sich zudem auf "Mama" diverse Feature-Träume erfüllt zu haben. Samy Deluxe, Sido, Azad – große Namen des Rapgeschäfts liefern ihren Beitrag zu "Mama".

Dann wäre da natürlich noch die kommerzielle Erfolgssingle "So wie du bist". An der Seite von Lary gelingt ihm ein Radiohit, der den vollständigen Durchbruch bedeutet. Auch im Jahr 2018 ist MoTrip gemeinsam mit Ali As und "Mohamed Ali" in der Kategorie "Bestes Album National" nominiert.

 

Bonez MC und RAF Camora – Palmen aus Plastik (2016)

 

Bonez und RAF Camora haben mit "Palmen aus Plastik" nicht weniger getan als ein eigenes Genre geprägt. Seit dem Album ist Afro Trap zu einem der meist versuchten Deutschrapstile geworden. Dabei schlängeln sich Bonez und sein Wiener Partner eigentlich an diesem Subgenre vorbei. Statt mit lieblos abgeschauten Afro Trap kommt die Platte mit authentischen Dancehall-Riddims.

Dass dieser Sound mal in Deutschland ankommt, war so vermutlich nicht zu erwarten gewesen. RAF und Bonez haben Türen eingetreten und Wände niedergerissen. Dank "Palmen aus Plastik" darf zu Deutschrap getanzt werden. Hitsingles wie "Mörder" und "Ohne mein Team" rotierten in den Clubs.  Auch das Update mit Eurodance-Elementen findet reißenden Absatz und ist für viele sicherlich ein heißer Anwärter auf das Album des Jahres 2018.

 

Trettmann – #DIY (2017)

 

KitschKrieg und Trettmann - das dieses Gespann perfekt zusammenpasst, haben seit 2016 mehrere EPs angedeutet. Mit "#DIY" erschien 2017 dann ein Album, das tatsächlich teilweise mit purer DIY-Mentalität aus einer Wohnung heraus vertrieben wurde. Für Trettmann sollte das Release zum absoluten Karrierehöhepunkt werden. Bei keiner Platte überschnitten sich die Meinungen von Presse und Fans 2017 klarer.

Trettmann liefert eine stimmige Ansammlung von melancholischen und feiertauglichen Liedern. Zwischen DDR-Vergangenheit und dem vermeintlich letzten Getränk an der Bar kommt nie die Verlegenheit auf, einen Track skippen zu wollen. "#DIY" ist ein Album, das den Hörer geradezu gefangennimmt und erst nach dem letzten Ton wieder loslässt. Dazwischen stand man mit Gzuz "Knöcheltief in den West Indies", erlebte Beziehungsprobleme in "New York" und fühlte das Leid von "Billie Holliday".

 

Wer 2018 auf diese Alben folgen wird, liegt in euer Hand. Hier gelangt ihr zur Abstimmung:

Vote hier für die Hiphop.de Awards 2018!

Von David Büchler am 07.12.2018 - 14:24 Die Nominierungen für die Hiphop.de Awards 2018 stehen. Bis zum 1.1.2019 um 23:59 Uhr hast du die Chance, deine Stimme abzugeben. In über 22 Kategorien sind nationale und internationale Acts nominiert. Damit du den Überblick nicht verlierst, haben wir dir alle Kategorien mit den Nominierten nochmal aufgelistet.

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