Adidas ist mittlerweile der Inbegriff einer erfolgreichen Sportmarke. Besonders die Yeezy-Kollektion aus der Zusammenarbeit mit Kanye West sorgt seit ihren Anfängen für großes Aufsehen. Fans sind dazu bereit, vierstellige Summen für ein einziges Teil zu bezahlen. Sie campen tagelang vor den Geschäften und gehen das Risiko ein, mit ihrer Gesundheit zu bezahlen – und der ihrer "Konkurrenz". Jedes Teil der Kollektion ist nur begrenzt verfügbar und sorgt hier und da für Schlägereien. Doch das war nicht immer so.
Die Marke mit den drei Streifen musste sich jahrelang mit einem stetigen Auf und Ab herumschlagen. Erst seit Adidas Kollaborationen mit berühmten Persönlichkeiten eingegangen ist, die eigentlich nichts mit Sport zu tun haben, erstrahlt es in einem neuen Glanz. An der Börse ist der Sportartikel-Pionier seitdem nahezu explodiert. Aber auch fernab vom professionalisierten Aktienhandel reißen sich begeisterte Fans um Schuhe, Kleidung und Accessoires des beliebten Herstellers. Eine ereignisreiche Erfolgsgeschichte, wie sie kein anderes deutsches Unternehmen schrieb.
Die Anfänge
Als einer der wenigen nationalen Konzerne verbindet die Marke aus Herzogenrausch drei bis vier Nachkriegsgenerationen miteinander. Das Ganze kam durch den Fußball zustande. Als Gewinner der ersten Weltmeisterschaft brannte sich die deutsche Nationalmannschaft 1954 in die Gedächtnisse ein. Helmut Rahn war der Sieger aller Herzen, nachdem er seiner Mannschaft mit seinen legendären Schraubstollenschuhen von Adidas und dem letzten Tor zum Sieg verhalf. 20 Jahre später hielt Franz Beckenbauer stolz den WM-Pokal in die Höhe – und trug dabei ein Adidas-Trikot. Im Jahr 2014 bezeichneten Fußballfans Bastian Schweinsteiger als "Boss", nachdem er sich mit blutverschmiertem Gesicht und einer Ausrüstung mit drei Streifen siegessicher über den Platz hechtete.
WM 2014 - Deutschland gegen Argentinien (Spielzusammenfassung)
Die Spielzusammenfassung vom WM Finale am 13.07.2014 aus dem WM Film "Das Leben ist ein Hauch"
Duell der Brüder
Auch wer kein Fan der Sportmarke ist, dürfte bereits von der tragischen Gründungsgeschichte gehört haben. Das Leben der beiden ungleichen Dassler-Brüder wurde mehrfach verfilmt, die Endergebnisse liefen sowohl im Fernsehen als auch in den Kinos. Adolf "Adi" und Rudolf "Rudi" Dasslers Wege zum Erfolg sahen bis zum bitteren Ende alles andere als rosig aus. Nach jahrelangen Streitigkeiten wechselten sie bis zum Tod kein einziges Wort mehr miteinander.
Die Dasslers haben bereits im jungen Alter begonnen, Sportschuhe zu entwerfen. Schon bald wurden sie über die Stadtgrenzen von Herzogenrausch hinaus mit ihren Kreationen bekannt. 1936 zogen sie die internationale Aufmerksamkeit auf sich, nachdem Jesse Owens mit seinen Schuhen in Berlin vier Goldmedaillen gewann. Der Zweite Weltkrieg machte den Brüdern einen Strich durch die Rechnung. Die Produktion wurde vorerst auf Eis gelegt.
Mit dem Neustart die Spaltung
Seit dem Produktionsstopp häuften sich die Konflikte zwischen Adi und Rudi. Das Familienunternehmen spaltete sich auf – in Adidas, dessen Name sich aus den ersten drei Buchstaben des Vor- und Nachnamens von Adolf Dassler zusammensetzt, und Puma, das Bruder Rudolf führte. Als die beiden Unternehmer 1974 und 1978 verstarben, sah es für beide Sportartikelhersteller schlecht aus. Kurz darauf, im Jahr 1990, verkauften die Erben Adidas für schlappe 470 Millionen Mark. Mit dem Eigentümerwechsel und dem Gang an die Börse folgten Jahre voller Trubel. Die amerikanische Konkurrenz Nike, die in den 80er-Jahren aufkam, befand sich zu dem Zeitpunkt auf der Überholspur.
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Kein Wunder, nachdem die Marke mit den drei Streifen entscheidende Trends verpasste. Sportartikel als modisches Mittel zur Selbstdarstellung? Neuland für die neuen Besitzer. Besonders als Nike anfing, mit Superstar Michael Jordan zu kooperieren, hinkte Adidas hinterher. Es folgten Fehlkalkulationen und Minusgeschäfte. Nachdem Fußballer Philipp Lahm 2014 in Adidas-Ausrüstung den WM-Pokal allen Kameras entgegen streckte und die Gewinne für den Sportartikelhersteller trotzdem nicht größer wurden, stellte der neue Konzernchef Herbert Hainer fest, dass eine schnellstmögliche Änderung des Konzepts hermusste.
Angriffsziel Amerika
Der Marktanteil von Adidas lag 2015 in Bezug auf Basketballschuhverkäufe bei gerade mal drei Prozent. Im Gespräch mit einem amerikanischen Wirtschaftsmagazin gab Hainer selbst zu, dass es daran liegt, im amerikanischen Sport nicht präsent genug zu sein. Er habe auf jedem Kontinent Erfolge verzeichnen können, aber zu wenig in die Vereinigten Staaten investiert. Weiterhin sagte er:
"[…] Man muss feststellen, dass sich Sport in Mode, Lifestyle, in Streetwear verwandelt hat. Ich würde schätzen, dass 80 Prozent der verkauften Basketballschuhe niemals auf einem Basketballplatz getragen werden. Sie werden getragen, um einen Status aufzubauen und cool zu sein."
Investment-Analyst Cédric Rossi gab diesbezüglich zu:
"Ich glaube nicht, dass amerikanische Teenager an Adidas denken, wenn sie neue Basketballschuhe kaufen wollen."
Und das, obwohl die Franken neun Jahre zuvor für 400 Millionen Dollar die Rechte erwarben, um als Topsponsor der NBA debütieren zu dürfen.
Nach 15 Jahren als Vorstandschef wurde Hainer auf eigenen Wunsch im September 2016 vom Dänen Kasper Rorsted abgelöst. Amerikaner Eric Liedtke war zuvor Markenchef und rückte nun in den Vorstand auf. Für den Bereich Nordamerika gab es ebenfalls einen eigenen Chef: Mark King. Das Trio prüfte die derzeitige Sachlage der Drei-Streifen-Marke bis ins kleinste Detail. Mit dem modernisierten Konzept gab es einen neuen Funken Hoffnung.
Kanye West als Retter
Die Frage, wer ein geeigneter Botschafter für die Sportmarke sein könnte, beantwortete sich recht schnell. Nachdem in den Medien ankam, dass Kanye West unzufrieden mit seinem Nike-Deal war, wurden viele Konzerne hellhörig. Die Ambitionen des amerikanischen Rappers sind schon immer groß gewesen. Er ist seit Jahrzehnten der Inbegriff von Selbstbewusstsein. Zu seiner lässigen und dennoch erfolgreichen Art schaut vor allem eine junge Zielgruppe hoch, die Adidas erreichen möchte. Perfekte Anhaltspunkte für Rorstedt und Co., um der eingestaubten, deutschen Marke das gewünschte, coolere Image zu verpassen.
Kanye sehnte sich während seiner Zusammenarbeit mit Nike nach mehr kreativer Freiheit. Nachdem Tochter North West geboren war, sah er außerdem die finanziellen Nachteile, die er bei Nike hatte. Nur Größen wie Michael Jordan wurden derart hohe Summen versprochen, mit denen sich Kanye zufrieden gestellt hätte. Adidas nutzte die Gelegenheit und bot dem "Gold Digger"-Rapper 2014 einen Vertrag an. Ihm wurden Einnahmen von 15 Millionen Dollar pro Jahr versprochen. Kanye West ging den Deal ein. Es folgte die erste Schuhkollektion mit dem Namen "Yeezy". Der Yeezy 350 Boost wurde vom selbsternannten "ersten Hiphop-Designer" entworfen und kam in vier verschiedenen Colorways daher: Turtle Dove, Black Pirate, Moonrock und Oxford Tan.
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Adidas' Plan war es, Yeezy auf langfristige Ebene zu einer Kultmarke zu etablieren, die in Weltmetropolen eigene Läden haben sollte. Laut Kanye eigener Aussage war der Tag einer der besten, die er im Laufe seiner kreativen Karriere erleben durfte.
Mit dem Rapper als Botschafter gelang dem Konzern die entscheidende Wende am Markt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnte Adidas den Höhepunkt der Markengeschichte verbuchen: einen erstmaligen Milliardengewinn (1,02 Milliarden Euro) bei einem Rekordumsatz von 19,3 Milliarden Euro. Die Zahlen steigen seitdem weiterhin um zweistellige Prozentsätze an. Der Wachstumstreiber, der an erster Stelle dafür verantwortlich ist, sei ausgerechnet der langjährige Problemfall Nordamerika. Dort vergrößerten sich die Erlöse laut Markenchef Rorsted bereits in den ersten drei Monaten des Jahres um 31 Prozent. Auch Kanye zeigt sich erfreut über die Zusammenarbeit:
"Diese Partnerschaft zeigt, dass jeder, der einen Traum hat, grenzenlos träumen kann"
Der Sportartikelhersteller hat jedoch nicht nur dem Rapper eine Menge Hype zu verdanken. Auch mit Pharrell Williams ging Adidas im selben Jahr wie mit Kanye einen Vertrag ein. Pharrell verwandelte daraufhin den Adidas Originals "Superstar"-Klassiker in einen "Supercolor" und machte ihn in 50 verschiedenen Farben verfügbar. Jeder Colorway war in kürzester Zeit ausverkauft. Keinen minder großen Erfolg landete das eingespielte Team mit der Neugestaltung des "Tennis Hu", der neben dem Stan Smith der wohl legendärste Tennisschuh von Adidas ist, und mit der Limited Edition des „Hu NMD“-Sneakers. Nach dem Launch folgte eine Bekleidungs- und Schuhmoden-Kollektion, die die "Menschlichkeit und kulturelle Vielseitigkeit der Welt" zelebrieren soll. Mit dem Konzept landeten Pharrell und Adidas einen internationalen Hit. Bei einer Veranstaltung seines neuen Geschäftspartners sagte Pharrell über die Kollaboration:
"Als Musiker ist diese gemeinsame Arbeit für mich ein Ausdruck von Kreativität und Kunst. Es gibt mir die Möglichkeit, meine Botschaft der Gleichheit mit der Welt zu teilen. Diese Angelegenheit war mir schon immer sehr wichtig."
Nicht jeder hat die finanziellen und kreativen Voraussetzungen wie Kanye West oder Pharrell Williams. Dennoch hat die Kollaboration nicht nur für Adidas und die Künstler ihre positiven Seiten. Auch Anhänger der Hiphop-Szene sind stolz darauf, dass es Rapper und ein weiterer Musiker geschafft haben, die Modebranche derart zu beeinflussen. Fans tragen die Kollektionen stolz als modisches oder politisches Statement.