25 Jahre Too Strong: Danke für Hiphop!

Die Dortmunder Hiphop-Crew Too Strong feiert 2014 ihr 25-jähriges Bestehen. Grund genug, unseren Lesern einige Tracks einer der einflussreichsten Crews im Deutschrap näher zu bringen. Viele von euch sind vielleicht sogar erst nach der Gründung von Too Strong geboren worden (ich auch, 1991er Jahrgang). Während wir noch nervige Drecksblagen waren, entwickelte sich in Deutschland die Hiphop-Szene. Damals mit Graffiti, BBoying, Hiphop-Jams, DJing - die perfekte Hiphop-Welt!

Wer weiß, wie die Szene jetzt aussehen würde, wenn Der Lange und Pure Doze sich nie getroffen hätten. Für einen Fan von deutschem Rap gehört das Wissen über Too Strong also gewissermaßen zum Allgemeinwissen. Meine Generation kann sich zwar nicht das originale Gefühl von damals holen, aber wir haben ja die Musik von damals als authentischen Zeitzeugen. Und da kommt mir manchmal das Gefühl, ich wäre im falschen Jahrzehnt geboren worden.

Vielleicht habt ihr auch manchmal das Gefühl, dass von einem erwartet wird, den Pionieren uneingeschränkten Respekt entgegenbringen. Im Fall von Too Strong ist das mehr als angebracht. 

Rabenschwarze Nacht (Empire Remix) war nur auf der Silorin EP zu finden und entwickelte sich über die Jahre zu DER TS-Hymne schlechthin. Ein Muss bei jedem Live-Auftritt und ihr seht im Video, warum das so ist. Abriss pur zum epischen Beat, der auf dem Imperial March aus Star Wars basiert. 

Auch wenn Video- und Soundqualität nicht unserem 2014er-Standard entsprechen, sieht man ganz eindeutig, wo Der Lange und Pure Doze eine ihrer Qualitäten haben: Live on Stage! Im zweiten Video seht ihr, wie Der Lange alle zum Abgehen motiviert. Weltklasse!

Ich habe Too Strong lange nicht bewusst wahrgenommen, bin über Eminem, die Gorillaz und Sido zum Hiphop-Fan geworden. Es hat mich überrascht zu sehen, dass Too Strong einen Disstrack gegen Sido veröffentlicht haben.

Die Vorgeschichte zu Insekten: 2001 erschien das Too Strong-Album Royal TS. Der Titel bezog sich zwar nur auf Too Strong, wurde aber von Sido und B-Tight negativ aufgefasst, da sie zu dieser Zeit unter eben diesem Synonym ihre Musik rausbrachten. Als Reaktion auf den gleichnamigen Albumtitel der Dormunder Rapper dissten Royal TS diese in einigen Tracks. Die Antwort aus dem Ruhrpott ließ bis 2005 (da hatte Sido schon Awards gewonnen, Maske veröffentlicht und seine Maske beim Bundesvision Song Contest abgenommen) auf sich warten, als Too Strong ihr fünftes Album Dreamachine veröffentlichten.

Gut möglich, dass etwa zu dieser Zeit eine Art Generationenwechsel im deutschen Rap stattfand, vom "realen" Rap, der sich auf die klassischen Säulen des Hiphops bezieht, hin zu Gangsta-Rap und stärkerem Fokus auf medien- und finanzwirksame Inszenierung. Das lässt sich zumindest anhand einer alten Diskussion aus dem Hiphop.de-Forum ablesen: Da geht es um Respekt, ideelle Werte, künstlerische Entwicklung und Abneigung gegenüber Backpack-Rappern. Debatten, die teils auch heute noch oder wieder aktuell sind - lest es hier nach! 

Dass Hiphop damals "real" war, musste Der Lange 2004 beim Juicy-Beats-Festival schmerzlich feststellen. Die Vorgeschichte realitätsgetreu nachzuerzählen ist nicht möglich. Daher belassen wir es beim Wesentlichen: Als Folge von Machtkämpfen unter Sprayern wurde Dem Langen beim Festival aufgelauert und er wurde bei einer Messerattacke schwer verletzt. Dieses Erlebnis und seine Folgen beschreibt und verarbeitet er in Schmerzen auf dem Album Dreamachine (2005) mit entwaffnender Ehrlichkeit. 

Unter dem Synonym Atom One war Der Lange als Writer bekannt. Den einen oder anderen Wholetrain findet man auch heute noch im Netz. Da ist es logisch, dass Graffiti ein zentraler Bestandteil vieler Texte von Too Strong war. In den 90ern gab es in Deutschland einen wahren Graffiti-Boom und TS haben mit ihren Texten unweigerlich einen großen Teil dazu beigetragen. Also danke dafür, dass die Schallmauern an Bahnstrecken in ganz Deutschland so schön bunt sind!

Kleiner Geschichts-Exkurs: In den 70ern, zur Entstehungszeit des Hiphop, gründete der New Yorker DJ Afrika Bambaataa die Zulu Nation. Das war eine Art gewaltlose Gegenbewegung zum Gang-Wesen, das sich in Amerika ausbreitete. Mit der Zulu Nation assoziierte Rapper sind zum Beispiel KRS-One, A Tribe Called Quest, De La Soul und Ice-T.

Auch in Deutschland entstand in den 80ern eine Untergruppe, deren offizieller "König" Torch war. Andere Rapper, die zum deutschen Chapter gehörten, waren unter anderem Boulevard Bou, Jan Delay, Cora E, Toni L und Marcus Staiger. An sich eine gute Sache, aber die Zulu Nation versuchte mehr und mehr ihren Mitgliedern Regeln aufzuzwingen. Man sollte zum Beispiel keine Drogen konsumieren und später auch keine Coca Cola trinken oder Gummibärchen essen. 

Eigentlich als Party-Gag gedacht, gründeten Too Strong 1993 auf einer privaten Party die Silo Nation. Sie steht für Respekt, Spaß, Toleranz und Freiheit. Besonders wichtig: Für die Silo Nation steht der Charakter eines Menschen im Mittelpunkt - scheißegal woher, welche Kleidung, welchen Musikgeschmack, ob Drogenkonsum oder nicht!

Eine genauere Definition gibt's auf der TS Website. Die Silo Nation wird in mehreren TS-Songs thematisiert. Ein Beispiel dafür ist Silo Kapitel III

Auf persönlichen Wunsch von Hiphop.de-Grandmaster Fu gibt's zum Abschluss etwas zu Krank vom 1996er Album Intercity FunkDer Lange und Pure Doze erzählen eine abgedrehte Horror-Geschichte darüber, wie "krank, so krank. Richtig, richtig krank" sie sind. Der kranke Text erinnert mich durch die explizite und absurde Gewaltdarstellung ein bisschen an das alte Zeug von Hank und Fav

Der Lange entlockt einem mit den Stories zwischendurch so manches Schmunzeln, wenn er von asozialen Zombies aus der Bäckerei, Wahnsinnigen mit Schnackmessern im Wald oder vom Spielplatz erzählt. "Ich hab Bonbons für dich. Komm mit mir, Kleiner!" oder "Rechts oder links - einen muss ich dir aufschlitzen". Gönnt euch! 

Fus objektives Urteil: "Krank MUSS sein! Die Story Digger - Legende!"

Zum Schluss wird ausgesprochen, was man sich eigentlich auch hätte denken können: "Wir sind jetzt draußen, ähh, bisschen 'drunken Style' gekickt" und damit wären wir ja auch wieder bei Fav.

Alles Gute zum 25-jährigen Bestehen wünscht Hiphop.de!

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