Shindy, Haftbefehl, Bonez & Co: Die heißesten Deutschrap-Alben 2019

In der Hoffnung, dass dieses Jahr das letzte locker in die Tasche stecken wird, blicken vier unserer Redakteure in die Zukunft und wagen Prognosen zu den heißesten Alben, die uns in den kommenden zwölf Monaten erwarten (könnten). Manch ein Album hat schon ein Release Date, andere werden wohl bald eines bekommen und bei wieder anderen besteht eine gute Chance, dass sie 2019 erscheinen werden.

Unsere Definition von "heiß" ist in diesem Fall relativ offen gehalten: Die offensichtlichen Kandidaten, mit Hypes und Zahlen auf ihrer Seite, nehmen zwar einen großen Teil ein, aber auch vermeintlich kleinere Releases finden ihren Platz. Ebenso wie wir uns echte Knaller unter unseren 21 Picks wünschen, hoffen wir darauf, dass neue und bekannte Künstler uns mit Sound, Inhalten und Ideen überraschen können, die aktuell noch nicht vorauszuahnen sind. Mit der Liste erheben wir keinen Anspruch auf Komplettheit, sondern wollen das Gespräch über das Deutschrap-Jahr 2019 ins Rollen bringen. Wir starten mit einem großen Finale ...

RAF Camora – Zenit

Es heißt, man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Nach dem Zenit geht es bergab und wir haben schon zu viele Rapper ihrer einstigen Form hinterherlaufen sehen. Dass RAF sein angeblich letztes Soloalbum "Zenit" nennt, zeigt, dass er es ähnlich sieht. Er könnte alles besser machen.

Sein Weg vom gefeierten Kritikerliebling zum gefeierten Superstar ist bestens dokumentiert in seinen eigenen Songs. Es war nie sein Ziel, mal ihr Star zu sein. Und doch ist er es heute. Nun steht der Wiener vor der Aufgabe, ein Album zu schaffen, das der eigenen Karriere gerecht wird.

Sicher wird er nicht darauf verzichten, funktionierende Formeln der letzten zweieinhalb Jahre anzuwenden und die mehr oder weniger sicheren Erfolge einzufahren. Über all die Jahre ist er aber selten den einfachen Weg gegangen. Wer seine musikalische Entwicklung seit 2016 verteufelt oder den "alten RAF" gar nicht kennt, wird sich 2019 wundern. Die fast schon planbaren Charterfolge – der einfache Weg – dürften eher Mittel zum Zweck sein. RAFs Verantwortung gegenüber der eigenen Diskografie ist es nämlich, mit "Zenit" ein Album voller Gefühle, Erfahrungen, Tiefe und musikalischer Grenzüberschreitungen vorzulegen. Das weiß er und das wird er tun.

(Clark Senger)

Bonez' Soloalbum, "Zenit" & Moves : RAF Camoras Vorsätze 2019

Genau so wie viele andere Menschen, die sich zu Beginn des Jahres viele Dinge vornehmen, hat auch RAF Camora ...

Haftbefehl – DWA

Als Haftbefehl Ende Oktober mit einem Foto am Flughafen unmissverständlich deutlich machte, dass „der Winter kommt“ und er seine Fans zu lange habe warten lassen, nährte er erneut die Hoffnungen auf ein baldiges Release. Die Affen hat er seitdem immer noch nicht aus dem Zoo gelassen. Doch der Winter ist noch nicht vorbei und dieser Hafti wird schon wissen, wann er den Gasherd mit neuen Trap-Brettern und lyrischen Straßensprechkreationen anschmeißt. Schließlich bastelt man einen ebenbürtigen Nachfolger zu seinem vermeintlichen Opus Magnum („Russisch Roulette“) nicht mal eben baukastenartig in der Crackküche zusammen.

Soundtechnisch dürfte sich Haftbefehl wieder an den brachial bouncenden Bazzazian-Beats orientieren. An der einen oder anderen Stelle legt der Babo sicher auch wieder Autotune über seine markante Stimme. Was den Inhalt und die Art, wie der Offenbacher ihn verpacken könnte, angeht, sei gesagt: Es wird Haft-gemäß wortgewaltig, ungeschönt dreckig, aber hier und da sicher auch reflektiert. Kommt dazu wieder eine Prise Innovation, wird „DWA“ ein sicherer Kandidat für den Titel "Album des Jahres"!

(Robin Schmidt)

Tua – Tua

Kaum jemand wird szeneintern für sein musikalisches Genie so verehrt wie Tua. Sein Album "Grau" ist eine schier nicht hatebare Collage von Sound und Rapkunst. Dass mit "Tua" nach ganzen zehn Jahren ein Nachfolger erscheint, ist ein Glück für alle Rap-Gourmets. Schließlich war Tua lange mit den Orsons unterwegs und probierte sich als Künstler in vielen Richtungen aus.

Nun geht es also zurück in eine grau verhangene Gedankenwelt, die wohl nur Tua mit den passenden Worten auskleiden kann. Die Ästhetik der ersten Singles "Vorstadt" und "Vater" führt den "Grau"-Faktor in Tuas Werk nahtlos fort. Auch eine Dekade später findet sich hier keine Musik, um sich beiläufig berieseln zu lassen.

Der Hörer erlebt etwas, das Deutschrap zum Teil abhandengekommen zu sein scheint – Tua erzählt Storys und echte Geschichten, die kaum persönlicher ausfallen könnten. Der Tod des geliebten Vaters und die eigene Sozialisation am Rande der Stadt setzen die ersten Eckpunkte, an denen sich "Tua" ausrichten wird.

(Michael Rubach)

KC Rebell – tba.

Zwar zog KC Rebell sich nur etwa ein Jahr zurück, doch auf seinem kommenden Soloalbum dürfte er extrem viel zu erzählen haben. Vor allem auf zwei Themen brennen die Fans: KCs überraschender Beef mit PA Sports sowie sein ebenso überraschender Weggang von Banger Musik. Nach fünf Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit hat KC sein eigenes Label Rebell Army gegründet und wird ab sofort unter neuen Strukturen releasen. Zudem begann ein neues privates Kapitel in seinem Leben, KC wurde im September erstmals Vater.

"Bin mit meinen letzten Alben Gold gegangen, mein Hype reicht mir genügend aus und wenn mein neues Album kommt, dann wird wieder alles wegrasiert, was es gibt", kündigte er vor wenigen Monaten selbstbewusst an. Soundtechnisch zeigte KC sich in der Vergangenheit stets experimentierfreudig, was zuletzt auf "Maximum" (2017) mit Summer Cem zu hören war.

2018 war KC lediglich mit ein paar Feature-Parts am Start. Nach einigen Monaten Auszeit haute KC im November über Nacht einen Song mit Capital Bra raus. Während Letzterer ein potenzieller Feature-Kandidat für KCs Album ist, steht der erste Gast schon fest. Kontra K wird auf der Platte vertreten sein.

(Jonas Lindemann)

SSIO – tba.

Preisfrage: Wer bekommt von seinem Hausarzt einen Big King XXL verschrieben? Und wer bubimst auch dibickere Frauen? Ja ja, genau. S-S-I-O. Mit einer erfrischenden Portion Humor und Selbstironie hat uns der "Kanalreiniger" mit seinen bisherigen zwei Studioalben bewiesen, dass sich Rap von der Straße auch mal selbst aufs Korn nehmen kann, ohne an Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Auf einem klassischen 90er-Oldschool-Gerüst bot der Bobinner bislang reihenweise gewitztes Entertainment zum Kopfnicken an. Dieses Erfolgsrezept sollten wir auch auf seinem neuen Album erwarten können, welches SSIO eigentlich schon im letzten Jahr vor der angekündigten Tour releasen wollte. Die Tour wurde dann von Herbst auf März 2019 verlegt. Hält der Bonner aber sein Wort, dürfte die LP noch im ersten Quartal des Jahres erscheinen – es ist längst Zeit für ‘ne neue Nummer. Am besten gleich ein ganzes Album voll neuer Nummern.

(Robin Schmidt)

Bonez MC – tba.

Es hätte kaum mehr passieren können, seit Bonez' bislang einziges Soloalbum "Krampfhaft kriminell" erschienen ist. Mitte November feierte die Platte ihren sechsten Geburtstag und 2019 soll der Nachfolger erscheinen. Endlich!

Nachdem es bereits Bonez war, der dem 187-Hype gemeinsam mit RAF und "Palmen aus Plastik" einen neuen Impuls geben konnte, so ist es jetzt ebenfalls Bonez, der das vielleicht beste Album der Crew-Geschichte veröffentlichen kann. Musikalisch ist der Social-Media-Boss seinen Jungs teilweise weit voraus und es gibt seit einiger Zeit kaum eine prägendere Persönlichkeit in der Szene.

RAF wird die Entstehung des Albums als Executive Producer überwachen, wodurch die Qualität der Musik safe sein dürfte. Auf Jambeatz werden wir dennoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht verzichten müssen. Bonez hat die Fähigkeiten, um aus einer ganzen Palette an Styles zu schöpfen. Für die Langlebigkeit der Platte wird es eher entscheidend sein, ob sie mehr als eine Compilation aus 187 und "PaP" wird. Neben den Momenten, die Bonez' Stärken aus beiden Welten in den Fokus rücken, muss auch John-Lorenz Moser seinen Raum auf der noch titellosen LP bekommen. Wenn das gelingt und RAF ihm einen eigenen Sound auf den Leib schneidert, wird er nicht nur ein extrem erfolgreiches Album droppen, sondern womöglich auch ein extrem gutes, das in der Deutschrap-Historie über Hypes und Erfolge hinaus Bestand haben kann.

(Clark Senger)

LX & Maxwell – Obststand 2

Mit "Obststand 2" steht neben Bonez' Soloalbum ein weiteres 187-Release in diesem Jahr fest. Vier Jahre nach dem ersten Teil kommen LX und Maxwell wieder als "Obststand"-Duo um die Ecke. Mehrfach kündigte Bonez eine Fortsetzung des Kollaboalbums an; mit den Unterschriften der zwei bei Auf!Keinen!Fall! im vergangenen Jahr wurde der zweite Teil bestätigt.

Zurzeit zeigen sie sich immer öfter bei gemeinsamen Sessions in Jambeatz' Studio, "Obststand 2" ist in der Mache. Seit Teil eins hat sich eine Menge getan. "Obststand" erschien 2015 in der Frühphase des explodierenden Hypes um die 187 Strassenbande. LX, der vorher nur von wenigen Songs bekannt war, und Maxwell präsentierten sich in Form von "Obststand" erstmals auf Albumlänge und sorgten in einer Zeit ohne Streaminghype mit Platz fünf in den Charts für einen ersten Achtungserfolg. Während LX kurz darauf inhaftiert wurde, konnte Maxwell seine Popularität vor allem durch "Ohne mein Team" in neue Sphären katapultieren und droppte sein Debütalbum "Kohldampf". 2017 war er auf dem "Sampler 4", der ursprünglich eine LX-EP werden sollte, präsenter als Maxwell.

Nachdem es 2018 beide ruhiger angehen ließen, wird es interessant zu sehen sein, ob das Duo auf "Obststand 2" den gleichen Hunger an den Tag legen kann wie vor dem großen Erfolg. Auf den zu erwartenden, kompromisslosen Jambeatz-Sound und die rotzfreche, asoziale Street-Attitüde von LX und Maxwell dürften sich besonders langjährige 187-Fans freuen.

(Jonas Lindemann)

Sun Diego & Kollegah - "Bossaura 2"

"Vielleicht seid ihr auch in Hamburg oder Moskau dabei/Der Rest ist Zukunftsmusik, so wie ...", rappt Kollegah im Outro seines neuesten Hoodtapes, das im Dezember zusammen mit "Monument" erschienen ist. Welcher Titel wunderbar in die Zeile passen würde, liegt auf der Hand. Mit dieser erneuten Anspielung auf einen zweiten "Bossaura"-Teil ließ Kollegah die Fanherzen höher schlagen.

Im vergangenen Jahr verdichteten sich zunehmend die Anzeichen, dass Kollegah und Sun Diego hinter den Kulissen längst wieder cool miteinander sind und möglicherweise gemeinsame Sache machen. Andeutungen dort, Props hier: Das Tischtuch scheint nicht mehr zerschnitten zu sein wie noch im Frühjahr 2017, der Hochphase des Beefs zwsichen den beiden. Schon damals behauptete PA Sports, der Streit zwischen Kollegah und Sun Diego sei gespielt. Geäußert hat sich keiner der zwei dazu, es wurde weiter gedisst. Vielleicht haben YouTuber Mois und Manager Akay vermittelt, die mit beiden Seiten stets befreundet waren und sind. Wie die Versöhnung von Kollegah und Sun Diego zustande kam, dürfte den Supoortern spätestens egal sein, wenn "Bossaura 2" tatsächlich erscheint.

Neben den gennanten Andeutungen betonte Kollegah in der Promophase zu "Monument" mehrfach, vorerst keine Releases mehr zu bringen, sprach dabei allerdings immer nur von Soloalben. Eine bewusste Formulierung? Sun Diego legte im vergangenen Jahr eine Pause ein, veröffentlichte nur wenige Songs. Aus musikalischer Sicht könnte "Bossaura 2" sehr spannend werden, entfernte sich Sun Diego zuletzt doch immer mehr vom auf Skills und Flexen konzentrierten, aggressiven SpongeBozz-Sound hin zu sommerlichen Produktionen mit gesanglichen Passagen und Ohrwurmhooks wie auf "Eloah". In der jüngeren Vergangenheit ließ sich Kollegah oft nur auf ironische Art und mit Augenzwinkern auf derlei soundtechnische Ausflüge ein. Jedoch wagte er auf "Monument"-Songs wie "Löwe" musikalische Ausbrüche und lieferte gesungenere Passagen und Autotune-Einsatz. Es ist nur schwer vorstellbar, dass Kollegah sich noch mal so krass auf einen Bruch mit seinem eigentlichen Style einlässt, wie 2011 auf "Bossaura", das – was nicht vergessen werden darf – gar kein Kollaboalbum war, sondern ein Kollegah-Album mit massig Einfluss von Sun Diego.

Dass "Bossaura 2" geplant ist, steht seit der oben zitierten Zeile wohl außer Frage. Sollte es 2019 nicht soweit sein, wäre es an der Zeit für ein neues Soloalbum von Sun Diego. Das wiederum hätte inhaltlich vermutlich einiges zu bieten. In seiner vor knapp einem Jahr veröffentlichte Biografie erzählte Sun Diego viel von seinem privaten Struggle, dessen musikalische Aufarbeitung in weiten Teilen noch fehlt. Hinzu kam 2018 eine schwere Erkrankung und zahlreiche Krankenhausaufenthalte. Zu erzählen hätte Sun Diego einiges - und vielleicht legt er dann noch das Bandana ab.

(Jonas Lindemann)

Kollegah in L.A.: Mögliche Sun Diego-Reunion & Scott Storch-Session

Wenig dezente Andeutungen in Bezug auf Sun Diego dürften die Fans aufhorchen lassen.

Shindy – Drama

Die wohl spannendste Personalie im deutschsprachigen Rap 2019: Wie geht es für Shindy weiter? Nach dem Split mit Ersguterjunge, seinem Social-Media-Rückzug und der Verbannung aller Soloalben von Spotify hat man von dem ehemaligen Bushido-Protegé über zwei Jahre kaum ein Lebenszeichen vernommen – gestern ging allerdings sein Instagram-Account wieder online, der seitdem ein ordentliches Wachstum genießt.

Im November letzten Jahres sprach Shindy dann mit dem Magazin "BOA" über seine derzeitige Situation. Dabei ließ er auch anklingen, dass er mit den Produzenten Nico Chiara und OZ an neuer Musik arbeite. Die musikalische Grundausrichtung hat Shindy wohl auch schon festgezurrt. Wir dürfen uns auf das Beste aus zwei Welten freuen: straighter Boombap-Sound aus den 90ern gepaart mit zeitgenössischen Tönen.

Die interessantere Facette dürfte aber der Inhalt auf dem Nachfolger zu "Dreams" darstellen. Geht Shindy in Sachen Bushido und Arafat ins Detail? Wehrt er sich gegen die Disses von Kollegah und Farid Bang? Oder lässt er all das komplett links liegen und erzählt uns wieder von Late Breakfasts mit Pancakes in der Honeymoon Suite? In jedem Fall könnte Shindy mit seinem ignorant-eigenwilligen Style dem Deutschrap-Game in diesem Jahr wieder mächtig den Stempel aufdrücken.

(Robin Schmidt)

Fler – Colucci

Er ist "zu Colucci für dein Gucci". Fler hat sich in den letzten Jahren zu einer der konstantesten Personen im Rapgeschäft entwickelt. Wo Flizzy draufsteht, ist auch Flizzy drin. Die Interviews mit Realtalk stechen weiterhin locker manche Hollywoodproduktion aus. Der musikalische Output bewegt sich zudem durchgängig auf der Höhe der Zeit und teilweise darüber hinaus. Seit "Vibe" fühlen mehr und mehr Leute diesen Boy.

"Colucci" könnte nach "Flizzy" und der Jalil-Kollabo "Epic" Flers neuer Streetrap-Klassiker werden. Dafür sprechen die bisherigen Singles "Dieser Boy" und "Keinen wie mich". Fler schafft es, so rough zu klingen wie zu CCN-Zeiten, ohne dabei an Style einzubüßen. Wie leicht es Fler aktuell von der Hand zu gehen scheint, die Gefühlswelten zwischen Hochhäuserschluchten und Designergarderobe einzufangen, zeigt die "Conor EP".

Ja, da sind die wilden Adlibs – aber gleichberechtigt steht im Song "Gänsehaut" auch das prägnante Frauenarzt-Sample. Als wäre all das nicht genug, ist da noch die angekündigte Fortsetzung von "Vom Bordstein bis zur Skyline" mit Farid Bang. Gelingt es Fler sein Level zu halten, könnte mit "Colucci" bereits im März eines der Straßenrap-Alben des Jahres droppen.

(Michael Rubach)

RIN –tba.

RIN hat zwar noch kein Album für 2019 angekündigt, aber dennoch könnte der Nachfolger zu "Eros" in vielerlei Hinsicht für Furore sorgen. Der Bietigheim-Bissinger versteht es wie kaum ein Zweiter, das Gefühl der Jugend in seine Tracks zu bannen. Mancher Kritik zum Trotz geht es dabei nicht nur um Marken, Drogen und Rausch.

Im "Outro" des Mixtapes "Planet Megatron" bringt RIN einfach Bars und zeigt, dass sich eine Faszination für Lil Uzi Vert und Lakmann nicht ausschließen muss. Gerade solche persönlichen und raplastigen Inhalte sind bei RIN eher die Ausnahme. Er wurde bisher zurückgehalten:

"Doch ich warne alle, denn sie woll'n nicht, dass ich flippe / Karrieren f*cke, Lines schreiben, damit Leute zittern"

Insofern er es jedoch schaffen sollte, Persönliches, seine (zweifelsfrei vorhandene) Technik und Melodien in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen, könnte ihm ein großer Wurf gelingen. Dass der Junge Hits aus dem Ärmel schütteln kann wie kaum ein Zweiter, muss er niemanden mehr beweisen. Die Setlist bei einer RIN-Show spricht für sich und wenn jemand Freude am Experiment zeigt, dann ja wohl der King of Ljubav!

(Michael Rubach)

OG Keemo – tba.

"Neptun" 2017 war schon heiß, "Skalp" 2018 entwickelte sich zum Lauffeuer unter denen, die zu lange auf einen Wandel hoffen. OG Keemos Fame wächst anders als bei den großen Hypes, die Rappern goldene Zahlen und lilane Batzen verschaffen. Beim Zonkeymobb sind rote Scheine längst ein Running Gag in den Musikvideos. Man schießt nicht die ganze Flasche Spiritus ins Feuer, sondern lässt die Flamme wachsen. Brett für Brett für Brett.

Nach zwei Tapes stellt sich nun die Frage, ob Keemo und Funkvater Frank schon 2019 wieder Genicke und Rapperegos brechen lassen wollen. Wenn die Tour mit RIN und der erste eigene Streifzug mit dem Mobb Mitte Februar vorbei sind, könnte das Duo sich relativ bald an den ersten Langspieler machen.

Angekündigt ist noch nichts, aber das ist Räubermusik und der nächste Winter kommt bestimmt. Wenn Keemo noch 2019 mit seinen Wortspielen, komplexen Reimen und sprachlichen Bildern wie ein Mantarochen über Frankys einzigartige Boombap-Trap-Hybriden gleitet, dann wird es ein AOTY-Kandidat, den sich kein Rapfan entgehen lassen sollte. OG Keemo Sabe, merk dir seinen Namen!

(Clark Senger)

Dendemann – Da nich für!

Über Jahre war es "immer das Gleiche mit diesem Dendemeier". Ein neues Album stand im Raum, aber richtig konkret wurde es nie. Eine kommende Dendemann-Platte verselbstständigte sich zum absoluten Running Gag. Als im Herbst durchsickerte, dass tatsächlich ein Nachfolger zu "Vom Vintage verweht" auf uns zukommt, blieb auch ein bisschen Skepsis.

Wie klingt ein Dendemann 2018/19? Die Antwort: politisch und trendbewusst zugleich. In Zeiten, in denen demokratische Werte ins Wanken geraten, sagt Dendemann, was er von übertriebenem Nationalstolz und dem Wegducken in schwierigen Situationen hält (Spoiler: Nichts!). "Keine Parolen" als Comeback-Single zu wählen, ist ein Statement für sich. Ohne dickes Feature oder hittige Hook verschafft sich der Wortjongleur Luft.

In Kurz-Clips ("Wo ich wech bin") teast Dende zudem an, was auf "Da nich für!" alles stattfinden könnte - das Spiel mit Sprache, Message-Rap und ein weiterhin brillanter Lyriker in Hochform.
Wie sehr Dende die letzten Jahre genau hingehört hat, verdeutlicht "Littbarski" mit Trettmann. Die Trends und Hypes der Gegenwart verpackt Dende in einem Song über sein feierwütiges Bae.

(Michael Rubach)

Azet & Zuna – Super Plus

Eins der größten Deutschrap-Kollaboalben 2019 dürfte aus dem Hause KMN kommen. Am 8. März soll "Super Plus" von Azet und Zuna erscheinen. Beim letzten Konzert von Azets erfolgreicher "Fast Life"-Tour wurde das Album vor ausverkauftem Haus in Köln angekündigt. Das frenetisch jubelnde Publikum von 4.000 Leuten machte abermals deutlich: Der Hype ist real.

Das zeigen auch die Klickzahlen der ersten Singles. Während "Skam Koh" nach nicht einmal zwei Monaten bei über 16 Millionen YouTube-Views und knapp elf Millionen Spotify-Streams steht, kann das Video zu "Lelele" nach etwa drei Wochen knapp neun Millionen Aufrufe sowie über neun Millionen Streams bei Spotify verzeichnen. Die Singles zeigen außerdem, dass Azet und Zuna ihrem KMN-Sound treu bleiben und offenbar keinen großen Bruch mit ihrem bisherigen Style wagen. Das müssen sie allerdings auch nicht, denn niemand kann den ohrwurmlastigen und tanzbaren KMN-Sound so gut wie KMN selbst.

Dafür sorgte bei "Skam Koh" und "Lelele" Lucry, ebenso ist mit Produktionen von DJ A-Boom zu rechnen. Oft kopiert, von der Deutschrap-Community viel kritisiert: Die KMN Gang macht unbeirrt weiter und schickt im Frühjahr ihr stärkstes Duo ins Rennen, das sich um Erfolg keine Sorgen machen muss.

(Jonas Lindemann)

Capo & Nimo – Capimo

Neben "Super Plus" erwartet uns im März ein weiteres Kollaboalbum zweier namhafter Künstler. Eine Woche vor Azet und Zuna bringen Capo und Nimo am 1. März ihr Album "Capimo" auf den Markt. Die Rufe nach einem gemeinsamen Projekt der zwei wurden seit ihrem Hit "Lambo Diablo GT" zunehmend lauter.

Jedoch liegt darin auch ein Problem: Die Ansprüche an die beiden sind sehr hoch. "Lambo Diablo GT", das 2017 bei den Hiphop.de Awards zum Song des Jahres gewählt wurde und kürzlich Platinstatus erlangte, dient nun stets als Messlatte für die "Capimo"-Songs. Die bisherigen Singles "Mon Chéri", "Lean", "Zoey" und "Anderes Niveau" sorgten bei den Fans für gemischte Gefühle. In enttäuschten Kommentaren sind einige sich einig, dass Capo und Nimo mit dem "Lambo Diablo GT"-Style besser fahren würden.

Von dem Gedanken, auf "Capimo" 14 Songs im "Lambo"-Style serviert zu bekommen, muss man sich frei machen. Sowohl Capo als auch Nimo zeigten sich in ihrer Karriere immer experimentierfreudig und steckten dafür oft zunächst viel Kritik ein, was sie nie aus der Ruhe brachte. Es treffen zwei progressive Artists aufeinander, die ohne Zweifel zusammenpassen und das Potenzial haben, ein starkes, neuartiges Album zu droppen – mit Hauptaugenmerk auf Easy-Listening-Vibes, Melodien und clubtauglichen Hooks.

(Jonas Lindemann)

Samra – tba.

Als "gottverdammter Rohdiamant" hat er sich dieses Jahr einen Namen gemacht und der Feinschliff ist in vollem Gange. Bei EGJ hat man die Zeichen der Zeit erkannt und präsentiert der Szene mit Samra einen Rapper, der sich zwar auch schon durch dröhnende 808s gerappt hat, aber mittlerweile zielbewusst einen Gegenentwurf zu (Deutsch-)Raps Gegenwarts verkörpert.

Den melancholischen Streicher-Samples und staubtrockenen Drums merkt man deutlich den Einfluss seines Labelchefs an. Manche vergleichen ihn sogar mit dem jungen Bushido, aber so ganz haut das nicht hin. Ja, auch Samras Stimme hat einen hohen Wiedererkennungswert. Da hört es aber schon fast auf. Sein Rap ist hungrig und verspielt wie ein Pitbull-Welpe; die Beats sind seine Bälle, die er ein ums andere Mal zerfetzt – das sind Qualitäten, die er seinem Mentor schon jetzt voraus hat.

Wohin geht es mit dem Album? Die Singles "Cataleya", "Roadrunner" und "Rohdiamant" scheinen bereits eine klare Linie für das bevorstehende Release vorzugeben und die bisherigen Erfolge geben wenig Anlass für große Veränderungen. Für ein wirklich beeindruckendes Debütalbum könnte man diesen Film sogar in aller Konsequenz durchziehen, wenn Samra es schafft, die simple Vereinigung von Rap und Beat mit seiner Persönlichkeit zu füllen.

(Clark Senger)

Kool Savas – KKS

Wenn Kool Savas sein Album "KKS" nennt, kann das nur bedeuten: Sav besinnt sich auf seine Anfangstage und kramt seine Ur-Werte und Traditionen wieder heraus. Nicht, dass er sie in seiner über 20-jährigen Karriere unterwegs verloren hätte. Der selbsternannte "King of Rap" will auch 2019 noch markieren, wer einer von Deutschraps Vätern ist. Feinstes Technik-Gespitte mit einigen ekligen Lines und Flow-Salven dürften uns da überwiegend bevorstehen.

Auf soundtechnische Experimente wird Savas wohl verzichten. Stattdessen gilt: Weniger ist mehr. Minimalistische Instrumentals also, ohne viel Schnickschnack, die genügend Raum für seine Omnipräsenz bieten. Weil er diesen Style geprägt hat wie kaum ein anderer und auf dem "Rapfilm" hängengeblieben ist, verdient sich Savas auch 2019 noch eine Krone: "KKS, King of Rap, wenn du glaubst, was du siehst / Sieh mich an und sag: S, du bist dope, wir sind weak!"

(Robin Schmidt)

Mero – Ya Hero Ya Mero

Der Hype um Mero ist eine der Ausnahmeerscheinungen in 2018 gewesen. Wie der Rüsselsheimer Rapper mit "Baller los" in die Szene geplatzt ist, ließ viele verdutzte Gesichter zurück. Inzwischen ist bekannt, dass zu solch einem steilen Aufstieg auch ein guter Plan gehört.

Meros Weg aus der Instagram-Bubble an die Chartspitze könnte außerdem wegweisend für die nächsten Jahre sein. Neben einer gelungenen Selbstvermarktung überzeugt Mero aber auch mit Rapskills. Der Xatar-Schützling besticht durch seinen Flow und bringt einiges mit, um dauerhaft Erfolg zu haben. Zum ersten größeren Prüfstein dürfte sein Debütalbum "Ya Hero Ya Mero" avancieren.

Instagram-Clips mit Eno weisen schon daraufhin, was demnächst in die Trends schießen wird. An Mero wird zudem interessant zu beobachten sein, ob sich junge Künstler überhaupt noch an einem "klassischen" Album orientieren. Mero könnte einerseits darauf abzielen genau den Stoff zu liefern, der ihn in die bekannten Playlisten katapultiert. Andererseits stehen ihm alle Möglichkeiten offen, sein Künstlerprofil zu schärfen. Wie er nach seinem Senkrechtstart weitermacht, ist ihm überlassen. Die erhöhte Aufmerksamkeit für das Release scheint gewiss.

(Michael Rubach)

Capital Bra – CB6

Einen Superstar wie ihn hatte Deutschrap noch nie. Capital Bra hat sich in den vier Jahren seit seinem Debüt bei Rap Am Mittwoch zum Rekordhalter in den deutschen Singlecharts entwickelt. Vier Studioalben und zusätzliche EPs pflastern seinen Weg der letzten zwei Jahre. So kann das laufen, wenn der Junge von der Straße sich Hals über Kopf in die Musik stürzt. Im April erwartet uns mit "CB6" schon das nächste Werk; für die Kinder der Streaming-Ära verschwimmen das letzte und das nächste Release längst in den Playlists zu einem nicht endenden Fluss neuer Musik.

Auch wenn die Hater und Kritiker durch den Overkill immer lauter werden, gehört "CB6" ohne jede Frage zu den heißesten Alben 2019. Wie lang lässt sich die Siegessträhne fortführen? Hält Capi weiterhin den Spagat zwischen autotune-schwangerem Geträller und aggressiven Street-Representern? Was passiert, wenn er das dritte Album in Folge nach dem gleichen Rezept abliefert? Oder erfindet er sich neu? Kann das Alter Ego Joker Bra wirklich für die erhoffte Abwechslung sorgen?

Der Mainstream dürfte längst mehr auf das Album hinfiebern als die Kernhörerschaft der Rapszene. Und dennoch werden es am 26. April wieder alle mitbekommen, wenn der Bratan verkündet, dass Berlin immer noch lebt, und viele werden gespannt zusehen und zuhören.

(Clark Senger)

Juju & Nura mit Soloalben

Ihr Standing in der Szene erkämpften sich Juju und Nura mit ihrem Debütalbum "Leben am Limit" noch rotzfrech gemeinsam. Dass die Zeichen erstmal auf Trennung stehen, deutete sich im letzten Sommer immer mehr an. Beide nahmen vermehrt Solosongs auf und arbeiteten mit ganz verschiedenen Künstlern. Im Herbst gaben sie dann das Aus für SXTN bekannt.

Zunächst kündigte Juju ihr Soloalbum für den 31. Mai an, dann zog Nura mit ihrem Release für den 29. März nach. Der Split bedeutet für beide musikalisch vor allem eines: volle Konzentration auf ihren jeweils eigenen Kopf. Das sollte Raum schaffen, um Juju und Nura einzeln besser kennenzulernen. Neben selbstbewusstem Party-Rap mit markigen Sprüchen und Ansagen könnten uns auf den Alben auch persönliche Einblicke und Geschichten erwarten. Nura, auf deren Album der Fokus eher auf Gesang liegen wird, und Juju sind in der Szene gut vernetzt und werden trotz Trennung sicher nicht auf Albumlänge allein bleiben.

(Robin Schmidt)

Kategorie

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