Kool Savas' Meinung zu aktuellen Deutschrap-Hypes & angeblichen Klickkäufern

Die Hochkonjunktur von Kool Savas-Memes unter Beiträgen über Rapper, die auch singen, und jedes Thema, das irgendwie mit dem bösen Autotune verknüpft ist, flacht langsam etwas ab. Dennoch gilt Essah für langjährige Rapfans als ein Leuchtturm, als ein Symbol für Rap, wie er aus ihrer Perspektive zu sein hat.

Dass er selbst Respekt für Mero, Capital Bra und Co hat, bewies er schon Anfang des Jahres in unserem Interview. Jetzt sprach Savas mit der FAZ über aktuelle Hypes, unglaubliche Erfolge im Netz, angebliche Klickkäufer und vieles mehr. Wir haben einige interessante Stellen herausgesucht. Hater könnten sich ärgern, denn Essah ist keiner von ihnen. 

Kool Savas über angeblich gekaufte Klicks in der Szene

Natürlich wird Savas auf das Video des Y-Kollektivs angesprochen, in dem Ilhan Coskun angebliche Chart-Manipulation aufdecken wollte. Dass er dabei krachend scheiterte und aus der Szene Kritik erntete, scheint bei fachfremden Beobachtern nicht angekommen zu sein. Das Video hat den bleibenden Eindruck hinterlassen, so gut wie jeder erfolgreiche deutsche Rapper würde Klicks kaufen. Savas' Meinung dazu ist differenzierter als die der externen Beobachter:

"Ich finde es heuchlerisch, so zu tun, als sei die Manipulation der Charts ein neuer Trend. Das gab es früher schon - auch wenn es anders gemacht wurde. Früher schickten die Labels Leute los, die Singles und Alben kaufen sollten, um sie groß zu machen. Ich kann nicht bewerten, ob die Dokumentation, die den Betrug aufdecken soll, gut recherchiert und die Fakten geprüft wurden. Es klingt jedenfalls unfair, wenn man Künstlern komplett abspricht, selbst für solche Hypes verantwortlich sein zu können."

Dass die derzeitigen Erfolge des Genres bei manchen für Unglauben sorgen, kontert er mit der Einordnung, dass solche Zahlen "im Rap-Genre [...] absolut denkbar" seien. Außerdem fühlt er sich nicht von jungen Hypes bedroht oder gar um sein Stück vom vielzitierten Kuchen betrogen:

"Meinem Kuchen nimmt diese Entwicklung doch nichts weg. Ich bin mir auch sicher, dass die Hörer meiner Musik älter sind. Ich freue mich mehr über ausverkaufte Konzerte und erfolgreiche Alben als über einen Pausenhof-Hit."

Über Deutschraps Entwicklung, Gesang & Pop

Generell geht Essah davon aus, dass der aktuelle Trend hin zu poppigen Melodien eben nur ein weiterer Trend in der Historie ist:

"Eine Weile klang deutscher Hip-Hop eher melancholisch, jetzt ist er tanzbar und autotunig. In ein, zwei Jahren folgt dann der nächste Trend."

An anderer Stelle geht er dann von einer Abspaltung aus, die sich unter den Artists und damit auch unter Hörern vollziehen könnte. Tatsächlich liegt der Gedanke auf der Hand, wenn man sich beliebige Kommentarspalten ansieht. Dort treffen unterschiedliche Verständnisse von Rap aufeinander, wie auch Savas feststellt:

"Ich denke, es wird eine Art Abspaltung geben. Das, was mal Rap war, ist jetzt überwiegend Gesang. Diese Strömung wird sich viel stärker abgrenzen. Es wird klassischen Rap geben wie den von Sido, Azad, Megaloh und Marteria zum Beispiel. Und auf der anderer Seite wird es die Gesangsmucke geben. Pop und Rap werden immer mehr ineinander übergehen."

Kool Savas über Mero & Capital Bra: "Das MUSS ich respektieren!"

Komplettes Interview: https://youtu.be/nxW1Luvx4Ws

Womöglich werden aktuelle Trends damit zu mehr als einem temporären Hype – das muss sich noch zeigen. Blickt man heute auf die Geschichte des Raps zurück, stellt man fest, dass vieles aus der Vergangenheit heute aufgegriffen, neu kontextualisiert und zelebriert wird.

Als aktuelles Beispiel könnte man Shindy heranziehen, der beim Sound, den Lines und seinen Videos aus seinem kommenden Album immer wieder Referenzen auf die Helden seiner Jugend und Kultur einbaut. So tut Hiphop es schon immer. Dass die aktuelle Ära ohne Spuren an uns vorbeizieht, ist daher schwer vorstellbar, wenn die Abspaltung nicht in aller Radikalität die Bande zwischen Rap und Pop durchtrennt.

Savas selbst sieht diese Entwicklung eher nüchtern und beschreibt seinen Blickwinkel auf das Geschehen als "total entspannt". Etwas Kritik, die in manchen Fällen und unabhängig von der musikalischen Ausrichtung absolut nachvollziehbar ist, bringt er im Interview (hier in voller Länge) dennoch an:

"Meines Erachtens gibt es Veröffentlichungen, die klingen, als hätten die Musiker keine Lust auf ihren Job. Als würden sie es nur fürs Geld tun."

Kool Savas im Gespräch: „Ich würde eher Klicks kaufen als eine Bank zu überfallen"

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