Kollegah - Zuhältertape X-Mas Edition

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Pressetext / Beschreibung

Auch in der ursprünglichen Version hatte Kollegahs Zuhältertape das Zeug zum Classic. Drei Features, sechs Tracks und ein neues Intro auf Beats von Rizbo, Six June und Paul Supreme sind nun noch dazu kommen. Das Ergebnis ist nach wie vor beeindruckend.

Zum Inhalt: thematisch und konzeptionell bleibt Kollege Toni dem Namen des Tapes treu. Nicht ein Track weicht vom Konzept ausgefeilter Punchlines über Gewalt, Waffen, Nutten und Drogen ab. Battle und Geprolle bestimmen alle, nun neunzehn, Tracks. Zu unreflektierter Gewaltverherrlichung, Frauenfeindlichkeit und sämtlichen anderen Gangsta-Rap Disziplinen, gesellt sich dabei stellenweise auch, von Kollegah und Mr. Chissmann vorgetragener, Rassismus. Wir kommen also auch an Stellen, die selbst und gerade aus Rap-Sicht zuweit gehen. Wer bei Kollegahs Sprüchen keine moralischen Bedenken hat und sicher ist, dass Fake noch deutlich später anfängt, bekommt aber besten Entertainment-Rap geboten. Sehr geeignet zur Unterhaltung oder zum Ego-pushen.

Zurück zu dem, was dieses Tape meiner Meinung nach wirklich zum Classic macht. Kollegah überzeugt mit einem außergewöhnlichen Wortschatz, Dreifach-Rhymes, präzisen Doubletime Parts und den erwähnten Punchlines und Vergleichen. Was er rhymet hat man so meist noch nicht gehört. Im Gegenteil zu vielen anderen MCs in Deutschland, hat er es neben originellen Mehrfach-Rhymes außerdem drauf, unsaubere Reime so zu delivern, dass sie passen wie das White Tee zu den Air Force Ones. Auch wenn beide Kleidungsstücke im Schrank des 21-jährigen, Gucci-tragenden Nobel-Zuhälters natürlich nicht auftauchen. Der selbstbetitelte Gangstarapking beherrscht auf doppeldeutigen Wörtern basierende Punchlines ebenso, wie originelle Wortspiele ("...oder nein, warte - ich f*ck' Jennifer Lopez - denn ich bin der Typ, der mit Jenny verlobt is - und Jennifer lobt es..."). Auch bei mehrmaligem Durchhören lassen sich immer wieder neue, sitzende Punches finden. Die zweite Showtime-Strophe taugt als ernsthafter Anwärter auf den Titel "bester deutscher Doubletime-Part". Ebenso wie auf einem Großteil seiner Tracks, wechselt er zwischen normalem Tempo und Doubletime - ein Style, der weit weniger anstrengend als monotoner, Machinegun-Doubletime-Rap, rüberkommt.

Ein technisches Gebiet, auf dem Kollegah noch zulegen sollte/könnte, ist die Vielseitigkeit. Abgesehen von kleineren Rhytmus-Variationen klingt Kollegah oft gleich. Die neuen Tracks gehen hier aber in die richtige Richtung. Das hohe Gesamtniveau und die eingestreuten Doubletime Parts lassen Langeweile sowieso nicht aufkommen. Lyricism wird auf dem Zuhältertape sicherlich nicht geboten. Themen-Vielfalt, tiefe (oder auch flache) Erkenntnisse über das Leben, Storyteller, Konzept-Tracks und ähnliches, hat der Boss in seiner kurzen Zeit als Rapper bislang nicht ausprobiert. Die neuen Beats wissen durchaus zu überzeugen, auch wenn sie die (insgesamt eher unpassenden) Bushido-Vergleiche noch bestärken dürften. Beats wie der, der auf Temple Balls den ursprünglichen Torch-Hit Wir waren mal Stars ersetzt, sind definitiv eine starke Bereicherung des Tapes. Gleich zu Anfang zeigt Kollegah im neuen Intro-Track und der Nummer Zwei, Chinatown, dass er auch auf nach-vorne-gehenden Power Tracks und düsteren Selbstmord-Beats überzeugen kann. Auf dem letztgenannten Track findet sich übrigens der Text des alten Intros wieder.

Wirklich etwas anderes sind die neuen Songs trotz etwas anderem Style und "eigener" Beats allerdings nicht. Neue Themen oder konzeptionell aufgebaute Tracks bleiben auch hier aus. Der Beat Rizbos gefällt mir persönlich überraschenderweise weniger als die der anderen, unbekannteren Producer, trotz vielleicht besserer Qualität. Auch der zweite Label Kollege, Favorite, überzeugt auf Kaputt gemacht nicht komplett, trotz guter Strophe bleibt er hinter eigenen Möglichkeiten und Kollegahs hohem Niveau knapp zurück. Casper (Kinder des Zorns) und Mr. Chissmann machen ihren Job ebenfalls gut ohne zu begeistern.

Bewertung:
5 von 6

Fazit:
Auch wenn man Klassiker eigentlich immer erst im Rückblick identifizieren kann, das Zuhältertape scheint in diese Kategorie zu gehören - allerdings auch nur, wenn man den passenden Maßstab anlegt. Was Moral- und Authenzitäts-Fragen angeht, kann man sich über Kollegah streiten. Was Rap-Technik und Punchlines angeht allerdings nicht.Toxik