Review: Joshi Mizu – Zu!Gabe

Manche Rapper haben Style, manche Talent. Manche besitzen das Gespür für krachende Beats, andere können Hooks einsingen oder laden die richtigen Features ein. Und dann gibt es Joshi Mizu , einen sehr sympathischen, etwas zurückhaltenden Newcomer aus RAF Camora s Umfeld, der all das in sich vereint. Frisch ausgestattet mit einem Deal bei Indipendenza , releaste Joshi im Vorfeld zum Album die Zu!Name -EP, die bei der Veröffentlichung für Furore sorgte. Nun erscheint das Album Zu!Gabe ( auf Amazon vorbestellen ), das sowohl Cover-technisch als auch namentlich und soundmäßig an die EP anknüpft. Wir haben das Snippet auf unseren Youtubechannel geladen und uns mit Joshi zum Toxik trifft -Interview verabredet, wo wir zudem eine Folge Besieg den Beat aufgenommen haben. Doch zurück zum Album – wie klingt es?

" Jeder will wieder was Freshes seh'n und da bin ich, so zeitlos, weg vom monotonen Rap/ Und man kriegt mich jetzt nicht mehr weg, selbst mit Photoshop-Effekt " – Joshi Mizu im Intro

Los geht es mit dem Intro , das mit atmosphärischen Synthieklängen beginnt und schon die Richtung für die geschätzte nächste Stunde vorgibt: Es wird elektronisch; zu den Arpeggiators und den Synthies gesellt sich hier ein wobbelnder, Dubstep-inspirierter Bass. Joshi selbst passt sich inhaltlich dem modernen Klangbild an und bringt Metaphern aus dem High-Tech-Bereich: " Du hörst die Zukunft in meiner Musik/ Herzlich willkommen in meiner Welt, sie ist 'n Cyberloft/ Meine Wände sind aus Firewalls, meine Fenster nennen sich Microsoft ". Im weiteren Verlauf der CD bleibt der Sound ähnlich futuristisch und erstklassig produziert.

Was die Themenauswahl angeht, bietet Zu!Gabe reichlich Abwechslung: Während Joshi Mizu auf der Party-Hymne Drink in mein Glas eine jugendliche Scheißegal-Mentalität an den Tag legt, geht Eindruck einen Schritt weiter: Es geht darum, durchzudrehen; Joshi möchte " Schmutz machen, kaputt schlagen ", er ist " da, um aufzufallen ". Beide Beats bieten satte Dubstep-Bässe, zerhackte HiHats und perfekt eingesungene Hooks. Im Gegensatz dazu zeigt der Track Affen den negativen Aspekt des Party-machens. Hier prangert Joshi das kopflose Feiern ohne Rücksicht auf Verluste oder eventuelle Konsequenzen an und zieht die Metapher zum " primitiven Primaten " heran: Angetrieben von animalischen Instinkten wie der Fortpflanzung oder impulsiven Machtkämpfen, leben wir unser Leben Masken-tragend, ohne unser wahres Ich zu zeigen. Das Ganze passiert auf einem Beat mit abstrusen Synthieklängen, wobbelnden Bässen und klatschenden Snare Rolls. Joshi Mizu flowt gekonnt über das Instrumental und zeigt im Refrain das richtige Gespür für minimal gehaltene Hooks.

" Statt mit nervenden Menschen sein, bleib' ich einmal einsam/ Guck, die Sterne sind wie ich – leider nicht erreichbar " Joshi Mizu auf Telefon

Sehr entspannt kommt Telefon daher. Joshi hat " keinen Bock auf Gossip " oder ans Telefon zu gehen – wer kennt's nicht? Auch hier singt der gebürtige Wiener die Hook und zeigt sein besonderes Gespür für Melodien. Beattechnisch treffen klassische Reggae-Instrumente wie die Orgel oder die Clean Guitar, deren Einsatz genretypisch offbeat liegt, auf hallende Claps, Sechzehntel-HiHats und Joshi s pointierten Rap. Traumreise spinnt den roten Faden weiter: Joshi möchte nur noch weg vom " Stress " und " Versagern, die nur labern ". Weg aus " der Stadt ", ab ans Meer, Joints bauen und chillen. Apropos chillen: Kopfchillen featuring MoTrip ist eines der vielen Highlights der Platte. Alleine der Beat ist ein Brett. Konfuse HiHat-Patterns, eine einzelne Synthie-Melodie, dazu eine drückende Bassline, eine harmonische Hook, das passende Thema und ein mürrischer MoTrip in Bestform als Featuregast – schon ist der Hit geboren. Joshi Mizu schafft das, woran sich andere Künstler die Zähne ausbeißen: Er setzt amerikanische Standards ins Deutsche um und gibt dem Ganzen trotzdem eine eigene Note. Auch, wenn das hier soundtechnisch an Drake s I ' m On One erinnert.

Lieder wie Alles kann passieren oder XY featuring Raf Camora behandeln die Vergangenheit. Während erstgenannter Track Fehler der früheren Zeit abhakt und zuversichtlich in die Zukunft blickt, bezieht sich XY auf Raf s und Joshi s gemeinsame Vergangenheit mit Balkan Express und Assaut Mystik . Raf singt die Hook mit tiefer, einprägsamer Stimme, die Joshi s höhere Stimmlage kontrastiert. " Niemand hier ist makellos, denn Fehler zeigen Menschlichkeit/ Denn schließlich geht's um mehr als um die Vorstellung, perfekt zu sein " Joshi Mizu auf Mehr Mehr featuring Chakuza – wieder ein Brett von Beat. Ich warte eigentlich nur noch auf das halb gegrunzte, halb gehauchte " hugh " von Rick Ross , bevor er mir wieder erzählt, wie viel Geld er mehr hat als ich. Doch stattdessen dröhnt Chakuza s tiefe Stimme aus den Boxen, der hier unter anderem seinen Lebenswandel thematisiert. Joshi singt die Hook und blickt in seinen Parts hinter den Horizont, denn das Motto ist: Es gibt so viel mehr zu sehen. Während Keine Bitch eine bitterböse Abrechnung mit der Ex-Freundin darstellt, macht Joshi Mizu auf Teufel in dir reinen Tisch mit einem ehemaligen Freund. Das Instrumental stellt dabei einen der wenigen düsteren Beats des Albums. Mit dem atmosphärischen, minimalistischen Klangteppich, Joshi s Staccato-Flow und der einprägsam gesungenen Hook im Outro findet das Album einen gebührenden Abschluss. Etwas enttäuschend für die Fans dürfte sein, dass mit Traumreise , Zu!  featuring Raf Camora , Mama und Weniger ist mehr gleich vier Tracks aus der Zu!Name -EP übernommen wurden. Für diejenigen, die immer noch nicht genug davon kriegen, gibt es auf der iTunes -Version einen Remix zu jedem der vier Tracks.

Fazit:

Mit Zu!Gabe liefert Joshi Mizu ein in sich stimmiges, ehrliches und abwechslungsreiches Album ab. Sein Rap definiert sich durch fließende Lyrics, die immer wieder mal von Staccato-artigen, triolischen Flowpassagen gebrochen werden. Dazu gibt es gesungene Hooks und durch die Bank exzellente Beats, die sich nur schwer in eine Schublade packen lassen. In den Instrumentals von The Stereoids , die den Hauptteil produziert haben, KD-Supier und The Royals treffen Trap-Elemente auf krachende Dubstep-Sounds, die wiederum durch entspannte Reggae-Rhythmen oder diffuse Synthesizer ergänzt werden. „ Meine Mucke ist wie Skateboards, Bretter die rollen “ tönt Joshi Mizu auf Weniger ist mehr – und Recht hat er damit. Kleine Kritikpunkte: Der ein oder andere nicht ganz ausgeklügelte Vergleich (" Meine Stimme hat mehr Druck als Guttenberg ") und... ja, was eigentlich?  Zu!Gabe trifft den Zeitgeist, meinen Geschmack und den musikalischen Nagel auf dem Kopf. Und mit MDMA lauert laut dem Outro wohl schon die nächste Kugel im Indipendenza -Lauf. Achja, eins noch: Bei Joshi Mizu und Joshimixu handelt es sich nicht um die gleiche Person, ein für alle Mal. In diesem Sinne: !x!x!x.

Bewertung:

8 von 10 Punkten

Groove Attack by Hiphop.de