Drake - Nothing Was The Same (Review)
Endlich ist es so weit, Drake bringt sein neustes Werk. Was hat der junge Superstar diesmal zu bieten. Einen Richtungswechsel? Gibt's mehr rauhen Hiphop zu hören oder nimmt Drake die gesangliche Route? Wie schlägt sich das Album mit so erschreckend wenigen Gästen? Drake s letztes Album liegt bereits zwei Jahre in der Vergangenheit. In der Zwischenzeit hat der junge Kerl, der mit seinem Ruhm immer wieder zu kämpfen hatte, einiges erlebt: GQ -Cover, Platin-Platten en masse und nicht zuletzt der Grammy für das beste Rap-Album des Jahres, bei dem er niemand Geringerem als Nas die erste Trophäe wegschnappte. Das Überraschende dabei: Es gab kaum Widersprüche, denn Take Care war wahrlich ein wahnsinnig gutes Album. Ausgerüstet mit Beats von Just Blaze und T-Minus und dem außergewöhnlichen Talent für Ohrwurm-Hooks stürmte Drake mit einer Single nach der anderen die Charts und Clubs zugleich. Und fast identisch ging es am Anfang dieses Jahres weiter, als Started From The Bottom einschlug. Die redundante Phrase auf dem extrem hektischen Trap-Beat hatte ungewöhnliche Eigenschaften für den Hit, zu dem er im Endeffekt wurde. Bereits vor Albumrelease hatte Drizzy also Doppelplatin für die Single eingesackt – haben sie sich schon zu sicher gefühlt, Mr. Drake ?
Nein, auch alles, was Drake anfässt, wird nicht zu Gold und Platin. Verkaufstechnich wird Nothing Was The Same erneut abräumen, keine Frage. Musikalisch befindet sich Drake aber dieses Mal nicht mehr auf dem gewohnten Niveau, das ohnehin schwer zu halten war.
Aber das ist der falsche Ansatz, denn Nothing Was The Same nimmt auch soundtechnisch nicht den gleichen Ansatz wie Take Care . Denn wo Take Care die rappende Weiterentwicklung seines Debütalbums Thank Me Later war, schließt Nothing Was The Same gesanglich an Thank Me Later an.
Ganz deutlich scheint sich Drake nicht nur wie sonst von der Rapszene, sondern diesmal auch von sich selbst abgrenzen zu wollen. Er klingt nicht wie der Drake , den man zwangsläufig erwartet hätte. Gleich zu Beginn wartet die erste Überraschung: Das sechsminütige Intro Tuscan Leather mit mehrmaligem Break, auf dem Hausproduzent 40 ein Whitney Houston -Sample nicht einmal oder zwei Mal, sondern gleich drei Mal reinmischt und teilweise rückwärts laufen lässt. Produktionstechnisch erste Liga.
Drake selbst macht zu Beginn des Albums eine sehr gute Figur, flowt fehlerfrei und motiviert auf drei langen Strophen ohne Hook –  das macht Lust auf mehr. Furthest Thing fehlt es anschließend ein wenig an Zug nach Vorne, bevor der Smash-Hit Started From The Bottom schon sehr früh leider einen der seltenen Momente des Albums präsentieren, die tatsächlich das Prädikat Banger verdienen.
Darauf folgt das kontroverse Wu-Tang Forever inklusive It‘s Yourz -Sample. Darf er nicht? Darf er wohl, passt aber einfach nicht. Der Song findet vorne und hinten keinen Anschluss, ist weder Fisch noch Fleisch. Die Rap-Passagen werden nicht mit genug Überzeugung vorgetragen, sondern runtergerattert und lassen Drake plötzlich wie einen schlechten Rapper aussehen. "Machine gun rap" ist das sicher nicht. Der Beat definiert sich einzig und allein durch ein Wu-Tang -Sample, das man um einiges passender setzen kann – was sogar noch auf diesem Album geschieht.
Own It reißt das Ruder aber wieder rum und läutet die stärkste Phase des Albums ein. Der Track erinnert stellenweise an Marvins Room , was definitiv als Kompliment zu verstehen ist. Gefolgt wird Own It von Worst Behavior – und wie. Mit Sicherheit einer der stärksten Tracks, da es von DJ Dahi mit einem Soundparkett bedacht wurde, das endlich auf dem diesem Album seine eigenen Alleinstellungsmerkmale besitzt und der Bezeichnung "Banger" näher kommt als alles, was noch folgt.
Auf der dritten Strophe zollt Drake Tribut an Mase ' Passage auf Biggie s Mo Money, Mo Problems – darf er? Darf er. Diesmal passt es auch. Die Strophe ist ironischerweise einer der Höhepunkte seiner Rapdarbietungen auf dem Album.
Auf From Time holt es einen dann aber wieder ein: Drake wollte ganz eindeutig ein Gesangsalbum machen. Nicht falsch verstehen: Das Album hört sich an dieser Stelle gut an – aber nicht überdurchschnittlich. Auf diesem Track hat Drake sich dann auch jemanden mit draufgeholt, der das Singen auf Songlänge tatsächlich beherrscht. Jhené Aiko erfrischt die Ohren des Zuhörers – nicht nur, weil sie eine wahnsinnige Sängerin ist, sondern auch aus dem einfachen Grund, dass Drake s Stimme nicht zum durchgehenden Singen ausreicht.
Dass Hold On, We're Going Home auf bestem Wege zum nächsten Mega-Hit ist, hat den einfach Grund, dass es ein gnadenlos ausproduzierter Pop-Song ist. Ein Ohrwurm, es passt und fühlt sich gut an. Man singt mit, wenn es im Radio läuft. Aber wirklich überzeugend ist es nicht und dass es ein Höhepunkt auf einem Drake -Album ist, spricht leider für sich. Tatsächlich muss man zugeben, dass Featuregast Majid Jordan den Song auch hätte alleine tragen können.
Connect geht dann aber wieder unter. Das Rappen lässt zu wünschen übrig: "She just wanna run over my feelings / Like she drinking and driving in an 18 wheeler" . Naja. Auch das Heartbreak-Thema hatte Drake mal authentischer drauf. Zwischen der zweiten und dritten Strophe lässt Hudson Mohawke die Synthies aus dem Rahmen des Songes brechen und schafft damit zumindest kurzweilig, dass der Song sich interessant anhört.
Seltsamerweise schafft es Drake , jedem erbarmungslos enttäuschenden Song einen Track nachzuschieben, der einen wieder die gnadenlos schlechte Bewertung überdenken lässt. Er nähert sich ab und an dem Sound an, den man erwartet hat. Der Untergang für Nothing Was The Same ist aber gar nicht, dass sein neuer Sound nicht greift – sondern viel mehr, dass sich der gewohnte Sound sich nur wie ein schlechtes Drake -Replikat anhört.
Too Much ist eine perfekte Demonstration dieses Problems. Leider konnte Drake seine starken atmosphärischen Raps nicht bis zur Entstehung von Nothing Was The Same konservieren, während er seine Gesangskünste vergeblich trainiert hat. Wo sind die Shot For Me s und Light Up s? Und wieso zum Teufel haben es All Me und The Motion – zwei Songs, die fast allen Tracks die Show gestohlen hätten – nicht auf das Album geschafft?
Zwei Leute gibt es aber noch, die wohl momentan jedes Album retten könnten: Jay Z und Timbaland . Wow. Hier gibt's endlich das optimal-gescratchte Wu-Tang -Sample, das im Übrigen Timbo höchstpersönlich neu-eingerappt hat. Zwei ganze Strophen steuert Jigga dazu und rettet auf einem phänomenalen Boi1da - Beat quasi das Album eigenhändig. Jetzt packt auch Drake endlich aus und erinnert zum ersten Mal auf Nothing Was The Same , was er raptechnisch drauf hat. Wahnsinn. Davon hätte es mehr geben müssen, dann wäre dieses Album auch ein Meilenstein geworden, wie es dieses Jahr schon Magna Carta… Holy Grail geschafft hat. Kein Wunder, denn Pound Cake war ursprünglich für eben jenes Album vorgesehen.
 
 

Fazit

Schade. Der Zauber auf den vorherigen beiden Alben Thank Me Later und Take Care lag ganz eindeutig im Zusammenspiel der gesungenen Bridges und Hooks mit den stark gerappten Strophen. Das Motto " Drake featuring Drake" findet man auf Nothing Was The Same leider nur viel zu selten wieder. "Never change a winning system" , könnte man sagen. Drake entschied sich allerdings dagegen und versuchte sich an einem enorm-gesanglichen Album fast gänzlich ohne Features. Für mich erstmal schwer zu verdauen. Wohl auch für seinen Hausproduzenten 40 , der ebenfalls auf Nothing Was The Same seiner eigenen bisherigen Leistung nicht annähernd das Wasser reichen kann.
Hier wird klar, dass Drake kein Sänger ist. Entgegen dem Wunschdenken aller YouTube -Comments und Hiphop-Heads ist Drake ein Rapper. Zum Singen bedarf es doch mehr als Übung, worunter auch die Qualität von Drake s Raptechnik gelitten hat. So wird der Mann, der letztes Jahr noch mit seiner einzigartigen Phonetik in Hooks und Strophen der Hitgarant war, auf seinem eigenen Album nicht nur von Jhené Aiko weg-gesungen, sondern von Jay Z auch noch weg-gerappt. Wenn wir die Zeitmaschine anwerfen, können wir uns anhören, wie diese Konstellation noch 2011 auf Light Up einen anderen Gewinner hatte, als Drake sich auf sein Handwerk konzentrierte.
Mit mehr passenden Features hätte aus Nothing Was The Same ein konkurrenzfähiges Album innerhalb Drake s Katalog werden können.
Dennoch, ein schlechtes Album ist es auch jetzt nicht. Es ist leider nur viel zu enttäuschend. Zu Drake s Verteidigung sei gesagt, dass seine ersten beiden Alben ungewöhnlich hohe Messlatten gesetzt haben. Wer mit seinem zweiten Album Nas ' vielleicht bestem Album seit Illmatic den Grammy verdientermaßen wegschnappt, muss sich auch nach einem enttäuschendem dritten Album nicht verstecken. Drake wird unter Garantie zurückkommen und seinen endgültigen Weg finden. Wie weit er sich musikalisch noch vom YMCMB -Camp entfernen kann ohne das Label ganz zu verlassen, lässt sich zeigen. Motiviert ist der Mann allemal immer noch. "Just give it time, we'll see who's still around a decade from now" , rappt er auf dem Intro. Tun wir ihm den Gefallen. Let's see.

Bewertung

Beats: 7 von 10

Texte: 7 von 10

Features: 7 von 10

Flow: 7 von 10
Insgesamt : 7 von 10
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Genre

Groove Attack by Hiphop.de