50 Cent - Animal Ambition (Review)
50cent

Es ist tatsächlich passiert: 50 Cents erstes Album nach fünf Jahren erblickt das Licht der Welt und entflieht noch ganz knapp dem Detox-Status. Dennoch ist es nicht das Projekt, worauf die Fans und Kritiker so lange gewartet haben. Vielmehr scheint es ein überdurchschnittlicher bei-der-Stange-Halter zu sein, bis das ominöse Street King Immortal fertig ist.

Das Dilemma des Post-Massacre-50 Cents zieht sich wie ein roter Faden durch Animal Ambition. Die rauen und dunklen Straßentracks, die Curtis mit der gekonnt kühlen Selbstverständlichkeit an den Hörer bringt, finden zwar standesgemäß und nahezu perfekt statt, bei den Chartstürmern lässt die Routine allerdings ein wenig nach.

Das Album startet vielversprechend mit Hold On und ziemlich genau dem Sound, den man erwartet hat. 50 stellte in unserem Interview im Voraus mutige Vergleiche zu seinem Magnum Opus Get Rich Or Die Tryin’ auf – die Richtung des Openers legitimiert den Grundgedanken dieses Vergleichs vollkommen. An die Coldness seines Debütalbums kommt er allerdings nicht ran. Auch der etwas poppig-angehauchte Titeltrack zeigt reichlich viel Elan, würde im Eins-gegen-Eins gegen das von Dr. Dre produzierte If I Can’t aber trotzdem den Kürzeren ziehen.

Weswegen Dr. Dre nun auf Smoke die Fruity Loops-Standard-Datenbank geplündert hat, bleibt ein Rätsel – vielleicht eine persönliche Abrechnung für das Verlassen von Interscope? Vielleicht hat man dem guten Doktor auch nur die Produktionscredits zugeschrieben um das Hype-Barometer zu sprengen. Das Trio Dre, Trey und 50 bleibt hier deutlich unter seinen Möglichkeiten.

Grundsätzlich überkommt einen das Gefühl, ein 50 Cent-Comeback-Album könne oder solle vielleicht sogar mit dem ein oder anderen Feature weniger auskommen. Die wenigen Solosongs sind auch um einiges durchschlagskräftiger und unverstellter. Dass 50 auch selbst Hooks auf die Reihe kriegt, wissen wir sowieso spätestens seit Wanksta. Warum hat er sich also hier so viele Gäste für die Gesangshooks geholt? Klar, Mr. Probz stürmt die Hitlisten, aber passt er tatsächlich auf Animal Ambition drauf?

Extrem erfreulich sind dagegen die Gastauftritte von Prodigy, Jadakiss – wann hat der eigentlich zuletzt einen enttäuschenden Part abgelegt? – und Styles P. Und auch der neue G-Unit-Zögling Kidd Kidd trägt dazu bei, dass der Jadakiss-Track Irregular Heartbeat womöglich der stärkste Song auf dem Album ist. Auf einem nasskalten Beat mit gefühlten zwei Spuren schickt er einen zusammen mit Kiss und 50 durch die Straßen des großen Apfels. Perfekt! Im Zuge der sich aktuell anbahnenden G-Unit-Reunion wäre ein Remix mit Lloyd Banks mehr als nur wünschenswert!

Dass Curtis auch einige Radio-Hits auf der Platte braucht, ist absolut verständlich, aber Winners Circle und Twisted klingen noch nicht wie die globalen Megahits, die man von ihm gewohnt ist. Der Sound klingt zu sehr nach 2003 und Synthesizer. Das ist leider der entscheidende Unterschied zwischen Straßen- und Pop-Rap. Ein In Da Club würde heute nicht mehr den Markt aufräumen, ein Heat trainiert 2014 trotzdem die Nackenmuskulatur. Aber wer schafft heute schon ein zeitgemäßes In Da Club?

Zugegeben, es ist unfair, einen Künstler immer und immer wieder an seinem stärksten Werk zu messen – insbesondere einen aus dem Grab steigenden Rapper. Aber 50 Cent hat sich diesen Vergleich anhand von Aussagen in Interviews vor dem Release selber aufgezwungen. Die Wahrheit ist, dass sich Animal Ambition in erster Linie mit der aktuellen Rapszene messen muss, um 50 die nötige Relevanz zu verschaffen. Und das schafft es mit Bravour. 50 verzichtet darauf, auf den Trap-Zug aufzuspringen, bleibt seinen Wurzeln treu und trifft damit die absolut richtige Entscheidung. Die Street-Cuts spielen auf jeden Fall schon in der Champions League mit, an seinen Chart-Kandidaten muss er noch ein wenig schrauben – aber bis Street King Immortal ist ja noch genug Zeit.

Aria Nejati

Autoreninfo

Aria Nejati ist seit 2013 Teil des Hiphop.de-Teams. Neben seinen Artikeln und Reviews interviewte er schon US-Rapstars von 50 Cent über Ryan Leslie bis hin zu ScHoolboy Q.
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