Young Jeezy - Trapper of the Year
Young Jeezy war einer der großen Namen im US-Rap 2005. Sein Style, seine Ad-Libs, sein Trademark-Snowman und nicht zuletzt seine Hater-resistente Street-Credibility machten ihn in kürzester Zeit zu einem der großen Namen im Rap-Game. Dass er seinen ruffen Dirty South Style nicht durch Chart-kompatible Standard Sounds ersetzte, bewahrte ihn effektiv vor One-Hit-Wonder gefahren. Auch wenn seine Aussagen kaum über die normal gewordenen Straßengeschichten hinaus gehen, schaffte er es, zu einer Identifikationsfigur zu werden. Um es auf den Punkt zu bringen: Jeezy ist ein Mann mit Charakter, kein character.

Aufgewachsen in Atlanta Georgia und herumgereicht in der Verwandtschaft, verfiel er schon als Kind dem verlockenden Lifestyle der Drogen Dealer, die die Crack-Welle der 80er zu beeindruckenden Reichtümern brachte. Es dauerte nicht lange, bis der junge Jay Jenkins in die Fußstapfen seiner Cousins trat, die ihn zuvor mit den flyesten Outfits des Schulhofs versorgt hatten. Gerüchten zufolge, war Jeezy später Mitglied der BMF (Black Mafia Family), einer in Atlanta gegründeten und in den ganzen USA operierenden Drogen-Organisation. Der amerikanischen Drogenbehörde DEA zu Folge, soll die BMF alleine in Atlanta bereits über 2,5 Tonnen Kokain vertrieben haben. Bei einer großen Razzia im Oktober 2005 konnten eine Millionen Dollar Bargeld, Waffen und 2,5 Kilogramm Kokain sichergestellt werden, 30 Mitglieder wurden verhaftet. Zuvor waren insgesamt bereits 632 Kilogramm Kokain und 10 Millionen Dollar beschlagnahmt worden. Dass Jeezy sagt, sein Einkommen wäre vor seinen zwei erfolgreichen Alben höchstens unwesentlich geringer gewesen, scheint da fast plausibel. Auch im Entertainment Bereich ist die BMF tätig. Neben beeindruckenden Partys mit Tigern, Eis-Skulpturen und schönen Frauen, versucht man nun auch mit dem Label BMF Records, über das Bleu Davinci veröffentlicht, Erfolg zu haben. Jeezy nahm mit Bleu Davinci unter anderem die Mixtape Tracks Rollaz and Ridaz (Snowstorm Mixtape) und Rich & Rock Ice (Streets is watching) auf. Auch auf der achten Ausgabe des Smack DVD-Magazins lassen sich die Reichtümer der BMF bewundern.

Die unausweichlichen negativen Folgen des Trapper-Lebens waren für Young Jeezy unter anderem einige Narben auf der Seele und ein Bootcamp-Aufenthalt. Ebenso wie sämtliche BMF-Geschichten, bleibt aber auch der Bootcamp Aufenthalt unbestätigt, da Young Jeezy wenig Interesse zeigt, Einzelheiten seiner Vergangenheit offen zu legen. Weit überraschender als Jeezys Verschwiegenheit, dürfte vielleicht der Fakt sein, dass es offensichtlich auch gute 15 Jahre nach Erfindung des Gangsta-Rap noch möglich ist, die Fans mit Drogen-Geschichten von sich zu überzeugen. Auch in einem Business, in dem nahezu jeder vorgibt Crack Cocain in großen Mengen verkauft zu haben, scheinen Jeezys, mit trockenem Swagger vorgetragene Geschichten, noch heraus zu stechen.

Während eines Zwischenstopps in Berlin, hatten wir die Gelegenheit zu einem exklusiven Interview, in dessen Verlauf der Trapper of the Year seine Verschwiegenheit zum Glück teilweise aufgab.

Yo, wie läufts? Alles klar?

Ja Mann, mir geht's gut.

Schön. Bist du zum ersten Mal in Europa unterwegs?

Ich war gestern schon in London. Aber ansonsten ist es das erste Mal.

Wie ist dein erster Eindruck von Deutschland? Passt es zu deinen Erwartungen?

Ich geh' heute Abend in einen Club, du solltest mich das morgen fragen...[lachen]. Bisher kann ich dir da noch nicht viel zu sagen.

In welchen Club gehst du? Irgendwas in Berlin?

Ja, in Berlin. Wie hieß das noch mal... "Kudamm".

Am Kudamm, okay. Viel Spaß dabei. Du bist 2005 mit zwei Major-Deals [Solo bei Def Jam und mit seiner ehemaligen Crew, den Boyz N Da Hood bei Bad Boy South, Anm,d.Verf.] und zwei sehr erfolgreichen Alben rausgekommen. Wie fühlst du dich jetzt? Genießt du den Erfolg oder arbeitest du noch härter um die Position die du jetzt hast zu halten und darauf aufzubauen?

Definitiv so, dass ich darauf aufbauen will. Ich bin ein Hustler, ich will immer noch mehr haben. Ich arbeite jetzt nur noch härter, um die Chancen zu nutzen die ich bekommen habe.

Vor "Let's Get It: Thug Motivation 101" hast du schon einige andere Sachen veröffentlicht. Nicht nur Mixtapes, sondern auch Alben, wie "Thuggin under the Influence", unter dem Namen "Lil J", richtig?

Yeah, das stimmt, das war 1995. Ich rappe jetzt also schon seit gut zehn Jahren.

Du bist zum Beispiel auch 2004 auf Fabolous' Album" Real Talk" gewesen. Deinen Deal hattest du damals wohl noch nicht, wie kam das zustande?


Nein, ich war noch nicht bei Def Jam, ich glaube wir waren da gerade in den Verhandlungen. Ich kannte Fabolous aus der Hood. Er war oft in Stripclubs in Atlanta in denen ich auch regelmäßig war. Wir haben gechillt und irgendwann einfach gesagt "let's do this". So einfach kam das.

Was bedeutet dein erstes Major Album für dich persönlich? Viele sehen ihre Debüt-Alben als etwas besonderes an, du hast aber auch schon zehn Jahre Rap hinter dir.

Für mich ist es einfach ein Classic. Es hat etwas für jeden und für jeden Teil deines Tages dabei. Egal ob du gerade aufstehst, raus gehst, arbeitest,... du kannst es den ganzen Tag hören. Bei vielen anderen Alben musst du ständig skippen, dieses Album hat Flow. Für mich... I put my blood, sweat and tears in it, you know?

Ja Mann. Was ist aus deiner Sicht das Wichtigste um gute Rap-Musik zu machen? Worauf kommt es am meisten an?

Ich denke real zu sein. Authentizität. Du musst du selbst sein. Alles andere ist Schauspielerei.

Du redest und rappst oft von Authentizität. Ist das das wichtigste an Young Jeezy als Rapper?

Ja, definitiv.

Auf der anderen Seite bist du jemand, der alles dransetzt, so viel Kohle wie möglich zu machen. Liegt da ein Konflikt für dich? Authentisch zu bleiben und trotzdem so viel Geld wie möglich aus dem Game zu holen?

Ich mag den Erfolg, aber ich mache das nicht wegen dem Geld. Darum geht es nicht. Es geht um das Movement, um das Thug Motivation-Movement. Es gibt keine andere Möglichkeit für mich als die bestmögliche Musik zu machen. Zu dem "Thug Motivation"-Element in deiner Musik: dafür machst du deine Musik? Sie soll in erster Linie die Hörer motivieren?

Yeah, exactly. Egal was für ein Hörer das ist, es kommt nur darauf an, dass man bereit ist das aufzunehmen.

Du hast dich mal mit Martin Luther King verglichen. Siehst du dich als den "Street Martin Luther"? Was meintest du damit?


Ich habe das Gefühl, dass ich den Menschen die meine Musik hören etwas gebe, ich opfere etwas. Einfach dadurch, dass ich wirklich mein Leben da rein stecke. Ich sorge dafür, dass die Leute verstehen, warum wir auf die eine oder andere Art abgehen. Das hat Martin Luther King auch gemacht. Er hat den Leuten gezeigt wie es ist und ist bei seinem Movement geblieben. Auch wenn er heute nicht mehr bei uns ist, können die Leute ihn immer noch verstehen. Sie verstehen dank ihm warum die Dinge sind, wie sie sind. Einfach weil er seine Chance genutzt hat.

Was kannst du uns über "Corporate Thugz Entertainment" und deine Rolle darin erzählen?

Ich bin einer der CEOs, mein Mann Kinky B ist der andere. Corporate Thugz ist mein Label. 2006 wird ein gutes Jahr für uns, wir haben einen Deal mit Def Jam und wir werden definitiv etwas starten. Wir werden dafür sorgen dass 2006 noch besser wird als 2005. USDA, Bloodraw, Slick Pulla, ich selbst... da werden einige Dinge kommen.

Du hast das Label 1996 ins Leben gerufen?

Yeeah.

Signt ihr auch weiterhin neue Artists?

Yeah, immer.

Wie ist deine Beziehung zu den Gästen auf "Let's get it" die nicht bei Corporate Thugz sind? Also zum Beispiel Trick Daddy, Young Buck oder T.I.? Kennst du die Jungs persönlich?

Oh, das sind meine Homies. Ich kannte sie schon vor dem Album. Wie ist deine Beziehung zu Juelz Santana? Ihr arbeitet an einem Mixtape zusammen ["Best of both Hoods", Anm.d.Verf.], du bist auf seinem Album und er gibt dir oft Props in Interviews.

Juelz ist für mich einfach so ein Typ... weißt du, wir machen das gleiche Ding, wir haben die gleiche Einstellung. An dem Mixtape arbeiten wir gerade, ein paar Songs fehlen noch, dann haben wir es. Gibt es Rapper die die Grundlage für deinen Style gelegt haben oder die dich beeinflußt haben? Vielleicht Leute deren Musik du früher gehört hast?

Hehe, ich hab' zu den Gangstern und Hustlern in meiner Gegend aufgeschaut, das wars. [lachen]

Was war dein Weg zum Erfolg?

Einfach real zu sein und zu machen, was ich mache. Ich will außerdem Perfektion in meiner Musik, ich gehe nicht einfach in die Kabine und mache irgendwas. Egal wie lange es dauert, ich sorge dafür dass das Richtige dabei herauskommt.

Hast du jetzt das Gefühl, eine neue Welt betreten zu haben mit deinem Erfolg? Hat sich dein Leben so drastisch verändert?

Nicht finanziell, aber vielleicht persönlich. Ich sehe die Welt schon etwas anders. Jetzt will ich es einfach wieder auf die nächste Ebene bringen.

Du erzählst nicht sehr viele Sachen über dich persönlich in deiner Musik, abgesehen von deiner Trapper-Seite. Könnte sich das ändern bei deinen kommenden Alben?

Definitiv... definitiv.

Okay. Meinst du deine Themen könnten sich ändern nach ein paar Jahren als Rap-Star statt als Drogen Dealer?

Hm... guck, du bist Interviewer und egal wie lange du das machst, es wird immer noch das selbe Ding sein. Ich werde mich da auch nicht ändern. Ich werde vielleicht noch slicker, noch besser, vielleicht kann ich mich selbst noch besser von außen sehen, wenn du weißt was ich meine. Aber ich werde meine Themen nicht ändern, ich kann nicht über etwas anderes reden. Ich bin kein Mechaniker, ich kann keine Autos reparieren, und ich bin auch kein Dachdecker, ich kann dir bei deinem Dach nicht helfen....die Streets sind alles was ich kenne.

Der persönlichste Song auf deinem Album ist wohl "Talk to 'em", auf dem du von Freunden berichtest, die im Knast, oder sogar gestorben sind. Anders als bei vergleichbaren Songs, hört man dabei schnell, dass da konkrete Storys hinter stehen. Ist der Track etwas besonderes, weil er persönlicher ist?

Yeeah. Der Track ist auf jeden Fall sehr persönlich. Es ist einer der Songs, mit dem man Leuten etwas sagen will. Ich konnte diesen Menschen diese Dinge nicht sagen bevor sie gegangen sind, weißt du? Deshalb ist der Track auf jeden Fall besonders.

Fühlst du dich erleichtert weil du heute einige Gefahren deines alten Lebens hinter dir lassen kannst?

Ja, tue ich.

In der XXL hast du davon erzählt dass du die letzten fünfzehn Jahre nicht glücklich warst.

Ja. Ich mein', es ist halt wie es ist. Man verliert so viel um zu kriegen was man will, auch wenn man es dann bekommt ist das einfach... man... verstehst du was ich meine? Dein Leben hat immer noch dieselben verrückten Teile, du hast dieselben Freunde, dieselbe Familie... es ist einfach verrückt Wie weit hängen deiner Meinung nach das Rap-Game und das Drug-Game zusammen? Viele rappen von Drogen, andere zweifeln an ihren Geschichten... würdest du sagen es gibt viele "Schneemänner" in der Rap Welt?

[lacht] Yeah, ich mein, für mich ist die ganze Welt ein Hustle, von daher hängt es einfach zusammen. You love what you do and you do what you love. Wenn die Leute erfolgreich Autos verkaufen könnten, würden sie Autos verkaufen. Es kommt einfach darauf an, was du an Möglichkeiten und Talent bekommen hast. Es ist alles ein Hustle. Jeder will ein Gewinner sein und dafür strengst du dich an und tust was du musst, so seh' ich das.

Du bist schon in ziemlich frühem Alter beim Drogen verkaufen gelandet durch ältere Cousins.

Einfach durch die Straßen allgemein. Wenn du da lebst hast du keine Wahl. If you don't work you don't eat, wenn du nicht arbeitest, überlebst du nicht. Niemand will in so einer Situation sein. Niemand sonst kümmert sich darum dass du etwas zu essen bekommst. Also mach weiter...

Ins Musik Geschäft bist du dann als Label-Besitzer gekommen. Du hast in den Neunzigern zuerst "Young Gunz Entertainment" gegründet.

Ja. Das war meine erste Firma.

Was hat dich dann dazu gebracht auch selbst mit dem Rappen anzufangen?

Mir hat die Firma gehört und ich hatte Künstler die die selben Sachen gemacht haben wie ich. Manche von ihnen sind gestorben und einige andere kamen in den Knast. Ich hatte ein Studio, ein Label, aber keine Künstler, also hab ich einfach gemacht was ich machen musste. Ich hab an dem Punkt einfach selbst begonnen zu rappen.

Wie denkst du über das Boyz N the Hood Projekt, jetzt wo es für dich vorbei ist?


...an dieser Stelle brach die Handy Verbindung dann leider ab. Einige Fragen, unter anderem zu Jeezys "Snowman"-Logo und seinem Beef mit Gucci Mane, blieben so unbeantwortet. Im Gegenteil zu den Einblicken in Jeezys Kindheit, wurden diese Fragen aber auch schon des Öfteren beantwortet.

2004 nahmen Young Jeezy und Gucci Mane den Hit "So Icy" auf, den Track, aus dem auch Jeezys bekannteste Schneemann-Line stammt ("In my hood they call me Jeezy the Snowman - you get it? Get it? I'm iced out - plus i got snow, man!"). Wahre Freundschaft entstand aus dem gemeinsamen Song aber nicht. Den meisten Quellen zufolge, wurde Jeezy für seinen Beitrag nicht angemessen entlohnt, eine andere Version besagt, dass ein gescheiterter Versuch von Def Jam Records, den Song für Jeezys Album zu gewinnen, den Streit auslöste. Wie auch immer, Young Jeezy sagt heute, er habe den Song nie gemocht und jeglicher "Beef" wäre nichts als ein Publicity-Versuch Gucci Manes. Etwa zur gleichen Zeit, als Guccis Debut-Album Trap House über Big Cat Records erschien, wurde der ebenfalls aus Atlanta stammende Rapper dann wegen Mordes gesucht. Nach einem Abend im Strip Club, hatte er sich mit einem Freund auf den Weg zum Haus einer Tänzerin gemacht. Dort angekommen, sollen die beiden dann von mehreren Männern überfallen worden sein. Im folgenden Schusswechsel tötete Gucci Mane den jungen Rapper Henry "Pookie Loc" Clark III, der mit Young Jeezys Label Corporate Thugz Entertainment in Verbindung gebracht wird. Angeblich waren Pookie Loc und die anderen Männer geschickt worden, um sich für das nicht gezahlte Geld zu rächen. Gucci Mane stellte sich anschließend der Polizei und plädierte auf Selbstverteidigung. Im Dezember wurde er dann freigesprochen. Zu dieser Zeit saß er gerade eine Haftstrafe ab, die er bekam, weil er einen Musik-Promoter mit einem Billardqueue niedergeschlagen hatte. Am 16. Januar 2006 wurde er schließlich entlassen. Young Jeezy kommentiert das Geschehen bis heute selten. Auch wenn er es zuerst ablehnte, den Streit musikalisch auszutragen, veröffentlichte er später den Song "Stay Strapped" (unter anderem auf dem Self Motivation Mixtape) über den Beat von T.I.s Smasher A.S.A.P..

Auch andere Themen hielten den Südstaaten Newcomer des Jahres in den amerikanischen News. Neben Streitigkeiten um Unterhaltszahlungen für seinen Sohn (der Richter hatte Jeezy schlussendlich die relativ niedrigen Einkommensangaben in anbetracht seines Lebensstils nicht abgekauft), machte vor allem das Snowman-Logo die Runde. Bekannt von etlichen Fotos sowie aus dem Video zu And Then What (featuring Mannie Fresh), wurde das Shirt mit dem Abbild des Schneemanns zuerst von der Modemarke Miskeen Originals vertrieben. Bis jemand das Unternehmen auf die Bedeutung des Logos aufmerksam machte. Das Snowman Shirt wurde daraufhin aus dem Sortiment entfernt. Auch einige Schulen begannen das Tragen von T-Shirts mit dem grimmigen Schneemann zu verbieten. Young Jeezy nutzte derweil jede Gelegenheit um zu betonen, dass sein Logo lediglich für eine coole Person mit Diamanten-besetztem iced out Schmuck stünde, und nicht etwa für einen Kokain Dealer. Erwähnte Line ("I'm iced out - plus I got snow , man!"), die sich auch auf dem Rücken vieler Shirts wieder fand, machte das argumentieren aber nicht einfach. Die Folge war auf jeden Fall eine öffentliche Diskussion um Rap, Drogen und das Mysterium des undurchdringlichen Slangs amerikanischer Parallelgesellschaften, die das Shirt zum Hit der Saison machte. Selbst die Washington Post nahm sich des Themas an, und landesweit konnten sich Bootlegger eine vereiste Nase verdienen.
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Groove Attack by Hiphop.de