T.I. - Paper Trail (Straßenpolitik aus dem Kofferraum Pt.2)
Vorletzte Woche haben wir uns bereits mit Young Jeezy und seinem Album  The Recession beschäftigt ( zum Artikel ). Doch nicht nur der Schneemann wirft wieder mit Cracksteinchen um sich: auch der König des Südens respektive das Trapsteraushängeschild aus ATL bittet mit Paper Trail in diesen Tagen um die Audienz der Hörerschaft auf dem ganzen Globus. Dabei standen die Zeichen für T.I. im Jahr 2007 nicht gerade gut. Clifford Harris und seine damalige Lebenspartnerin Tameka " Tiny " Cottle , erwarteten ihr zweites gemeinsames Kind, welches im sechsten Monat verstarb. Dazu kam: im Oktober des selben Jahres wurde der bereits vorbestrafte T.I. wegen mutmaßlichen illegalen Waffenbesitzes und Versuchs illegalen Waffenerwerbs verhaftet - vier Stunden vor den BET-Awards . T.I. hatte seinen Bodyguard beauftragt, ihm drei nicht registrierte Maschinenpistolen und zwei Schalldämpfer zu besorgen. Zu dem Fakt, dass T.I. wegen vorangegangener Gesetzeskonflikte gar keine Waffen besitzen durfte, kam erschwerend, dass sein Bodyguard bei der Polizei snitchte. Alles Reden halft nichts, die Bilder der konfiszierten Waffen sprachen eine deutliche Sprache. Uzis, Revolver und Maschinengewehre - Big shit poppin'.
Aus der Untersuchungshaft wurde der Rapper nach zwei Wochen gegen die horrende Geldsumme von 3 Millionen Dollar entlassen, durfte dafür aber unter strengen Auflagen das Haus hüten und es höchstens zu Gerichtsterminen verlassen. Zwar dirigierte der Rapper seine Stiftung zu karitativen Aktionen, wie etwa der Verteilung von 400 traditionellen Thanksgiving-Truthähnen an Bedürftige, das Jahr hinter schwedischen Gardinen rollt aber ebenso unausweichlich auf den Gummibandmann zu, wie die 1000 Sozialstunden, die ihm aufgebrummt wurden. Was nützt es da, dass Paper Trail das Zeug dazu hat, eines der Alben in der andauernden HipHop-Spielzeit zu werden? Die erste Album-Single Whatever You Like stürmte vom 71. auf den ersten Platz der amerikanischen Billboard Top 100 und schrieb so Geschichte. Der auf dem Rocky II -Soundtrack basierende Song wurde von Jim Jonsin produziert, welcher auch für Lil' Waynes ' Lollipop zuständig war - ein Patentrezept, das aufging. Und trotz glasklarem Sound und vorderen Chartplätzen stößt einem das übel auf: denn für T.I. war Trap-Music gestern. Während Young Jeezy mit The Recession ein Album abgeliefert hat, welches - zumindest soundtechnisch - alle von ihm erwartet haben, hat T.I. 's  Paper Trail den typischen Trapster-Sound hinter sich gelassen. Der als Jay-Z/T.I. -Doppelsingle fungierende NeoHop-Allstartrack S.L.U. (Swagga Like Us) mit eben Jigga , Kanye West und einem vollkommen durchgeknallten Lil' Wayne , sind ebenso untypisch für TIP , wie die Dragostea Din Tei -Reminiszens  Live Your Life mit einer poppigen Rihanna am Autotune. Was den Hörer sonst noch auf  Paper Trail erwartet sind keineswegs die gewohnten Aufschneiderhymnen, sondern vielmehr designierte Chartgeschosse. Natürlich klingt das Album gut, aber eben auch nicht mehr ganz so zeitlos und leichtfertig wie noch zu Zeiten von  King oder Trap Music . Das überflüssige Porn Star oder ein weichgespülter John Legend auf  Slideshow seien hier nur mal als Beispiel genannt. Berechnend wirkt auch die Justin Timberlake -Kollabo  Dead And Gone als Sequel zu My Lov e . Dennoch hat Paper Trail auch seine guten Momente: das von Chuck Diesel produzierte, I'm Illy etwa,  On Top Of The Word mit B.o.B. und einem extrem gut aufgelegten Ludacris oder What Up, What's Happenin' , was nicht zuletzt an der astreinen Produktion von Drumma Boy liegt. 
T.I. hat also ein Album am Start, welches gut, aber eben nicht nach ihm klingt. Angesichts seiner Gesetzesfehden vielleicht eine Verzweiflungstat. Zwar bewies der "neue" Clifford Harris erst kürzlich mit einer fulminanten Performace bei den diesjährgen VMA-Awards des Musiksenders MTV, dass ein T.I. nicht einfach so aufgibt. Seine Verurteilung kommt zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere aber natürlich ungelegen. " I did a song to make it known that the king lives on. ", heißt es auf No Matter What . Scheinbar hat T.I. ein ganzes Album gemacht, mit dem er in den Köpfen seiner Hörerschaft bleiben möchte.
Betrachtet man Jeezy und TIP sowie ihre Alben noch einmal abschließend, muss man sich natürlich fragen, ob das alles reicht? Straßenpolitik im Schatten von Barack Obama und TranceHop-Sausen, die auf fragwürdigen Eurodancehymnen basieren? Manifestiert sich Trap Music als langfristige Rubrik im HipHop-Spiel oder entpuppt sie sich doch nur als Spaß für einen Sommer? Vielleicht sollte man dazu die Künstler unabhängig von dem ihnen zugeschanzten Genre betrachten. Young Jeezy für seinen Teil hat zwar "nur" einen zweiten Teil von  The Inspiration abgeliefert, spielt aber dennoch ganz oben mit - und T.I. hat mit Paper Trail zwar ATL'sche Soundgefilde verlassen, dafür aber die Chance, das bis dato beste Album seiner Karriere abzuliefern. Beschlagnahmte Waffen hin, rückläufige Wirtschaft her - am Ende des Tages geht es eigentlich doch um gute Musik.

Forum-Diskussion über T.I. - Paper Trail

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