Talib Kweli - Listen To Hear
Wenn jemand im Rapgeschäft von sich selbst sagt, dass er in seiner Jugend nie zu den coolen Kids gehört hat, ist das schon eine Art Ausnahmeerscheinung. Immerhin in einem Business bei dem oft ein sorgsam ausgetüfteltes, kugelsicheres Image zusammengebastelt und gepflegt wird, bevor man sich mit den ersten gespitteten Lines überhaupt Rap-Sporen verdient hat. So eine Ausnahme ist Talib Kweli. Und der gehört schon längst in die Spitzengruppe einer Bewegung, der es um höhere Ziele als bloßes Hood Representen geht. Eine Bewegung, die Rap in einen höheren Zusammenhang stellt. Conscious Rapper? Auf jeden Fall. Nicht umsonst haben manche Leute wirklich geglaubt die Shout Outs auf der Reflection Eternal Platte stammten von Nelson Mandela. Einen solchen Ruf bekommt man nicht durch flache Lyrics ohne Stoßrichtung und Inhalt. Von oberflächlichen Betrachtungen und zusammengestückelten Texten trennen ihn und seine Rapauffassung drei güldene Worte. Knowledge is king.

"They call me the political rapper even after I'll tell them: I don't fuck with politics"

Dass er Hiphop nicht in erster Linie als Möglichkeit sieht dem eigenen Bankkonto zu neuer Größe zu verhelfen, sondern etwas für die Community zu tun, liegt auch an seinem Werdegang. Seine Eltern waren beide College Professoren, er schrieb Kurzgeschichten, las viel und einer seiner Lieblingsorte war der Buchladen des Viertels. Mal abgesehen davon, dass man es schon als Berufung verstehen kann, wenn sein Name übersetzt "Schüler der Wahrheit" bedeutet. Für seinem Beginn im HipHop stehen drei Worte: Washington Square Park. Dort trafen sich zu der Zeit viele New Yorker MCs, um ihre Fähigkeiten zu messen. Was Talib davon hatte war ein stärkeres Selbstbewusstsein und das gab ihm den nötigen Antrieb für neue Projekte. 1998 wird zum Schlüsseljahr. Zusammen mit Dante Smith, der sowohl HipHop Heads wie auch Kinogängern besser bekannt als Mos Def sein dürfte, wird mit dem Black Star Album ein Meilenstein geschaffen, dem ein Platz in jeder Plattensammlung zusteht. Und das ihr Engagement für ihr Umfeld sich nicht nur auf Sprücheklopferei in der Booth beschränkt wird klar, als der örtliche Buchladen pleite zu gehen droht und man zusammen das Nkiru Center for Education gründet. Vergleiche mit Legenden wie KRS-One, der zwar unter ganz anderen Umständen aufgewachsen ist, kommen da nicht von ungefähr. HipHop hat eben nicht nur Unterhaltsaufgaben – auch wenn man mit der Bezeichnung "politischer Rapper" vorsichtig sein sollte.

"If you can talk, you can sing. If you can walk, you can dance"

Interessant ist aber auch die Beziehung zu Hi-Tek, den er während eines Aufenthalts in Cincinatti kennenlernt. Die erste Single "Fortified Life" erblickt 1997 das Licht der Welt, bevor man sich mit dem gemeinsamen Album im Jahr 2000 einen immerwährenden Platz in der HipHop Chronik sichert. Das grandiose "Train of Thought" wird zu einem Manifest der Rawkus Ära, mit ihm und Hi-Tek als Galionsfiguren. Ein Album bei dem alles passt: Die richtigen Beats, die passenden Lyrics und der geeignete Kontext.

Gleichzeitig war diese Platte aber auch das vorläufige Ende der gemeinsamen Crew der beiden Ausnahmekönner. Der enorme Druck mit jedem weiteren Track die Messlatte höher zu legen, war der Grund für die vorläufige Trennung des Duos. So ist eine Fortsetzung des Projekts immer noch, und daran haben auch alle gemeinsamen Tracks der Zwischenzeit nichts geändert, momentan höchstens eine vage Vision. Während Hi-Tek sich in der Zwischenzeit als Bindeglied zwischen Mainstream und Untergrund etabliert hat, der für Aftermath und die G-Unit genauso produzieren kann wie für Blackalicious oder die Boot Camp Clik, blieb Kweli aber alles andere als untätig. Nur eben auf Solowegen. Die Marschroute aber blieb die gleiche: "entertain and educate". Das hat ihm nicht nur Respekt von so unterschiedlichen Charakteren wie Jay-Z, Papoose oder 50 Cent eingebracht, sondern auch enge Freunde und Weggefährten wie Common, Kanye West, The Roots, den Dilated Peoples oder De la Soul. "Life without knowledge is death in disguise"

Trotz aller Qualität und First Class Features von Mary J. Blidge ("I try") wurden die hohen Erwartungen, die man an die Solo Joints "Quality" und "The Beautiful Struggle" stellen durfte am Ende des Tages nicht ganz erfüllt. Das ist nicht falsch zu verstehen: Beide Platten an sich sind so hervorragend, dass viele MCs diverse Gliedmaßen dafür opfern würden um eine solche Platte in ihrer Diskographie zu haben, aber in die Dimensionen, die man mit Reflection Eternal oder Black Star schon erreicht hatte, konnte man nicht mehr vorstoßen. Zu experimentell und zu bemüht klangen die Tracks teilweise. An seinem Ruf hat das aber nicht wirklich gekratzt und durch viele Live Auftritte, einige überraschende Features wie auf dem "Mind.State" Album von Pete Philly und Perquisite und nicht zuletzt durch seine Mixtapes wie "Right About Now" oder "The Beautiful Mix Tape" hat er bei Fans und Kritikern wieder die Spannung geschürt. Hunger for more.        

"Ghetto People it's time to rise"

Und es war alles schön geplant. Eine Hammer Kollabo mit Jadakiss, Papoose und Raekwon auf Hi-Teks "Where It Started At (NY)", die Single "Listen", die den Boden bereitet, der dann die "Ear Drum" Offensive folgt. Das erste Album, das über das Warner Imprint Blacksmith released wird, sollte den Künstler Talib auch zum erfolgreichen Geschäftsmann Kweli machen.

Ein Million Dollar Baby ist es zum Jahreswechsel aber nicht geworden und das angekündigte "Year of Blacksmith" ist 2006 ausgefallen. Die dauernden Verschiebungen waren zwar erst ärgerlich, aber irgendwie war die verlängerte Wartezeit dann aber doch nicht weiter schlimm, denn er versorgte die Fans nicht mit Gossip um sich im Gespräch zu halten, sondern lieferte handfeste Ware. Das Free-Download Album "Liberation" mit Madlib machte den Auftakt, einige Features wie dem Beitrag zu RZAs Afro Samurai Soundtrack folgten und eine neue Single wurde ebenfalls veröffentlicht: "More or Less".

Und irgendwie klingt alles dicker als zuvor. Talib Kweli 2.0. Ein Blick auf die Feature und Produzentenliste ist da ebenfalls nicht ganz uninteressant, denn man findet nebeneinander unter anderem Jean Grae, Justin Timberlake, KRS-One, Norah Jones, Pete Rock, Kanye West, UGK, Madlib, Will.i.am, Just Blaze, Hi-Tek und Kwane. Der Struggle, auch wenn er noch so bitterschön gewesen sein mag, liegt jetzt hoffentlich hinter ihm. Die Plattform ist bereit den Artist Talib Kweli auf das nächste Level zu hieven - Er ist bereit für eine neue Runde. Wer es ebenso ist, der kann dem Motto des BK MC folgen: "You gotta listen to hear". Talib Kweli - More Or Less [youtube JHIGKOpefBw nolink] Talib Kweli - Never Been In Love [youtube S_qRYEb8DZU nolink]

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