Taichi - Anders als ihr
Taichi gehört wohl zu den Rappern, die man 'unterschätzt' nennt. Einer jener MC's, denen keiner ihre Skills absprechen kann, die es aber trotzdem noch nicht auf die Sonnenseite des Business geschafft haben. Biterei wurde Tai vorgeworfen. Dipset-Nachmache mit Realness-Faktor im Null-Bereich. Möchtegern-Ami. Dabei hätte spätestens bei „Pssst“, der Street-Single zum „Top-Story“-Album, jedem Hater da draußen auffallen müssen, dass es sich bei dem Berliner um ein echtes Unikat in der hiesigen Rap-Landschaft handelt. Jetzt ist Taichi zurück, mit seinem neuen Album „Aussenseiter“ und sprach im Interview über Krasscore, Mütter ficken und Vanessa S.

Auf deinem neuen Album scheint es dir noch wichtiger als vorher, über persönliche Dinge zu erzählen. Gab es in dieser Hinsicht einen Schlüsselmoment, der dich dazu gebracht hat?

Nach Top Story ist das irgendwie aus mir heraus gebrochen. Ich habe ja immer schon persönliche Songs gemacht, aber Aussenseiter ist da noch mal ein Stück ehrlicher geworden. Einen wirklichen Schlüsselmoment gab es da nicht. Es war einfach die Kombination aus Unzufriedenheit und Reflexion die mich an diesen Punkt gebracht hat.

Auf Tracks wie "Icezeit" verzichtest du diesmal. Bereust du Tracks über solche Themen im nach hinein?

Lustig, dass du gerade „Icezeit“ anspricht. Das war vor einem Jahr der einzige Song, den ich nicht mit dem Ziel gemacht hatte, ihn auf das Album zu packen. Ich habe diesen Song ursprünglich für einen Ice-Dealer gemacht, der Schmuck verkauft. Da gab es dann aber Probleme und ich habe diesen Song dann noch in letzter Minute mit aufs Album genommen. Im Endeffekt ist dieser Song auch ein Brett und ich kann ihn feiern auch wenn ich heute wahrscheinlich nicht noch mal einen Song mit diesem Thema schreiben würde. Die Leute, die sich mit meiner Musik beschäftigen wissen dass ich nie der Typ war, der sich unfassbar mit Ketten und Bling behängt. Fazit ist, dass ich nichts bereu. Alles war gut so wie es war. Denn nur weil es war, wie es war bin ich jetzt an dem Punkt angelangt wo ich bin.

Bei den Features merkt man, dass großer Wert darauf gelegt wurde nicht nur Person XY auch noch auf dem Album zu haben, sondern das es dir dabei wirklich um schlüssige und komplette Songs ging. Bist du kein Freund des schnellen 16ers?

Es kommt auf das Projekt an. Aussenseiter ist kein „schnelles 16er“ Album. Solche hau-ruck Songs können auch lustig sein und Spaß machen. Aber im Großen und Ganzen bin ich eher ein Freund von thematischen, anspruchsvollen, ehrlichen Songs.
Denn eigentlich sind nur das die Songs, die ich mir auch nach ein paar Jahren noch anhören und feiern kann. Bei Mixtape Tracks ist das Haltbarkeitsdatum meistens kürzer.

Mit Vanessa S. hast du zum wiederholten Male zusammengearbeitet. Hast du nie darüber nachgedacht, statt einem Solotrack wie "Psssst" oder jetzt "Anders als ihr" einen Song mit ihr als Single zu veröffentlichen? Rein marketing-technisch hätte dir das doch bestimmt mehr Aufmerksamkeit in den Medien gebracht, oder?

Wahrscheinlich hast du sogar Recht. Mir geht es aber bei der Auswahl von Singles oder generell Features nicht um so etwas. Bei „PSSST“ zum Beispiel hat Vanessa die Additional Vocals gesungen. So gesehen, hätte ich das auch als ein Vanessa S. Feature verkaufen können. Ich habe aber kein Interesse an solchen Moves. Wenn ich um jeden Preis die Aufmerksamkeit der Medien haben wollen würde, würde ich Gangsterrap machen.

Wie kam der Kontakt zu Ercandize zustande? Hat einer den anderen angefragt oder kanntet ihr euch schon vorher?

Ercandize habe ich schon zu ABS-Zeiten gefeiert. Einfach ein super Typ, deshalb hab ich mich natürlich sehr gefreut, als er mich gefragt hat ob ich beim nächsten Ear 2 the Street mitmachen will. So kam dann auch der Song für mein Album zustande. Leider haben wir uns bisher erst einmal beim Splash letztes Jahr gesehen.

Du hast dich während deines Werdegangs mit schon so einigen Leuten bei der Arbeit auseinandergelebt, so etwa mit Michael Mic, Plattenpapzt oder zuletzt mit Krasscore. Bist du, wenn es um Musik geht, ein schwieriger Mensch?

Interessante Frage. Ich find mich eigentlich ganz nett, aber ich bin sehr fokussiert und perfektionistisch. Ich habe das ganze Ding von Anfang an so durchgezogen und werde es auch kompromisslos so durchziehen. Das hat aber meiner Meinung nach nichts damit zu tun, dass sich Wege manchmal trennen. Das ist einfach so im Leben und es wäre doch langweilig wenn es nicht so wäre. Mit Michael Mic zum Beispiel war dass ja keine Trennung im Streit. Wir haben uns auf unsere Soloprojekte konzentriert. So haben sie musikalische Ziele und Geschmäcker voneinander entfernt und zum Beef kam es erst als ich gehört habe, dass er schlecht über mich redet. Mittlerweile ist die Sache aber auch gegessen. Mit Krasscore gibt es ebenfalls kein Streit, im Gegenteil. Dave, der Labelinhaber ist ein sehr guter Junge und wir hatten eine gute gemeinsame Zeit. Ich habe mich einfach für einen anderen Weg entschieden, meinen Weg.

Du gibst in deinen Tracks einen großen Teil deines Innenlebens preis. Curse, der dies in seinen Songs ebenfalls tut, sagte er lasse dabei nur den Teil raus, den er den Leuten auch zeigen möchte und das seine Musik ihn nie komplett wiederspiegelt. Hältst du auch bestimmte Sachen zurück oder gewährt "Aussenseiter" 100% Einblick in das Leben von Tai?

Nein, auf keinen Fall. Das wäre auch gar nicht Möglich, selbst wenn ich es wollen würde. Ein Album soll ja kein Röntgenbild deiner Seele sein. Ich gebe auf dem Album einen Einblick in mein Leben. Es ist eine Momentaufnahme von Stimmungen die ich bereit bin zu teilen. Der Rest bleibt meins.

Dass du nicht mit Kritik sparst, wenn es um die deutsche Rap-Landschaft geht, ist bekannt. Wie aber stehst du der Entwicklung in den Staaten gegenüber? Down South-Einflüsse hört man auf deinem neuen Album jedenfalls nicht.

Da sagen mir die Sachen der 2 Life Crew schon mehr zu als der ganze Crunk-Film. Technisch ist das schon alles sauber und es gibt auch mal         
    Synthiebeats dich mich komplett wegklatschen. Ab und zu rapp ich selber gerne mal auf ein Synthiebrett.
Aber ich bin nicht der Typ für Grillz und bin auch nicht der Typ der gerne in Clubs geht oder sich wie schon erwähnt Riesige Ketten umhängt. Somit nimmt das alles keinen Einfluss auf mich. Generell hör ich eigentlich kaum Rap, egal ob Amizeug oder deutschen Kram.

Im deutschen Rap-Geschäft bist du alles andere als unbekannt. Majors sollten deinen Namen schon seit längerer Zeit auf dem Schirm haben, wie kommt es das in dieser Richtung bei dir bisher nicht viel passiert ist?

Vielleicht bediene ich zu wenig Klischees. Ficke zu wenig Mütter und Schwestern von anderen, Schlage zu wenig Fans, Groupies und andere Rapper. Keine Ahnung. Mir war das aber auch noch nie wichtig sonst wäre ich einen anderen Weg gegangen und hätte mich an entscheiden Punkten anders verhalten. Ich gehe diesen Weg, auch wenn er steiniger ist.

Deine Videos wirken immer sehr durchdacht und stehen durchaus über dem Durchschnitt von Internet-Rap-Videos. Inwieweit bist du selber in die Produktion deiner Videos involviert?

Nur vor der Kamera. Ich habe keine Ahnung von dem technischen Teil. Zum Glück habe ich da sehr gute Kontakte zu den verschiedensten Leuten. Zum Beispiel die Butterfly Videos Jungs, die ich schon ewig kenne und mit denen ich schon mehrere Projekte gemacht habe. Da wird auch bald ein neues Split-Video kommen, dass wir gerade drehen.
Oder PRFilms, mit denen ich „Anders als Ihr“ und das Feature mit Mok „Zwei Welten“ gemacht habe. Natürlich begleite ich jedes Video bis zum Schluss und mache mir mit den Jungs zusammen auch Gedanken zum Storyboard, dem Ziel und der szenischen Umsetzung. Aber vom Schnitt etc habe ich keine Ahnung, deshalb bin ich sehr froh darüber und dankbar dafür, denn ohne diese Leute würde ich wahrscheinlich gar keine Videos machen können. Denn ich habe lieber gar kein Video, als ein schlechtes Video.

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