Ryan Leslie - History in the Making (Interview)
Ryan Leslie kann man zweifelsohne als Ausnahmetalent bezeichnen, denn er ist Sänger, Songwriter, Multi-Instrumentalist, Toningenieur und Produzent in Einem. Der heute 31-jährige war schon in vielen Städten zu Hause. In seiner Kindheit zog er mit seinen Eltern, die beide aktive Mitglieder der Heilsarmee waren, von Stadt zu Stadt. Trotz der ständigen Schulwechsel und der vielen neuen Eindrücke die Ryan in jungen Jahren sammelt wird schnell klar, dass er anders ist als andere Kinder. Ryan Leslie s Eltern staunen nicht schlecht, als er sich im Alter von neun Jahren selbst das Klavierspielen beibringt und wie ein Besessener in die Tasten haut. Der Vater erkennt das Talent seines Sohnes schnell und fördert den Kleinen indem er ihm wenig später seinen ersten Drumcomputer schenkt. Aber Ryan s außergewöhnliches Talent wird auch in anderen Bereichen ersichtlich. Im Alter von 15 Jahren absolviert er auf seinen eigenen Wunsch hin Aufnahmetests für die führenden Elite-Unis der Staaten und schneidet glänzend ab. Nachdem es nur Zusagen hagelt entscheidet sich Ryan für die Harvard University und hält vier Jahre später einen Abschluss in Politik- und Medienwissenschaften in seinen Händen. Und das, obwohl er vielen Vorlesungen fernbleibt um mit seiner Jazz-Gruppe, den The Harvard Krokodiloes seiner wahren Leidenschaft nachzugehen. Anstatt den üblichen Harvard -Weg einzuschlagen und sein Glück in der freien Wirtschaft zu versuchen steht für Ryan Leslie fest, dass er sein Leben der Musik widmen möchte. Aller Anfang ist schwer und so bleibt der erhoffte Erfolg zunächst aus und er gerät in finanzielle Schwierigkeiten, aus denen ihm sein Vater hilft. Aber Ryan Leslie gibt nicht auf und nach einiger Zeit spricht es sich in Insiderkreisen rum, dass dieser junge Newcomer aus Washington etwas auf dem Kasten hat. Wenig später kommt es zu einer Produktion für die damals noch sehr junge Beyonce , durch die auch Bad Boy Records Labelchef Diddy auf R-Les aufmerksam wird. Heute, nur wenige Jahre später, zählt Ryan Leslie zu den gefragtesten Produzenten der Black Musik Szene und kann neben seinen zwei Soloalben Kollabos mit Künstlern wie Jay-Z , Fabolous , Mary J. Blige , Usher , LL Cool J , Slim , Jim Jone s und Snoop Dogg vorweisen.
Wir trafen einen gut gelaunten Ryan Leslie in Dortmund vor einem Konzert zum Interview, der trotz aller finanzieller Schwierigkeiten, die sich ihm in den Weg stellten an seinem Traum festhielt und ihn heute lebt. Dein DJ sagte mir, dass deine erste Deutschlandtour im Jahr 2004 stattgefunden hat. Welche Dinge und Eindrücke bringst du mit Deutschland in Verbindung?
Obwohl ich noch nicht viel von der deutschen Kultur mitbekommen habe, ist mir aufgefallen, dass die Leute hier immer sehr freundlich sind, auch die, die mich nicht kennen. Zudem bekomme ich von meinen deutschen Fans immer wieder ein erstaunliches Feedback für meine Arbeit. Es ist immer wieder ein tolles Gefühl einen Ort zu besuchen, wo dir die Menschen soviel Liebe entgegenbringen. Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen.

Du bist nicht nur Sänger, Songwriter und Produzent, sondern auch ein Multi-Instrumentalist. Wie viele Instrumente kannst du spielen?
Ich freue mich, dass du mich fragst, wie viele Instrumente ich spielen kann, denn ich kann jedes Instrument in die Hand nehmen und Musik damit machen, selbst wenn ich es noch nie zuvor gespielt habe. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich dies auch auf Anhieb professionell spielen kann. Dennoch habe ich das Glück mit einer sehr musikalischen Ader gesegnet zu sein, sodass ich meine Ideen schnell umsetzen kann und sehr schnell lernen kann ein neues Instrument gut zu spielen. Du arbeitest fast immer an sehr vielen verschiedenen Projekten gleichzeitig. Soloalben, Kollaborationen, du hast einige Werbedeals, bist sehr oft auf Tour und kommst nur selten zur Ruhe. Würdest du dich selbst als Workaholic bezeichnen?
Ich bin definitiv ein Workaholic, aber auch ein Playaholic (lacht). Ich liebe all die Dinge, die ich tue sehr und habe die Möglichkeit, meine Passion aus zu leben. Natürlich führe ich einerseits ein stressiges Leben und arbeite viel, aber andererseits ist es für mich auch ein Spiel, an dem ich sehr viel Spaß habe. Du verfolgst mit großem Interesse alle Rezensionen, die deine eigene Musik betreffen. Bist du mit dem Feedback auf dein aktuelles Album Transition zufrieden?
Für mich ist es unsagbar interessant zu erfahren, wie meine Musik bei den Leuten ankommt und was in ihnen vorgeht, wenn sie sich meinen Sound zu Ohren führen. Mit den Transition -Kritiken bin ich sehr zufrieden. Generell ist es immer sehr wichtig, dass man seine eigene Musik liebt, denn nur dann besteht die Chance, dass auch andere Menschen Gefallen daran finden. Natürlich kann man es nicht immer jedem Recht machen, aber genau das ist das großartige wenn es um Entertainment geht: Die Menschen haben immer die Wahl. Wenn sie es nicht mögen, brauchen sie es nicht zu hören. Die Auswahl ist groß und jeder findet für sich das Passende. Du bist Gründer und Präsident deiner eigenen Musik-Produktions-Firma, der NextSelection Lifestyle Group. Was ist das Wichtigste, wenn man die Verantwortung trägt und andere Menschen anleitet?
Ich denke der entscheidende Punkt ist, dass man sich in die Menschen die für einen arbeiten hineinversetzen kann und versucht, ihre Probleme zu verstehen. Wenn du das Feingefühl besitzt, dich in ihre Lage versetzen zu können hast du auch die Chance, sie so zu fördern, dass sie das Beste aus sich herausholen können. Wenn du ihre Ängste kennst, kannst du ihnen auch dabei helfen diese zu überwinden.

Wie wird sich die Musikindustrie in Zukunft entwickeln?
Ich denke, dass die Zukunft der Musikindustrie nicht unbedingt anders aussehen wird wie jetzt auch. Es wird immer Menschen geben, die Musik lieben und Künstler die Musik machen. Vielleicht entwickelt sich der Trend irgendwann komplett dahin, dass Konsumenten gar nicht mehr für die Musik zahlen, sondern nur noch die Konzerne. Ich selbst habe zum Beispiel vor kurzem eine Kampagne mit dem Autohersteller Lexus gemacht. Das Geld, das ich dafür bekommen habe war möglicherweise der gleiche Betrag wie der den ich bekommen hätte, wenn ich eine neue Single auf den Markt gebracht hätte. Im Prinzip wird es für die Musikindustrie weder besser noch schlechter werden, nur die Handelswege ändern sich. Es wird immer darum gehen, gute Musik zu machen.

Welche deiner Talente und Fähigkeiten sind ausschlagend für deinen Erfolg?
Ein ganz entscheidender Punkt ist auf jeden Fall, dass ich meine Passion mit meiner Musik zum Ausdruck bringen kann. Ich bin mir nicht sicher, ob man das als Talent bezeichnen kann, aber ich habe schon früh herausgefunden, welche Dinge mir wirklich liegen und meine Leidenschaft sind. Ein weiterer Aspekt ist, dass ich sehr fokussiert und hart arbeiten kann und mein Ziel immer vor Augen habe. Ich teile mir die Zeit genau ein und habe einen organisierten Tagesablauf. Wenn jemand erfolgreich werden möchte, das nötige Talent hat und all diese Dinge beachtet, hat er auch die Chance, es zu schaffen.


Welche Charaktereigenschaften machen dich zu der Person, die du bist?
Die Antwort auf diese Frage liegt sehr nah bei der, der letzten Frage. Ich bin sehr passioniert und arbeite hart. Ich denke diese beiden Eigenschaften sind in mir dominant. Am liebsten würde ich noch eine Kopie von mir machen, damit wir gemeinsam das doppelte an Arbeit schaffen (lacht). Der Eine kann arbeiten, der Andere kann schlafen und sich ausruhen, denn das ist sehr wichtig, um ausgeglichen zu sein. Abgesehen von den Dingen, die du selbst schon beschrieben hast: Was würden deine besten Freunde erzählen, wenn ich sie fragen würde, was für ein Mensch du bist?
Sie würden dir sagen, dass ich ein sehr romantischer Mensch bin. Ich sehe die Welt auf eine gewisse Art und Weise, die sehr systematisch in meinem Kopf angeordnet ist. Aus diesem Grund habe ich auch immer Kameras bei mir und um mich herum. Ich mag es mein Leben neben dem mit meiner Familie auf diese Art und Weise mit anderen zu teilen.

Du sagtest mal in einem Interview, dass du ein sehr spiritueller Mensch bist.
Das ist richtig. Ich bin eher spirituell, als das ich religiös bin, denn Religion kann manchmal sehr eingeschränkt sein. Spirituell zu sein bedeutet für mich, dass man frei ist und seine eigene, ganz individuelle Beziehung mit Gott führen kann. Man arbeitet an sich selbst und hat seinen eigenen Guide, um die beste Person zu werden, die man sein kann.
Glaubst du an ein Leben nach dem Tod?

Ich finde es immer sehr lustig, wenn man vom Leben nach dem Tod spricht, denn wenn es nach dem Tod noch Leben gibt, ist man ja eigentlich gar nicht tot, sondern man lebt weiter (lacht). Ich denke, wir sollten mehr über diese Thematik nachdenken.
Welche Position möchtest du in fünf Jahren einnehmen?
Ich würde mir wünschen in fünf Jahren noch in der gleichen Position zu sein wie jetzt auch. Ich werde so hart arbeiten wie möglich um die bestmögliche Musik zu machen. Wenn ich in fünf Jahren immer noch die Möglichkeit habe meine Musik mit so vielen Menschen zu teilen wie jetzt, würde ich mich sehr freuen. Du bist ein großer Film-Freak und kannst eine riesige Sammlung dein Eigen nennen. Welche Filme sind deine Favoriten und was macht sie dazu?
Generell gesehen schaue ich am liebsten Dokumentationen oder Filme, die sich um Musik drehen. Meine Favoriten verändern sich generell sehr oft, nach der Aktualität der Filme, da ich generell oft die neusten Filme als meine Faves nenne. Dennoch gibt es ein paar Movies, die ich besonders zu schätzen weiß. Einer davon ist Jean-Luc Godard s Sympathy for the Devil mit den Rolling Stones . Erst neulich habe noch noch eine Dokumentation über Jimi Hendrix gesehen, die ich auch ausgesprochen gut fand. Kennst du vielleicht den Konzertfilm The Song Remains the Same über ein Led Zeppelin Konzert in New York? Den fand ich auch klasse. Face/Off mit Nicolas Cage und John Travolta hat mir auch gefallen. Was sind zur Zeit deine drei Lieblingstracks?
1. John Legend - How We Do It Again
2. Jimi Hendrix - All Along The Watchtower
3. Rolling Stones - Miss You

Arbeitest du zur Zeit an einem neuem Album und wenn ja, kannst du uns erste Details verraten?
Ja, das tue ich. Wir planen das Album in Woodstock aufzunehmen und die Songs mit einer Live-Band einspielen zu lassen, die nur Vintage-Instrumente spielen. Wir werden aber auch moderne Aspekte einbeziehen und es wird einige interessante Kollaborationen geben. Wirst du dir die Show heute Abend ansehen?
Ja, werde ich.

Du wirst merken wie elektrisierend die Atmosphäre ist, wenn eine Band dabei ist. Genau dieses Gefühl, möchte ich auf meinem neuen Album einfangen. Wir machen wieder einen ganz neuen Sound, eine "Transition" (lacht).
An welchen Projekten arbeitest du zur Zeit und was können wir von dir erwarten?
Neben der Arbeit an meinem neuen Album liebe ich es, mit anderen Künstlern zu kollaborieren. Ich war erst neulich mit Ne-Yo auf Tour und werde mit ihm auch gemeinsam Musik machen.
Neben neuen Zusammenarbeiten mit Künstlern wie Alicia Keys , Keri Hilson und Jazmine Sullivan war ich auch gemeinsam mit Jay-Z im Studio, der zur Zeit an einem neuen Album arbeitet, auf dem ich vertreten sein werde. Es steht also in nächster Zeit noch einiges bei mir an.
Klingt gut, vielen Dank für das Interview.
Ich danke dir!

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