The Roots - Rising Down
Mit Rising Down scheinen The Roots zu beweisen, dass sie immer noch eine der größten Crews im Geschäft sind. Aber sind sie überhaupt eine Crew? Ist das nicht eine Band?

The Roots feat. Wale & Chrisette Michele- Rising Up [Video]

The Roots - Rising Down (Release Info)

Wohl wenig Bands wurde in den letzten Jahren so unter- als auch überschätzt, wie The Roots . Doch sobald diese Einschätzung getroffen ist, schließt sich automatisch die Frage an: Wie viele erfolgreiche bzw. Für ein breites Publikum relevante Bands gibt es überhaupt im Hiphopgeschäft? Der Wu-Tang Clan ist ein bisschen wieder da, Dipset irgendwie nicht mehr. Und genau genommen sind das eh Crews . Was bleibt also noch an Musik schaffenden Konglomeraten? Sicher könnte man hier diverse lange bestehende Live-Bands nennen, die die Größen des Rapgeschäft auf Tour begleiten. Es ließe sich zumindest vermuten, dass Diddy oder Hova nicht jedes mal wieder ein Casting veranstalten bevor sie Konzerte geben. Also wer steht hinter den glamourösen Liveperfomances? Die Antwort fällt wenig überraschend aus, denn die Livekonzepte der meisten Rapper stammen aus der Feder der Musikkapelle rund um das Mastermind ?uestlove , wenn sie nicht sogar die ganze Show selber durchziehen, wie bei Jay-Z s MTV Unplugged . Die Roots haben sich als Go-to-guys für Rapper mit gehobenen musikalischen Ansprüchen an ihre Live performances entwickelt. Eine echte Band zu sein hat den Sound der Roots geprägt und verschaffte ihnen Fans über die Grenzen der Rap-Szene hinaus. Auf dem neuen Werk Rising Down spielen sie ein wenig häufiger mit Synthesizern, es wird elektronischer. Wäre ja auch langweilig immer nur Gitarre zu spielen.

In der Stellung, die sie durch ihre Einzigartigkeit und ihre Jahre andauernde Ideenvielfalt erhielten, kann man sie also wahrscheinlich nicht hoch genug einschätzen. Doch in einigen Punkten werden sie durchaus auch überschätzt oder wenn man genauer ist: falsch verstanden.
Für das neue Album und bei Interviews erwarteten viele Leute ein klares politisches Statement. Wenn schon ein Afroamerikanischer Präsidentschaftskandidat antritt, wenn Bush es dazu noch schafft als lame Duck den Karren ganz vor die Wand zu fahren, dann sollte die Zeit doch gekommen sein, oder? Diddy rief schon vor Jahren zum Wählen auf, "Fuck Bush"-Parolen verbinden mittlerweile den Straßenhustler und den 15-jährigen Nerd aus Santa Monica. Sowieso sind ja alle so total politisch im Jahr 2008. Doch plumpe Stellungnahmen und mehr oder weniger überflüssige Interpretationen sind nun mal nicht das Ding der Jungs aus Philly. Schon Game Theory sprach von False Media und nicht von nur von falscher Politik im Irak, Afghanistan oder sonstwo. Kritiken am Umfeld und an der Gesellschaft machten stets diese Band aus. Wenn sie also das neue Album als "das politischste" bezeichnen, dann nicht, weil sich auf dem Cover ein "Vote Obama" Sticker befinden würde. Dennoch wäre es nicht ganz richtig die Gruppe auf den sozialkritischen Aspekt zu beschränken. Kollaborationen mit Peedi Crakk haben der Band den Weg zur Straße freigehalten. Bei der Komplexität der Inhalte bewahrte die Bands das Gespür für Relevanz und Verständlichkeit, wo andere es teilweise übertrieben, mit den Gedankenspielen (siehe Liquid Swords Reihe des GZA , oder Jedi Mind Tricks ). Dennoch kommt es immer noch dazu, dass The Roots mit dem Image des Boombap der 90er zu kämpfen haben. Sowohl inhaltlich als auch musikalisch muss man ihnen jedoch den Weg zu komplexeren Themen attestieren und man muss zudem anerkennen, dass sich mittlerweile selbst Kokainlyriker gerne als conscious bezeichnen und damit das Vorurteil, dass Inhalt nicht auf einem guten Beat stattfinden kann, ad acta gelegt ist. So gilt es neben Inhalt und der instrumentalen Ebene auch auf die Performance des MCs Black Thought einzugehen.
Ich muss zugeben, dass ich zu Beginn auch nicht so sehr auf die Fähigkeiten von Black Thought geachtet habe wie auf den Vibe der Band im Vordergrund. Doch hat sich gerade in der Entwicklung von You Got Me feat. Erykah Badu bis hin zum neuen 75 Bars gezeigt, dass auch Black sich stark weiterentwickelt hat. Tripple Reime, Spitting, Punchlines: alles da. Dem Vergleich mit anderen erfolgreichen (Solo) Rappern der Neuzeit kann er in jedem Fall standhalten.

Es zeigt sich, dass The Roots sicher gerne mal falsch eingeschätzt werden, aber wer in sämtlichen Musik-schaffenden Bereichen derart gut besetzt ist und es schafft, den Ausstieg eines guten Keyboarders und damals angehenden Hitproduzenten ( Scott Storch ) zu verkraften, muss es wohl drauf haben. Oder?

The Roots feat. Wale & Chrisette Michele- Rising Up [Video]

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