PA Sports' Streben nach Glück

Am 11. März erschien das erste Soloalbum von PA Sports , das auf den Namen Streben nach Glück hört. Wir haben mit ihm über das Album, die Trennung von seiner alten Crew Pottweiler , seine Zeit in U-Haft, Religion und die aktuelle Lage im deutschen Rap gesprochen. Ein Gespräch mit einem Newcomer, der schon ein Leben mit Rap hinter sich hat. Ein Leben mit Musik und Stars, Streit und Knast. Tauschen würde er nicht, aber seinem Sohn wünscht er etwas anderes. 2005 wurde der damals 15-jährige PA Sports auf Eko Fresh John Bello Counterstrike  Fick immer noch deine Story der Öffentlichkeit vorgestellt, als Gegenstück zu den Optik Youngsters . German Dream verließ er anschließend, im Rap Game blieb er aber bis heute. Beeindruckt von einem Deutschlandweit bekannten Kollegen, fingen in Essen auch andere aus seinem erweiterten Umfeld zu rappen an: KC Rebell , Kee Rush oder auch Sinan-G . gemeinsam mit den ersten beiden war PA jahrelang Teil von Pottweiler , der Crew um den Mülheimer Manuellsen . 2010 trennte sich PA dann im Streit. Seine Solokarriere könnte jetzt erst richtig losgehen, zum Release ist PA Sports für die Juice  "Sinnbild einer neuen Deutschrap-Generation" und gibt dem Hörer "die Möglichkeit zu begreifen, warum auf den Schulhöfen nicht mehr der brave Mittelstands-Rap der etablierten Deutschrap-Größen angesagt ist". Was ist zwischen dem SAW Album  Kinder des Zorns und deinem neuen Soloabum  Streben nach Glück geschehen?
Wir haben Kinder des Zorns am 27.6.2008 releast. Danach war die Musik für mich und KC ein Jahr lang nicht mehr die Hauptsache, weil wir mit vielen privaten Dingen beschäftigt waren. Ich habe dann Mitte 2009 gesagt, dass wir wieder loslegen müssen. Wir haben mit der Produktion von Kinder des Zorns 2.0 angefangen und waren mit Azad auf Tour. Mitte 2010 habe ich mich dann wegen Differenzen mit Manuellsen von Pottweiler getrennt. Ich habe entschieden ein Soloalbum zu machen, stand aber vor der Frage, was für ein Album das werden sollte: Ich wollte einen Aufhänger haben, aber kein künstliches Image kreieren. Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch ein Individuum ist. Wenn man sich gibt wie man ist, hat man damit schon sein Image. Ich habe mich also gefragt, wie ich all das, was ich in den letzten Jahren erlebt habe, in einer zusammenhängenden Geschichte erzählen kann. Ich glaube mit einer wahren Geschichte kann ich viele Menschen berühren. Es ist nicht aufgesetzt. Und immer noch geile Musik, mit geilem Rap und einer geilen Technik. Bist du auf deiner Suche nach dem Glück immer noch zornig?
Nein, zornig bin ich nicht mehr. Kinder des Zorns war ein Album, bei dem wir uns auf das Thema "Wir sind diese jugendlichen Ausländer, von denen ihr immer redet" konzentriert haben. Ich war 17 als wir das aufgenommen haben, 18 als es erschien. Wir waren noch jung. Diesen Zorn und dieses Denken habe ich nicht mehr. Im Trailer für dein Album sagst du, dass du kein Superstar bist. Auf der anderen Seite machst du den Track  Paparazzi . Wirst du in Essen von Fotografen verfolgt?
Der Ausdruck beschreibt die Thematik einfach gut: Dass viel über dich geredet wird, vor allem Negatives. Ich habe ein Privatleben, ich bin nicht Eminem , aber  ich achte schon darauf, dass ich gut aussehe, wenn ich in die Stadt gehe. Weil ich weiß, dass mich Leute ansprechen und ich nicht ungestylt vor denen stehen möchte. Ich könnte auch dreimal Gold gehen und würde mich nicht wie ein Star fühlen, weil ich Rap mein ganzes Leben lang mache. Irgendwann damit erfolgreich zu sein ist für mich nur eine logische Folge. Also muss ich gucken, wie ich wohin gehe.

PA Sports über große Geschichten, Tua und Gänsehaut

Wie war es für dich, dein Album ohne die Pottweiler Jungs aufzunehmen?
Was ich jetzt sage, ist überhaupt nicht als Diss gemeint, aber es war das Geilste was ich je erlebt habe. Das hat nichts damit zu tun, dass die Jungs scheiße wären. Ich bin mit  KC immer noch genauso wie vorher. Aber es war wirklich das erste Mal seitdem ich rappe, dass ich mit meinem Zeug und meinen Gedanken ins Studio gegangen bin und mir keiner mehr reingeredet und erzählt hat, was ich machen soll. Ich wusste, dass ich, wenn ich mir von keinem was erzählen lasse, ein sehr gutes Album machen kann. Ichbezweifle, dass dieses Jahr noch jemand kommt, der mein Album ficken kann. Du bist auf Blogs von Leuten vertreten, die dich früher gehatet haben. Du bist in der Juice mit einem Zwei-Seiter vertreten. Du machst Tracks mit Tua. Woran liegt es, dass du offensichtlich in neuen Kreisen unterwegs bist?
Ich war früher ganz anders drauf. Ich habe Leute gedisst, ohne jemals die Musik von ihnen gehört zu haben.  Tua habe ich gedisst, dann hat mich Yoshimixu gezwungen mir sein Album anzuhören und es hat mir gefallen. Wenn Leute, die mich früher gehatet haben, jetzt Interviews mit mir führen wollen, dann habe ich ja gewonnen. Ich denke auch, dass es daran liegt, dass ich in eine positivere Richtung gehe als andere Leute. Ich würde meine Musik schon unter Streetrap einordnen, aber ich mache etwas, das die Menschen berühren kann. In den letzten Jahren war es krass, wenn man über Punchlines lachen konnte, ich mache Rap, bei dem die Leute Gänsehaut bekommen. Was sind denn die Gänsehautthemen auf deinem Album?
Mein Album ist wie eine Geschichte. Ich erzähle im Intro schon grob, worum dieses Album gehen wird: Die Trennung von Pottweiler  und der Freundin, private Probleme, Schulden, Probleme auf der Straße. Dann baue ich das langsam wie eine Geschichte auf. Trotzdem erzeuge ich am Ende des Albums einen positiveren Vibe, indem ich sage, dass ich zwar viele Probleme hatte, aber wieder aufgestanden bin. Sodass die Leute erfahren, dass ich nach Glück gestrebt habe, aber dass man das Glück in dem Sinne vielleicht nie wirklich kriegen kann. Es geht trotzdem immer weiter. Deswegen wird das nächste Album vom Sound her nicht mehr so traurig sein. Meinst du, dass man das Album versteht, wenn man es nicht komplett hört?
Man muss es schon komplett hören, um Zusammenhänge zu bemerken. Zum Beispiel sage ich im Intro etwas über Pottweiler , was ich im Outro weiterführe. Marcelina ist der zweite Teil von Dank dir , später sage ich in Zeitmaschine wieder etwas über Marcelina . Es gibt Zusammenhänge, die immer wieder auftauchen. Wenn man das gesamte Album hört, wird man merken, dass es einen roten Faden gibt. Das ist meiner Meinung nach das, was ein Album von einem Streetalbum oder einem Mixtape unterscheidet.
Du erzählst nicht nur von dir, sondern auch von deiner Familie oder deiner Freundin. Wie gehst du damit um, dass persönliche Geschichten auch Angriffsfläche bieten?
Ich weiß, dass es kein Rapper wagen würde, diese Dinge ins lächerliche zu ziehen. Würde das jemand tun, wäre für mich der Punkt da, ihm auf die Fresse zu hauen. Ich bin immer korrekt und disse niemanden. Ich versuche zumindest, keinen unter der Gürtellinie zu beleidigen. Wenn jemand mich auf der sportlichen Ebene dissen will, gerne, aber so auf keinen Fall. Dann würde ich keine krassen Freunde holen, sondern selbst hingehen und vielleicht auch auf die Fresse kriegen. Ich würde das für mich tun, nicht für mein Image in der Öffentlichkeit. Wenn mich dagegen F.R. oder Kaas sportlich dissen würden, würde ich ihnen einfach antworten. Wenn ich Kaas "Hurensohn" nennen kann, weil ich ihn schlagen könnte, heißt das nicht, dass ich es auch mache. Würde ich es machen, wäre ich ein Hurensohn. Obwohl ich mehr Welle machen könnte, als die Rapper, die gerade Welle machen, ist das nicht mein Ding. Ich bin ein Mensch und nicht bereit für Erfolg über Leichen zu gehen. Mittlerweile bin ich fast 21 Jahre alt und für mich gibt es am Ende des Tages immer noch einen Gott da oben.

PA Sports: Kritik an Farid Bang und Bushido, Herausforderung an Favorite

Wenn man auf einen Battle Track mit Gewalt reagiert, hat man als Rapper verloren.
Richtig. Jeder weiß doch, dass ich straßenmäßig krasser bin. Wenn mich einer von diesen ganzen Kanakenrappern dissen würde, dann würde es interessant werde. Aber das machen die nicht. Die bauen ihre ganzen Images und ihre Härte darauf auf, dass sie Backpackrapper einschüchtern gehen, aber untereinander sind sie alle Freunde. Wenn mich einer von denen dissen würde, dann würde ich erst den Reiz daran finden. Farid Bang hat zu Beginn seiner Karriere Leute gedisst, die keine Gangster sind. Er wollte Leute dissen, die gut rappen konnten, um zu zeigen, dass er besser ist.
Das ist ja gut. Aber warum will er ihnen danach trotzdem auf die Fresse hauen? Das ist die Frage. Ich respektiere voll und ganz was er gesagt hat, dass die deutschen Rapper arrogant sind und denken wir Kanakenrapper könnten nicht rappen und wüssten nichts von Technik. Dann ist es cool zu sagen, ich will euch jetzt dissen. Dann kannst du ihnen aber auch nicht auf die Fresse hauen, sonst würdest du beweisen, dass ihre Sicht auf dich richtig war. Genauso finde ich, dass man "Hurensohn" nicht sagen sollte. Ich sage das nicht wahllos zu jemandem, nur weil er nichts dagegen machen kann.
Dafür wurde Pottweiler auch mal kritisiert. In Dear Moms sagt Manuellsen, dass man nicht die Mütter anderer Rapper beleidigen sollte, die gleiche Crew bezeichnet später doch wieder andere Rapper als Hurensöhne.
Dear Moms
war nicht mein Song. Aber vieles, was ich damals gemacht habe, würde ich heute nicht mehr tun. Ich wurde deshalb in eine Schublade gesteckt, in die ich nie wollte. Mit der Trennung von Pottweiler probiere ich in eine andere Richtung zu gehen. Andere Rapper sagen, wenn jemand meine Mutter disst, haue ich ihm auf die Fresse, beleidigen aber die Mutter des anderen, weil der ihnen unterlegen ist. So hat das zum Beispiel Bushido eine Zeit lang gemacht. Das ist charakterlich einfach sehr schwach. Du nennst diese Leute nur Hurensohn, weil du weißt, dass du es dir gerade leisten kannst. Das geht nicht. Dass ich so etwas nicht mache, heißt nicht, dass ich ein Typ bin, dem man auf der Nase herumtanzen kann. Über Bushido hast du auch mal gesagt, dass er alles richtig gemacht hat. War das auf seine Musik oder seine Karriere bezogen?
Er macht auf jeden Fall Dinge, an denen ich sehe, dass er Komplexe hat. Andererseits muss ich sagen, dass er musikalisch gut ist. Ob er seine Texte selbst schreibt oder nicht ist mir egal. Ich finde seine Songs geil. Ich kann mir seine Alben besser anhören, als welche, auf denen Rapper verkrampft versuchen, gute Rapper zu sein. Er hat gesehen, dass es nicht seine Aufgabe ist, Triplerhymes zu bringen. Seine Aufgabe ist es coole Songs zu machen und das kriegt er hin. Als Businessmensch ist er schlau. Seinen Platz hat er sich auf seine Art und Weise auf jeden Fall verdient und dafür muss man ihn auch respektieren. Du hast jetzt oft betont, dass du nicht wahllos Rapper beleidigst, Favorite hast du aber in letzter Zeit mehrmals gedisst.
Ich will ihn ein bisschen stechen. Als ich 14 oder 15 war, hat er mich gedisst, ich habe geantwortet, er hat nochmal nachgelegt. Aus der heutigen Sicht sage ich, dass ich damals anders auf den Disstrack hätte reagieren sollen. Er war vier Jahre älter und zu der Zeit ein viel besserer Rapper als ich. Ich habe ihn mit meinen 15 Jahren angerufen und ihm gesagt, dass dieser Disstrack sofort aus dem Internet soll, sonst würde ich mit meinen Leuten vorbeikommen. Er wurde da nämlich ein wenig persönlich. Er hat ihn rausgenommen. Aber wir wurden beide bekannter, die Songs haben sich verbreitet und sind in den Köpfen der Menschen geblieben. Ich lese heute noch Kommentare wie "Das war doch der, der damals von Favorite gefickt wurde." Ich weiß, dass ich ihn heute auf jeder Ebene zerfleischen würde. Auch in seinem eigenen Film reiße ich ihn ohne Probleme auseinander. Das ist also eine rein sportliche Angelegenheit?
Auf jeden Fall ist das eine sportliche Angelegenheit. Weil ich weiß, dass er weiß wer ich bin und nicht unter die Gürtellinie gehen würde. Ich würde mich nur freuen, wenn er mir einen Disstrack gibt, weil seine Fans immer noch denken, etwas gegen mich in der Hand zu haben. Ich würde ihn zerfleischen, glaub mir. Ich würde keine zwei Stunden für den Disstrack brauchen.

PA Sports: Essener Karriere Drama

Was viele nicht auf dem Schirm haben ist, wie früh du deine Karriere begonnen hast. Du wirst jetzt erst 21, wann hat deine Geschichte begonnen?
2002, mit 12 Jahren, war ich auf der ersten Freestyle Battle, beim Essen Original . Ich bin auf die Bühne gegangen und kam ins Viertelfinale. Ich wusste noch nicht mal was ein Doppelreim ist. Ich habe dort Fard , Pillath und Mr. Knight kennengelernt. Bei der nächsten Jam haben sie mir schon gesagt, dass ich die Antwort auf F.R. sei. Ich war dann weiter auf Jams unterwegs und schon immer der Organizer, der Boss von meinen Leuten. Obwohl ich der Jüngste war. Mit 14 hatte ich eine Crew, bei der auch der Cousin vom Manuel war.  Manuel war gerade ganz frisch bei German Dream . Er hat unsere Sachen gehört und dann an Eko Fresh weitergegeben, der mich extrem gefeiert hat, weil ich der Jüngste war. Also hat er mich zum Videodreh für Die Abrechnung eingeladen. So ging es dann los. Dann kam der Fick deine Story Diss gegen den Bruder von Kool Savas . Das war das erste Mal, dass ich in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Ich weiß noch genau wie KC , wir waren damals noch nicht SAW , mich nachts angerufen hat und gesagt hat, dass das Snippet zu Fick deine Story draußen sei und mein Part als letzter drauf war, als Highlight des Snippets. Als ich dann am nächsten Morgen im Internet danach geguckt habe, haben schon alle über mich diskutiert. Da war ich 15. Ein paar Monate später war ich dann bei Shrazy Records . Dass sie mit Beef begann, hat deine Karriere geprägt?
Ich war damals jung, wenn mir heute jemand wegen dieser Sache Steine in den Weg legen will, dann ist das meiner Meinung nach ein Idiot. Passiert das denn?
Nein, eigentlich nicht. Ich glaube Savas ist wegen der Sache immer noch abgefuckt, obwohl ich ihn mittlerweile sogar cool finde. Eigentlich fand ich ihn schon damals cool. Ich war jung, ich war bei Eko . Er hat gesagt " Diss den!" , also habe ich das gemacht. Das war die Seite auf der ich stand. Ich habe mir damals gedacht, wenn das für mich eine Möglichkeit ist, in der Öffentlichkeit stattzufinden, dann mach ich das. Jetzt kommt das erste Soloalbum, ohne Crew im Rücken. Setzt dich das unter Druck?
Nein, absolut nicht. Mich haben auch viele gefragt, ob ich glaube, dass ich charte. Wenn ich charte, bin ich der Letzte, der sich darüber nicht freut, aber das war überhaupt nicht meine Motivation bei diesem Album. Ich habe die letzten vier Jahre nichts gemacht. Wenn wir nach Kinder des Zorns nicht so in den Arsch gefickt worden wären, hätten wir nach acht Monaten noch ein Album rausgebracht und ein Jahr später noch eins. Wir hätten Kontinuität bewiesen und wären heute in der Reihe der gehypten Rapper. Inwiefern wurdet ihr in den Arsch gefickt?
Wir haben ein Album releast über ein Label, das uns damals nicht gefiel. Wir waren mit ihrer Arbeit nicht zufrieden, wollten Shrazy aber auch nicht verlassen ohne zu wissen wie es weitergeht. Schließlich haben wir uns von Shrazy Records getrennt, weil Pottweiler ein Label werden sollte. Es hieß, die Releasemöglichkeiten seien da. Aber nichts ist passiert. Der Plan war, gemeinsam für Manuellsen s Erfolg zu sorgen, danach hätte man über den Rest reden können. Eine Zeit lang war das auch kein Problem für mich, weil Manuel mein Freund ist und ich mich freue wenn er erfolgreich wird. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem man aufhört zu rappen, weil es nicht geklappt hat und wenn es mal soweit ist, will ich in den Spiegel gucken und sagen "Es hat nicht geklappt, weil du einen Fehler gemacht hast. Und nicht weil du den ganzen Tag auf andere Leute gewartet hast."

Es hat mich einfach gestört, dass es nie eine Releasemöglichkeit gab, trotz des Versprechens, dass das kein Problem wäre. Das Album war fertig, aber es hieß immer, angeblich wäre es immer noch nicht cool genug. Während irgendwelche Affen, die noch nicht mal rappen können, ein Album nach dem anderen releasen und uns überrunden. Obwohl wir damals den frischesten Sound von allen hatten. Ich wollte einfach nur die Platte raus bringen, weil ich wusste , dass sie gut ist. Hätten wir kontinuierlich releasen können, hätten wir bis heute ganz normal drei Alben veröffentlicht.

PA Sports: Sido Signing und Streit mit Manuellsen

Sido soll zwischenzeitlich Interesse gehabt haben, dich und KC zu signen. Woran ist das gescheitert?
Kurz nachdem Kinder des Zorns erschienen ist, habe ich einen Anruf von Manuellsen bekommen, bei dem er mir gesagt hat, dass sich Sido für uns interessiert. Das fanden wir natürlich cool. Wir haben aber erstmal abgewartet, weil wir dachten, wenn er was will, soll er zu uns kommen. Ein paar Monate sind vergangen, wir haben an einem Album gearbeitet, dass wir eigentlich jederzeit schnell hätten beenden können. Wir sind zu einem Konzert von Sido in Krefeld gegangen und haben uns mit ihm getroffen. Er war ein ziemlich cooler Typ und hatte auch Songs von uns auf seinem iPod . Er wollte neue Sachen hören, die hatten wir aber nicht mit. Wir sollten uns bei ihm melden, aber dann, muss ich zugeben, kam von uns nichts mehr. Es hat sehr lange gedauert, bis wir unsere Songs schließlich fertig hatten. An dem Punkt, als wir an ihn herantreten wollten, war sein Interesse wahrscheinlich weg. Wenn jemand so eine Aussage macht, muss man reagieren. Es ist ja nicht so, dass er in Afghanistan ist und ich in Pakistan. Ich hätte direkt nach Berlin fahren können, das hätte innerhalb von zwei, drei Tagen über die Bühne gehen müssen. Aber wenn es nach seiner ersten Anfrage ein Jahr dauert, bis man sich an einen Tisch setzten kann, ist das Interesse eben weg. Als es für SAW bei Pottweiler nicht weiterging, wolltest du auf eigene Faust ein Soloalbum machen, es kam zu Streit und zur Trennung?
Das war gar nicht der Punkt. Es hatte einen persönlichen Grund, dass ich von Pottweiler weg bin. Den wahren Grund habe ich bisher noch niemandem gesagt. In den letzten sechs Monaten bevor ich mich von Pottweiler getrennt habe, hatte ich eine sehr gute Bindung mit Manuel . Wir waren sehr viel miteinander unterwegs. Irgendjemand hat Manuel dann Scheiße über mich erzählt und er hat sich so einen Film gefahren, dass ich nicht mal seine neue Nummer haben durfte. Ich glaube auch, dass es jemand aus unseren eigenen Reihen war, der ihm die Scheiße erzählt hat. Das war richtige Kinderkacke und wurde mir irgendwann zu viel.  Die Trennung hatte also gar nichts mit Musik zu tun?
Doch, schon. Jeder war so verbittert, weil wir seit Jahren nicht dahin gekommen waren, wo wir hinwollten. Die Situation war dann der Anstoß, mich frei zu machen. Ich habe das Manuel auch nicht böse genommen. Ich wusste ungefähr, warum er wohl nicht mehr mit mir redet. Also habe ich Erfan , den damaligen Manager von Pottweiler und heutigen Manager von Bushido , angerufen. Ich habe ihm gesagt, dass ich keine Fotze bin die einfach geht, dass ich aber Manuel nicht ans Telefon bekomme. Deswegen sollte er ihm sagen, dass ich die Crew verlasse und mein eigenes Ding mache. Ich habe auch angekündigt, dass ich eine kleine schriftliche Pressemitteilung rausschicken werde. Das war mein Plan, ohne Stress. Ich habe auch nie mit Manuel über die Sachen geredet, die er gehört hatte. Das war sein Fehler. Er war einfach auf dem Film "Ich bin Manuellsen und du kommst ab jetzt nicht mehr an mich ran" . Also habe ich mich von Pottweiler getrennt. Wirklich nicht im Bösen. Am Tag nach dem Gespräch mit Erfan , bekam ich eine beleidigte SMS von Manuel . Zwei Stunden später war mein damaliges Video von Youtube gelöscht. Ab dem Moment habe ich mich persönlich angegriffen gefühlt. Er redet zwei Monate nicht mit mir, dann verlasse ich die Crew, plötzlich redet er wieder mit mir und versucht auch noch mir Steine in den Weg zu legen. Da ist es dann eskaliert. Dieses Statement, bei dem ich schon sehr emotional gewesen bin, war zwar voller Fakten, aber es war vielleicht nicht richtig, über jemanden mit dem man sieben Jahre befreundet war, so vor der Kamera auszupacken. Konntet ihr den Streit inzwischen beilegen?
Drei Monate nach der Trennung gab es ein klärendes Gespräch mit dem auf der persönlichen Ebene alles geklärt war. Aber Manuel s Erwartung war danach, dass damit auch musikalisch alles geklärt wäre, dass ich jetzt wieder bei Pottweiler wäre. Für mich waren das zwei verschiedene Paar Schuhe. Das eine ist ein Freund von mir, mit dem ich sieben Jahre lang unterwegs war, das andere ist Musik. Und ich schwöre auf meine Mutter, dass sich meine Meinung auch niemals ändern wird. Ich bin PA Sports und ich werde mein Ding machen. Mich wird man nie wieder als Pottweiler sehen. Nie wieder. Aber das heißt nicht, dass ich mich nicht mit Manuel vertragen kann. Es kommt mir leider so vor, als ob für ihn das Eine nicht ohne das Andere geht.  SAW wird es auch nach der Trennung von Pottweiler geben?
Mit KC bin ich cool und wenn wir was zusammen machen, dann ist das SAW . Jeder wird erst mal als Solokünstler releasen, aber es steht im Raum, das wir uns wieder zusammentun und ein SAW Album veröffentlichen. Ich werde auch auf seinem Album Derdo Derdo vertreten sein.

PA Sports: Die geilste und schwerste Zeit in meinem Leben
 

All diese Geschichten, haben dich seit deinem zwölften Lebensjahr begleitet. Wie war deine Jugend als Rapper?
Ich bin jetzt fast 21 Jahre alt und in den letzten zwei, drei Jahren hatte ich viele Krisen, die auch durch die Musik entstanden sind. Man sagt ja immer, Künstler sind kopfgefickte Menschen mit viel Leid und Schmerz. Musik hat mir vieles weggenommen. Aber keiner hatte so eine Jugend wie ich. Andere waren mit 14 auf Klassenfahrt, ich habe eine Woche bei Eko und Valezka gewohnt. Ich war ein Kind und die waren Superstars. Ich stand mit 14 auf der Bravo bühne bei der Jugendmesse in Essen. Mit 16,17, das war die Zeit als ich angefangen habe die Schule abzubrechen, war ich mit Snaga & Pillath auf Tour. Das war die geilste Zeit in meinem Leben. Da war ich jung und hatte keine Sorgen. Ich dachte mir "ich werde Rapper, es dauert vielleicht noch zwei, drei Jahre, dann bin ich Major und reich". Aber irgendwann gehts los, du bist 18 und hast die Schule abgebrochen. In dem Alter hast du langsam den Wunsch nach Geld, nach einer Wohnung, nach einem Auto. Dann fängt man an sich Gedanken zu machen. Auch viele Leute in meinem Leben, die ich nicht hätte kennenlernen wollen, hab ich durch die Musik kennengelernt. Aber um auf deine Frage zurückzukommen: Meine Jugend war überkrass. Ich würde sie nie rückgängig machen wollen. Ich liebe Rap, ich liebe Hiphop und ich bin süchtig danach. Aber du kamst an den Punkt, an dem du gemerkt hast, dass man als Rapper nicht automatisch viel Geld verdient.
Ich habe wegen Rap die Schule abgebrochen. Ich war in der 11. Klasse, noch zweieinhalb Jahre, dann hätte ich Abitur gehabt. Ich habe abgebrochen, weil ich dachte ich müsste 24 Stunden in Rap investieren, damit es klappt. Diese zweieinhalb Jahre wären vor zwei Jahren vorbei gewesen, ich hätte also mein Abitur machen können und hätte nichts verloren! Die Musik hat vieles in mein Leben gebracht: Falsche Freunde, falsche Frauen. Ich sage in dem Song Schocktherapie : "Die meisten kamen durch die Straße zu Rap, aber ich kam durch Rap zu den Straßen, ja so wars man, Weed ticken, über die Streets spitten, mit jeder Line jagt nach Kredibilität und es gibt Schlägereien." Ich war ja mit 12 noch kein krasser Straßenschläger, aber ich hatte immer ältere Leute um mich herum. Ein normaler Typ sieht vielleicht mit 16 das erste Mal, das jemand einen Joint neben ihm raucht, ich habe das mit 10 gesehen. Die erste Line Koks neben mir wurde gezogen, als ich 12,13 war. Mit 14 oder 15 habe ich meinen ersten Joint geraucht. Nach dem ersten Joint kommen die ersten zwanzig Päckchen die man verkauft. All diese Dinge sind bei mir durch Rap gekommen. Hätte ich nicht gerappt, dann wäre ich nicht auf die Straße gekommen. Ich wäre auf dem Gymnasium geblieben, hätte Abitur gemacht und würde heute wahrscheinlich studieren. In der Juice stand, dass du ein dickes Vorstrafenregister hättest, das klang fast, als ob du ein Vollzeit-Krimineller gewesen wärst-
War ich auch eine Zeit lang. Diese ganzen authentischen Rapper reden immer über ihre Straftaten und über die krassen Sachen, die sie machen. Ich kann über so etwas nicht rappen, bei mir steht wirklich etwas auf dem Spiel. Wenn ich hier etwas sage, trage ich auch die Konsequenz dafür. Was ich sage, habe ich dann wirklich gemacht. Ich muss aber sagen, dass ich die Kriminalität nicht genutzt habe, um krass zu sein. Ich habe es fürs Geldmachen genutzt. Eine Zeit lang hat mich nichts mehr interessiert, als Geld zu machen. Die klassische Hiphop Romantik Geschichte lautet: Er war ein Gangster, aber die Musik war sein Ausweg aus dem Ghetto.
Ja, ich war ein Rapper auf der Straße und habe mit dem Ghettoscheiß angefangen. Aber du bist nicht stolz drauf?
Nein, überhaupt nicht. Wenn sie in der Juice schreiben, dass ich ein dickes Vorstrafenregister habe, dann stimmt das auch nicht. Es gab einige Kleinigkeiten, wie Sozialstunden, Verwarnungen und so. Also es kam noch nie zu einer Vorstrafe, das wird erst jetzt passieren. Ich habe mich zwar oft geprügelt im Alter von 16 bis 18, da ist es aber nie zu einer Anzeige gekommen. Du warst einen Monat in U-Haft. Das Urteil dazu steht noch aus. Wie kam es dazu?
Mein Mittäter, quasi der Haupttäter, war sechs Monate in U-Haft und hat drei Jahre Bewährung bekommen. Da ich als Heranwachsender und er als Erwachsener gilt, sieht es sehr gut für mich aus, dass ich auch mit einer Bewährung davon komme. Was ist denn passiert?
Der kleine Bruder von einem Freund von mir hat in einem Lokal gearbeitet. Er wurde von seinem Chef, der homosexuell ist, richtig belästigt. Der Junge hat mich dann verstört und ängstlich angerufen. Wir sind in den Laden gerannt und wollten nur zwei, drei Backpfeifen verteilen, ein bisschen rumschreien, den Kerl ein bisschen einschüchtern. Aber die Situation ist total eskaliert und es wurden Sachen entwendet. Etliche Leute sind reingestürmt. Jemand wurde zu Boden geschlagen, einer ist aus dem Fenster gesprungen. Wenn ich gewusst hätte, was da passiert, hätte ich das gar nicht gemacht. Ich bin da reingegangen, als ob ich in die Disko gehe. Ich dachte ich kriege vielleicht eine Anzeige für eine Backpfeife, die hätte ich in Kauf genommen. Ich dachte nicht, dass ich irgendwas mache, wofür ich mich vermummen muss. Weil ich polizeilich erfasst bin, wurde ich später auf einem Foto erkannt. Zwei Wochen später war ich grade bei mir zu Hause losgefahren, ein Kollege ohne Führerschein saß am Steuer, als die Bullen kamen. Mein Kollege meinte "Ich ziehe jetzt durch, wenn sie uns nicht mehr sehen, wechseln wir die Plätze." Wir wussten nicht, dass die wegen einem Haftbefehl gegen mich da waren. Und auf einmal fängt der Wagen vor ihnen an zu flüchten... Ich glaube das war der Hauptgrund, warum ich in U-Haft kam. Aber ich glaube auch, der Tatvorwurf hätte dafür schon gereicht. Sie nennen es einen schweren Raub, aber das war es nicht. Ein schwerer Raub wird gemeinschaftlich geplant um Profit daraus zu ziehen. Da wurden zwei Laptops von irgendwem entwendet, den ich noch nicht mal kenne. Der Mittäter wurde jetzt im Endeffekt wegen Körperverletzung in Tateinheit mit gemeinschaftlichem Diebstahl verurteilt.

PA Sports über Knast und Callcenter

Gibt es Erfahrungen aus deinem Monat im Knast, die anders waren, als du es dir vorgestellt hattest?
Das hört sich zwar scheiße an, aber ich hätte mir den Knast viel schlimmer vorgestellt. Andererseits finde ich, dass der Knast keine Resozialisierungsmaßnahme ist. Ich war im Jugendhaus des Hochsicherheitstrakts und ich hab dort Jungs gesehen, die waren 14 oder 15 Jahre alt und müssen drei, vier Jahre absitzen. Diese Menschen werden nie wieder normal sein. Ich kam nach vier Wochen raus und kam die ersten paar Tage gar nicht klar. Es war schwer wieder in den Alltag reinzufinden. Jetzt verstehe ich, wenn Menschen einen Knastschaden haben. Und das, obwohl es nur vier Wochen waren. Da waren richtige Kinder, ich kann mir nicht vorstellen, dass aus denen noch etwas werden kann. Sie haben vielleicht extreme Scheiße gebaut, aber sind dann vier Jahre in einer Welt, in der nur über den Knast geredet wird. Sie kriegen nichts anderes mehr mit und kommen dann raus und sind noch viel kaputter. Das ist das, was ich krass fand. Aber eigentlich ist der Knast in Deutschland noch relativ locker. Ich denke, das hängt auch davon ab, wie lange du drin bleiben musst. Wenn du in einem kleinen Raum sitzt und nicht raus darfst, ist es ein riesen Unterschied, wenn du weißt, dass du bald wieder raus darfst, oder?
Das wusste ich ja nicht. Bei meiner Haftprüfung, sah es zu 90% so aus, als ob ich die komplette Zeit bis zur Verhandlung in U-Haft bleiben müsste. Dann wäre ich heute noch da. Die ersten paar Tage waren wirklich schlimm. Du bist komplett isoliert. Du kommst erst mal in Polizeigewahrsam, da hast du nichts. Nur ein Fenster, durch das du erkennen kannst ob es gerade Tag oder Nacht ist. Dann bin ich für einen Tag in den Essener Knast gekommen. Da war es auch krass. Sie haben mich den kompletten Tag in der Zelle gelassen und ich hatte nichts. Aber als ich dann in Wuppertal ankam, kannten mich fast alle Leute aus meinem Haus. Das war schon sehr überraschend für mich, dass mich so viele wegen Rap kannten. Ich war zwei Minuten in meiner Zelle, da kamen schon drei Typen, die mich kannten, und haben mir Essen, Tabak und so Zeug gegeben. Ich hatte auch einen Fernseher in meiner Zelle, das war dann schon zu überstehen. Wenn es die ganze Zeit so geblieben wäre wie am Anfang, wäre ich psychisch krank geworden. In einer Zelle sein, ohne irgendetwas mit dem du dich beschäftigen kannst, ist hardcore. Auch wenn ich jetzt sage, dass es nicht so schlimm war, wie ich es mir vorgestellt hätte, möchte ich da nicht noch mal hin. Ich rate jedem, diese Erfahrung nicht zu machen. Haltet euren Arsch aus dem Knast raus. Macht die Schule. Ich weiß ganz genau warum ihr sie abbrecht. Ihr denkt, ihr verpasst was. Aber irgendwann gehen diese drei Jahre rum und du fragst dich warum du sie abgebrochen hast, was es dir gebracht hat. Abitur machen kann jeder ohne Härte zu verlieren. Und ich denke, dass man in Deutschland nicht in den Knast kommen muss, wenn man nicht will. Haben deine Eltern deine Entscheidung, Musiker zu werden, unterstützt? Sie sind beide Akademiker oder?
Richtig. Meine Eltern sind sehr gebildete Leute, mein Bruder studiert Medizin. Andere Rapper haben Probleme damit, das zu sagen, so bin ich nicht. Trotzdem ist jedes einzelne Wort, das ich in meinen Texten rappe, die Wahrheit. Und dadurch, dass meine Eltern das sind was sie sind, gab es viele Diskussionen. Sie hätten sich natürlich gewünscht, dass ich den selben Weg gehe wie mein großer Bruder. In meiner Jugend hatte ich sehr viele Probleme mit meinen Eltern, weil sie sich natürlich Sorgen um mich gemacht haben. Ich konnte das damals nicht verstehen. Mittlerweile sind wir an einem Punkt angekommen, an dem wir uns einfach nur verstehen wollen. Sie sagen sich jetzt  "Unser Sohn ist so, er macht sein Ding und wir müssen jetzt auch anfangen das zu respektieren". Du besitzt einen Telekommunikationsladen. Wie macht man in deinem Alter  einen Laden auf?
Man braucht ein gewisses Startkapital dafür, richtig. Ich habe mein Startkapital von meiner Familie bekommen, jetzt könnt ihr mich alle haten. Mein Cousin ist schon länger selbstständig und älter als ich. Er hat mich damals zu dem Beruf gebracht. Abgesehen von dem Laden betreibe ich noch ein Callcenter.  

PA Sports über Integration und Islam

Fühlst du dich als Deutscher oder als Iraner?
Beides. Wenn ich draußen gefragt werde, kommt automatisch Iraner aus meinem Mund. Ich habe meine iranische Mentalität und Kultur. Aber ich hatte noch gestern eine Diskussion mit einem Freund der sagte, dass wir nach Spanien auswandern könnten. Das würde ich nie machen, weil Deutschland meine Heimat ist. Natürlich kann ich mir vorstellen als alter Mann im Iran zu leben, auch die Schweiz ist richtig geil. Aber hier ist mein Zuhause. Ich sehe auch vieles nicht mehr so verbissen wie damals. Es ist nicht alles so wie es scheint und wie es damals erzählt wurde.
In der Integrationsdebatte wird gefragt, ob die Abgrenzung von den Inländern oder Ausländern ausgeht.
ls Ausländer ist man immer ein Außenseiter, nicht nur in Deutschland. Das fängt schon in der Grundschule an. In der ersten Klasse gabs ein paar Mädchen, die wollten nichts mit mir zu tun haben und auch an dem Tisch mit den coolen Jungs wollte man mich nicht haben. Also fängt man an, nur mit Ausländern abzuhängen. Dadurch bekommst du vielleicht keine Bewertung fürs Gymnasium, landest auf einer Gesamt- oder Hauptschule, wo fast nur noch Ausländer sind und so weiter. Ich habe das neulich in einem Interview mit dem ZDF gesagt: Für mich ist Integration, dass die Leute ihren Glauben, ihre Kultur und ihre Mentalität behalten aber die Sprache lernen und einfach ihr Ding machen. Wenn einer seit 30 Jahren in Deutschland lebt, aber keinen graden Satz Deutsch sprechen kann, frage ich mich auch, was er hier möchte. In der Zeit könnte man die Sprache ja ohne Anstrengung nebenbei lernen. Auf der anderen Seite ist es nicht weltoffen, wenn Leute andere angewidert anschauen, weil sie mit einem Kopftuch, Turban oder einem Gewand rumlaufen. Dann kann ich auch verstehen, wenn sich jemand, der so angeschaut wird denkt: "Wir wollen hier leben, weil es besser und einfacher ist, auch für unsere Kinder. Es ist nicht einfacher, weil wir Geld vom Staat bekommen, sondern weil die Lage besser ist. Hier bricht nicht alle zwei Jahre ein Krieg aus. Aber wenn integrieren heißt, mein Kopftuch oder meinen Turban abzunehmen und nicht mehr in die Moschee zu gehen, will ich das nicht. Dann bleiben wir eben für uns."  Du hast gerade das ZDF Interview angesprochen, wie kam es dazu? Du hast ja keine Geschichte wie Deso Dogg.
Nein, aber ich hatte nach Kinder des Zorns eine Phase, in der ich sechs Monate nicht gerappt- und mich nur meinem Glauben gewidmet habe. Ich hatte kein langes Gewand an, aber ich habe mit vielem aufgehört, sehr viel über den Glauben gelernt und fünf mal am Tag gebetet. Ich bin aber auch wieder schwach geworden. Wenn man diesen Weg gehen will, ohne den Kontakt zu allem was anders ist abzubrechen, wird man schwach. Jeder der diesen Weg bis zum Ende gegangen ist, hat sich wirklich abgekapselt. Ist das gut?
Nein, eigentlich nicht. Ich glaube sehr stark an den Islam. Aber unser Glaube sagt, dass Leben hier eine Prüfung ist. Wenn du dich der Prüfung entziehst, um sie bestehen zu können, dann nimmst du an dieser Prüfung doch gar nicht mehr Teil. Wenn du sagst " Rumficken ist eine Sünde ", dann heißt das nicht, dass du keine Frau mehr angucken darfst. Du musst für deinen Glauben stark genug sein, nicht zu ficken. Ich bin meinem Glauben nachgegangen, habe mich aber trotzdem bei meinen Kollegen blicken lassen. Wie du siehst sitze ich heute hier und bringe mein zweites Album raus. Ich bin ein Moslem, aber kein praktizierender. Ich mache Ramadan, gehe am Freitag beten, esse kein Schwein, trinke keinen Alkohol und bin ein guter Typ mit einem guten Herz. Aber ich fluche, ich beleidige... vieles gibt es trotzdem noch in meinem Leben. Ich habe dem ZDF auch gesagt, dass sie an der falschen Adresse sind: Wenn du etwas über den Islam wissen willst, findest du das weder im Hiphop noch auf YouTube , fahr lieber in die Moschee. Ich verstehe auch nicht, warum diese Gruppierung momentan so verbissen ist, Rapper zum Islam zu konvertieren. Diese Strömung des Islam, die sich an der Glaubensauslegung aus dem sechsten Jahrhundert orientiert, hält Musik ja auch für eine Sünde. Aber sie wollen über die Rapper möglichst viele Jugendliche gewinnen.
Wenn jemand zu mir kommt und mit mir über den Islam reden will, mache ich das auch sehr gerne. Aber es ist nicht meine Aufgabe. Natürlich ist es gut, als Moslem anderen etwas beizubringen und es ist etwas sehr Gutes, einen anderen Menschen zum Moslem zu machen. Das gibt viele Pluspunkte auf dem Weg ins Paradies. Aber du kannst nicht rausgehen und die Leute dazu zwingen Moslem zu werden. Das schreckt die Leute ab, die wollen dann nichts mehr mit dir zu tun haben. Die meisten Iraner, die in Deutschland leben, sind gar keine Moslems mehr. Warum? Weil ihnen der Islam vollkommen falsch beigebracht wurde. Wenn in der Schule Pause ist, müssen sie beten. Und liegen dann mit dem Kopf auf dem Boden und fragen sich, wann sie endlich in die Pause gehen können. Wenn sie dann hier sind, fühlen sie sich als ob sie endlich frei wären.  

PA Sports: "An dem Punkt will ich nicht mehr rappen"

Du hast neulich gesagt, dass Rap im Moment von Haftbefehl auf der einen- zu Money Boy auf der anderen Seite reicht und du dich jetzt in dieses Szenario einbringen musst. Wo siehst du dich denn?
Mir kam es wirklich eine Zeit lang so vor, als ob deutscher Rap stirbt und sich keiner mehr dafür interessiert. Aber gerade im letzten Jahr, dadurch, dass Nate57 , Haftbefehl und Farid Bang gehyped wurden, kam wieder ein gewisser Sturm. Nach meinem Album möchte ich ein Teil dieses Szenarios sein. Das ist das, was ich erwarte, ich möchte mir eine Basis schaffen und offiziell in der deutschen Hiphop Szene stattfinden. Und dann, wenn ich mein zweites und drittes Album veröffentliche, kannst du mich fragen, ob ich einen Charteinstieg erwarte und ich werde sagen "Ja, das erwarte ich." Du hast in einem anderen Interview gesagt: "Wenn wir die Hörerschaft von früher mit der Musik von heute hätten, wäre die deutsche Hiphopszene richtig geil. Aber stattdessen hat man heute talentfreie Affen, die einen Hype bekommen."
Ich habe gesagt, dass die Leute die heute Musik hören, nicht bewerten können, wer Skills hat und wer nicht und dass dadurch talentfreie Affen einen Hype bekommen. Ich weiß, wer sich davon jetzt angesprochen fühlt, aber ich möchte niemanden direkt angreifen. Ich meine das allgemein. Damals haben Leute Hiphop gehört, die wirklich noch Ahnung hatten was Hiphop eigentlich ist. Sie hatten Ahnung von dem was sie sich die ganze Zeit anhören. Aber die Musik war damals noch relativ Oldschool. Heute muss man sich nicht mehr schämen für deutschen Rap. Er ist krass und geil geworden. Aber die Sache ist, dass die Leute die die Musik hören überhaupt keine Ahnung mehr haben. Das ist schade. Die wissen gar nichts von der Kultur und von Rap. Sollten sie wissen was ein guter Reim ist oder sollten sie vor allem Werte kennen, die hinter Hiphop stehen?
Ein Beispiel: Dank dir zum Beispiel ist ein Song der sehr persönlich ist. Ich stehe hinter dem Song, er lag mir auch sehr am Herzen. Aber es ist ein sehr simpler Song. Ich habe mir nicht viel Mühe gegeben diesen Song zu schreiben. Ich habe musikalisch und technisch schon viel anspruchsvollere Sachen gemacht. Aber das ist der Song, der am meisten gefeiert wird. Ich weiß auch, wenn ich früher mit Absicht anspruchslosere Sachen gemacht hätte, wäre ich heute schon erfolgreicher, als ich es bin. Die Fans interessiert immer das was drum herum ist. Ich habe nicht gegen Money Boy , aber wer sagt, dass er rappen könnte, lügt. Er hat vielleicht Doppelreime, aber man braucht auch einen Flow um sie rüberzubringen und den hat er nicht. Er kriegt einen Hype, weil er irgendetwas hat, das die Leute witzig finden. Das ganze Drumherum ist einfach so lächerlich geworden. Es geht nur noch zu 20 Prozent darum, was der Typ eigentlich kann, alles andere, wie Klickzahlen und Kommentare, ist viel wichtiger geworden. Deutscher Hiphop findet heute auf Youtube und auf den Hiphop Portalen statt. Wer in diesem Bereich nicht erfolgreich ist, ist nicht am Start. Du meinst, früher gab es Niveau aber keine coolen Rapper, heute gibt es coole Rapper ohne Niveau?
Einerseits gibt es Leute die nicht rappen können, aber gefeiert werden, andereseits gibt es natürlich immer noch gute Rapper. Die Musik ist cooler geworden. Aber die, die das bewerten, haben keine Ahnung. Ich performe beispielsweise gerne mit meiner Stimme. Wenn ich über ein Mädchen rappe, mache ich anders, als wenn ich etwas Aggressives rappe. Dann setze ich meine Stimme so ein und rappe leiser und mit mehr Gefühl. Neulich hat jemand bei einem Song von mir kommentiert, dass es nicht real sei, dass ich meine Stimme so aufgesetzt und traurig mache. Aber der hat einfach keine Ahnung. Soll ich etwa anfangen wie der letzte Kanake zu rappen, wenn ich über ein Mädchen rappe? Soll ich in jedem Lied gleich rappen?
Du sagtest mal, dass du kein Rapper mehr sein willst, wenn du Vater wirst. Warum?
Das hat etwas mit meiner Mentalität zu tun. Wie soll mein Sohn mich respektieren, wenn ich ein Rapper bin? Das heißt nicht, dass Rap etwas Negatives ist. Das ist ja etwas das ich gerne mache. Aber ich bin am Ende des Tages auch ein Iraner und Moslem und denke, dass das nicht Teil unserer Kultur ist. Du drückst durch die Musik doch das aus, was andere Künstler zum Beispiel in einem Bild ausdrücken. Würdest du, wenn du Maler wärst, auch mit dem Malen aufhören? Damit würdest du dich doch selbst verraten.
Ja, natürlich. Aber ich habe eine Vorbildfunktion für mein Kind. Und wenn ich rappe, dann denkt mein Kind vielleicht, dass es der richtige Weg ist, auch ein Rapper zu werden. Aber ich möchte nicht, dass mein Sohn ein Rapper wird. Ich möchte einfach, dass meine Kinder in einer vernünftigen Gegend leben und ein normales Leben führen. Du möchtest deine Kinder vor dem schützen, was dir passiert ist.
Schon, auf eine Weise. Ich denke einfach, dass sie ein cooleres Leben haben werden. Mein Bruder studiert. Dadurch kennt er diese ganze Scheiße nicht, die ich in meinem Leben kennengelernt habe. Deswegen denke ich mir auf der einen Seite steht Rap, was mir ein paar geile Jahre bereitet hat, aber auf der anderen Seite steht in diesem Leben auch das ganze Schlechte. Da muss man sich einfach fragen, ob diese geile Zeit das wert ist. An dem Punkt, an dem du Vater wirst, bist du wirklich ein Mann, erwachsen, da muss man mit einigen Sachen abschließen. Und an dem Punkt will ich nicht mehr rappen.

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