Melbeatz im Interview
Ihren ersten Beat bastelte sie 1996 auf einer MPC, die ihr Freund Kool Savas zu Hause angeschleppt hatte. Acht Jahre später steht Melbeatz' erstes Producer-Album "Rapper’s Delight" in den Läden, das die Creme de la Creme der deutschen und amerikanischen MC-Szene auf innovativen Instrumentals vereint. Hiphop.de-Autor Stephan Szillus traf die gutgelaunte Queen of Beats im Hamburger Boogie Park Studio, wo sie ihrem Baby gerade den letzten Schliff verpasste.

Wie lange reift die Idee eines Producer-Albums schon in dir?


Eigentlich schon seit Anfang 1997, als ich gerade meine ersten paar Beats gemacht hatte. Ich hatte ja keine Gruppe oder Crew – was sollte ich also anderes machen als ein Produzentenalbum? Savas hatte damals ja noch Westberlin Maskulin, später dann M.O.R. Bei meinem Projekt kam irgendwie immer etwas dazwischen, aber jetzt ist es endlich soweit.

Du hast den Albumtitel im letzten Moment von "What's Really Good" noch mal auf "Rapper's Delight" geändert. Warum?

"What's Really Good" war mir als Titel einfach nicht zeitlos genug. Mein Gott, ich habe ewig nach einem Namen gesucht. Das war eine der schwierigsten Fragen. Ich habe alle meine Freunde gefragt, aber von denen kamen nur solche Sachen wie zum Beispiel "Highway to Mel" (lacht). Das war alles nichts. Kurz vor der Single schlug Savas dann den Titel "What's Really Good" vor, und eigentlich mag ich den Spruch ja auch. Aber jetzt bin ich echt froh, dass ich mich für "Rapper's Delight" entschieden habe. Das andere ist so ein Saison-Spruch, den momentan in Amiland jeder benutzt, wenn er eigentlich nur "Hallo" sagen will. Ich meine, es ist schon cool, aber "Rapper's Delight" passt einfach besser zu mir. Erstens soll es natürlich eine Freude für die Rapper sein, über meine Beats zu rappen. Und zweitens: Schau dir das Cover an – ein Mädchen auf einer MPC, das könnte ja auch eine Freude für manche Rapper sein (grinst). [Melanie liegt dort auf einer eigens geschneiderten Bettwäsche, deren Design von der MPC übernommen ist, Anm. d. Verf.]

Arbeitest du immer noch mit der MPC?

Immer noch? Auf jeden Fall! Ich war die Erste in Berlin, die sich die 4000er geholt hat. Das war ja erst vor ungefähr zwei Jahren.

Stimmt, das hast du mir damals schon sehr stolz erzählt.

(lacht) Ja, klar. Ich meine, wenn ich irgendwo jetzt noch eine SP 1200 finden würde, dann würde ich damit auch gern mal arbeiten. Bei Azad habe ich einmal ein bisschen drauf herumgespielt. Für Drums gibt es echt nichts Besseres. Aber die MPC 4000 kommt schon ziemlich dicht an die SP heran. Sie erfüllt jedenfalls die allgemeinen Ansprüche. Es kommt eigentlich auch viel mehr darauf an, was du samplest.

Wer waren denn früher deine Lieblingsproduzenten?

Ich habe mich am Anfang überhaupt nicht für Produzentennamen interessiert. Das kam wirklich erst viel später. Der erste Starproduzent war für mich Timbaland. Bevor er auf der Bildfläche erschien, wusste ich echt überhaupt nichts über verschiedene Produzenten. Ich habe einfach mein eigenes Ding gemacht.

Savas ärgert sich in vielen aktuellen Interviews über Gerüchte und Internet-Hater. Regt dich das genau so auf?

Was die anderen denken, ist mir eigentlich scheißegal. Ich habe meine eigenen Richtlinien, und wenn für mich etwas Scheiße ist, dann ist das einfach so. Diese ganzen Gerüchte stimmen ja auch überhaupt nicht. Zum Beispiel, dass ich nur Beats für Optik machen will. Es war bloß einfach so, dass sich viele Leute gar nicht getraut haben, bei mir Beats anzufragen, weil sie dachten, ich würde diese Leute sowieso Scheiße finden und nicht für die arbeiten. Das war ja früher auch extrem bei mir. Inzwischen habe ich mich da aber ziemlich locker gemacht. Genau so wenig stimmt es, dass ich alle Beats bei Optik selbst machen will. Auf den aktuellen Releases von Erc, SD und Caput ist nicht ein einziger Beat von mir.

Das neueste Gerücht lautet, dass auch Spontan bei euch gesignt ist.

Ich weiß nur, dass SD und Spontan ein Album zusammen gemacht haben, das voraussichtlich über Optik erscheinen wird. Über alles Weitere musst du bitte Savas befragen (lacht).

Was dein Album von anderen Produzentenalben unterscheidet, ist die schöne Zusammenstellung der MCs auf den Tracks. Wie waren deine Überlegungen dafür?

Wir können ja einfach mal die Tracks einzeln durchgehen.

        
Killa feat. Optik Army (Kool Savas, Amar, SD, Ercandize und Caput)
Okay, es war natürlich klar, dass so ein Track auf meinem Album sein musste. Wir wohnen zwar alle in verschiedenen Städten, aber wenn wir zusammen aufnehmen, dann sind wir die Optik Army und absolut loyal zueinander. Es ist eine lockerere Crew als vorher. Ich meine, Savas hat in seiner Karriere schon jede Menge Idioten angezogen, aber jetzt haben wir das richtige Team.

OK feat. Kool Savas & Samy Deluxe
Es war an der Zeit für diesen Track – die beiden Besten auf einem Beat. Deutschland brauchte das. Es ist ein sehr clubbiges Ding, zu dem man auch tanzen kann.

2. Bildungsweg feat. Tone & Xavier Naidoo

Ich muss ehrlich gestehen: Ich hatte mir eine Liste von Rappern gemacht, die ich unbedingt auf meinem Album haben wollte, und dabei hatte ich Tone einfach übersehen. Xavier meinte dann zu mir, dass er gern etwas mit Tone machen würde, und ich dachte nur: "Oh mein Gott, den hätte ich beinahe vergessen." (lacht) Aber er ist natürlich einer der Besten, und es passte halt, weil er mit Xavier gerade auch sein Fourtress-Projekt am Start hat.

Kein Wort feat. Italo Reno, Germany & Olli Banjo
Dass Reno und Germany dabei sein sollten, stand fest, aber ich musste mir überlegen, welcher dritte Rapper noch auf den Track sollte. Olli Banjo war dann Savas' Idee. Er meinte zu mir: "Frag doch Olli, der würde da vielleicht noch drauf passen." Der Track wird vielleicht viele überraschen, denn Reno und Germany haben sich einen Beat ausgesucht, der sich eher für einen Liebestrack als für krasse Battlerhymes eignet. Olli geht allerdings in seiner Strophe etwas kritischer mit dem Thema um als die anderen Beiden.

Oh Oh feat. Kanye West
Kanye habe ich schon dreimal getroffen, und ich verstehe mich sehr gut mit ihm. Ich hatte aus Deutschland ein paar Kontakte von Verlegern in den Staaten, bevor ich zum Aufnehmen rübergeflogen bin. Einer dieser Verleger hat mich dann mit Kanye bekannt gemacht. Ich musste ihn auch überhaupt nicht überreden, denn zu diesem Zeitpunkt war es so, dass er sich erst noch als Rapper etablieren wollte. Das war kurz bevor er richtig abgehoben ist. Aber ich habe damals schon an ihn geglaubt (lacht).

Hollow Tips feat. Havoc, Chinky & Azad
Don’t Do It feat. Prodigy & Godfather Pt.III

Bei diesen Tracks war es so, dass Havoc die Chinky einfach mit ins Studio gebracht hat, und Prodigy hatte seinen Homie Godfather dabei. Für mich war es auf jeden Fall krass, mit Mobb Deep im Studio zu sein. Und Azad passte auf den ersten Beat mit Havoc einfach perfekt – das war auch für ihn persönlich sehr cool, glaube ich.

Over The Top feat. Shells & Graph
Bei Shells hatte ich ursprünglich vor, noch einen Deutschen mit auf den Track zu nehmen. Dann war ich aber doch noch mal drüben in Amiland, und Savas meinte, dass Graph extrem gut ist und auch vorher schon mal etwas mit Shells gemacht hatte. [Beide sind in den USA heiße Mixtape-Newcomer und werden als der heiße Scheiß gehandelt, Anm. d. Verf.]

Real Recognize Real feat. Afrob & Autodidakt
Ein Kumpel aus Berlin hat mir die Nummer von Robbe gegeben, und ich wollte von vornherein auch Frank (Autodidakt) draufhaben. Afrob sagte dann im Telefongespräch zu mir, dass er sowieso schon immer einen Track mit ihm machen wollte. Also passte das auch wieder perfekt. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich früher vielleicht nichts mit Afrob gemacht hätte. Damals fand ich ja sowieso nur uns cool und alle anderen schwul (lacht). Aber durch die Trennung der Optik Crew habe ich gelernt, dass es vielleicht genau andersherum ist. Ich habe mich jetzt einfach mal locker gemacht, bin mit klarem Kopf an die Sache herangegangen und habe eingesehen, dass andere Leute auch gute Musik machen. Afrob hat natürlich seinen ganz eigenen Style.

Mel & Eiz Air feat. Mieze (von Mia) und Eizi Eiz (Beginner)
Eißfeldt wollte ich unbedingt dabei haben, und es war schon ziemlich schwer, noch jemanden zu finden, der zu ihm passt. Mir fiel dann aber ein, dass er irgendwann mal erzählt hatte, dass er Mieze ziemlich gut findet, und da ich auch ein absoluter Mieze-Fan bin, habe ich sie einfach gefragt. Ich dachte außerdem, dass die beiden politisch bestimmt ähnlich ticken. Der Track ist etwas ganz besonderes geworden. Eißfeldt rappt ja auch nicht richtig, sondern singt in seinem speziellen Style, den ich persönlich sehr mag. Dieser Style macht ihn ja letztlich auch aus.

Mind, Body & Soul feat. Tha Liks & Kool Savas
Diesen Track wollte Savas gern machen, weil die Alkaholiks alte Helden von ihm sind. Der Beat ist lange Zeit mein persönlicher Lieblingsbeat gewesen, aber Savas mochte ihn erst irgendwie nicht so. Als ich letztes Jahr für die Staaten eine Beat-CD zusammengestellt habe, wollte ich den Beat mit drauf nehmen, aber Savas war dagegen. Am Ende hörte ich aber doch auf meine innere Stimme, und es war dann tatsächlich der Beat, den die Alkaholiks gepickt haben.

Dirty & Thirsty feat. Dirt McGirt (ODB) & Thirstin Howl
Ursprünglich war Royal Flush neben ODB auf diesem Track. Der ist jetzt auf einem anderen Track zusammen mit CNN, der aber nicht auf dem Album erscheinen wird, weil ich es nicht mehr geschafft habe ihn fertig zu stellen. Das hatte technische Gründe, also werde ich mir diesen Song noch aufheben. Thirstin Howl hatte mir schon vor einiger Zeit über ein paar Ecken ausrichten lassen, dass er meine Beats ganz cool findet. Ich finde ihn ja auch ziemlich heftig, er hat echt krasse Lines. Das Problem war nur: Als er in Deutschland war, befand ich mich zufällig gerade in New York (lacht). Später haben wir es aber dann noch hinbekommen.

Mehr von dir feat. Cassandra Steen & Curse
Dieser Track ist schon etwas älter, allerdings hatten wir ihn ursprünglich mit einer anderen Sängerin aufgenommen. Aber ich fand den Beat und Curse’s Part so gut, dass ich das Stück noch mal neu aufgenommen habe. Die ursprüngliche Sängerin haben wir dann durch Cassandra ersetzt, weil sie einfach die beste Stimme hat. Und da ich alle Leute, von denen ich etwas halte, auf meinem Album haben wollte, musste Curse dabei sein. Curse gehört zu den Besten, und ich nehme ihn als Rapper sehr ernst.

Nachdem wir alle Tracks besprochen hatten, war es Zeit, die Berliner MPC-Königin wieder an die Arbeit gehen zu lassen. Über die hier genannten Stücke hinaus wird es in der Endfassung des Albums noch einen Solotrack von Xavier Naidoo („Dieses Mal“), ein Intro mit J-Luv und Savas, sowie ein Outro von Costa Rica a.k.a. Illmatic geben. Es ist schon jetzt der Standard für die nächsten Jahre. Next level shit. You better believe it.

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