The Game - The Doctor's Interview
Die Vorbereitung auf dieses Interview lässt sich durchaus mit der Karriere des befragten Künstlers vergleichen: ein immerwährendes Auf und Ab, bei dem man sich immer die Frage stellt: geht das am Ende doch gut? Zwei ganz abgesagte Interviews, ein Termin bei dem ich bis in die Nacht vorm Telefon sitze und der Promoter aus Übersee dann doch nicht anruft. Aber dann eben auch das Hoch: 10.12.2006 Treffpunkt am Konzertort. Das professionelle Auftreten des Künstlers, die Atmosphäre im Tourbus und das letztendlich entspannte Interview entschädigen für alles.

Du bist zum zweiten Mal auf Tour in Europa. Was sind deine Eindrücke soweit?

Ich war sonst schon 5-6 Mal in Europa. Und ich will einfach neue Länder und Leute kennen lernen und auch von ihnen lernen.

Was erwartest du von der Tour, vor allem nach dem Erfolg deiner Tour als Support von Snoop Dogg 2005?

Yeah, ich meine 2005 hatten wir große Shows. Aber jetzt ist es nicht damit vergleichbar. Now it's all on me. Es ist meine Tour, es sind meine Fans. Die Leute sind wegen mir hier und damit ist es in gewisser Weise einfacher eine gute Show durchzuziehen.

Würdest du sagen, dass so wie die Tour auch dein neues Album The Doctor's Advocate mehr den Fokus auf dich legt? Auf The Documentary hattest du noch viele Features und sehr viele verschiedene Produzenten.

Auf The Documentary hatten viele Leute ihre Finger im Spiel, viele R'n'B-und Hiphop-Homies. So war es für mich relativ einfach das Album zu machen, abgesehen von meinen eigenen Parts. The Doctor's Advocate ist von Anfang bis Ende mein Ding. Ich war Executive Producer, das bedeutet alles was du hörst kommt direkt von The Game. Aber ich denke trotzdem, dass The Documentary denselben lyrischen und musikalischen Einfluss auf die Leute hatte, wie das neue Album. Ich bin froh jetzt ein Classic selbst kreiert zu haben, ohne die Hilfe von jemand anderem. Es sind einfach zwei Klassiker und ich habe gezeigt und bewiesen, dass ich es verdiene hier zu stehen.

Würdest du sagen, dass The Doctor's Advocate einen tieferen Westcoast-Sound repräsentiert als das erste Album? Vor allem durch die Features wie Snoop oder Dogg Pound.

Yeah, es hat einen stärkeren Westcoast-Sound und ich wollte auch, dass es so klingt. Auf dem ersten Album haben Leute von der Westcoast noch gesagt, dass ich zu Eastcoast klingen würde. Ich meine ich habe auch jetzt Eastcoast-Tracks drauf, aber insgesamt wollte ich, dass es mehr nach Westen klingt, weil ich dachte, dass ich es meiner Heimat einfach schuldig bin. Und bei den Features: Ich wollte schon immer mit dem Dogg Pound zusammenarbeiten und Snoop Dogg hatte ich leider auf dem ersten Album auch nicht, also musste das einfach jetzt passieren: für Kalifornien, für meine Heimat.

Auf dem beinahe-Klassiker "Compton" featurest du Will.I.Am. Wie passt er in diesen progressiven Westcoast-Style?

Will.I.Am kommt aus Los Angeles, ist von der Westcoast. Viele Leute wissen nicht, dass er früher bei Eazy-E gesigned war unter dem Namen Will 1 Ex. Er war früher dope und er ist heute auch immer noch dope. This is just how it goes down. Er ist ein doper Produzent und immer wenn ein doper Produzent und ein doper MC zusammenkommen, dann gibt es Classic-Music. Trotz diverser Gerüchte in der Vergangenheit heißt dein Album The Doctor's Advocate. Verteidigst du Dr. Dre immer noch, wie es ein Advokat tun sollte?

Wenn die Leute The Doctor's Advocate hören, denken sie immer, dass der Doktor über den ich rede Dr. Dre ist, aber es gibt weitaus mehr als diesen einen Doktor auf der Welt. Auf diesem Album habe ich Hiphop operiert und darum gibt es den Doktor im Titel. Und der Advocate kommt von dem Verb to advocate, also für jemanden, etwas oder irgendeinen Ort sprechen. Und ich spreche für die Westcoast, für Hiphop, für Compton und eben auch für mich selber. Und viele Leute glaubten einfach nicht daran, dass ich das könnte, vor allem dass ich den G-Unit Beef überleben würde. Das sind die Gründe warum ich The Doctor's Advocate bin.

Die letzten Aftermath Releases waren insgesamt nicht so erfolgreich wie erwartet. Glaubst du, dass es gerade deshalb für Aftermath ein Verlust ist, dass du weg bist?


Ich denke, dass ich bevor ich das Imprint G-Unit/Aftermath verlassen habe, derjenige war, der das Ganze zusammengehalten hat. Und als ich dann gegangen bin fing alles an auseinander zu fallen. Ich bin froh, dass nicht alles auf mich gefallen ist. Am Ende des Tages aber sortieren die Fans und die Presse aus und ich werde weiterhin gute Musik machen.

Inwieweit haben diese Geschehnisse und der daraus resultierende Druck den Sound deines Albums beeinflusst? Oder hatte das alles keinen Einfluss auf die Produktion des Albums?

Naw, das Album entstand eigentlich genau während dieser ganzen Sache. Ich musste einfach alles aus mir rauspusten und in Musik packen. Die meisten Leute wissen vermutlich auch nicht, dass ich in Krisen und Stresssituationen einfach die besten Tracks schreibe. Und das habe ich mit diesem Album bewiesen.

Du sprichst über die Rückschläge in deinem Leben. Wer hat dir in den Krisen geholfen?

Just a little boy: Harlem Caron Taylor. Das ist die stärkste Kraft die man erfahren kann.

Hast du jemals daran gedacht ganz mit dem Rappen aufzuhören? Es gab ja auch Gerüchte, dass du wieder mit Basketball oder anderen Sachen anfangen wolltest.

Ich kam damals einfach zu einem Punkt, an dem ich Hiphop leid war. Es fühlte sich an, als wollte das Biz mich nicht mehr und ich wollte es auch nicht mehr zurück. In dieser Zeit hätte ich sicher einfach was anderes gefunden, was ich hätte machen können, denn ich dachte ich hätte nicht mehr genug Liebe zum Spiel. Also dachte ich daran aufzuhören. Aber viele Fans und DJs sagten mir, dass es einfach nicht das sei, was sie wollten. Also machte ich weiter und kämpfte mich wieder an die Spitze.

Auch in den Krisen hast du nie versucht dich zu verstecken und bist nie ausgewichen. Stattdessen hast du deinen Fans sogar noch mehr von deiner persönlichen Seite offenbart. Was waren deine Gedanken dabei?

Ich hab' eigentlich gar nicht nachgedacht. I'm just a real person. Es könnte sich einiges ändern, wenn mehr Leute so agieren würden wie Nas, DMX oder Tupac früher. Ich meine die Leute wollen wissen wer du bist, das ist der Grund, warum wir letztendlich erfolgreich sind. As long as you keep it real you will have that fan-support. Eine etwas allgemeinere Frage: Die Westcoast hatte immer große Talente, wie etwa Suga Free, Bishop Lamont, oder Crooked I um nur ein paar zu nennen, aber sie hatten nicht den kommerziellen Erfolg wie ihn jetzt zum Beispiel viele Südstaatler genießen. Was denkst du sind die Gründe dafür?

Ich denke es ist einfach die Zeit des Dirty-South. Der Hiphop-Zug hält da gerade einfach, aber kommt wieder zurück zu uns. Ich meine es gibt Leute wie mich, Snoop, E-40 oder Too $hort, die mit dem Mainstream down sind. Aber der Zug wird zurückkommen – er kommt immer zurück. Dann fährt er wieder in Richtung Eastoast... Das ist einfach Hiphop und im Moment verkauft der Süden einfach am meisten.

Bist du selber mit deinen Verkäufen soweit zufrieden?


Man I'm ecstatic! Ich habe sechs Million Alben verkauft bis jetzt. Darüber kann man sich einfach nicht aufregen. Ich meine hast du jemals sechs Million Leute auf einmal gesehen? Die sind alle wegen mir in den Laden gegangen. Es gab Zeiten, da hab ich nicht geglaubt auch nur ein Album zu verkaufen. Wenn man das sieht muss man einfach glücklich sein.

Speziell in dem neuen Kapitel deiner Karriere – bei Geffen: wie wichtig war es für dich, jemanden wie Jimmy Rosemond als eine Art back-up zu haben?

Das ist immer gut. Ich meine er hat gute Musik, gute Leute. Er ist ein guter Manager und hat einen guten Job für mich gemacht. Und wir haben gut zusammen gearbeitet, so we're getting it done.

Auf dem One Blood-Remix hattest du viele große Namen des Hiphop-Biz. Hörst auch Musik außerhalb des Hiphop oder planst in diese Richtung Kollaborationen? Vor kurzem hast du ja mit Travis Barker (ehemaliger Drummer von Blink 182) zusammengearbeitet.

Ich blicke nur von Tag zu Tag und was passiert, passiert dann eben in meiner Karriere. Ich bemühe mich nicht besonders, oder suche nach etwas außergewöhnlichem. Die Kollabo mit Travis zum Beispiel ist einfach so passiert. Travis Barker ist ein großes Talent und er ist ein Homie von mir. Also ich danke ihm dafür, dass er mit mir gerockt hat.

Mit The Doctors Advocate und "Why You Hate The Game" hast du ziemliche deepe Tracks auf dem Album. Kann es sein, dass die Leute manchmal deine Fähigkeiten im lyrischen Bereich unterschätzen?

Das weiß ich nicht, aber ich nehme die Kritik gerne an, egal ob positiv, oder negativ. Wenn die Leute über mich reden bin ich dankbar dafür und kann die Kritik gegebenenfalls für mich reflektieren.

Hast du an deinen Fähigkeiten was deepe Lyrics angeht seit dem letzten Album gearbeitet?

Das ist einfach ein Teil von dem, was ich bin.

Die historische Blackwallstreet hatte einen rasanten Start, aber dann auch mit einigen Problemen und Krisen zu kämpfen. Ist das vergleichbar zu deiner Karriere und der deiner Crew Blackwallstreet?

Das weiß ich nicht so genau. Aber was ich weiß ist, dass wir 2007 durchstarten.

Dein Schmetterlings-Tattoo hat sich in das LA-Symbol verwandelt. Was sind die Gründe dafür? Hast du geglaubt, dass du die Westcoast mehr repräsentieren müsstest, oder haben die Leute die Schmetterlings-Metapher einfach nicht verstanden?

Ich denke die meisten Leute haben einfach die Schmetterlings-Metapher nicht verstanden. Ich meine ein Schmetterling lebt erst im Kokon und verwandelt sich dann in etwas anderes. Und so habe auch ich mich verwandelt. And on the other hand I had to put L.A. on my face, so I putted the face of L.A. on my face.

Der G-Unit Beef ist vorbei. Glaubst du, dass kein Beef mehr nötig ist, weil die G-Unit vielleicht gar nicht mehr lange besteht? Ich meine es gab Gerüchte, das Young Buck die G-Unit verließe und MOP und Mase sind ja nie richtig rausgekommen.

Yeah, ich mein musikalisch ist die G-Unit tot. Und in gewisser Weise haben die sich ja selbst zerstört. Also am Ende des Tages ist kein Bedarf für einen Beef mit einem toten Mann.

Was sind deine Pläne für die Zeit nach der Tour? Geht es wieder zurück ins Studio?

Naw, ich gehe nach der Tour zurück nach Hause für Weihnachten mit meinem Sohn. Ich nehme einfach Auszeit. Das ist das einzige, das für mich nach der Tour zählt.

Hast du noch etwas zu sagen?

Yo, this is The Game, you already know who it is: it’s the Doctor's Advocate and I'm fucking with hiphop.de! Hold it down! Vielen Dank für das Interview!

Groove Attack by Hiphop.de