Das Wu-Symbol, Champagner und Groupies - Eine Nacht mit Raekwon in Münster
Münster, 02.10.2009. An diesem Abend sollte Raekwon , MC des legendären Wu-Tang Clan s, solo sein neues Album Only Built 4 Cuban Linx 2 im Skater Palace performen. Mittwochs zuvor bekam ich das Angebot an besagtem Freitag ein Interview mit dem New Yorker führen zu können. Eine absolute Legende zu interviewen war keine Frage.
Wie der Zufall es so wollte, war der Deutschland-Promoter mein guter Kollege Marius vom Rootdown -Camp. So kam es, dass wir zusammen von Köln gen Münster fuhren. Nach längerer Suche des Hotels - das Navi funktionierte, doch hatte das Hotel eine total falsche Hausnummer im Internet angegeben - kamen wir zwei an und freuten uns auf die anstehende Begegnungn mit Raekwon und seiner Entourage. Der Chef war noch etwas müde vom Vortag und so beschlossen wir, nach Stärkung beim Sandwich-Hersteller seines Vertrauens, das Interview für den Veranstaltungsort aufzuheben. The Chef's in the building Dort im Backstage angekommen begrüßten wir erst einmal Rasco , der den Voract darstellen sollte. Rasco hatte Gefallen am Jägermeister gefunden und glänzte durch einwandfreie Aussprache des Kräuterschnapses. Dass dann später seine energetische Show durch Verlieren der Stimme abgebrochen werden musste, mutet schon fast ironisch an. Rasco hatte doch extra vorher die Hirsch-Kräutermedizin genommen. Im Backstage sprach ich mit Raekwon über das Album. Er erzählte, dass EMI ja bekanntermaßen sein Album nur in den Staaten releast hat. Deswegen nahm er die Veröffentlichung im Rest der Welt selbst in die Hand. Sein Vertrieb in Europa wollte kein Risiko eingehen und lediglich 10.000 Stück für den ganzen Kontinent veröffentlichen. Rae fand das ziemlich wenig und investierte mehr. Der Erfolg sollte ihm Recht geben: kurz vor dem Auftritt hatte er bereits knapp 10.000 Platten alleine in Deutschland an den Mann gebracht. "Ich wußte, dass die Deutschen einfach Wu-Tang-verrückt sind!" Kollegen von der Sendung Extra Large des Bochumer Senders C. T. schoben noch zwischen Rasco s Show und dem Chef ihr Interview ein. Rae ist ein sehr redseliger Typ, sodass seine Buddys ihn aus dem gläsernen Nebenraum ziehen mussten um die Show zu beginnen. Dann ging es zusammen in die Katakomben Richtung Bühne. Raekwon s DJ und Backup waren bereits auf der Bühne, die Champagner-Flasche geschlossen vom Tourmanager plus Vodka und Cranberrie-Juice aufgestellt, als ich noch kurz im Backstage was zu trinken holen ging. Dadurch hatte ich die Ehre, den Chef nochmal final heiß machen zu dürfen, als er im Gang stand und mich zu sich zog. Dann ging er hinter mir her und betrat die Bühne unter dem tosenden Jubel der Zuschauer. Der Beat und seine Begrüßung verpassten mir Ganzkörper-Gänsehaut und ich realisierte erstmals, was da gerade passierte. Die Champagner-Flasche poppte auf. Der Blick von der Bühne auf die Menge war überwältigend. Gerade die Leute in den ersten Reihen schienen wie in Trance und feierten doch jeden Track enthusiastisch. Der Wu-Tang -Rapper spielte natürlich auch die Klassiker des Clan s an und nachdem die Menge unaufhörlich ODB rief, smashte der Chef als Hommage den Klassiker Shimmy Shimmy Ya raus. Oh Baby, man mochte es sehr rau! Einige Fäuste flogen durch die Gegend, die die aufmerksamen Secruritys aber schnell wieder in den Griff bekamen. Um kurz nach 12 verblüffte Raekwon mit einer Ansage zum Tag der Deutschen Einheit. Rae erklärte, dass die Gesellschaft stolz auf die jüngere Geschichte und die Menschlichkeit sein könne, die durch die Wiedervereinigung bewiesen wurde. Szenenapplaus! Nachdem die Crew noch diverse Drinks verteilte und ein Kerl aus dem Publikum auf die Bühne geholt wurde um einen Vodka-Cranberrie-Juice zu exen (was ihm nicht gelang und der Typ sich neben Rasco stellte und ca. 1 Minute später merkte neben wem er stand und fast die Fassung verlor) begannen die Zugaben. Irgendwann fiel dann die Technik aus und man bekam den Sound nicht mehr zum Laufen. Die Forderungen nach Freestyle erfüllte der Rap-Veteran gekonnt. Leider musste er das Publikum dann verlassen. Eine restlos bediente Crowd hatte sich von OB4CL- und Wu-Tang -Klassikern bis zu den Tracks des neuen Bangers umhauen lassen. Marius von Rootdown mit Raekwon - "Who's the Chef?!" Im Backstage traf ich den Rapper alleine an. Rae fragte als Erstes, wie die Show empfunden wurde. Seine Meinung, dass die Leute alles abgerissen hatten, konnte ich nur bestätigen. Er erzählte mir, wie er damals erstmals mit dem Clan nach Deutschland kam und es nicht fassen konnte, dass die Leute so weit von der Heimat entfernt so abgehen konnten und seine Musik fühlten. Rae war glücklich und endorphingeladen. Das Groupie-Girl, welches mittlerweile das Backstage erreicht hatte, sollte ihm jetzt "kurz" helfen, sein Shirt zu wechseln. Sie war nicht hässlich, hatte ein schönes Gesicht aber auch definitv ein paar Pfunde mehr, was sie durch lange Absätze und enges Outfit auszugleichen versuchte. Aber man sagt ja, dass es gerade die Amis gerne griffig haben... Nach ca. 40 Minuten ging einer seiner Kollegen mal schauen und kam grinsend mit den Worten "The Chef's making Love" zurück. Der Tourmanager, den ich noch von Savas -Touren kenne, wurde von der Entourage von Raekwon auserkoren zu drehen. "Yo, Brother, roll some!" Währenddessen redete man mit den Bekannten des Groupies. "I don't know Rae - but I know Svenja (Name von der Redaktion geändert)... Just give them some time!" Kreischendes Gelächter! Das Mädel mit dem kurzen schwarzen Rock und dem ausgeprägten Hinterteil war scheinbar liebestechnisch dem ein oder anderen bekannt... Rasco war mittlerweile von Hörnertee auf Echten umgestiegen und versuchte verzeifelt noch ein paar Töne heraus zu bekommen. Er konnte sich einfach nicht erklären, wie Das passieren konnte und meinte noch, dass er im Mittelteil seiner Show merkte, dass seine Stimme dünner wurde. Das der Soundmann seiner Bitte, das Mic aufzudrehen nicht nachkam, konnte er aber doch verstehen, weil die Lautstärke beim Voract nicht unbedingt lauter sein sollte als beim Mainact. Dass ihn das die Stimme kostete, verbitterte ihn aber doch ein wenig. Nachdem Rae irgendwann zurück war, der Promoter und ich noch ein paar Bekannte der Szene getroffen hatten und der Kühlschrank leergefegt war, entschlossen wir uns, zum Hotel aufzubrechen. Dort kam es dann auch noch zu längeren Gesprächen...  Wir sprachen über RZA und Rae erzählte, dass sich der Mastermind in den letzten Jahren voller Erfolg etwas verändert habe, was er aber verstehen könne. Wenn man Film-Musik macht, bist du halt nicht mehr so mit dem Ohr auf der Straße, wie the Chef es sich für sein Album gewünscht hätte. RZA s Kopf sei einfach zu voll mit allem, und darum habe Raekwon ihn auch nicht sein Album komplett produzieren lassen. Immer wieder stellte Rae aber auch klar, dass RZA sein Bruder sei, man sich seitdem man ein junger Hüpfer war, kennt und liebt. Dieses Gefühl unter dem Zeichen der Wu -Fledermaus würde niemals brechen können. Da sei es auch egal, wer mit wem in irgendeinem Streit liege, ( http://www.hiphop.de/magazin/news/detail/2009/09/30/ghostface-vs-rza-die-158000-dollar-klage/ ) jeder der Wu -Member wisse halt, dass man sich immer auf die Familie verlassen könne! Für OB4CL2 wollte Raekwon den roughen Wu-Tang -Sound, den RZA ihm derzeit einfach nicht komplett bieten konnte. Deshalb zog Rae los um den Sound so einzusammeln, wie er ihn haben wollte, weshalb er sein neues Solo-Album auch für größeren Wu-Tang -Sound hält, als es 8 Diagrams war. Ich fragte nach dem Gerücht, welches besagt, dass Raekwon mit Method Man und Ghostface Killah ein Album als New Wu-Tang rausbringen wollen. Er bestätigte, dass ein solches Album in Planung wäre, dafür bereits gearbeitet wurde und es unter anderem auch Produktionen von RZA beinhalten werde. Dabei wolle man aber ein eigenes Projekt unter dem Wu -Sombol herausbringen und deswegen auch selber als Executive Producer fungieren. Raekwon mit Jigedi Als wir auf Dilla und Busta zu sprechen kamen und Rae sehr deep über seine Beziehung zu Busta sprach, fing einer der Zuhörer, der immer wieder Fotos machte, erst laut an zu schluchzen, dann ronnen ihm Tränen übers Gesicht. Rae , Marius und ich blieben bei der Sache und so erfuhren wir, dass Busta einer der wichtigsten Menschen in Raekwon s Leben geworden ist. Er sprach von tiefer Liebe und als er da ein No Homo zwischenpackte, musste ich erstmals bei diesem eingeschobenen Nebensatz nicht lachen! Dieser Mann erzählte direkt aus seinem Herzen. Ohne Busta Rhymes hätte es niemals ein weiteres Album von Raekwon gegeben. Er verdeutlichte, dass Trevor Smith Jr. ihm das nötige Selbstbewußtsein gab, er an Selbstzweifeln litt und kurz davor war, nie mehr zu alter Stärke zurück zu kommen. Dann stand Busta vor ihm und dieser große Kerl war einfach ein Bruder, der den Erfolg und die Zweifel verstehen konnte, ihm jedoch gut zusprach und dabei echt war. Um das alles zu unterstreichen, stellte Busta ihm dann auch noch J Dilla vor. Dieser wollte schon immer mal etwas mit einem Wu-Tang -Member machen, was Raekwon ihm auch versprach. Der Rest, der baldige Tod des Produzenten und die fabelhaften Früchte seiner Zusammenarbeit, sind Geschichte. Busta war es auch, der Raekwon Dr. Dre vorstellte. Das Rae nie bei Aftermath gesignt wurde, war für ihn nicht schlimm und auch irgendwie logisch. Dre sei halt ein sehr beschäftigter Mann und er glücklich, dass zwei Produktionen von Dre auf OB4CL2 seien. Ihm sei klar gewesen, dass er nur bei Aftermath signen könne, wenn Dre sich auch hundertprotzendig um ihn kümmern könne. Generell betont Rae , dass er sich als eigenständiger Künstler auch weiterentwickelt habe. Neben Raps habe er sein Potenzial in Produktion und dem Pushen junger Leute entdeckt.  So wurde das wunderbare Video zu House Of Flying Daggers von zwei 20-jährigen aus der Hood Rae s entworfen. Er hatte ihnen die Chance gegeben, zwei Filme genannt, die sie sich reinziehen sollten und dann mit ihnen ein wenig was abgesprochen. Sie hatten bei der Umsetzung dann relativ freie Hand, sollten halt nur diese spezielle Atmosphäre aufgreifen, was ja überaus gelungen ist! Gegen halb fünf Uhr morgens brachen Marius und ich den Heimweg an, eine sensationelle Begegnung und Erfahrung reicher! [youtube ywDaJCGQjcs]

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