Das Monster in Chakuza (Interview)
Chakuza ist nach Bushido der kommerziell erfolgreichste Ersguterjunge Künstler. Jetzt brachte der 29-jährige sein drittes Studioalbum Monster in mir auf den Markt: sein letztes reines Rapalbum. Chakuza möchte sich in Zukunft musikalisch, aber auch menschlich gesehen weiterentwickeln und neue Wege gehen. Einen großen Schritt hat er schon getätigt: er zog aus der Beatlefield -WG in Berlin aus und kehrte in seine österreichische Heimatstadt Linz zurück, wo ihn Freundin und Familie herzlich in Empfang nahmen. Musikalische Veränderungen folgen dann nach dem aktuellen Album, dem Schlusspunkt seiner bisherigen Karriere.
Wir baten Chakuza zu einem ausführlichem Gespräch, indem wir unter anderem erfahren, wie er mit seinen Emotionen und dem " inneren Monster" umgeht, was ihn zu der Aussage bewegt, dass die meisten Menschen in der Musikindustrie nichts wert sind und wieso er die Welt auch sonst pessimistisch sieht. Zudem erfahren wir, woran es Chakuza s Meinung nach liegt, dass die Rapszene in der Öffenlichkeit so schlecht dasteht, warum Online-Medien und Image-Rapper einen großen Teil dazu beigetragen haben und wie demotivierend sich Hater-Kommentare auf das Künstlerdasein auswirken können. Am 16. April erschien dein drittes Studioalbum Monster in mir . Wie würdest du das Monster in dir beschreiben?
In mir gibt es nicht nur ein Monster, sondern gleich mehrere. Aus diesem Grund geht es mir an manchen Tagen schlecht, auch wenn ich nicht krank bin. Zum Beispiel wenn ich einen Kater habe, weil ich meine ganzen Probleme weggetrunken habe. Es gibt auch Tage, an denen ich die Sau rauslassen muss. Diesen Zustand löst wiederum ein anderes Monster in mir aus. Auf dem Album kommt das Monster in mir auch rapmäßig zum Vorschein. Nicht wegen der Skills, sondern weil ich Sachen und Wörter verwende, die ich im Privatleben nie sagen würde. Das Monster in mir zieht sich wie ein roter Faden durch das Album. Du hast schon desöfteren erzählt, dass du von Zeit zu Zeit ausrastest. Du hast also deine Emotionen nicht unter Kontrolle?
Ja, ich habe sie nie unter Kontrolle und genau das ist das Problem. Jeder der mich kennt weiß, dass ich manchmal wegen Dingen ausraste, die mir in dem Moment sehr wichtig erscheinen. Im Nachhinein erscheinen mir das oft grundlos. Aber ich bin dann auch der Typ Mensch, der die Größe hat, sich im  Nachhinein bei allen für sein Verhalten zu entschuldigen.
Wie kann ich mir einen deiner typischen Gefühlsausbrüche denn vorstellen?
Ich schreie rum, pöbel alle an und sage Dinge, die ich normalerweise nicht zu meinen Freunden sagen würde. Es geht nicht ins Extreme aber ich sage in diesem Zustand ab und an Dinge, die ich mir hätte sparen können. Deine beiden Vorgängeralben City Cobra (2007) und Unter der Sonne (2008) schafften beide einen erfolgreichen Einstieg in die Top 10 der deutschen Albumcharts. Ist es dir wichtig mit deinem neuen Album an die alten Erfolge anzuknüpfen?
Mir ist es wichtig, dass meine Fans das Album feiern und merken, dass ich wieder alles in die CD reingesteckt habe was ging. Sie sollen beim Hören der CD spüren, wie wichtig mir meine Musik ist. Die Chartplatzierung ist mir im Endeffekt egal. Entweder klappt es, oder nicht. Hauptsache meine Fans feiern meine Musik.
Dein Werdegang, deine Musik und deine Aussagen in Interviews machen den Eindruck, dass du ein perfektionistischer Mensch bist. Fällt es dir schwer, deinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden?
Es fällt mir nicht schwer, weil ich automatisch immer das Beste gebe was in mir steckt. Ich mache nur die Dinge, die ich auch wirklich machen möchte. Entweder akzeptieren die Leute in meinem Umfeld das oder nicht. Ich chille nur mit Leuten, die auch damit umgehen können. Auf den Rest lege ich keinen Wert und deswegen haben sich in den letzten Jahren auch einige Dinge verändert, was meine Musik und mein Business betrifft.  
Hat sich dein Freundeskreis durch dein Künstlerdasein verändert?
Natürlich, einige sind gekommen, andere gegangen, wie das im Leben immer ist. Die Leute, die man in der Musikindustrie kennenlernt, sind zum größten Teil sowieso nichts wert. Ich denke, dass das auch jeder weiß, der mit dieser Branche zu tun hat. In meiner Heimat Linz habe ich zum Beispiel viele Freunde, die ich schon seit 20 Jahren kenne und sie sind immer noch da. In Berlin gibt es auch drei bis vier Leute die ich schon ewig kenne, aber das war es dann auch schon. Der Rest besteht aus guten Bekannten und Geschäftspartnern.  
Welche Erfahrungen bewegen dich zu der Aussage, dass die Leute aus dem Musikbusiness nichts wert sind?

An dieser Stelle muss ich einfach mal sagen sagen, dass im Hiphop zur Zeit zu  80 Prozent Vollidioten rumlaufen. Auch wenn jetzt wieder Kommentare alà: "Chakuza du bist selbst ein Vollidiot" kommen (lacht).  
Hater hat man immer.
Ja! Ich habe, was die Szene angeht, keinen Bock mehr auf dieses  möchtegern-harte Gehabe, weil ich die Leute kennelerne und dann genau weiß, was hinter ihrem Gelaber steckt. Die Leute sind nicht mehr ehrlich. Grade im Hiphop-Business ist es seit einiger Zeit schon so, dass jeder versucht sich ein Image aufzubauen. Um warum? Weil irgendwo irgendjemand mal erzählt hat, dass es wichtig ist, ein Image zu haben, um erfolgreich zu werden. Das ist aber vollkommener Blödsinn. Aber kann man nicht dem ganzen mit einer gewissen Toleranz entgegentreten und die anderen ihr Ding machen lassen? So nach dem Motto: "Ich mach mein Ding, mach du dein Ding"?
Ja und genau das mache ich ja jetzt auch. Ich habe zwei Jahre lang nichts mehr gemacht, weil mich das alles so angekotzt hat. Ich dachte "Soll ich mir jetzt selber ins Bein schießen damit ich sagen kann, ich war in der Hood?" (lacht). Soll ich sowas dummes tun, nur damit ich in die Schlagzeilen komme und die Kids mich cool finden? Natürlich gibt es eine Menge Vollidioten, die es dann auch noch feiern, wenn irgendwas schlimmes passiert oder ein Künstler einen auf pseudo-hart macht. Für mich persönlich kam sowas nie in Frage. Deswegen habe ich mich dazu entschlossen eine Pause zu machen und zu warten, bis meine Zeit kommt. Was jetzt definitiv der Fall ist.
Diversen Foreneinträgen konnte ich entnehmen, dass dich deine Fans gerade dafür schätzen, dass du dir selbst treu geblieben bist.
Genau und das ist mir auch sehr wichtig. Ich weiß gar nicht wie das alles mit der Rapszene zustande kommen konnte. Ich höre Hiphop schon seit ich zwölf Jahre alt bin. Früher hattes du als Rapper Ansehen, heute würden dich die Leute auf der Straße am liebsten anspucken wenn du sagst, du bist Rapper. Und wie ist es dazu gekommen? Unter anderem wegen den Typen die eine Menge Kohle damit verdienen wollten und durch ihr Verhalten die komplette Szene mal eben durch den Kakao gezogen haben. Jetzt ist alles im Arsch.
Also schreibst du den Image-Rappern zu, dass sie ihren Teil dazu beigetragen haben, dass die Rapszene heute nicht mehr ernst genommen wird.
Natürlich liegt es auch an denen. Ich sehe ja, dass ein Lil Wayne zum Beispiel heute immer noch gut verkaufen kann, da er ein wahnsinnig gutes Album abgeliefert hat, mit dem keiner gerechnet hatte. Ein 50 Cent hingegen, der früher bis zum geht nicht mehr verkauft hat, verkauft heute grade mal 500.000 Platten im Gegensatz zu einem Lil Wayne , der mal eben dreinhalb Millionen CDs verkauft. Durch dieses Beispiel wird doch am besten klar, dass man auch ohne Image erfolgreich sein kann. Ich bin der Meinung, dass du auch heute noch dein Stück vom Kuchen abbekommen kannst, wenn du wirklich gute Musik machst. Allen anderen, die Kack-Musik machen, gerade in der Deutschrapszene, wünsche ich, dass sie untergehen. Vielleicht besteht dann die Chance, sich neu zu formatieren und vielleicht wird dann auch alles wieder gut.
Einer deiner Rapperkollegen hat diesen Prozess mal als ein "Gesundschrumpfen der Szene" beschrieben.
Genau, in den letzten Jahren hat es aber leider nicht funktioniert, dass sich die Spreu vom Weizen trennt. Es ist wirklich jeder rausgekommen, der einen geraden Satz sagen konnte, fünf Jahre im Fitnesstudio war oder einen auf hart gemacht hat. Was das angeht, gebe ich auch den ganzen Online-Medien wie beispielsweise Hiphop.de und Rap.de die Schuld, dass Hiphop in der Öffentlichkeit komisch dasteht. Stell dir mal vor, ein Mensch der noch nie etwas mit Rap zu tun hatte, geht auf Rap.de und  liest sich ein Interview durch, da er sich mit Hiphop beschäftigen möchte. Beim Lesen stellt er fest, dass er das, was der Künstler von sich gibt, eigentlich ganz vernünftig findet. Dann scrollt er nach dem Lesen des Interviews runter und liest Kommentare wie: "Ich ficke diesen Hurensohn" etc. Was soll das? Es liegt ja dann in der Hand von den Medien, so etwas nicht zuzulassen. Daher werden Kommentare ja moderiert und gegenenfalls gelöscht.
Ja, aber damit habt ihr zu lange gewartet. Das erst zu machen wo schon alles explodiert ist, ist natürlich der letzte Move, den man machen kann. Mich persönlich hat das ganze so sehr genervt, dass ich eine Zeit lang überhaupt keinen Bock mehr hatte Interviews zu geben um dann im Anschluss wieder solche "Hurensohn-Missgeburt" Kommentare zu lesen, die irgendwelche halbintelligenten Scheißkinder schreiben. Monster In Mir soll dein letztes reines Rapalbum werden. Wie kam es zu dieser Entscheidung und in welche Richtung möchtest du in Zukunft gehen?
Nächstes Jahr werde ich 30, ich möchte andere Wege gehen und in Zukunft Musik machen, die ein bisschen erwachsener ist, wenn man das so nennen will. Zur Zeit stellen wir eine Band zusammen, mit der ich ein musikalischeres Album machen möchte. Eins, das ein 14-jähriger, aber auch ein 40-jähriger hören kann. Was den Rap werde ich wahrscheinlich auch weitermachen, aber ich möchte ein bisschen zurückschrauben mit dem ganzen pöbeln und den Schimpfwörtern. Mir hat das alles immer sehr viel Spaß gemacht, aber ich möchte mit 30 keinen Rap mehr in der Form machen wie jetzt, das wird sich auf jeden Fall ändern. Mein neues Album ist ein guter Abschluss.
Wie fühlt es sich für dich an, neben Bushido der erfolgreichste Ersguterjunge Künstler zu sein?
Es spielt keine Rolle für mich. Ich bringe meine Platten dort raus. Wir als Künstler kennen und respektieren uns zwar alle, aber es gibt da keine Gruppe oder Gang, die jeden Tag zusammen rumhängt, oder die sich gegenseitig misst. Es ist mir egal, ob ich mehr verkaufe als jemand anders
auf dem Label, denn wenn wir schon über Verkaufszahlen sprechen, zählt für mich am Ende des Tages nur, was auf meinem Konto ist. Für mich war immer wichtig, dass ich meine Musik über das Label auf den Markt bringen kann und dass das Produkt gut vermarktet wird.
Wie läuft es denn ab, wenn du heute ein Album aufnimmst? Greifen dir die Leute von Egj oder Bushido unter die Arme oder übernimmst du die Produktion komplett in Eigenregie?
Früher war es natürlich so, dass uns dort unter die Arme gegriffen wurde und dafür bin ich auch sehr dankbar. Das neue Produkt haben wir aber zu 100% selbst gemacht und es anschließend dem Label übergeben. Alles lief, wie du sagstest, in Eigenregie. Du bist vor kurzem nach viereinhalb Jahren Berlin wieder zurück in deine Heimatstadt Linz gezogen. Einer der Hauptgründe dafür war, dass du diesen Lifestyle in der Beatlefield-WG nicht mehr weiterleben wolltest. Wie kann man sich denn eine typische Woche bei euch vorstellen?
Oh mein Gott (lacht). Es ist schon hart. Wegehen, viel trinken, pokern. Unsere Wohnung ist eher ein Jugendclub gewesen, weil wir wirklich jeden Tag mindestens zehn Leute da hatten, die bei Drei, Vier Uhr bei uns gechillt haben. Eine Zeit lang war das alles ganz witzig, aber ich war es auch meiner Familie und meiner Freundin schuldig, dass ich wieder nachhause ziehe. Meine Arbeit mache ich ja nach wie vor hier, aber ansonsten habe ich nichts hier verloren.
Ist es dir nicht manchmal schwergefallen, durch diesen Lifestyle Ruhe und Zeit für dich zu finden?
Eine Zeit lang war das alles gut so wie es ist und ich habe diesen Lifestyle auch gefeiert und gebraucht. Aber irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem mir alles zuviel wurde. Daraufhin habe ich mit meinen Jungs gesprochen und bin dann innerhalb von zwei Tagen ausgezogen. Ich war auch oft allein in meinem Zimmer, wenn draußen zehn Leute saßen, die sich besaufen: Ich habe dann geschrieben und irgendwie hat mich diese Situation auch motiviert.
Was möchtest du neben deiner musikalischen Laufbahn noch ändern?
Ich will endlich mal einen Eightpack bekommen (lacht).  
Okay, also ist Fitnesstudio angesagt.
Ja, ansonsten habe ich jetzt nicht so die krassen Dinger vor. Ich werde mir nächstes Jahr auf jeden Fall noch den Traum erfüllen in meiner Heimatstadt eine Bar aufzumachen. Das ist das nächste Ziel, das ich in Angriff nehme.  
Würdest du eher sagen, dass du optimistisch, realistisch oder pessimistisch veranlagt bist ?
Auf jeden Fall pessimistisch, ich sehe die Welt schwarz.  
Wie ist es zu dieser Einstellung gekommen?
Keine Ahnung, ich habe halt viele Leute kennengelernt, die einem ins Gesicht lachen und dich hinter deinem Rücken auslachen. Das habe ich grade in diesem Geschäft gelernt, eher Pessimist zu werden als Optimist.  
Wenn du dein bisheriges Leben reflektierst, haben da die Höhen oder die Tiefen überwogen?
Sagen wir mal eher die Tiefen, aber dafür waren die Höhen, die ich hatte, auf jeden Fall extrem hoch. Wie gehen deine Freunde und deine Familie mit deinem Erfolg um?
Der größte Teil von meiner Familie hat es, glaube ich, selbst nach fünf Jahren noch nicht so richtig begriffen, was hier abgeht. Das kommt aber auch daher, dass die eher in einer ländlicheren Gegen leben. Sie haben mit all dem, was sich hier abspielt, sehr wenig zu tun. Die können sich das gar nicht vorstellen. Für meine Familie bist du schon ein Held, wenn du einmal im Fernsehen warst (lacht). Das ist wirklich so. Meine Mutter hat mich immer unterstützt. Sie wusste von Anfang an, dass da irgendwas passieren muss. Meine Eltern sind geschieden. Mein Vater hat mich immer davor gewarnt, war skeptisch und meinte: "Hey, pass genau auf was du da machst." Meine Mutter war immer etwas euphorischer und hat alles extrem gefeiert.
Aber trotz der Skepsis deines Vaters haben dich beide immer unterstützt, oder?
Ja, die haben mich einfach machen lassen. Ich meine, was heißt machen lassen, ich war sowieso alt genug um zu wissen was ich will. Ich hätte auch darauf geschissen, wenn keiner cool damit gewesen wäre. Wenn ich heute so denke, dass mein Vater auch extrem stolz auf mich ist, dann kann
ich cool damit sein.
Bist du denn froh, dass du jetzt mit Beatlefield Production nebem dem Rappen ein weiteres Standbein aufgebaut hast?
Ja, das haben wir ja schon immer gemacht. Wir verdienen mit unseren Produktionen genauso viel, wie ich mit meinen Platten.
Wenn du einen Tag lang die Welt regieren könntest, was würdest du ändern?
Boah... ich hoffe das wird nie passieren.
Hört sich nach drastischen Veränderungen an.
Ich wünsche der ganzen Menschheit, dass das nie passieren wird (lacht).
Ich danke dir für das Interview. Irgendwelche letzten Worte, abgesehen davon, dass die Leute dein Album kaufen sollen?
Nein, ansonsten habe ich nichts mehr zu sagen (lacht).

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