Chase & Status: Platin-Dubstep (Interview)

Im vergangenen Jahr gingen  Chase & Status mit ihrem Album No More Idols Platin und brachten fünf Singles in den Charts unter. Das Album selbst ging in UK ebenfalls auf Platz Zwei. Mit ihrem Erfolg ebneten sie Dubstep und Drum N Bass den Weg aus dem Underground in die großen Hallen. Damit stehen sie an der Spitze eines der mächtigsten hiphopverwandten Genres unserer Zeit.

Youssef sprach mit einer Hälfte von Chase & Status , namentlich Saul , über Genremischungen, den Erfolg der Briten, Dubstep und die vielen Kollabopartner. Wie viel Strategie steckt hinter einem Platinerfolg? Was halten die beiden davon, dass Mainstream-Acts wie Britney Spears ihr Genre für sich nutzen? Wieso ist es kein Pop, wenn Chase & Status für Rihanna produzieren und wo sind die Grenzen? Offensichtlich bei David Guetta ...
Nehmen wir mal an, jemand hat keine Ahnung von Chase & Status und hat bisher auch keinen Dubstep gehört, sondern nur Hiphop. Wie würdest du euch beschreiben?
Unsere Musik ist eine Mischung aus elektronischen Einflüssen, Drum and Bass und Dubstep und dabei sehr britisch gehalten.
Ihr arbeitet auch mit Rappern zusammen , auf No More Idols sollten auch Jay-Z und Kanye West dabei sein. Wieso klappte das nicht?
Als wir in Los Angeles waren, haben wir etwas was für Jay-Z gemacht. Danach haben wir noch über eine weitere Zusammenarbeit für No More Idols gesprochen, allerdings war das zu kurzfristig, sodass wir das dann nicht mehr hinbekommen haben. Kano rappt auf Against All Odds "I was raised in the city with no heart/ no i got love crews in the back of a S-Class" . Seid ihr in die Entstehung solcher Texte eingebunden? Spricht er damit auch für euch?
Wir sind größtenteils schon in die Entstehung der Texte eingebunden, die Lyrics zu Against All Odds hat Kano aber alleine verfasst. Kano ist auch aus London, wir arbeiten eng mit Leuten aus dem Untergrund zusammen. Es gibt aber keinen inhaltlichen Bezug zwischen den Texten auf unseren Songs und unserem tatsächlichen Leben. Zu Beginn eurer Karriere habt ihr unter anderem Kollabos mit Vicious Circle gemacht. Auf eurem Album No More Idols , insbesondere auf dem Track Hypest Hype , habt einen ähnlich klingenden Sound. Habt ihr euch von Vicious Circle inspirieren lassen?
Wir haben insgesamt zwei Kollaborationen mit Vicious Circle gemacht. Aber, dass wir uns haben inspirieren lassen, würde ich nicht sagen. Wir sind gute Freunde und Vicious Circle machen gute Musik, aber mehr sehen wir darin auch nicht.

Eure Ten Tonne EP wurde über das britische Label Renegade Records, das eines der erfolgreichsten Drum N Bass Labels ist veröffentlicht. Wieso habt ihr die Zusammenarbeit nicht fortgesetzt?
Zu der Zeit, als wir Ten Tonne veröffentlicht haben, gab es nicht die Möglichkeit, bei Renegade zu signen. Wir waren froh darüber, Singles und die EP zu veröffentlichen, aber mehr ging zu dem Zeitpunkt nicht. Um 2009 wurde eure Musik kommerzieller, euer Debütalbum  More Than A Lot stieg daraufhin auf Platz 49 der UK-Albumcharts ein und in den Dance Charts sogar auf Rang 2. Ging da ein Plan auf?
Seit unserem Release von More Than A Lot hat sich unsere Musik nicht sehr verändert, ich denke nicht, dass ein Stilwechsel für den Erfolg verantwortlich war. Vor Chase & Status fand Drum N Bass zum größten Teil in Clubs statt. Euer Album No More Idols bekam sogar Platin. Würdet ihr so weit gehen und sagen, dass Euer Erfolg der Strategie zu verdanken ist, dem Genre ein Gesicht gegeben zu haben?
Ach, weißt du, das macht einen natürlich sprachlos, aber es macht keinen Sinn, sich über die Gründe von Erfolg und Misserfolg Gedanken zu machen. Es ist natürlich immer schön zu sehen, dass man etwas richtig gemacht hat. Ich denke auch, dass es eine großartige Zeit für unser Genre ist. Das ist es, was zählt. Aber nein, das geht nicht auf eine Strategie zurück. Wir haben keine bestimmte Vorgehensweise, wir arbeiten einfach nur hart.

Denkst du, dass der Erfolg von Dubstep für das nun wieder große Interesse an Drum N Bass verantwortlich ist?
Ja, auf jeden Fall. Drum N Bass wurde massiv durch Dubstep beeinflusst und jetzt kommt alles zusammen. Ich denke, dass Dubstep und Drum N Bass, sehr eng verknüpft sind und es viele Parallelen gibt.


Es gibt inzwischen auch viele Acts aus dem Popbereich, die auf den Dubstep-Zug aufgesprungen sind. Britney Spears zum Beispiel. Was hältst du davon?
Das ist großartig. Das ist eine gesunde und natürliche Entwicklung. Pop wurde schon immer von anderen Genres beeinflusst und die Dubstep-Szene ist sehr stark, insofern war es nur eine Frage der Zeit, bis Dubstep auch auf das Pop-Lager übergreift. Ihr habt euch, was das Produzieren für andere Künstler angeht, auch dazu entschlossen ins Pop-Lager zu wechseln. Dabei sind dann unter anderem Produktionen für Alexandra Burke und Rihanna zustande gekommen. Fiel euch das Produzieren für eine andere Zielgruppe schwer?
Nein, keineswegs. Dass was wir beispielsweise für Rihanna produziert haben, war vom Sound her auch Dubstep und Underground, es war auch sehr club-tauglich. Daher haben wir uns dabei sehr heimisch und wohlgefühlt.
Mit eurem Remix für Prodigy habt ihr eine weitere, aber ganz andere Kollaboration mit einem Mainstream-Act vorzuweisen. Was hat diese Koperation so interessant gemacht?
Der Remix für den Prodigy- Track war eine große Ehre für uns. Die sind zwar sehr erfolgreich, aber irgendwie immer noch untergrund. Prodigy war auf jeden Fall eine Rieseninspiration für uns und es war eine große Auszeichnung für uns als Künstler, einen Remix für Prodigy machen zu dürfen. Für die Single End Credits hat Plan B die Lyrics beigesteuert, der Song ist auch auf dem Soundtrack zu seinem bald erscheinenden Film Ill Manors vertreten. Der Film enthält Kurzgeschichten, die jeweils mit einem Song zusammenhängen. Habt ihr Film und Song zusammen ausgearbeitet?
Nein, der End Credits entstand unabhängig vom Film. Den Track hat er geschrieben, bevor beschlossen wurde, dass er auf dem Soundtrack landet. Ihr habt sehr viele verschiedene Einflüsse, wollt ihr eure Fans damit immer wieder überraschen?
Wir mischen gerne viele unterschiedliche Sounds. Wir arbeiten auch mit vielen anderen Produzenten zusammen. Weil wir es gut finden, wenn bei unseren Songs ein völlig neuer Sound entsteht, der aus vielen verschiedenen Genres besteht.

Blind Faith klingt ein wenig wie ein zeremonielle Beschwörung der Rave-Welle aus den Neunzigerjahren. Wolltet ihr mit dem Song Erinnerungen wecken?
Ja, das hast du gut erkannt. Blind Faith ist ein nostalgischer Song, der den Hörer zurück in die Zeit versetzen soll, in der Raves zu Hauf stattfanden.


Gibt es irgendeinen DJ, mit dem ihr gerne zusammen live auftreten würdet? Ein DJ, mit dem wir gerne performen würden... Nein, keinen Speziellen. Als wir jünger waren, waren wir Riesen-Fans von Andy C (Anmerkung der Redaktion: britischer DJ, auch bekannt als " The Executioner ") , der heute auch ein Freund von uns ist, aber es gibt trotzdem niemand Bestimmtes, mit dem wir gerne was machen würden.

Was ist denn mit David Guetta, wäre der nicht eine Option für euch? Oh nein, David Guetta ? Nein. Wer vielleicht in Frage kommt, wäre David Rodigan (Anmerkung der Redaktion: Britischer Dancehall- und Reggae DJ), der hat eine riesige Fanbase und wäre jemand, mit dem wir uns vorstellen könnten aufzutreten.
Auf Fire In Your Eyes featured ihr Maverick Sabre, der wiederum zeitgemäßen, klassischen Soul produziert. Was für ein Typ ist er?
Er ist sehr hungrig, will noch viel erreichen und ist während der Arbeit, zumindest als wir mit ihm gearbeitet haben, sehr diszipliniert. Es war eine Freude mit ihm was machen zu können und er ist fantastischer Soul-Sänger.

Interessant ist auch, dass ihr White Lies gefeatured habt. Die kommen wieder aus einer ganz anderen Richtung. Geht es bei all den Crossover-Songs nie um neue Zielgruppen?
Nein, nein, wir sind einfach Riesen-Fans von White Lies und wir wollten schon immer mal mit denen zusammenarbeiten. Deswegen hat es ja auch Sinn gemacht, den Song mit denen aufzunehmen.

Mittlerweile habt ihr euer eigenes Label, MTA Records, gegründet und den Dubstep-Act Nero gesignt. Außerdem hattet ihr vor, eine Band zu signen, was ist aus diesen Plänen geworden?
Ja, die Band konnten wir signen, aber im Moment kann ich den Namen noch nicht nennen. Wir haben außerdem noch 16bit gesignt und Killsonik (Anmerkung der Redaktion: Britische Dubstep-Acts ). Ist die Labelgründung dann auch keine geschäftliche, sondern eine rein künstlerische Entscheidung gewesen?
Das Label haben wir nicht gegründet, um mehr Geld an unserer oder der Musik anderer zu verdienen. Die Gründung ist einzig und allein aus der Liebe zur Musik entstanden. Wir etablieren zurzeit unser Label, hatten ein großartiges Jahr, im Moment ist alles sehr spannend. Wir wollen mit unserem Label natürlich auch junge Talente entdecken und fördern. Jeder der Musik macht, egal aus welchem Genre er kommt, kann uns gerne kontaktieren, wir sind offen für alles.


 

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