Wo ist das Interview mit Hadi El-Dor hin?
Leider offline: Die schlechte Seite der Musikindustrie. Laut Hadi El-Dor. - Jetzt mal Erich

Wir haben gestern ein Interview mit Hadi El-Dor veröffentlicht und in der Nacht wieder offline genommen. Das wirkt wahrscheinlich ziemlich plemplem. War es im Nachhinein auch. Ich erkläre euch zumindest, wie es dazu kam.

Generell denke ich, dass unsere Aufgabe darin besteht, zu informieren. Wir sollten nicht nur die Informationen öffentlich machen, die unserer Meinung nach etwas Gutes bezwecken. Wir sollten nichts vorenthalten. Wir werden aber auch nicht über Leichen gehen, um unseren Zuschauern und Lesern damit fünf Minuten Unterhaltung zu verschaffen.
Wenn wir entscheiden, was wir veröffentlichen und was nicht, überlegen wir uns also Folgendes: Wie groß und wie berechtigt ist das öffentliche Interesse daran? Wie groß und berechtigt ist das Interesse der betroffenen Akteure?
Sagen wir mal, und das ist wirklich frei erfunden, ein öffentlich auf Männlichkeit bedachter Rapper trägt gerne Strapse und BH und wir wüssten davon. Der Rapper möchte sein Hobby nicht öffentlich machen und fürchtet, das würde seine Karriere zerstören. Berichten wir? Nein. Für die Öffentlichkeit wäre das witzig, wir würden 50€ mehr verdienen, das ist aber Privatsache und geht die Öffentlichkeit nichts an.
Sagen wir, ein Rapper gilt als einer der besten, hat aber noch nie in seinem Leben einen Text selbst geschrieben. Berichten wir? Ja. Das schadet vielleicht auch der Karriere, geht die Öffentlichkeit aber etwas an. Und wir arbeiten für die Öffentlichkeit, nicht für Rapper.


Im Fall des Interviews mit Hadi war das so eine Sache. Im Sommer hatte er öffentlich gesagt, er wolle mir ein Interview geben und darin zu einem Rundumschlag ausholen. Ich habe mich dagegen entschieden, mitzumachen. Jetzt, wo sein Sampler anstand, gab es natürlich ein Interview. Neben dem Thema Hip Hop Lebt gab es darin dann aber auch den im Sommer angekündigten Rundumschlag. Was macht man jetzt mit dem Material? Am Ende waren wir der Meinung: Das ist grenzwertig, aber noch so graaaaade im Rahmen. Wir veröffentlichen das. Sowas ist immer eine subjektive Entscheidung, vielleicht wärt ihr an unserer Stelle viel strenger oder viel liberaler. Das ist eben unser Weg.


Natürlich waren einige Leute sauer, auch auf uns. Damit muss man leben. Wir geben Leuten eine Plattform, wir haften aber nicht für ihre Aussagen. Wenn jemand das nicht so sieht, sind wir eben verschiedener Meinung.


Als dann der dritte Teil erschien, ging es natürlich mit den Diskussionen weiter. Der Unterschied war, dass uns gesagt wurde, dass Hadis Aussagen für einen der Angesprochenen sehr ernste Konsequenzen haben würden. Ohne ins Detail zu gehen, da war offenbar die Grenze, die wir uns setzen, überschritten. Der zweite Grund, das Interview offline zu nehmen, war, dass es den Anschein hatte, als könnten sich zumindest Hadi und Fler wieder vertragen. Wir stellten Kontakt zwischen den beiden her, damit war unser Teil getan. Wir standen öffentlich ziemlich blöd da, Spekulationen sprießten in den Kommentaren, aber vielleicht würde es ja wirklich etwas Positives bringen.

Einen Tag später kann man sagen: nett gemeint, aber wohl ziemlich naiv. Es kam offensichtlich zu keinem klärenden Gespräch. Stattdessen gingen die Beleidigungen und Drohungen auf Twitter weiter. Hadi möchte jetzt ein eigenes Video hochladen, in dem er seine Aussagen wiederholt. Damit wäre dann wohl wieder alles, was im Interview vorkam, in der Öffentlichkeit. Nur ohne widersprechenden Moderator. Und wir? Werden uns auch weiterhin die moralische Frage stellen, was man berichtet und was nicht. Und wenn wir dann einmal entscheiden haben, möglichst dabei bleiben. Wie vorher auch.

Grüße,

tox

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