Wie ich es nicht geschafft habe, G-Eazy wach zu bekommen (Interview)

26 Jahr, groß & blondes Haar – Ein wahrer Weiberheld, dieser G-Eazy. 2012 erschien sein erstes Album und nun, vier Jahre später, hat seine neuste Single fast 100 Millionen Plays auf Spotify. Immer noch fliegt er leicht unter dem Radar, aber ist trotzdem alles andere als irrelevant. Er gehört jetzt offiziell zur hohen Riege der US-Rapper, bei denen man sich schon bemühen muss, um auch nur zehn Minuten für ein Telefoninterview zu bekommen. Zu wenig Zeit, um über große Kunst zu sprechen? Wahrscheinlich, aber besser, als gar nicht über Kunst zu sprechen.

Das Ende 2015 erschienene Album When It’s Dark Out strotzt nur so vor Zwiespalt. Einerseits beklagt G-Eazy die Einsamkeit, die er durch seinen Erfolg fühlt, andererseits spricht er davon, wie er sein Leben mit Geld und Frauen feiert. In jedem Fall berühren einen die Lyrics und die Musik. Man möchte mehr über den einsamen Jungen im Rampenlicht erfahren.

Es ist Donnerstag Nachmittag: Mein Telefon klingelt um acht Minuten vor Sechs. Mist, eigentlich wollte ich nochmal schnell aufs Klo, bevor ich das Interview führe. Aber gut, es soll ja sowieso nur zehn Minuten dauern. Eine nette, grelle Frauenstimme bereitet mich darauf vor, dass sie mich gleich mit G-Eazy verbindet. Alles klar. Ich warte. Zwei Minuten vergehen. Vier. Zehn. Ich würde jetzt gerne auf’s Klo, wenn ich sowieso nur in der Warteschleife hänge. Wäre nur schlecht, wenn er gerade dann drangehen würde. Während ich mich diesen philosophischen Fragen stelle, höre ich das müdeste, verschlafenste “Hallo” aller Zeiten. Beste Voraussetzungen!

Hey! Wie geht’s Dir?

G-Eazy: Ganz gut. Bin eben aufgewacht.

Oh, ich hoffe, ich hab dich nicht geweckt! Wie spät ist es bei dir?

G-Eazy: Mittag oder so... Ich bin in Atlanta. Ich spiele hier heute.

Na dann fangen wir lieber an, vielleicht hilft’s beim Wachwerden!

(Stille)

Okay! Wie würdest du deiner Großmutter den Sound deines neuen Albums beschreiben?

G-Eazy: Dunkel. Cineastisch. Groß. Sehr viel Herz. Ausdrucksstark. Sehr, sehr tief. Sehr, sehr emotional.

Das mit der Emotionsstärke ist mir aufgefallen. Du beschreibst auf dem Album einerseits deine Abscheu gegenüber der Oberflächlichkeit der Welt, auf der anderen Seite feierst du Materialismus und sagst, dass du dir alles kaufst, was du willst. Wie kommt dieser Konflikt zustande?

G-Eazy: Manchmal denkt man sich: "Sch*iß drauf!" Diese Dinge machen mich jetzt glücklich, also will ich sie haben. Manchmal ist das aber eben nicht so. Ausgleich halt.

Spielt man in solchen Songs auch mal eine Rolle für das Publikum? Nach dem Motto: "Das ist eben die Turn-Up-Musik, die die Kids wollen"?

G-Eazy: Nein, das ist das, was ich fühle. Ich spiele niemandem etwas vor.

Auf dem Track Me, Myself and I sagst du, dass du dich nur auf dich selbst verlassen kannst, obwohl du von Tausenden Menschen umgeben bist. Glaubst du, dass du nur dir selbst trauen kannst?

G-Eazy: Nein. Es geht halt irgendwie um das, was zählt: Familie und so. Freunde.

Du bist seit über drei Jahren auf Tour. Woher weißt du, wer deine wirklichen Freunde sind und wem es nur um die Kohle oder den Fame geht?

G-Eazy: Alle in meinem Tourbus, die mich in den drei Jahren begleitet haben, sind echte Freunde. Abgesehen davon würde ich sagen, dass ich ein gutes Gespür für Charakter habe. Ich kann Menschen lesen. Ich schaue ihnen in die Augen und weiß, was ihre Seele sagt.

Das war eben das, was ich mich die ganze Zeit gefragt habe, während ich das Album gehört habe: Woher kommt dieses offenbar sehr schmerzhafte Gefühl?

G-Eazy: Mann, was ist das hier? Ist das ein Interview oder eine Therapiestunde?

(Hier folgte das unsicherste Lachen meines Lebens. Ich dachte erst, er macht Spaß und lachte mit. Fehlanzeige.)

Sorry, aber das spiegelt das wider, was ich durch dein Album vermittelt bekommen habe. Willst du nicht über ernste Themen reden?

G-Eazy: Ääh, nein.

Du hast mal in einem Interview mit Billboard gesagt, dass dich seichte Themen nicht interessieren würden.

G-Eazy: Ich finde Konflikte einfach interessanter.

Du hast da auch gesagt, dass du lieber über schmerzhafte Dinge redest.

G-Eazy: Musik kann Schmerz ausdrücken. So kommt man an den Punkt, an dem man am stärksten fühlen kann.

Songs sind für dich der einzig passende Ort für solche Themen?

G-Eazy: Ja.

Na gut. Eine Therapiestundenfrage hab’ ich trotzdem noch: Was würdest du zu deinem 15-jährigen Selbst sagen?

G-Eazy: Hang in there, Buddy! You got a long way to go! A long, long, long road!

Helen Fares

Autoreninfo

Helen Fares ist seit 2015 Teil unseres Teams. Sie moderiert Interviews für uns und das Openair Frauenfeld. Als eine Hälfte der Homegirls kannst du sie jeden 2. Samstag bei ENERGY Sachsen hören.
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