Kokain, Alkohol, der 1. FC Köln und warum er EstAs Album schlimm findet: Mo-Torres im Interview

Während manche Rapper bereits nach einer Top-20-Platzierung für ein Jahr das Arbeiten einstellen und den Vorschuss in Form von Cannabis sprichwörtlich in Rauch aufgehen lassen, wählt der aus Köln stammende Mo-Torres konsequent einen anderen Weg. Er arbeitet als Führungskraft in einer angesehenen Medienagentur, studiert parallel dazu und veröffentlicht nun sein Debütalbum Irgendwo Dazwischen. Diesen Lebensstil habe ich zum Anlass genommen, mich mit ihm über Überbelastung, die Agenturbranche und übermäßigen Alkoholkonsum zu unterhalten. 

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Wie zufrieden bist du als glühender FC Köln-Fan mit der abgelaufenen Saison?

Mo-Torres: Sehr zufrieden! Wir stehen über dem Strich und dementsprechend ist alles super.

Trübt der Weggang des Schlüsselspieler Ujah das Saison-Fazit etwas?

Mo-Torres: Ach, das ist das Fußballgeschäft und da gibt es eben immer ein Kommen und Gehen. Der eine geht weg, der nächste kommt und der wird hoffentlich auch gut einschlagen. Modeste von Hoffenheim ist ja im Augenblick im Gespräch und der wäre glaube ich ganz spannend (Mittlerweile ist der Transfer in trockenen Tüchern, Anm. der Redaktion). Harnik von Stuttgart ist wohl leider unbezahlbar. Ich denke, die Vereinsführung wird sich für den Richtigen entscheiden.

Auch du bist bereits in jungen Jahren eine Führungspersönlichkeit, arbeitest in einer angesehenen Medienagentur und nimmst hierfür einen langen Anfahrtsweg und ein hohes Maß an Stress in Kauf. Kannst du mir einen deiner klassischen Arbeitstage schildern?

Mo-Torres: Du sprichst sicher den Song Ausgebrannt an. Zu der Zeit, zu der dieser Song entstanden ist, war es so, dass ich in Düsseldorf in einer Medienagentur gearbeitet habe, was natürlich alleine durch die Fahrtzeit sehr stressig war. Jetzt bin ich wieder in Köln und studiere auch noch nebenbei. Ein klassischer Tag sieht so aus, dass ich immer früh raus muss, dann entweder zur Uni oder zu meinem Job fahre und das jeweils andere dann hintendran hänge. Damit bin ich schon echt ausgelastet. Hier kommt natürlich auch noch die Musik dazu und ich muss eine schwere Knieverletzung auskurieren. In letzter Zeit bin ich echt froh, dass der Tag 24 Stunden hat. Ich schlafe derzeit echt nur vier Stunden und meine Augen sind durchgehend auf halb acht. Das ist auf jeden Fall anstrengend. 

Läuft man nicht Gefahr, an dieser Belastung kaputt zu gehen?

Mo-Torres: Doch, auf jeden Fall. In der Albumphase ist das jetzt eben gerade so und in der Uni muss ich in nächster Zeit sieben Projekte abgeben. Wenn ich das alles hinter mir habe, ist erstmal nur arbeiten angesagt. Dann stocke ich da meine Stunden wieder auf in den Semesterferien und kann wieder etwas runterfahren. Ich habe schon immer viel gearbeitet, aber diese verschiedenen Baustellen sind das Anstrengende. Ich bin in der Agentur Projektmanager und muss dort eben den allumfassenden Überblick behalten, ich muss bei meinem Album alles im Griff haben und die Projektarbeiten für die Uni malochen. Das ist auf jeden Fall eine starke Belastung.

Ist diese Belastung der Grund dafür, dass Alkohol ein fester Bestandteil deines Lebens ist?

Mo-Torres: Ja, das eine resultiert aus dem anderen. Ich hatte meine Ausbildung ein halbes Jahr gepackt, war dann im Support und Qualitäts-Management und wurde dann ins Haifischbecken Agenturleben hineingeschmissen. Die Leute kennen da keine Arbeitszeiten. Dort wird einfach gemacht, gemacht, gemacht. Wenn du dann noch über eine Stunde nach Hause fährst, eine Stunde zurück brauchst und dann gleichzeitig noch einen Umzug hast, kommt da so vieles zusammen, dass irgendwann einfach gar nichts mehr geht. Dann sitzt du eben irgendwann alleine Zuhause und knallst dir mit Alkohol die Birne weg, weil du denkst, das würde alles besser machen und die Situation erleichtern. Das ist natürlich völliger Schwachsinn. Ich hatte das Gefühl, ich könnte Zuflucht im Alkohol finden. Dadurch, dass ich meine Birne dem Alkohol hingegeben hab, hatte ich das Gefühl, die Hektik und den ganzen Stress den ich hatte einfach ausblenden zu können. Der nächste Tag war dann natürlich immer katastrophal.

Trinkst du daher mittlerweile weniger? 

Mo-Torres: Absolut! Man hört auch auf dem Album, dass eine Entwicklung stattfindet. Ich habe mit meinen 25 Jahren mittlerweile wirklich stressige und hektische Situationen gemeistert und gehe da stärker raus. Natürlich entscheidet jeder für sich selbst, was Stress und was kein Stress ist, aber für mich waren das eben sehr anstrengende Situationen.

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Auf der nächsten Seite verrät dir Mo-Torres, warum er sich diesen Stress antut und was es mit Kokain in der Agenturbranche auf sich hat.

Weshalb tut man sich einen solchen Stress gepaart mit Alkoholkonsum selbst an?

Mo-Torres: Abgesehen vom Alkohol mach' ich das alles, um eben einen Lebenslauf zu haben und mir selbst die Möglichkeit zu geben, in ein zwei Jahren zu sagen: "Ich mache jetzt ein halbes Jahr nur Musik und wenn das nicht klappt, ist es scheißegal, weil ich eine abgeschlossene Ausbildung, ein abgeschlossenes Studium und Berufserfahrung als Projektmanager habe." Ich habe also alle Vorrausetzungen erfüllt, um mich anständig bewerben zu können, falls es nicht klappen sollte. Ich will nach meinem Studium einfach mit einem schönen Lebenslauf glänzen können und mich guten Gewissens bewerben können. Mein Studium kostet alles in allem 32.000 Euro und das muss ich natürlich auch erstmal wieder abbezahlen.

Andere kompensieren den hohen Stresspegel in der Agenturbranche mit Kokain. Hast du selbst schon Erfahrung damit gemacht?

Mo-Torres: Nein, aber in der Agenturbranche ist das echt so, dass die Kreativen gewissermaßen eingeschlossen werden und jede Stunde ein Meeting haben, in dem sie neue Ideen präsentieren müssen. Um dabei kreativ und wach zu sein, ziehen die sich eben alles rein. Ich habe das schon selbst miterlebt und von vielen Seniormitarbeitern Geschichten darüber erzählt bekommen. Ich selbst habe mit Drogen allerdings gar nichts am Hut. Ich hab einmal gekifft und bin davon einfach eingeschlafen. Das bringt dir in der Agenturbranche nicht wirklich viel (lacht). Für das Studium habe ich die Agentur, in der ich das miterlebt habe, auch verlassen.

Ein Song deines Albums thematisiert einen schmerzhaften Krankenhausaufenthalt. Hing dieser mit dem bisher geschilderten Lebensstil zusammen?

Mo-Torres: Nee, der hing mit Fußball zusammen. Ich habe mir beide Kreuzbänder, das Innenband und die Kniescheibenbänder gerissen. Das war November 2013 und ich bin noch immer nicht auf dem Damm. Ich habe über ein Jahr lang Physiotherapie gemacht, kriege jetzt keine Rezepte mehr vom Arzt und komme leider zeitlich auch gar nicht mehr dazu.

Neben diesen ganzen persönlichen Geschichten findet auch ganz klassisch Rap über Rap auf deinem Album statt. Warum bekommt hierbei EstA einen Seitenhieb ab?

Mo-Torres: Ach, der EstA. Hast du sein Album mal angehört? Das ist für mich eines der schlimmsten Alben, die ich in den letzten Jahren gehört hab'. Es ist einfach furchtbar. Alleine dieses Dschungel-Lied, das er da gemacht hat. Einfach schrecklich. Ich hätte damals auch bei der Halunkenbande unterschreiben können. Saad hat mir einen Vertrag über fünf Alben angeboten, aber das kam halt einfach nicht in Frage. Deshalb sage ich auf meinem Album, dass EstA nur gesignt wurde, weil ich kein Bock hatte. Das ist natürlich überspitzt. Ich find' einfach wack, was der Typ macht, und deshalb wird er erwähnt. Ich finde es eine Frechheit, was er da abgeliefert hat und dass er damit dann 6000 CDs verkauft ist halt lächerlich.

Kannst du zum Abschluss des Interviews versuchen, das Grundgefühl deines Albums anhand einer exemplarischen Zeile zusammenzufassen?

Mo-Torres: Boah, das ist schwer. Ich habe auf dem Outro die Zeile: "Erst war es irgendwo, dann war’s dazwischen. Lange Zeit viel zu verbissen. Was verbunden wird zu Identität, sind die Songs die mich spiegeln auf schwierigem Weg." Das beschreibt das Album glaube ich ganz gut. Vielen Dank nochmal für das Interview.

Marc Schleichert

Autoreninfo

Marc Schleichert ist seit Anfang 2014 ein Teil von Hiphop.de und leitet hier den Textinterview-Bereich. In dieser Funktion spricht er regelmäßig sowohl mit hungrigen Newcomern als auch mit alteingesessenen Künstlern.

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