"Easy Does It - Cro, die Maske und der ganze Rest": Interview mit Psaiko.Dino und Sebastian Andrej Schweizer

Würde man den Karriereverlauf von Cro in einem Schaubild darstellen, so ergäbe sich eine faszinierende Steilkurve seit dem Jahr 2011 bis heute. Das Video seines ersten großen Hits Easy hat mittlerweile über 40 Millionen Klicks bei Youtube erzielt. Sowohl mit seinem Debütalbum Raop, als auch mit dem aktuellen Werk Melodie stürmte Cro die Top 10 der Albumcharts in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Es regnete Gold- und Platinauszeichnungen. 

Den kompletten Verlauf der Erfolgsstory und das Geschehen hinter den Kulissen haben nun der Haus-und-Hof-DJ von Cro, Psaiko.Dino, und Sebastian Andrej Schweizer, einer der Chimperator-Labelchefs, aus ihrer Sicht zusammengefasst. Das Buch Easy Does It - Cro, die Maske und der ganze Rest behandelt die Geschichte vom ersten Kennenlernen der Akteure bis hin zur ersten großen Show in der Hanns-Martin-Schleyerhalle in Stuttgart.

Zum Release haben wir den beiden Autoren ein paar Fragen gestellt.

Ihr habt ein Buch geschrieben. Easy Does It - Cro, die Maske und der ganze Rest heißt es. Was genau ist "der ganze Rest"? Worum geht's?

Sebastian Andrej Schweizer: Also, ein bisschen ist der Titel eine Verneigung vor einem meiner Lieblingsautoren, Douglas Adams. Dessen Roman Per Anhalter durch die Galaxis hat mehrere Teile und einer davon heißt Das Leben, das Universum und der ganze Rest. Den finde ich großartig und ich der Titel ist super. Aber sonst ist damit gemeint, dass es um die ganze Geschichte geht. Eben nicht nur Cro und die Maske, sondern auch das ganze Drumherum. Die Vertragsverhandlungen, die Entscheidungen, die Backstage-Storys. Es ist eine Art Tagebuch und erzählt die Zeit vom ersten Kennenlernen bis kurz nach dem ersten Album.

Warum habt ihr euch gerade für ein Buch entschieden? In Zeiten, in denen Youtube eine größere Rolle spielt als das Fernsehen. Wieso greift ihr da gerade auf ein eher älteres Medium zurück?

Psaiko.Dino: Weil wir einfach Bock drauf hatten. Also, wir sind da jetzt nicht rangegangen nach dem Motto: "Hey, wir müssen unbedingt noch ein Buch schreiben", oder sowas, sondern einfach: "Ey lass' uns das doch machen!" Wir hatten da beide irgendwie Bock drauf und wollten vorher schonmal alleine etwas schreiben, haben das aber nie so hingekriegt. Dann haben wir eben gesagt, wir teilen uns die Arbeit einfach und schreiben zusammen ein Buch. Und das haben wir dann auch gemacht. Wir haben uns eine Woche in Barcelona eingeschlossen und sind jetzt mit diesem Buch rausgekommen.

Sebastian Andrej Schweizer: Das Buch gibt's ja in mehreren Formaten. Das gibt es jetzt nicht nur Oldschool in physischer Form, sondern eben auch als Hörspiel und als Hörbuch. Also wenn man nicht so gerne liest, dann kann man sich es auch anhören.

Lest ihr denn selbst gerne?

Sebastian Andrej Schweizer: Ich lese sehr gerne, ja.

Was ist zur Zeit dein Lieblingsbuch beziehungsweise was hast du zuletzt gelesen?

Sebastian Andrej Schweizer: Bretonisches Gold. Das ist ein Roman, der in der Bretagne spielt. Ein Krimi. Da ist ein Typ, ein Kommissar, der da ermittelt. Lieblingsbücher habe ich mehrere. Das wechselt auch immer. Wie gesagt, Douglas Adams finde ich super. Ich mag den Humor ganz arg. Ich mag auch die nicht ganz so bekannten Bücher von ihm. Also nicht nur die Per Anhalter-Reihe, sondern auch zum Beispiel Dirk Gently's Holistische Detektei.

Psaiko.Dino: Angeber. (lacht)

Sebastian Andrej Schweizer: (lacht) Hmm, was mag ich noch? Linus Volkmann von der Intro schreibt unglaublich witzig, finde ich. Sven Regner finde ich geil. Also ich lese gerne und viel.

Im Vorwort sagt Cro, seit dem Easy-Video habe er eigentlich gar nicht die Möglichkeit gehabt, mal alles zu reflektieren. Ist das Buch für euch so etwas wie eine Reflexion auf die ganze Zeit, um mal zurückzublicken und zu ordnen, was da eigentlich alles so passiert ist?

Psaiko.Dino: Ja, das war teilweise schon verrückt. Auf jeden Fall. Weil man wieder voll in die Zeit zurückversetzt wurde. Wir haben, glaube ich, einen ganzen Tag lang nur recherchiert. Zum Beispiel hab' ich dann bei Facebook in dem Chat mit Carlo nach ganz oben zurückgescrollt. Als wir uns noch gar nicht gekannt haben und so. Und das war auf jeden Fall schon verrückt. Man war wieder richtig drin in der Zeit, wo wir dem Madcon-Nightliner mit einem eigenen Klapper-Auto hinterhergefahren sind und in Besenkammern unseren Backstage hatten. Das war schon krass. Das ist verdammt schnell alles gegangen.

Genau das wäre meine nächste Frage nun auch gewesen. Wie habt ihr die letzten Jahre so detailliert wieder konstruieren können?

Psaiko.Dino: Facebook und Co. hat da natürlich viel geholfen. Also, es war dann eher so, dass wir immer einzelne Puzzlestücke gesucht haben, die wir dann wieder zusammengesetzt haben. Und haben, glaube ich, alles auch wieder hingekriegt.

Sebastian Andrej Schweizer: Ich habe viel mit Mails gearbeitet. Ich habe mein Email-Postfach durchsucht, so wie Psaiko bei Instagram und Facebook hochgescrollt hat, bin ich zurück gegangen in die Zeit und hab' mir die Mails rausgesucht. Dadurch sind mir dann auch viele Sachen, die ich vergessen hatte, wieder eingefallen. Und wir saßen eben eine Woche lang nebeneinander. Da erinnert man sich dann auch im Gespräch gemeinsam wieder an viele Sachen.

Du hast eben schon gesagt, ihr wart eine Woche in Barcelona. Nun ist das Buch ein Perspektivenwechsel. Ihr erzählt immer abwechselnd und nehmt aufeinander Bezug. Also habt ihr euch dafür auch konkret abgesprochen?

Sebastian Andrej Schweizer: Genau.

Psaiko.Dino: Wir haben quasi recherchiert und dann Kapitel, die die jeweilige Zeit zusammenfassen, aufgestellt. Und dann hat jeder so seine Sicht zu dem Kapitel geschrieben. Es war schon wichtig, dass wir dafür nebeneinander saßen und halt nicht von der Außenwelt abgelenkt wurden. Ob es dafür unbedingt in Barcelona hätte sein müssen, das sei mal dahingestellt. (lacht) Wir saßen nur in einem Raum ohne Fenster, hätten also auch überall anders sein können. Aber im Endeffekt war das schon eine sehr gute Idee, sich wirklich so abzuschotten.

Das Thema Maske beschreibt ihr auch. Wie die Idee zustande kam und vor allem, dass Cro das erste Modell bei den Auftritten nicht länger als ein paar Minuten tragen konnte. Musstet ihr jemals von diesen Gigs Fotos löschen lassen, damit die Tarnung und damit das Konzept nicht auffliegt?

Sebastian Andrej Schweizer: Nee. Das hat halt keiner mitbekommen. Also die Leute, die vor Ort waren, haben das klar mitbekommen, aber die hat es halt damals null interessiert. Da war halt irgendein Typ, der da auftritt, der am Anfang irgendeine Maske anhatte.

Psaiko.Dino: Bei der Madcon-Tour haben wir einen Kommentar gelesen, da stand: "Ja, und vor Madcon war irgend so ein komischer Typ mit 'ner Hundemaske." Das war ganz witzig. Also es hat zu dem Zeitpunkt noch nicht wirklich jemanden interessiert, deswegen gibt's da auch keine Fotos. 

Wie habt ihr das Problem mit der Maske dann gelöst?

Psaiko.Dino: Carlo hat einen Tag vor der Madcon-Tour in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Maske so modifiziert, wie sie halt jetzt ist. Sodass er sie bequem tragen und halt auch auf der Bühne performen kann. Wir haben vorher wirklich alles probiert. Wir haben Carlo als Panda geschminkt, er hatte 'ne Beanie übers Gesicht gezogen, wir haben so 'ne dumme Zorro-Maske probiert - also halt alles versucht, um das Masken-Problem zu umgehen. Im Endeffekt ging's dann aber nur so, dass er die ursprüngliche Maske modifiziert.

Sebastian, du sagst im Buch, dass die Maske deine Idee war und du den anderen damals beteuert hast: "Glaubt mir, das macht Sinn". Warum genau warst du dieser Meinung? Ging es da eher um die Aufmerksamkeit, die die Maske ja automatisch erzeugt, oder eher um den Schutz vor der Öffentlichkeit für Cro?

Sebastian Andrej Schweizer: Carlo hat das ja schon selbst gemacht. Als wir ihn noch nicht kannten und gesucht haben im Netz, gab's keine Fotos von ihm. Wenn, dann ab dem Hals abgeschnitten oder er hat sich was vor das Gesicht gehalten. Da haben wir eben schon gemerkt, dass das voll spannend ist für uns. Obwohl wir ihn nicht richtig kannten und auch erst wenig Musik von ihm hatten. Als es dann losging, haben wir gemerkt: "Hey das funktioniert, für die Leute ist es auch spannend. Die fragen danach und wollen gerne mehr wissen." Dann fand ich, wir haben das jetzt so weit aufgebaut und jetzt nur, weil uns gerade nichts besseres einfällt, drauf zu scheißen, ist blöd. Und der Grund für die Maske ist ein Mix aus beidem. Carlo hat damals kein Bock gehabt, dass er auf der Arbeit Ärger bekommt und wollte nicht so als Privatperson als Rapper im Netz stehen. Das Problem hatte man damit gelöst und dazu war und ist es für die Leute spannend. 

Am Anfang war der Hype groß und es gab nur positives Feedback. Dann kamen aber auch langsam die Hater mit Vorwürfen, wie, dass ihr Hiphop zerstören würdet oder ähnliches. Wie geht ihr damit um oder seid damit umgegangen? Ist euch das egal oder regt euch sowas auf?

Psaiko.Dino: Also, heute ist es auf jeden Fall egal. Da kann man gut drüber schmunzeln, weil manche Kommentare einfach so dumm und voller Rechtschreibfehler sind, dass man sich denkt: "Okay, damit hast du dich jetzt eher zum Affen gemacht." Aber tatsächlich war es damals so, dass wir das sehr lange verfolgt haben und es sehr lange überhaupt keinen Hate gab. Bei dem Easy-Video gab es bis zu den 5 Millionen Views überhaupt keinen Hate. Und alle, die es heute haten, waren damals auf jeden Fall Fans oder haben es gepostet. Dadurch haben wir schon so die Einstellung entwickelt, dass die halt einfach neidisch sind. Was soll das sonst sein? Früher feiern und jetzt nicht mehr. Macht ja überhaupt keinen Sinn. Aber damals, die ersten negativen Kommentare die aufkamen, da war es schon komisch, dass dich auf einmal Leute beleidigen, die du halt noch nie gesehen hast. Das ist dann anfangs natürlich schon ungewohnt und komisch, aber wir haben auf jeden Fall gelernt, damit umzugehen.

Sebastian Andrej Schweizer: Kommentare im Netz von Hörern machen mir überhaupt nichts aus. Das geht ja dann auch nicht direkt an mich. Die beleidigen ja dann eher den Künstler. Aber, was mich ärgert und wo ich merke, das macht mir was aus, ist, wenn andere Rapper etwas Negatives sagen. Ich weiß nicht, woran das liegt, aber das nervt mich. Die sind eben auch Künstler und bewegen sich im gleichen "Ring" wie Carlo. Ich finde, wenn man das macht, dann sollte man die Arbeit, die er macht und den Erfolg, den er sich erarbeitet hat, respektieren. Das ärgert mich jetzt nicht so, dass ich da sitze und einen roten Kopf kriege, aber es stört mich.

Psaiko.Dino: Den hast du auch so schon. (lacht)

Gab es jemals einen Zeitpunkt, an dem ihr an dem Plan, den ihr hattet, gezweifelt habt? Ihr habt dafür immerhin eure Jobs aufgegeben. Oder war für Zweifel erst gar keine Zeit?

Sebastian Andrej Schweizer: Also vor Carlo gab's das regelmäßig. 1999 haben wir angefangen und Carlo haben wir Ende 2011 unter Vertrag genommen. Und natürlich hat man immer wieder einen Rappler gekriegt und sich gefragt: "Hey Jungs, macht das noch Sinn? Wir verdienen halt nichts. Sollen wir das wirklich weiter machen?" Und dann mit Carlo war das am Anfang natürlich immer noch da. Als es dann anfing, richtig abzugehen, hat man gemerkt: "Okay, geil, da passiert was!" Aber dann standen wir eben vor der Entscheidung, ob wir das selber machen oder zum Major gehen und dann das sichere Geld haben. Das war natürlich dann nochmal eine megaschwierige Entscheidung, weil dann kommen plötzlich Leute und bieten dir richtig viel Geld an und vorher hast du nie welches verdient. Die winken dann mit einem Koffer und am besten noch mit zwei nackten Frauen daneben. (Gelächter) Und du denkst dir so: "F*ck, ich hab' hier die Möglichkeit, sicher Geld mitzunehmen. Endlich bin ich abgesichert, endlich nicht mehr dieses blöde Gefühl und die Fragen: Wie lange geht das noch? Läuft das alles oder sollen wir es selber machen und wenn es dann funktioniert, mehr verdienen?" Das war dann schon nochmal eine schwierige Zeit. Die ganze Zeit klingelt dein Handy. Dauernd rufen die an und sind natürlich immer meganett. Dann immer nochmal was trinken gehen und auf Kumpel und alle quatschen dich zu. Selbst die, die dir kein Angebot machen, wollen dir Ratschläge geben und mit dir reden.  

Habt ihr euch zwischenzeitlich eigentlich mal von dem Stress erholt und Urlaub gemacht?

Sebastian Andrej Schweizer: Ja, immer mal wieder, so einmal pro Jahr 'ne Woche oder zwei.

Psaiko.Dino: Ich find' eher, dass das positiver Stress ist, weil das ja etwas ist, was Spaß macht. Aber ich hab' auch nicht so richtig das Bedürfnis nach Urlaub gehabt. Man ist ja trotzdem irgendwie die ganze Zeit am Rumreisen. Für mich ist Urlaub momentan einfach mal drei oder vier Tage am Stück zu Hause zu sein.

Anfangs wart ihr der Meinung, Cro würde keinen Personenschutz brauchen, habt euch aber dann doch entschieden, jemanden zu engagieren. Gab es Situationen, in denen ihr froh wart, das getan zu haben?

Psaiko.Dino: Anfangs war es halt so: Carlo und ich waren immer zusammen unterwegs. Und auf einmal hieß es dann, da muss jemand dazukommen. Wir hatten halt nicht wirklich Bock, dass da so 'n komischer, breit gebauter Typ die ganze Zeit dabei ist und dieses Kumpel-Ding so 'n bisschen zerstört. Aber nachdem wir Freddy kennengelernt haben, ist es auf jeden Fall geil, weil er ein super Typ ist. Das stört überhaupt nicht die Atmosphäre, wenn er dabei ist, weil er schon so integriert ist, dass es eher komisch ist, wenn er nicht dabei ist. Dabei geht's gar nicht darum, dass wir so fett durch die Stadt laufen mit so coolen Bodyguards, sondern der ist halt einfach ein cooler Typ auch. 

Sebastian Andrej Schweizer: Es gab jetzt keine Situation, in der Freddy jemandem auf's Maul hauen musste oder irgendwie sowas. Es gab aber mehrere Situationen, in denen Leute halt Fotos machen wollten oder gemacht hätten, wäre Freddy nicht dabei gewesen. Er ist ein Zwei-Meter-Mann, der auch die ganze Zeit guckt und alles im Blick hat und sowas direkt sieht, wenn jemand was machen will und sich dann eben vor Carlo stellt. Es ist auch was anderes, wenn er zu jemandem geht und sagt: "Bitte keine Fotos", als wenn ich das mache. Bei Freddy sagt man halt direkt: "Ja, okay, Sir, tut mir leid, Sir!"

Psaiko.Dino: "Hier nimm mein Handy und alles, was ich habe, aber lass'mich in Ruhe!" (Gelächter)

An einem Punkt sagst du, Sebastian, dass ihr immer nur von Etappe zu Etappe gedacht habt und nicht direkt an Rock am Ring, das Splash! Festival oder die Juice-Coverstory. Was ist jetzt die nächste Etappe? Was kann da überhaupt noch folgen?

Sebastian Andrej Schweizer: Ja, müssen wir mal gucken.

Psaiko.Dino: Das darf man nicht sagen. (lacht)

Was wünscht ihr euch denn noch? Gibt es Dinge, die ihr unbedingt noch machen wollt?

Psaiko.Dino: Ich würd' voll gern was fernsehmäßiges machen. Und du, Basti?

Sebastian Andrej Schweizer: Wir haben natürlich den ein oder anderen Plan, aber das sind Sachen, über die man jetzt noch nicht sprechen kann. Aber da gibt's noch welche, auf jeden Fall. Es ist jetzt nicht so, dass wir sagen: "Jetzt müssen wir nichts mehr machen, alles ist erledigt".  

Du willst was fernsehmäßiges machen, Psaiko? Eine eigene Sendung vielleicht?

Psaiko.Dino: Joa, oder so was moderatorenmäßiges. Da hätte ich auf jeden Fall Bock drauf. Zum Beispiel die Hey-was-geht-ab-ich-bin-Psaiko.Dino-Show oder sowas. Das könnte ich mir vorstellen. (lacht)

Sebastian Andrej Schweizer: Hört sich auf jeden Fall gut an.

Wenn du mehr über die Jungs erfahren möchtest, kannst du dir auch die Interviews anschauen, die wir in letzter Zeit gemacht haben. Alle weiteren Infos zum Release findest du auf Amazon:

[amazon 3785750552 full]

[amazon B00MXVQR1A full]

[amazon B00O1YHYTG full]