Abaz über Zusammenarbeit mit Kool Savas & Summer Cem, Massivs Zukunft, Money Boy uvm. (Interview)

Aktuell kämpfen Kool Savas, Summer Cem und Eko Fresh um Platz 1 in den Albumcharts. Naja, kämpfen? Ist wohl das falsche Wort. Viele hatten ein Verkaufsbattle erwartet, doch dann kam es ganz anders. Einer, der maßgeblich an den Alben von Savas und Summer beteiligt war, ist der Berliner Abaz. Produziert hat dieser in der Vergangenheit bereits für Gott und die Welt. Quasi jeder Name aus der Deutschrapszene findet sich in seiner Discographie. Einige ausgewählte Beats von Kollegah, Massiv, Silla und vielen mehr kannst du dir exklusiv auf Hiphop.de runterladen. Wir haben uns nun über seine Instrumentals auf HAK sowie Märtyrer und vieles mehr unterhalten.

Dieser Monat ist für dich ein ganz besonderer, du bist nämlich mit 15 Beats auf vier Alben vertreten. Neben Beats für Kool Savas und Summer Cem hast du auch für Silla und Automatikk produziert. Erzähl uns etwas darüber!

Abaz: Das ganze Jahr war bisher sehr erfolgreich, der November ist ein sehr schöner Abschluss. Einige Sachen standen schon seit langem, zum Beispiel die Songs auf Sillas Album oder dem von Automatikk. Der Song auf Märtyrer ist einer der letzten gewesen, die fürs Album gemacht wurden. Ich musste aus Dubai dafür sorgen, dass die Einzelspuren zu DJ Smoove und Savas kommen. Zum Glück war Jumpa in Berlin und hat das für mich erledigen können. Bei Summer Cem ist das so nach und nach gekommen, alle paar Wochen ein Song mehr. Ich freue mich auf jeden Fall sehr über alle vier Releases.

Warst du mit den Rappern auch im Studio oder läuft das mittlerweile alles per Email ab?

Abaz: Jetzt konkret auf die vier Genannten war's unterschiedlich. Den Automatikk-Jungs hab ich alles via Mail geschickt, bei Summer auch. Wir hatten angedacht, auch zusammen im Studio zu arbeiten, aber es ist nicht dazu gekommen, hat aber auch so gut funktioniert. Mit Silla war ich recht oft im Studio. Wenn der Artist aus Berlin ist, gestaltet sich das ja meist recht einfach. Wir haben zusammen an Songs gearbeitet, sie umarrangiert etc. Ich mag das, so kommt man schneller zum Ziel. Savas hat ja sein Album in Bamberg aufgenommen, da lief auch alles über Handy und Mail. Wahrscheinlich hätten wir uns auch nur abgelenkt und wären die ganze Zeit Shisha rauchen gewesen. Unser momentaner Shisha-Konsum lässt zumindest darauf schließen.

Gibt es besondere Storys zu den jeweiligen Beats? Hat dich beispielsweise der ein oder andere Rapper überrascht mit seiner Beatauswahl?

Abaz: Die Story zum Beat auf dem Savas-Album ist eigentlich meine bisher kurioseste. Wenn man alle Umstände zusammennimmt, ist das schon ein bisschen verrückt. Savas wusste, dass ich nach Dubai fliege, schreibt mir sogar noch, als ich in Amsterdam war, ob ich meinen Laptop mitgenommen habe. "Natürlich nicht, wieso auch?", hab' ich geantwortet. Er meinte: "Man weiß ja nie!" Ich hab' mir nix dabei gedacht. Erster Abend, grade vorm Burj Khalifa angekommen, klingelt mein Handy und ich sehe, dass es Savas ist. Hab' mir da schon denken können, was jetzt kommt. Und er brauchte die Spuren am besten sofort. War schon ein kleiner Akt, das von da aus zu organisieren – Jumpa, ich danke dir nochmal, Brudi! – aber das war mir dann auch egal. Habe mich echt sehr darüber gefreut, dass es mit einer Produktion auf Märtyrer geklappt hat. Von der Beatwahl hat mich jetzt keiner richtig überrascht, man hat ja schon meist ein Gefühl dafür, welcher Beat welchem Rapper gefallen könnte, und verschickt sie auch dementsprechend.

Mit Kool Savas und Summer Cem veröffentlichen zwei Rapper am gleichen Tag ihre Alben. Du bist auf beiden vertreten. Ist man als Produzent in einer verzwickten Lage oder lehnt man sich zurück und beobachtet das Ganze entspannt von außen, wenn man von Charts spricht?

Abaz: Mit geht es in erster Linie darum, dass fette Songs auf den Beats entstehen und das ist geschehen. Wer wo chartet ist zweitrangig. Ich denke auch, dass es für die Künstler nicht so die riesige Bedeutung hat. Vielmehr ist es wichtig über die erste Woche hinweg weiter gut zu verkaufen und das wird sicherlich bei Savas und Summer der Fall sein, da beide sehr professionell aufgestellt sind und ein super Team um sich haben

Worauf legst du Wert beim Produzieren? Wie muss ein guter Beat für dich klingen?

Abaz: Angefangen habe ich, wie wahrscheinlich die meisten, mit Samples und einem Drumloop. Das ist auch eine Kunst für sich und hat einen ganz bestimmten Vibe. Ich arbeite immernoch gern mit Samples, aber mittlerweile lege ich auch viel Wert auf andere Aspekte. Ein Beat sollte etwas Einzigartiges haben, auch wenn das nur eine Kleinigkeit ist. Ich habe mir zum Beispiel eine eigene Vocal-Library zusammengestellt, teils auch mit selbst eingesungen Samples. Die baue ich gerne in Beats ein. Ich versuche, oft Sounds mit Filtern zu bearbeiten, sodass sie eigen klingen, oft sogar bisschen kaputt und dreckig. Auf Releases hören die Käufer aber meist Beats, die zu dem Zeitpunkt mehr als ein Jahr alt sind, da die Künstler Beats schon lange vor dem Release picken und damit arbeiten. Aus dem Grund lade ich gern kurze Hörproben auf Facebook oder Instagram hoch, damit ich ein Feedback von den Leuten bekomme und sie gleichzeitig hören, wo mein Sound grade ist.

Ebenfalls auf deiner Facebookseite hast du gepostet, dass du 15 Singles dieses Jahr produziert beziehungsweise co-produziert hast. Welcher ist dein persönlicher Favorit?

Abaz: Ich habe mich sehr über die Celo & Abdi–Single Undergroundchiefs gefreut, da wir bis zu dem Zeitpunkt noch keinen Song zusammen gemacht hatten. In Nazars Borderliner steckt viel Arbeit, ich singe einen Teil der Melodien, die im Beat zu hören sind, selbst. Das Video dazu ist auch grandios! Mir persönlich gefällt auch Im Schatten der Skyline von Massiv sehr. Den Song haben wir beide uns gemeinsam so erdacht und umgesetzt. Cheatday von Silla hat einen sehr chilligen Vibe, was ganz anderes. Oder auch Mafia Musik von Summer Cem und Farid Bang ist sehr fett geworden. Ich könnte ehrlich nicht sagen, welcher mein Favorit ist, da sie alle sehr unterschiedlich sind.

Wie kann man sich so eine Co-Produktion vorstellen? Mit wem arbeitest du zusammen und wie läuft so eine Produktion genau ab?

Abaz: Entweder. man sitzt zusammen, oder man schickt sich Ideen via Mail. Jumpa kommt manchmal rum und wir gammeln zusammen und machen nebenbei Beats. Meist geschieht das aber über Mails. Mit X-plosive und Joshimixu mache ich recht regelmäßig Sachen. X-plosive ist für mich der beste Mann an den Keys! Unfassbar, was der manchmal zaubert. Der schickt mir dann einen Pianoloop und ich bau dann drumherum alles auf. Gleiches auch mit Josh, wir überlegen, wer was sucht und planen das dann über Telefon, wer was macht. Joshimixu und ich haben eine recht gute Quote, was unsere Kollabos angeht. Erst kürzlich ist Kawasaki von Summer Cem rausgekommen, produziert von uns beiden.

In deinen Beats hört man oft aktuelle Trends raus und trotzdem trägt jedes Instrumental deine eigene Handschrift. Wie inspirierst du dich?

Abaz: Ich würde von mir sagen, dass ich recht vielseitig bin und schnell lerne. Wenn ich etwas feier, dann kann ich das meist auch recht schnell umsetzen. Ich lass mich durch vieles inspirieren, bin eigentlich ziemlich offen für jede Musikrichtung. Ich mag aktuell den Vibe der Akkorde, die in den 70ern im Soul oft gespielt wurden, die haben ein ganz bestimmtes Feeling. Das in Verbindung mit meiner Vocal-Library und trippy Drums macht Spaß. Einen ganz eigenen Sound zu haben, ist das Höchste, was man als Produzent erreichen kann, quasi die Spitze der Bedürfnis-Pyramide. Da muss man aber erstmal hinkommen, das ist die Königsaufgabe. Am wichtigsten bleibt jedoch: ist der Beat cool oder nicht? Ganz einfach.

Trapmusik mit seinen schweren Subbässen und den HiHat-Gewittern ist der Trend zur Zeit. Jeder feiert diesen Musikstil, auf vielen aktuellen Alben sind solche Beats zu finden. Ist Trap das neue Dupstep und bald wieder völlig ausgelutscht? Was kommt danach?

Abaz: Kein Plan, irgendwie hat man ja das Gefühl, dass das wiederkehrt. Aber darum mache ich mir keinen großen Kopf, ich mache einfach das, was mir Spaß macht und was mein Bauchgefühl mir sagt. Wenn es Zuspruch findet, dann freut mich das, wenn nicht, dann soll es halt nicht sein. Man muss das, was man macht, einfach lieben, damit man es auf Dauer erfolgreich machen kann, besonders in einem kreativen Beruf. Wenn morgen alle Techno-Beats wollen, dann hört man sicherlich keine Abaz-Beats mehr auf Alben. Aber zum Glück ist unsere Musiklandschaft so vielfältig, dass jeder irgendwo seine Nische findet.

Womit produzierst du? Welche Soft- und Hardware nutzt du?

Abaz: Ausschließlich Software. Fl Studio 10, paar gute VSTs. Ein Laptop, Yamaha HSM80-Boxen, 3 Midi-Keyboards in verschiedenen Größen. Das ist alles, was ich brauche. Ich kann jedem dazu raten, sich einen leistungsfähigen Laptop zuzulegen. Damit ist man flexibel und kann überall Musik machen, egal ob im Studio mit Künstlern oder in einer Shisha-Bar. Man hat überall sein Setup dabei.

Hast du eine musikalische Ausbildung oder hast du dir alles autodidaktisch beigebracht?

Abaz: Ich habe mir fast alles selbst beigebracht. Mein bester Freund seit Kindestagen – lieben Gruß an Niklas – hat mir damals die ersten Sachen gezeigt, wie man mit FL Studio umgeht. Das war irgendwann 2005, glaub' ich. Seitdem hab' ich mir alles selbst beigebracht. Ich wünschte, ich hätte schon seit der Kindheit eine musikalische Ausbildung genossen, das kann ein großer Vorteil sein. Aber es geht auch so. Ich überlege seit längerem schon, Klavier-Stunden zu nehmen, aber momentan komme ich kaum dazu.

Gibt es die Möglichkeit, Workshops bei dir zu machen?

Abaz: Ich denke, dass ich dafür nicht unbedingt der Geeignetste bin. Ich bin jetzt nicht der super Engineer, ich mische meine Beats halbwegs gut, aber nicht so, dass ich das in einem Workshop vorführen müsste. Was das Produzieren angeht: Man könnte das schon machen, aber ich bin jemand, der seine Musik sehr aus dem Bauch raus macht. Ich könnte Leuten zeigen, wie man Software bedient, aber dafür dann extra einen Workshop machen, wäre nicht so meins. Vielleicht irgendwann in Kombination mit Songwriting, aber in naher Zukunft sehe ich das nicht. Andere Dinge haben grad mehr Priorität in meiner To-Accomplish-Liste.

Stichwort Massiv: Als enger Bekannter erlebst du seinen musikalischen Wandel gerade hautnah mit. Auf seiner Facebookseite hat er gepostet, dass er alle alten Interviews, Videos und Blogs löschen möchte beziehungsweise schon gelöscht hat. Was passiert da gerade?

Abaz: Ich will mir das nicht rausnehmen, da irgendwas rauszuplaudern. Das wird Massiv schon selbst tun, wenn er es für richtig hält. Ich kann nur soviel sagen: Es wird sich einiges verändern. Das hat in diesem Fall absolut nichts mit PR oder sonst was zu tun.

Wenn man dir auf Twitter folgt, dann fällt auf, dass du und Kool Savas Money Boys Movement extrem feiert. Was macht Money Boy so interessant für dich?

Abaz: Der Boy tut, was er will. Dem ist es scheißegal, was andere denken, der singt auch mal mit verstimmtem Autotune auf einer Hook, ist ihm latte. Ich feier das, der hat einen sehr langen Atem und zieht sein Ding einfach durch, auch wenn er manchmal mit Aussagen übers Ziel hinaus schießt. Manche Aussagen könnte er sich schon verkneifen, aber im Endeffekt macht genau das ja Money Boy zu Money Boy. Er gibt einen F*ck auf alles. Er haut auch teils echt sehr feierbare Sachen raus wie zum Beispiel Awesomo oder Kola mit Ice. Auch Shisha ist ein unfassbar unterhaltsamer Song. Seitdem schmeckt mir die Shisha auch besser.


Gib uns abschließend doch bitte einen Ausblick auf das kommende Jahr. Du hast schon verraten, dass du auf dem neuen Kontra K-Album bei zwei Songs mitgewirkt hast. Außerdem bist du auf Kurdos neuem Alben vertreten. Was geht da noch nächstes Jahr? Was sind deine Ziele?

Abaz: Ich hab recht klar definierte Ziele für das nächste Jahr. An diesen arbeite ich auch schon seit langem. Was die Hiphop-Landschaft in Deutschland betrifft, will ich wie 2014 wieder viel am Start sein. Ansonsten stehen für mich das Ausland und Pop sowohl Produktion als auch Writing auf der Prio-Liste ganz oben. Ich will aber nix vorwegnehmen, was noch nicht sicher ist. Insgesamt kann man sich aber so oder so schon sehr glücklich schätzen, mit einer Leidenschaft sein Brot zu verdienen. Dafür bin ich echt sehr dankbar!

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Interview: Erich Unrau
Foto: Abaz

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