50 Cent über "Animal Ambition", Dr. Dres "Detox", Eminem und "Street King Immortal" (Interview)

Mit 13 in den Straßen New Yorks noch Kokain verkauft, 25 Jahre später besitzt der Mann einen Kontostand, der jegliche realistische Vorstellungen übersteigt. Er kann sich alles auf der Welt leisten – nur eines nicht: den zufriedenstellenden Erfolg seines kommenden Albums, den ihm nur die Fans schenken können.

Mit Animal Ambition meldet sich 50 Cent nach über fünf Jahren mit einem brandneuen Studioalbum zurück. Erstmals ohne seine musikalischen Ziehväter Dr. Dre und Eminem im Rücken, dafür mit einer großen Portion Ehrgeiz und Nervosität. Warum dem Rap-Entrepreneur, der finanziell seinesgleichen sucht, unter anderem immer noch das Feedback der Straße wichtig ist, verriet er uns in einem sehr bodenständigem Interview.

Mehr Informationen zu Animal Ambition, das am 30. Mai in Deutschland auf den Markt kommt, findest du in unserer Release-Section oder auf Amazon:

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50, du kommst endlich nach so vielen Jahren mit einem neuen Studio-Album zurück. Wie fühlt es sich an, bist du nervös?

Ja, bin ich. Ich bin wirklich sehr aufgeregt, was dieses Projekt angeht. Jeder bekommt endlich die Chance, das Projekt in seiner Gänze zu hören und zu genießen. Ich persönlich höre mir immer das ganze Konzept eines Albums an und die Herangehensweise des Künstlers. Zum Beispiel Snoop Doggs Doggystyle... oder bei Get Rich Or Die Tryin', da habe ich vieles zu verschiedenen Zeiten geschrieben und hatte am Ende genug Material, um es zu einem Album zusammenzutragen. Die Leute halten diese Alben für Klassiker, weil so viel "richtige" Musik für die jeweilige Zeit drauf war. Dieses Mal bin ich mit der Frage an das Album, was der "nächste" Sound sein kann. Was ist das "nächste" Album? Man will ja nicht... also ich will keinen Trends folgen. Ich möchte immer etwas machen, was sich ein wenig von allem unterscheidet, was es da draußen gibt. Und Animal Ambition ist das Ergebnis dieses Prozesses. Ein Album, das finanziellen Wohlstand als zentralen Punkt besitzt. Ich hab' versucht, das Thema auf verschiedene Arten und Weisen und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten, damit möglichst viele Menschen sich damit identifizieren können.

Seit dein letztes Studio-Album auf den Markt kam, hast du viele Projekte wie The Big 10 oder das DJ Drama-Tape veröffentlicht. Gerade deshalb stellt sich mir die Frage, wann du die Texte zu Animal Ambition geschrieben hast. Von wann stammt das ganze Material?

Also manches hab ich zu verschiedenen Zeiten geschrieben, aber damit es passt – lass mich dir ein Beispiel geben. Alle Songs von Get Rich Or Die Tryin' hätten es auf dieses Album geschafft. If I can't do it, it can't be done – das ist quasi der inspirierende Leitspruch, der dieses Album prägt. Deswegen hätte der Song [If I Can't; Anm. d. Red.] auch perfekt auf Animal Ambition gepasst. Als ich Texte geschrieben hab', die kreativ gesehen nicht auf die Platte gepasst haben, hab' ich sie einfach rausgelassen. Da war eine Menge frauenorientiertes Material. Wie Candy Shop, Just A Lil Bit oder 21 Questions damals, um mal ein paar Beispiele zu nennen. Aber das ist thematisch nicht die Kerbe, in die ich dieses Mal schlagen wollte. Ich hatte etwas Klares im Sinn, deswegen hab ich meine Tracks sehr bewusst ausgewählt.

Auf Seite 2 spricht 50 Cent über das Konzept von Animal Ambition und die Trennung von Interscope.

Das kann ich nachvollziehen. Die Beats sind größtenteils sehr simpel – und das ist nicht negativ gemeint, weil sie definitiv knallen. Sie klingen aber alle sehr hart und nach Straße. Warum hast du dich dazu entschieden, das Get Rich Or Die Tryin'-Gefühl einzufangen?

Das bin ich. Das ist das, was ich am besten kann. Daher komme ich und ich kann nunmal über jedes Thema von der dunklen und harten Seite erzählen. Das ist meine erste Dimension, die ich als Künstler habe, weil ich aus eben dieser Umgebung komme. Alle Künstler haben gewisse Angewohnheiten. Gewisse Dinge, die sie besser als andere können. Der Grund, warum ich dieses Straßen-Gefühl an den Tag gelegt habe ist... bevor man überall anders verstanden wird, muss man erstmal im eigenen Umfeld verstanden werden. Womit ich damals angefangen habe, war Musik, die für Leute in einem 10-Block-Radius gedacht war. Der Sound und die Inhalte waren eins miteinander. Ich hab' nicht nur erzählt, was ich gesehen hab', sondern hab' mich selbst definiert. Das gibt es nicht mehr so oft im Hiphop. Das ist das Problem, wenn man beim Texteschreiben nicht selbst involviert ist. Selbst wenn der Sound knallen sollte, werden die Jungs im Block nicht die Message finden, nach der sie suchen. Aber wenn du Texte rappst, die du verkörperst, fühlen sie es. "Das war cool. Spul zurück, ich will’s nochmal hören." Das ist ja ganz normal – wenn Künstler sich auf ihre echten Erfahrungen stützen können, bekommt der Hörer ein viel intensiveres Erlebnis. Dazu kommt, dass Hindernisse und Schwierigkeiten... Kunst ist in einer komischen Art und Weise mit Schmerz verbunden. Immer wenn Musiker schmerzhafte Zeiten durchleben, machen sie auf wundersame Weise großartige Musik zu der Zeit. Kanye hatte den Autounfall. Ich wurde angeschossen. Das sind schmerzhafte Ereignisse, die irgendwie Energie aus dem Künstler pushen. Und ich hatte auf diesem Projekt die Gelegenheit, ein vollkommen anderes Gefühl mitzunehmen – finanzielles Wohlergehen. 

Du hast alle ziemlich geschockt mit der Trennung von Interscope. Wie kam es dazu und kurz danach zu dem Dre-Beat auf deinem Album?

Ja, also, Interscope zu verlassen war für mich wichtig weil in gewisser Weise – naja, Interscope Records selbst hat Interscope Records schon lange verlassen. Die Leute, mit denen ich damals begonnen habe, sind dort nicht mehr. Viele wurden gefeuert, viele sind einfach zu neuen Ufern aufgebrochen und sind jetzt an anderen wirtschaflichen Zweigen tätig. Und zum Trey Songz-Feature auf dem Dr. Dre-Beat: Als ich die Produktion das erste Mal hörte, sollte ich die Lyrics dafür schreiben. Der Song war für Detox vorgesehen. Später hab' ich Dre dann gefragt, ob ich den Track für mich behalten kann und meine eigene Parts aus meiner Perspektive drauf schreiben kann. Und er meinte: "Ja, mach ruhig."

Auf der kommenden Seite erfährst du mehr über Detox, Eminem und das Verhältnis zu Fat Joe und Jadakiss!

Das Detox-Projekt existiert also tatsächlich noch? Die Leute glauben da nicht wirklich dran.

Alles, was Dre produziert, das letztendlich woanders landet, ist für Detox gedacht. Er hat auch mal tatsächlich konkret an diesem Album gearbeitet. Ich glaube, das eigentliche Problem ist, dass er sein eigener Konkurrent ist. Er muss gegen seinen Erfolg von damals ankommen. Das letzte, was er tun möchte ist, ein Album zu droppen, das nicht so aufregend ist und so einen Einfluss auf die Kultur hat wie 2001 damals. I Need A Doctor war ja auch ein Hit. Und der andere Track mit Snoop. Aber dann hat es plötzlich aufgehört. Ich denke, jedes kleine Detail muss wirtschaftlich durchdacht und kalkuliert werden, weil er das Gesicht der beats by dre-Marke ist. Eine Marke, die zum milliardenschweren Unternehmen anwächst. Er kann nicht das Risiko eingehen, das Image dieses Unternehmens zu beschädigen. Wofür? Was ist die Belohnung? Verstehst du, was ich meine?

Ja, absolut. Wo wir gerade über das Interscope-Umfeld sprechen. In den letzten Monaten gab es zwei Alben, auf denen die Leute dich eigentlich erwartet hätten. Erstens Eminems The Marshall Mathers LP 2, und zweitens natürlich auch ScHoolboy Qs Oxymoron. Schlussendlich warst du auf keinem drauf. Werden wir das aufgenommene Material irgendwann zu hören bekommen?

Ihr werdet eine Chance haben, das Material mit Q auf Animal Ambition zu hören. Das hatte es nicht auf Oxymoron geschafft. Später, auf Street King Immortal, werden die Leute dann Em und mich zusammen hören. 

Neben den beiden hast du noch mit einigen Rappern zusammengearbeitet, mit denen du eine lange Beef-Historie hast. Jadakiss und Fat Joe zum Beispiel. Gab es anfangs unangenehme Momente im Studio oder bist du komplett über den Beef hinweg?

Ich hatte schon mit Jadakiss gearbeitet, bevor wir dieses Mal im Studio waren. Er hatte mir mal einen Track geschickt – Dump – auf dem ich dann auch gerappt hab'. Deswegen war diese seltsame erste Phase übersprungen. Für Animal Ambition war es dann das erste Mal, dass wir tatsächlich zusammen in einem Raum waren, um was aufzunehmen. Es war mal eine andere Erfahrung und das hört man im Song, denke ich. Man hört, dass wir beide dort waren und gegenseitig die Energie gespürt haben, oder?

Ja, der Track ist tatsächlich außergewöhnlich. Der Beat ist einfach so unfassbar dunkel.

Guck mal. Viele Kollaborationen, die man heutzutage hört, sind erstens zwischen Männern und Frauen und zweitens kommt vieles durch das Hin- und Herschicken zustande. Wenn man dann Tracks wirklich gemeinsam recordet und zusammen die Idee entwickelt, ist es einfach was ganz anderes. 

Auf der letzten Seite des Interviews geht es unter anderem um eine Deutschland-Tour.

Also 50, wir sind langsam am Ende angelangt. Wie sieht’s aus, wirst du uns dieses Jahr in Deutschland besuchen?

Also ich werde definitiv mit Street King Immortal nach Deutschland kommen. Bei Animal Ambition bin ich mir nicht sicher, ob ich eine komplette Tour machen kann. Aber hoffentlich werde ich nach Großbritannien kommen können. Ich muss echt viele Orte mit diesem Projekt besuchen, bevor ich in das nächste Projekt eintauchen kann. Aber ich denke, die Show sollte sich sehr von dem unterscheiden, was ich in der Vergangenheit gemacht habe. Im Moment ist es unmöglich, deine Show exklusiv zu halten. Denn wenn ich ein Konzert mache, gibt es direkt Aufnahmen und jeder sieht es. Die Show wird sich zwischen Animal Ambition und Street King Immortal deswegen also auf jeden Fall drastisch ändern, auch wenn es sehr nah aneinander stattfindet. Einfach weil Street King Immortal wieder ein komplett unterschiedliches Konzept besitzt. Neue Musik, neues Konzept und viel neue Energie.

Wir sind gespannt da drauf. Gibt es denn schon irgendein ungefähres Datum für Street King Immortal?

Ich hab das Release-Datum noch nicht öffentlich gesagt. Aber eines hat sich jetzt geändert: Wenn ich jetzt ein Datum sage, wird das Album genau an dem Tag kommen! Keiner kann mir jetzt noch sagen, dass ich mein Album verschieben soll. Ich hab' nicht mehr diese Beschränkungen wie vorher.

Alles klar. Vielen Dank, 50. Und erstmal viel Erfolg mit Animal Ambition!

Danke, bis dann!

Interview: Aria Nejati
Foto: Youtube