LGoony im Portrait – Ludwig und das "Goonyverse"

Sobald LGoony die Stage betritt, inszeniert er sich, die Show und die Crowd, die ihm ergeben durch den Club fliegt. Die Texte mitrappend, nassgeschwitzt und in musikalischer Ekstase lassen seine Fans sich auf die Show ein. Er flutet die Bühne mit brutaler Energie. Die Begeisterung, die LGoony authentisch vermittelt, gibt er an die Menge weiter. So verschmelzen Künstler und Publikum zu einer Einheit, die Teil der Inszenierung ist.

Doch wer Ludwig Langer - so lautet LGoonys bürgerlicher Name - nach der Show beobachtet, dem wird klar, dass er die Darstellung betreibt, um mit seiner Musik ein Gefühl zu transportieren. Denn wenn LGoony die Bühne verlässt, dann wird er wieder zu Ludwig Langer. Er schreibt am Merch-Stand geduldig Autogramme, lächelt in Handykameras, hält leicht schüchtern Smalltalk, steppt noch ein wenig durch den Club und  verschwindet irgendwann unauffällig.

Es sind diese verschiedenen Gesichter, die ihn ausmachen. Es scheint, als ob er trotz der Zuspitzung der üblichen Klischees des Rap die Grenzen des Genres ausloten möchte. Er machte Battlerap, fing früh an zu rappen und behauptet, im Internet kursierten noch fünf AKAs von ihm, die keiner kenne. LGoony scheint sich und Hiphop in Deutschland nachhaltig weiterentwickeln zu wollen. Und das, obwohl er großen Teilen der Szene kritisch gegenübersteht.

LGoony scheint gespalten. Selbstbewusstsein und Angeberei auf der Bühne stehen einem ruhigen Auftritt daneben gegenüber. Begeisterung für Rap trifft auf Kritik an der Rapszene. 

Wenn die es nicht hören wollen, müssen sie es nicht hören!“ Angesprochen auf seine Hater reagierte LGoony Ende 2015 im Format arte tracks beinahe gleichgültig. Es ist eines der wenigen Videos oder Interviews, in denen er über seine Musik spricht. Das erschwert ein Portrait über ihn. Am besten lässt man seine Musik sprechen. Das würde dem aus Köln stammenden Rapper vermutlich gefallen.

Auf den ersten Blick scheint LGoony eine Person voller Widersprüche zu sein.

"Cloud Rap" - oder so | LGoony und Yung Hurn bei ARTE Tracks

Artikel: http://tracks.arte.tv/de/cloud-rap-ist-eine-luege-der-medien TRACKS auf Twitter: http://twitter.com/tracks_de Die Rapszene steht vor einem Rätsel: Derzeit flutet eine Horde an Jungspunden das Internet mit einer äußerst freien Interpretation von HipHop. Sämtliche US- Rapklischees werden auf neue Absurditätsebenen gehoben, Form- und Strukturregeln des Genres werden über Bord geworfen.

Wie für seine Generation üblich, nutzt er Snapchat, Instagram, Facebook und Twitter. Wie alt er jedoch ist, verrät er niemandem. LGoony begeistert sich für Rap, möchte aber zur Szene nicht so richtig dazugehören, übt immer wieder radikale Kritik an Hiphop und gibt kaum Interviews in den einschlägigen Medien. Hört man seine Texte, so strotzen diese nur so vor Ansagen und Selbstüberhöhung. Beobachtet man ihn jedoch abseits der Bühne, erlebt man einen eher introvertierten Typ, der wenig auf den großen Auftritt gibt. Diese scheinbaren Widersprüche ergeben sich jedoch aus der Fokussierung auf das für ihn Wesentliche: die Musik!

Weder die Juice in ihrem lesenswerten Beitrag zu LGoony noch Salwa vom Splash!-Mag konnten herausfinden, wie alt er denn nun ist. Das hat einen einfachen Grund: LGoony nervt das Thema, weil er es schlicht für irrelevant hält. Die sozialen Medien nutzt er zur Präsentation seiner Kunst. Er möchte sich darstellen, um im Zusammenspiel mit seiner Show ein Feeling zu erzeugen. Inhalte sind für ihn nicht der Wesenskern seiner Musik. Seine Fans sollen auf seinen Beats in einer Art Universum schweben – er nennt es das Goonyverse. Eine von LGoony erdachte Welt, in der er mit den üblichen Regeln des Genres bricht, sich frei entfaltet und die Crowd sich treiben lässt.

Seine musikalisch erschaffene Utopie gipfelt in der Hook seines Tracks Utopia. „Ich bring dich weit, weit weg in die Ferne und wir kommen nie mehr zurück auf die Erde“ verspricht LGoony einer imaginären Person. Es sind diese paradiesisch anmutenden Verheißungen einer besseren Welt, die seine Fangemeinde aufsaugt. Und obwohl es in einer Welt voller Le Pens, Höckes oder Trumps natürlich keine einfachen Lösungen gibt, lassen sich seine Fans zumindest in das Goonyverse des smooth flowenden Kölners entführen. Tatsächlich findet eine Darstellung seiner Person abseits der Musik kaum statt. Und so unterscheiden sich seine Snapchat- und Instagram-Accounts eben doch von denen anderer Rapper oder Rapperinnen dieser Generation. LGoonys Signature-Move neben der Bühne? Eher ein kindliches Grinsen als ein Gangsign. Gefühle als Teil der künstlerischen Inszenierung.

Und eben diese Gefühle vermisst der Goon in Teilen der Rapszene. Er frontet munter große Teile dieser. Er unterstellt den Realkeepern in ihrem Denken eingeschränkt zu sein. Er kritisiert die in seinen Augen ausschließlich auf Verkäufe ausgerichtete Strategie vieler Artists hierzulande auf dem Track Ultraviolett und will, dass jeder „sch*** Rapper mit Premium-Box sich angesprochen und schlecht fühlt“. Er bezeichnet die typische Tracklist deutschsprachiger Rapalben als Checklist mit dem ständig gleichen Aufbau. Und er hält dagegen, macht Sachen anders. So ist sein neuestes Projekt kein Album im klassischen Sinne, sondern eine Spotify-Tracklist, die den Namen Lightcore trägt. In der Hook von Ultraviolett rappt er jedoch: „geben keinen Fick wie Sonny Black“. LGoony gibt Bushido implizite Props. Und das, obwohl der Berliner als eines der Gesichter der Szene gilt. Das irritiert zunächst.

LGoony - Ultraviolett prod. by Dj Heroin

Aus dem Mixtape Grape Tape. Ab jetzt zum Download auf http://bit.ly/2abAnf1 oder alternativ hier http://www58.zippyshare.com/v/NMG5q0la/file.html LGoony Merchandise (Shirts, Hoodies): http://bit.ly/2dNKXYT Dj Heroin: https://soundcloud.com/dj-heroin LGoony auf FB: https://www.facebook.com/lgoonyflyboy?fref=ts LGoony auf Bandcamp: https://lgoony.bandcamp.com/ LGoony auf Twitter: https://twitter.com/lgoonyflyboy LGoony auf Youtube: https://www.youtube.com/user/lgoonyflyboy LGoony auf Instagram: https://instagram.com/lgoonyflyboy/



Aber auch hier erschließt sich LGoonys Logik bei genauerem Hinsehen: So erklärte er 2015, dass Bushido eine Zeit lang sehr berechenbar gewesen sei, outete sich jedoch gleichzeitig als Fan des Berliners. Es ist also nicht die Szene als solche, die LGoony verteufelt. Vielmehr zielen seine Lines auf gewisse Entwicklungen ab, die der Kunst in seinen Augen schaden. Dass er dabei die HipHop-Medien und damit auch uns nicht ausnimmt, war zu erwarten. Dass er außer allgood und splash!-Mag aber tatsächlich alle für whack hält, wie er auf dem Track Keine Euros rappt, hoffen wir nicht.

Die Hoffnung scheint aber berechtigt. Schließlich betonte der Junge, der als eines der Gesichter der Cloud-Rap-Szene in Deutschland gilt, dass ein Künstler alles dürfe. Er müsse es in dem Moment einfach so meinen. Stimmen müsse es natürlich nicht. Wie sonst wäre es auch zu erklären, dass er auf Millionen Euro über seinen angeblichen Reichtum und teure Luxusartikel rappt, gleichzeitig aber auf Tracks wie Ballon oder Utopia Andeutungen macht, dieser Welt entfliehen zu wollen?

Ob es ihm tatsächlich gelingt, die Szene nachhaltig zu prägen, bleibt abzuwarten. Seine bisherige Entwicklung macht jedoch definitiv Lust auf mehr. Er hat mit Millionen Euro einen Internethype erschaffen, auf Lüge der Medien das leidige Thema Verschwörungstheorien in seinem eigenen Style behandelt und auf seinem aktuellen Mixtape Intergalactica bewiesen, dass er seinen Sound verfeinern kann, ohne dabei den eigenen Style zu verwässern.

Sido riet LGoony Ende des Jahres im Juice-Interview übrigens in seiner Musik noch mehr auf seiner Eigenschaft als „kleiner, dünner, blasser Junge“ herumzureiten. Ob der junge LGoony dem Rat des alten Maskenmannes folgen wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch, dass die LGoony-Community gespannt auf die nächsten Schritte des Youngsters wartet. Und den Hatern wird Ludwig auch in Zukunft erwidern: „Wenn die es nicht hören wollen, müssen sie es nicht hören!“ Die Hater verpassen jedoch einiges. Allen anderen sei gesagt: Ab ins Goonyverse!

LGoony - Paper (prod. Abaz) [Video]

Mula, Hak, Paper - nenn es, wie du willst. LGoony jagt es, und zwar bald auf seinem bereits vierten Solo-Tape. Daran lässt er hier keine Zweifel:"Zwei Jahre oben, ich bin immer noch hier / ich bin fresh auf mei'm Tape Nummer vier"

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Groove Attack by Hiphop.de