Kontra K: Wo sich 2Pac und die Böhsen Onkelz treffen

Es gibt nicht wenige, für die Kontra K der letzte echte Rapper ist. Vielleicht auch "nur" der beste Freund unter allen, die abwechselnd in die Playlist geschoben werden. Bei ihm ist Rap mehr als Unterhaltung. Bei ihm ist Rap das Leben – drunter macht er's nicht.

Es gab mal eine Zeit, in der ich fast nur solche Musik gehört habe. Egal ob 2Pac oder Böhse Onkelz, das Gefühl war dasselbe. Rap ist nicht das einzige Genre, das Kontra Ks Einstellungen transportieren kann. Kein Zufall, dass Kontra K auf Bittersüß von Haudegen unterstützt wird. Und dass Hagen Stoll und Sven Gillert mal die Rapper Joe Rilla und Tyron Berlin waren. Hiphop ist aber auch ein geeignetes Zuhause für Menschen wie Kontra K und seine Fans. Nicht erst seit gestern. Kein Zufall, dass in der Hook von Geist 2Pacs Motto und Albumtitel Me Against the World vorkommt.

Kontra K rappt über den Kampf, sich die eigene Welt so einzurichten, wie sie von alleine nicht ist. Dein Leben kann von Freundschaft und Loyalität bestimmt sein, statt von Geld, Machtkämpfen und unterhaltsamem Bullsh*t. Aber dafür musst du kämpfen, von alleine kommt das nicht. Und manchmal fühlst du dich dabei ziemlich einsam.

Immerhin ist er nicht der einzige, der Musik für Leute macht, denen Werte wichtiger sind als Spaß und Scheine. Auf Gut Böse boxt Bonez zum Beispiel mit "Bei mir geht es um Werte, euch geht's einfach nur ums Geld" in die gleiche Kerbe. Klar, dass es dabei nicht nur gegen die Mehrheitsgesellschaft, ihr System und seine Unterstützer geht, sondern auch gegen diejenigen in der Rapszene, die einen anderen Weg wählen. Das passiert hier aber implizit. Battlerap wäre einfach zu banal, wenn es um Wichtigeres geht.

Bei Kontra K geht es nicht darum, das Leben zu genießen, sondern darum, zu überleben. Wer seine Musik feiert, hat es nicht leicht, weiß, wie sich Niederlagen anfühlen, aber verliert nie seinen Stolz. "Jede Narbe auf der Haut ist ein Abzeichen", er ist "stärker mit dem Rücken zur Wand". Solche Musik funktioniert nicht ohne Pathos. Man kann solche Sätze auch als Plattitüden abstempeln. Das Gefühl kommt aber rüber, er holt dich in einer Depression ab und macht dich fit für den nächsten Kampf. Lass dich nicht von Erinnerungen an all die Scheiße abf*cken: "Wer noch nie verloren hat, hat noch nie gelebt". Lach den "Niederlagen dreist ins Gesicht" und wachs' "wie ein Baum einfach raus aus dem Sumpf"! "Ausreden zählen nicht, aufgeben geht nicht". Auf Labyrinth gibt es noch 10.000 weitere solcher Sätze, die du jetzt in ein kitschiges Facebook-Meme verwandeln kannnst, wenn du riskieren willst, aus deinem örtlichen Kontra-K-Supporters-Club verbannt zu werden.

Inzwischen höre ich lieber Sachen, die mich antreiben, als welche, die die Gefahr mit sich bringen, dass ich in Selbstmitleid bade. Auch wenn es Kontra K darum geht, dein Mickey Goldmill zu sein, dich in Melancholie abzuholen, dich aufzurichten und dich fitter denn je in den Ring zu stellen – es bleibt doch die Gefahr, dass das Besingen der Niederlagen zur selbsterfüllenden Prophezeiung wird. In Bittersüß heißt es "Ich brauch' dich, mein bittersüßer Schmerz". Das ist die Gefahr. Aber wer Angst vor Gefahr hat, wird auch kein Kontra-K-Fan. Gut, dass es solche Rapper noch gibt.

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